Jeder Tag im Untersuchungsausschuss bringt neue Einblicke darüber, wie tief die ÖVP in die Ibiza-Causa verstrickt ist. Doch während das Ibiza-Video dem U-Ausschuss immer noch nicht vorliegt, weiß plötzlich der ÖVP-nahe Kurier pikante Details über Johann Gudenus (ehem. FPÖ) zu berichten.
Der Kurier, zur Hälfte Eigentum der schwarzen Raiffeisen und über eine Beteiligungsgesellschaft zu einem Viertel in der Hand von Kurz-Freund Rene Benko, berichtet aus einem 400-seitigen Bericht der Soko Ibiza ausgerechnet – und ausschließlich – vom Drogenkonsum des völlig von der politischen Oberfläche verschwundenen Johann Gudenus.
Woher die Zeitung die vertraulichen Unterlagen aus der Polizei und dem Innenministerium hat, ist unklar. Das Bundeskanzleramt, Stabsstelle von Kanzler Kurz (ÖVP) ließ einen Tag nach den Kurier-Enthüllungen verkünden, dass sie nichts mit dem Leak zu tun hätten.
Es ist zwar der gefallene FPÖ-Vizekanzler HC Strache, der den Ibiza-Skandal ausgelöst hat. Aber im parlamentarischen Untersuchungsausschuss taucht nun immer öfter auch der damalige Koalitionspartner ÖVP auf. Denn der U-Ausschuss beschäftigt sich mit dem Verdacht, dass Superreiche und Großkonzerne sich von der schwarz-blauen Regierung Gesetze wünschen konnten – und im Gegenzug gut verteilte Summen über Umwege an die Partei fließen ließen.
Und hier wurde es bereits in der zweiten Woche des Ausschusses brenzlig für die ÖVP. Denn der ehemalige Novomatic-Vorstandsvorsitzende Harald Neumann bestätigt, dass die Novomatic Geld an das ÖVP-nahe Alois Mock Institut überwiesen hat. Der Vereinsobmann ist ausgerechnet Nationalratspräsident und U-Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka, dessen Befangenheit als Vorsitzender schon früher angezweifelt wurde. Er verließ den Ausschuss vor der Befragung.
Auch eine enge Mitarbeiterin von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat Geld von der Novomatic bekommen. Nehammer windet sich: Weder von diesen Geldflüssen noch von der Dauerspenderin Goess-Horten will er als ÖVP-Generalsekretär gewusst haben.
Doch von Anfang an: Schon vor Beginn des U-Ausschusses war bekannt, dass nicht nur die FPÖ, sondern auch die ÖVP Geld vom Betreiber einer privaten Schönheitsklinik bekommen hat, bevor sie gemeinsam ein betreffendes Gesetz so änderten, dass 15 Mio. Euro mehr aus dem öffentlichen Gesundheitsbudget an private Spitäler fließen. Geleakte Chat-Protokolle von Straches Handy zeigen, dass es zwischen dem Spender und den ÖVP-Regierungsmitgliedern Blümel und Löger Gespräche über diese Aufstockung gab.
Am 4. Juni findet die erste Sitzung des Ausschusses statt. HC Strache gibt an, selbstverständlich auch mit Kurz via Textnachricht kommuniziert zu haben. In diesen SMS ging es um strittige inhaltliche Fragen zwischen ÖVP und FPÖ. Vor allem dann, wenn die ÖVP „auf der Bremse stand“ oder sich nicht an Abmachungen halten wollte, so Strache.
Straches Nachrichten liegen dem U-Ausschuss vor, darunter ist aber keine einzige Nachricht zwischen ihm und Sebastian Kurz.
„Innenminister Nehammer sitzt nicht nur auf dem Ibiza-Video, sondern auch auf allen SMS zwischen Strache und Kurz. Strache bestätigt unter Wahrheitspflicht, dass es viele gibt“, twittert der SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer aus dem Ausschuss.
Bis heute muss der Ibiza-Ausschuss ohne Beweismittel Nummer 1 auskommen: dem Ibiza-Video. Bereits seit 21. April ist das Innenministerium im Besitz des kompletten Ibiza-Videos. Eigentlich hätte die Behörde das Video spätestens zwei Wochen später dem parlamentarischen Untersuchungs-Ausschuss zur Verfügung stellen müssen. Passiert ist das bisher nicht. Nehammer begründet das damit, dass vorgeblich das Justizministerium zuständig ist, die Akten zu überliefern.
Tatsächlich ist aber jede Behörde verpflichtet, alle relevante Akten – und dazu gehören explizit auch elektronische Daten – dem Untersuchungsausschuss zu übermitteln. Das hat Karl Nehammer als oberster Chef bis jetzt erfolgreich zu verhindern gewusst. Auch an Justizministerin Zadic ist das Video nicht gegangen. Sogar das Angebot aus der Zivilgesellschaft, das Video dem Ausschuss zur Verfügung zu stellen, lehnt Ausschussvorsitzender Sobotka ab.
Der 10. Juni bringt die erschreckendeErmittlungsfehler, Schlampigkeit und Aktenverfälschung ans Licht. So übermittelt die zuständige Polizei-Einheit „Soko Tape“ wichtige Beweisstücke so verändert an die Korruptionsstaatsanwaltschaft, dass man ein Treffen mit Sebastian Kurz im Kalender des Raiffeisen-Managers Rothensteiner nicht mehr lesen kann. Wo es die ÖVP treffen könnte, da sollen die Ermittler nicht so genau hinschauen – der Eindruck ergibt sich aus der Befragung des Oberstaatsanwalts der WKSta.
Am vierten Tag der Ermittlungen geht es Sobotkas Glaubwürdigkeit endgültig an den Kragen: Er kommt selbst ins Visier der Ermittlungen. Denn als Vereinsobmann des Alois Mock Instituts hat er Spenden der Novomatic angenommen. Die wiederum wollte um jeden Preis neue Lizenzen für ihr Glücksspiel erstehen. Bei einer Hausdurchsuchung wurde eine Bestechungs-Preisliste in der Handschrift eines Novomatic-Managers gefunden.
Schon vor Beginn der Ermittlungen hat Sobotka mithilfe der Grünen alles dafür getan, den Ausschuss zu beschränken und zu zu verschleppen. Seit Tag 1 zeigt sich, wie tief die ÖVP, ihre Spitzenpolitiker und Vereine in die Vorwürfe verstrickt sind.
Die Schlinge um Sobotka, Nehammer und Kurz zieht sich langsam, aber sicher enger. In der Öffentlichkeit äußert sich keiner von ihnen zu den Vorwürfen. Stattdessen wird die parteifreundliche Medienmaschinerie angeworfen, um mit skandalträchtigen, aber letztlich kaum relevanten Details aus dem Video abzulenken.
Am selben Tag wurde die Chefredakteurin des Kurier, Martina Salomon, übrigens einstimmig vom Aufsichtsrat wiederbestellt. Sie übernahm die Stelle erst 2019, nachdem Helmut Brandstätter die Stelle frühzeitig räumen musste: Nach der Veröffentlichung seines Insider-Buches Kurz & Kickl über den Umgang von Sebastian Kurz mit Medien und insbesondere über Interventionsversuche beim Kurier und seinen Eigentümern gab Brandstätter seine Kandidatur bei den Neos bekannt. Am Dienstag wurde Salomon, die als besonders ÖVP-freundlich gilt, für die kommenden drei Jahre verlängert.
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