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Mehr Platz und mehr Gemeinschaft: In Wien baut man Wohnungen speziell für Alleinerziehende

Frau mit zwei Kindern in Wohnung (Foto: Unsplash/Getty Images)

Frau mit zwei Kindern in Wohnung (Foto: Unsplash/Getty Images)

Toma Khandour Toma Khandour
in Good News, Wien
Lesezeit:4 Minuten
23. Oktober 2025
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Alleinerziehende und ihre Kinder stehen vor vielen Herausforderungen, besonders wenn es ums Wohnen geht. Die finanzielle Situation ist meist angespannt, Wohnungen aber in der Regel auf Paar-Familien oder Singles ausgerichtet. Für Alleinerziehende bedeutet das, dass sie sich eine Wohnung nehmen müssen, die klein ist, aber zu wenig Zimmer für sich und die Kinder hat. Wien will dieses Problem lösen und baut Wohnungen speziell für Alleinerziehende.

Eine durchschnittliche Wohnung in Österreich ist 101,7 m² groß mit 4 Zimmern und kostet 9,8 € pro m². Die Zimmerzahl würde für eine Frau mit zwei Kindern passen – aber die Miete? Die ist zu hoch, die Fläche insgesamt zu groß.

Eine „Singlewohnung” in Österreich hat 2 Zimmer, etwa 60 m² für 10,4 € pro m². Die wäre mit 620 Euro erschwinglich, aber zwei Zimmer sind zu wenig für drei Personen.

Was am Wohnungsmarkt als Standard gilt, geht an den Bedürfnissen von Alleinerziehenden und ihren Kindern vorbei. Oft bleibt aber nur die Zweizimmerwohnung, was dazu führt, dass die Mutter im Wohnzimmer schlafen muss. Die notwendige Privatsphäre fehlt und das Zuhause wird schnell zu eng.

Ein Fünftel aller Familien in Österreich sind Ein-Eltern-Familien. Auf sie nimmt der Markt keine Rücksicht. Wien will das ändern und hat bei eigenen Projekten Alleinerziehende in den Mittelpunkt gerückt.

Wien rückt in Wohnprojekten nun Alleinerziehende und ihre Kinder in den Mittelpunkt

In Wien sind neu errichtete Wohnungen mit 65 m² im Schnitt deutlich kleiner als im restlichen Österreich. Besonders häufig werden Einheiten mit 45 bis 60 m² gebaut. Sie machen rund 36,5% der Neubauten aus. Weitere 35,3% der neuen Wohnungen haben eine Größe zwischen 60 und 90 m².

Alleinerziehende Familien brauchen andere Lösungen: mehrere Zimmer auf weniger Quadratmetern für flexible Nutzung. Die Stadt Wien hat nun mit dem Verein JUNO Wohnprojekte entwickelt, die speziell auf die Bedürfnisse von Alleinerziehenden zugeschnitten sind.

Kleinere Fläche, dafür mehr Zimmer - und Gemeinschaftsräume: Ein Wohnprojekt für Alleinerziehende im Nordbahnhof-Viertel in Wien. (Foto Magdalena Gschmeidler)
Wohnprojekt für Alleinerziehende im Nordbahnhof-Viertel. (Foto Magdalena Gschmeidler)

Damit geht der öffentliche Wohnungsmarkt auf Bedürfnisse ein, die im privaten Sektor nicht bedacht werden. Der privat finanzierte Wohnmarkt orientiert sich laut einer Studie der Arbeiterkammer Wien kaum an unterschiedlichen Lebensrealitäten, sondern folgt vor allem wirtschaftlichen Effizienzkriterien: ähnliche Grundrisse, kleine und standardisierte Wohnungen. Wohnqualität bleibt oft aufgrund der starren Bauweise auf der Strecke. 

Leistbare Wohnungen für Alleinerziehende: drei Zimmer für etwa 9 Euro pro Quadratmeter

JUNO, benannt nach der römischen Göttin für Geburt, Familie und Fürsorge, ist ein gemeinnütziger Verein, der sich auf Beratung und leistbares Wohnen für Getrennt- und Alleinerziehende konzentriert. Seit 2015 arbeitet JUNO an der Verbesserung ihrer Wohnsituation und setzt gemeinsam mit der Stadt Wien immer wieder neue Projekte um. 

