Landwirtschaft

EU kritisiert Glyphosatverbot: ÖVP will es fallenlassen – SPÖ fordert Verbot des Gifts

Bereits im Juli 2019 hat das Parlament auf Antrag der Sozialdemokraten ein Glyphosat-Verbot beschlossen. Österreich wäre damit das erste Land in der EU, in dem das Pflanzengift verboten ist. Doch seither versuchen ÖVP, Agrarindustrie und Bauernbund die Umsetzung des Verbots zu verhindern – bis heute ist es nicht in Kraft. Jetzt hat die EU den Vorschlag Österreichs für ein Verbot kritisiert, für die ÖVP ein guter Vorwand, um das Verbot loszuwerden. Die SPÖ will aber daran festhalten und es auf eine Klage ankommen lassen. 

Viel zu lang ist die Geschichte des Glyphosat-Verbots in Österreich mittlerweile. Die ÖVP galt immer als Gegner des Verbots – in der EU und in Österreich. Am 2. Juli hat die SPÖ im freien Spiel der Kräfte dann die Möglichkeit genutzt, denn die ÖVP war gerade nicht in der Regierung: Mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und JETZT wurde das Verbot des Pflanzengifts beschlossen. Doch das Gesetz konnte nicht wie geplant am 2. Dezember in Kraft treten, wegen eines formalen Fehlers: Österreichs Übergangsregierung hat nicht wie vorgeschrieben einen Entwurf an die EU-Kommission geschickt, sondern das fertige Gesetz. Was die EU aus jurisitischen Gründen ablehnen musste.

EU-Kommission sieht Glyphosatverbot kritisch

Statt das Problem zu lösen, hat die damalige Kanzlerin Bierlein das Gesetz einfach nicht kundgetan –  nach Intervention des ÖVP Parlamentspräsidenten Sobotka. Damit konnte es nicht in Kraft treten. Obwohl Bierlein betont, es handle sich um einen formaljuristischen Akt und nicht um eine inhaltliche Bewertung des Gesetzes. Das wollte sich das Parlament nicht gefallen lassen und hat erneut einen Anlauf zum Glyphosat-Verbot genommen. Endich wurde ein Text übermittel und am 19. August 2020 hat die EU-Kommission den österreichischen Vorschlag kommentiert. Die Kommission hat eine kritische „Bemerkung“ dazu abgegeben, aber auf eine „Stellungnahme“ verzichtet – die hätte einen rechtlich relevanten Einspruch bedeutet. So interpretieren zumindest Glyphosat-Gegner wie die SPÖ und Umweltschutzorganisationen das Schreiben aus Brüssel. Sie halten weiterhin am Glyphosat-Verbot fest.

Anders sehen das Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger und der Bauernbund: Sie werten die Stellungnahme der Kommission als klare Absage und wollen das Verbot fallen lassen.  Helmut Burtscher, Experte der Umweltorganisation Global 2000, ist verärgert über Köstingers Reaktion: „Hier wird Diskurs zerstört. Das ist destruktive Politik.“

SPÖ will an Verbot festhalten

Das will die SPÖ nicht hinnehmen. Sie fordert einen Runden Tisch mit Regierung, Opposition und ExpertInnen, um das Verbot endgültig zu fixieren. Auch die Grünen sind dafür. Es besteht zwar die Gefahr, dass gegen ein Verbot auf EU-Ebene geklagt wird, aber:

„Darauf müssen wir es aber ankommen lassen. Bis zu einer Entscheidung durch den EuGH wäre Glyphosat in Österreich verboten und das wäre ein Meilenstein für unsere Gesundheit und Umwelt. Es gibt eine Mehrheit in der Bevölkerung für das Verbot“, sagt SPÖ-Umwelt und Klimasprecherin Julia Herr.

