COFAG-U-Ausschuss

U-Ausschuss zu COVID Hilfen: Baute die ÖVP an einer Zwei-Klassen-Verwaltung?

Hochspannung im Parlament – diese Woche startete der COFAG-U-Ausschuss – es geht um die Milliarden an Corona-Förderungen, die intransparent und in großen Mengen geflossen sind. Im U-Ausschuss soll geklärt werden, ob es in der COFAG zu einer Ungleichbehandlung von Unternehmen gekommen ist – im Raum steht der Vorwurf einer Zwei-Klassen-Verwaltung durch die ÖVP. Von der großzügigen Verteilung an Steuergeld sollen vor allem große Konzerne und Superreiche wie Rene Benko profitiert haben. Klein- und Mittelbetriebe mussten in der Corona-Zeit dagegen um ihr Überleben kämpfen.

Worum geht es im U-Ausschuss?

Im Raum steht der Vorwurf einer strukturellen Überförderung von Milliardären und großen Unternehmen. Die Bundesregierung soll die COFAG so gebaut haben, dass eine Überförderung großer Unternehmen nicht nur möglich, sondern gewollt war. Verantwortlich für die Erstellung der Förderrichtlinien waren das Finanz- und Wirtschaftsministerium. Die politische Zuständigkeit hatten zu diesem Zeitpunkt: Gernot Blümel (ÖVP) als Finanzminister, Margarete Schramböck (ÖVP) in ihrer Funktion als Wirtschaftsministerin und natürlich Sebastian Kurz (ÖVP) als Chef der Regierung. Die großzügig ausgelegten Förderrichtlinien konnten vor allem Unternehmensgruppen ausnutzen, so der Vorwurf.

Diese beantragten einfach für jede Teilgesellschaft ihres Konzerns extra COVID-Hilfen. So hat zum Beispiel die MediaMarkt-Kette für jede ihrer 44 Filialen einzeln angesucht und mit diesem Trick in Summe 19 Mio. € erhalten. Die EU hat allerdings festgestellt, dass pro Unternehmensverbund nur ein Antrag zulässig ist – dadurch wären Rückforderungen von unrechtmäßig erhaltenen Gelder möglich.

Rechnungshof kritisiert „Konstrukt“ COFAG

Auch der Rechnungshof bemängelte in seiner Prüfung eine kaum vorhandene Kontrolle und massive Überförderungen einiger Unternehmen durch die COFAG. Außergewöhnlich sind auch die mit 21 Mio. € extrem hohen Kosten für zugekaufte Beratungsleistungen. Seit Abschluss des Rechnungshof-Berichts, im Herbst 2021, hat sich dieser Betrag noch erhöht. Die Prüfer:innen konnten auch nicht wirklich nachvollziehen, warum es überhaupt eine eigene Abwicklungsstelle gebraucht hat. Dazu wären die zuständigen Finanzämter oder die staatliche Förderbank AWS auch in der Lage gewesen. Weiters wird im Bericht die Konstruktion der COFAG als vom Bund ausgelagerte GmbH kritisiert. Dadurch wurden die COVID-Hilfszahlungen der demokratischen Kontrolle durch das Parlament entzogen.

Finanzminister Magnus Brunner konnte die Beanstandungen des Rechnungshofes in einer Pressekonferenz nicht nachvollziehen und sah kaum Fehler seitens der Regierung: „Entscheidend ist, dass die Rechtsansprüche der Unternehmen gewahrt bleiben und bereits zugesagte Förderungen reibungslos ausbezahlt werden.“

Auf das Problem der Rückforderungen von unrechtmäßig erhaltenen Hilfen geht Brunner nicht näher ein. Es dürfte demnach in diesem Zusammenhang keinen allzu großen Druck vom ÖVP-Finanzminister auf die zuständigen Stellen geben.

Parallel dazu soll geklärt werden, ob bzw. wie die ÖVP für Milliardäre wie Rene Benko und Siegfried Wolf interveniert hat. Es steht der Verdacht im Raum, dass die ÖVP systematisch eine „Zwei-Klassen-Verwaltung“ errichtet hat. Mithilfe eines weit verzweigten ÖVP-Netzwerks sollen große Konzerne und wenige Superreiche ihre Interessen durchgesetzt haben.

Was wird im U-Ausschuss zur COFAG gesagt?

Die Befragung startete am Mittwoch mit dem Spitzenbeamten Wolfgang Peschorn. Der Präsident der Finanzprokuratur ist einer breiteren Öffentlichkeit vor allem als Kurzzeitminister (Innenminister) im „Expert:innen“-Kabinett Bierlein bekannt. In den letzten Monaten war Peschorn auch wieder vermehrt medial präsent.

So wurde er in mehreren Interviews zu seiner Einschätzung der COFAG und Causa Benko befragt. Das „Geschäftsmodell Benko“ bezeichnete er sogar als die „zweite Sünde an der Jugend nach Klimakatastrophe“.

Generell stellt Peschorn die Konstruktion der COFAG infrage. Die Finanzprokuratur ist in deren Errichtung auch nicht eingbunden gewesen.  So hat es die Struktur der COFAG großen Unternehmen ermöglicht, auch unrechtmäßig hohe Förderungen abzurufen.