Das Besondere an diesen Wohnungen ist, dass sie vergleichsweise günstig und in ihrem Grundriss durchdacht sind. Eine Alleinerzieher:innenwohnung hat drei kleinere Zimmer, darunter einen Wohn-Essbereich und zwei Schlafzimmer. Bei der Küche gibt es oft noch eine Art Nische, die man als Arbeitsbereich oder zusätzlichen Spielbereich nutzen kann.

Es gibt auch gemeinschaftliche Wohnformen, in denen mehrere alleinerziehende Familien zusammenleben und sich gegenseitig im Alltag unterstützen können.

“Die Idee der Wohnprojekte ist auch gemeinschaftliches Wohnen. Unser Ziel ist der Aufbau einer Alleinerziehenden-Community, wo man sich gegenseitig kennt und unterstützt. Es ist unglaublich hilfreich, das Gefühl zu haben, man ist mit seiner Situation und Lebensform nicht allein. Dazu machen wir auch Community-Workshops vor Ort”, erklärt die JUNO-Vereinsvorsitzende Sarah Zeller im Gespräch mit Kontrast.

Flexible Nischen, Gemeinschaftsräume und Lagerräume am Gang helfen, die Flächen im Haus bestmöglich zu nutzen

Die JUNO-Projekte achten auch bei den Grundrissen der Wohnungen darauf, dass sie an Bedürfnisse von Alleinerziehenden angepasst sind: So gibt es mehrere Schlafzimmer, dafür kleine. 

Idealerweise, erklärt Zeller, gibt es in der Wohnküche noch eine Nische, die man auf unterschiedliche Weise nutzen kann: als Spielecke, als kleinen Arbeitsplatz. In den Wohnprojekten gibt es meistens noch Gemeinschaftsräume, die von allen Familien im Haus genutzt werden. Sie erweitern den unmittelbaren Wohnraum. Außerdem gibt es eine Waschküche und Lagerräume auf der Etage, denn in kleinen Wohnungen hat man natürlich auch ein Stauraumproblem. 

Kinderspielplatz im Innenhof Wohnprojekt Campo Breitenlee (Foto: JUNO)
Kinderspielplatz im Innenhof Wohnprojekt Campo Breitenlee (Foto: JUNO)

Wohnprojekte, die speziell mit dem Verein JUNO entstanden sind, haben bisher schon 160 alleinerziehenden Familien in Wien Wohnungen vermittelt. 18 Projekte verwaltet bzw. vermittelt der Verein insgesamt. Bis 2026 werden sechs davon fertiggestellt. Die Stadt Wien beteiligt sich an der Finanzierung dieser Wohnbauten. 

2020 hat Wohnbau- und Frauenstadträtin Kathrin Gaál außerdem einen eigenen Vormerk-Grund beim Wiener Wohnticket für Alleinerziehende in Wien eingeführt. Mit diesem Ticket kann man sich für reguläre Gemeindewohnungen oder geförderte Wohnungen bewerben. Mit dem neuen Vormerk-Grund haben schon 4.000 alleinerziehende Haushalte ein Zuhause gefunden.

Zum Verein JUNO
Sarah Zeller (39) ist Geschäftsführerin des Vereins JUNO, der neben der Konzeption von Wohnprojekten auch Beratung, Workshops und Vernetzungsmöglichkeiten für Alleinerziehende anbietet. Bauträger, die sich um Grundstücke bewerben, müssen entsprechende Konzepte vorlegen und arbeiten dabei mit JUNO zusammen. Der Verein ist die Schnittstelle zwischen den Wohnungen und den Alleinerziehenden. JUNO plant die Wohnung stellvertretend für die Familien und vergibt sie an Alleinerziehende, die sich dafür beim Verein beworben haben. Voraussetzung ist, dass jemand allein mit seinen Kindern lebt, allein mit seinen Kindern dort einzieht und hauptbetreuend ist.
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