Drei Monate muss Österreich jetzt verstreichen lassen, um ein Verbot zu beschließen. In der Zeit sollen die Positionen der Länder zum Verbot diskutiert und beantwortet werden. Danach könnte ein Glyphosatverbot beschlossen werden, wenn der politische Wille da ist. Burtscher von Global 2000 rechnet zwar damit, dass die Pestizidindustrie Österreich im Falle eines Verbots klagt, wie sie es auch im Fall Frankreichs getan hat. „Das ist aber nichts, wovor man sich fürchten muss.“

US-Gerichte haben Monsanto verurteilt

Glyphosat ist das weltweit meistgenutzte Unkrautvernichtungsmittel. Es wird seit Mitte der 70er Jahre in der Landwirtschaft, in der Industrie, im Gartenbau, aber auch in Privathaushalten eingesetzt. Monsanto vertreibt das Herbizid unter dem Namen „Roundup“ und hat damit seit den 70er Jahren Umsätze in Milliardenhöhe gemacht. Kein Wunder also, dass Monsanto-Lobbyisten behaupten, Glyphosat sei so ungefährlich, man könne es sogar gefahrlos trinken.

US-Gerichte sehen das anders: In drei verschiedenen Fällen haben sie geurteilt, dass das Glyphosat-Mittel Roundup der Bayer-Tochter Monsanto ein „erheblichen Faktor“ bei der Entstehung der Krebserkrankung sei.

Ein kalifornisches Gericht verurteilte Monsanto im August 2018 zu einem Schadensersatz von 250 Millionen US Dollar an einen krebskranken Mann. Dieser machte das Pflanzengift Glyphosat für seine Krebserkrankung verantwortlich – und die Geschworenen gaben ihm Recht. Unter anderem, weil während der Verhandlung Mails zur Sprache kamen, die den Konzern schwer belasteten.

Glyphosat ist schädlich für den Menschen

Glyphosat wird an Pflanzen angewendet, bleibt jedoch nicht dort. Es gelangt über Umwege in unseren Körper – beispielsweise über den Verzehr von Pflanzen und Tieren. Das Umwelt-Netzwerk Friends of he Earth hat Tests durchgeführt und Urinproben von über 180 Menschen aus 18 Ländern in einem unabhängigen Labor untersuchen lassen. Das Ergebnis: In 45 Prozent aller Proben wurde Glyphosat nachgewiesen, in Malta in 90 Prozent der Proben, in Mazedonien in 10 Prozent.

In Österreich wurde eine Belastung mit Glyphosat in 30 Prozent der Harnproben nachgewiesen.

ÖVP und FPÖ schon waren im EU-Parlament gegen Glyphosat-Verbot

Schon länger gab es den Verdacht, dass Glyphosat potenziell krebserregend ist. Dennoch hat die EU das potentiell krebserregende Pflanzengift im November 2017 für weitere 5 Jahre zugelassen. Auch FPÖ und ÖVP haben damals die Resolution für ein Glyphosat-Verbot nicht unterstützt.

Dazu kommt, dass die Chemie und Landwirtschafts-Lobby die EU-Pestizidvorschriften aufweichen will. Und laut der NGO Corporate Europe Observatory (CEO) stößt sie damit ausgerechnet auch bei Österreich auf offene Ohren: Der Bericht „Toxic residues through the back door“ zeigt, dass Lebensmittel und Futtermittel mit Rückständen krebserregender Pestizide wieder in die EU importiert werden sollen – bislang sind sie dank gesundheitsbezogener „Cut-off“-Kriterien verboten. Das könnte aufgeweicht werden. Österreich war unter jenen sieben Staaten, die den Vorstoß der Pestizid-Industrie unterstützt haben.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 59%, 1463 Stimmen
    59% aller Stimmen 59%
    1463 Stimmen - 59% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 375 Stimmen
    15% aller Stimmen 15%
    375 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 306 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    306 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 214 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    214 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 4%, 109 Stimmen
    4% aller Stimmen 4%
    109 Stimmen - 4% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2467
12. März 2024
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Kontrast Redaktion

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