In der zweiten Befragungsrunde am Donnerstag sagte COFAG-Geschäftsführer Marc Schimpel, dass es für die Rückforderungen einen Auftrag des Finanzministers braucht. Diese sind noch bei über 1.000 Unternehmen offen, einen Auftag das Geld einzutreiben gibt es bisher nicht.  Auf Nachfrage von Jan Krainer (SPÖ) führt Schimpel aus, dass die COFAG keine Unternehmensgewinne im Zusammenhang mit Förderungen überprüfen kann – hierfür gibt es keine Richtlinien. Die Konzernbetrachtung war für die COFAG keine relevante Frage, das lag im Verantwortungsbereich der Regierung. Schimpel räumte zwar ein, dass es teils großen Druck auf die COFAG gegeben hat, trotzdem sei es zu keiner Bevorzugung bekannter Persönlichkeiten in der Förderabwicklung gekommen.

Die Profiteure:

Wettbüros und Glücksspiel – Novomatic profitiert

Gerade zu den Vorgängen in der Glücksspielbranche lohnt sich ein genauerer Blick. So hat Novomatic-Chef und Multimilliardär Johann Graf unter anderen mit seinen Tochtergesellschaften Admiral Sportwetten, Admiral Casinos und HTM Hotel- und Tourismusmanagement 2,4 Mio. € an Förderungen erhalten. Zusätzlich dazu übernahm die öffentliche Hand die Personalkosten von 3.200 Novomatic-Mitarbeiter:innen während der Pandemie –  trotzdem wurden 120 von ihnen gekündigt. Graf sah zugleich kein Problem darin, sich 2020 selbst  50 Mio. € Dividende auszuschütten.

Novomatic bekam Corona-Förderungen in Millionenhöhe.

Rene Benko

Ein weiterer Fall struktureller Überforderung ist das mittlerweile zerfallende SIGNA-Imperium von Rene Benko. Das Transparenzportal des Finanzministeriums weist für die unterschiedlichen Gesellschaften der SIGNA Holding eine Förderung von mindestens 18,7 Mio. € aus. Laut EU-Kommission gibt es aber eine Förderhöchstgrenze für Unternehmensgruppen von 14. Mio. €. Die Frage ist nun, ob es sich bei Benkos Beteiligungen um einen Unternehmensverbund handelt oder nicht. Der größte Teil an COVID-Hilfen floss in die Gesellschaften des Kika/Leiner Möbelhauses, das Benkos Signa 2018 übernommen hatte. Sie bekamen 9,1 Mio. € Förderungen. Auch weitere Firmen Benkos, die zum Umfeld der Signa Gruppe zählen, erhielten hohe Geldsummen. Beispielsweise die Luxushotels Park Hyatt (4,8 Mio. €) und Hotel am Belvedere (3,7 Mi. €) in Wien sowie das Charlet N (1,1 Mio.€) in Lech – zusammengerechnet 9,6 Mio. €. Die engen Beziehungen zwischen dem damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz sind hinlänglich bekannt.

Grafik: APA/ORF; Quelle: BMF/Transparenzportal

[/caption]Der Paukenschlag kam dann im U-Ausschuss am Donnerstag: Laut der Aussage einer Auskunftsperson haben die Steuerzahler:innen Benkos Flugzeug mit 9 Mio. € finanziert. Denn es gibt eine eigene Gesellschaft für den Jet, deren Verluste von Benko privat abgeschrieben wurden – eine Rückforderung ist noch offen.

Die Causa Nehammer

Nehammer, Brunner COVID-Hilfen

Ein weiteres prominentes Beispiel für die problematische Struktur des „Systems“ COFAG ist die Familie des Bundeskanzlers. So sind an die Agentur „Back-Bone Marketing GmbH“ in Summe rund 165.000 € Förderungen geflossen. Der Vater und der Bruder des Bundeskanzlers halten jeweils 25 % an der Firma. Laut dem Online-Magazin „ZackZack“ von Peter Pilz erhielt das Unternehmen 21.260 € im Jahr 2020, 116.031 € im Jahr 2021 und 2022 zusätzliche 27.734 €. Und das, obwohl die „Back-Bone“ laut „ZackZack“ in den Jahren der Pandemie sogar Gewinn machte. Finanzielle Schwierigkeiten gab es demnach nicht.

Auch bei diesem Fall lässt sich auf eine Überförderung schließen. Die SPÖ fordert eine umfassende und lückenlose Aufklärung der Causa Nehammer. Der Fraktionsführer der SPÖ im U-Ausschuss, Jan Krainer, sagt dazu:

Dass Gewinne mit Steuergeld gefördert werden statt Ausfälle, ist untragbar und unverantwortlich. In der Corona-Pandemie sollten Betriebe gefördert werden, um etwa Arbeitsplätze zu retten, aber nicht, um Gewinne auf Kosten der Steuerzahler:innen zu finanzieren!“

Weitere Personen

Zum Kreis der Nutznießer einer Zwei-Klassen-Verwaltung gehören unter anderen auch der KTM-Chef Stefan Pierer und der bereits erwähnte Unternehmer Siegfried Wolf (Steyr Automotive). In beiden Fällen wird wie bei Benko eine Überförderung durch die COFAG und politische Einflussnahme über das ÖVP-Netzwerk vermutet. Die Liste aller COVID-Förderungen findest du hier.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1773 Stimmen
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    1773 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 472 Stimmen
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    472 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 368 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    368 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 285 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    285 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 150 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    150 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 3048
12. März 2024
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