Die Arbeiterkammer Wien prüft eine Anzeige wegen Betrugs gegen die Unternehmen rund um die Gastro-Gruppe Dots von Martin Ho. Löhne für 78 Beschäftigte wurden nicht oder nur teilweise bezahlt – insgesamt steht noch die Bezahlung in Höhe von 100.000 Euro aus. Gleichzeitig stellt die Dots-Gruppe laufend neue Mitarbeiter:innen ein. Es könnten Kosten für eine Umstrukturierung des Unternehmens auf die Allgemeinheit abgewälzt werden, so der Verdacht. Die Dots-Gruppe bestreitet die Vorwürfe.
Nach René Benko ist aktuell ein anderer Kurz-Freund in den Negativ-Schlagzeilen. Der Szene-Gastronom Martin Ho – bzw. seine Dots-Gruppe – soll zig Beschäftigten die Löhne nicht (voll) bezahlt haben. Allein in diesem Jahr wandten sich 78 von seinen 250 Mitarbeiter:innen deshalb an die Arbeiterkammer. Ganze 41 Fälle landeten vor Gericht, weil das Unternehmen den Forderungen nicht nachkam. Laut Ludwig Dvořák, Leiter der Abteilung Rechtsschutz der AK Wien, geht es bei den offenen Forderungen um satte 100.000 Euro.
Ein Haufen insolventer Gesellschaften – und trotzdem neues Personal
Das ist im Grunde eines der Kerngeschäfte der Arbeiterkammer. Jedes Jahr erstreitet sie für die Arbeitnehmer:innen fast eine halbe Milliarde Euro – unter anderem wegen unbezahlter Überstunden oder fehlendem Lohn. Doch im Falle der Dots-Gruppe, zu der unter anderem fünf Nachtclubs, drei Restaurants und ein Hotel zählen, könnte laut Arbeiterkammer darüber hinaus Betrugsverdacht vorliegen.
Denn von den drei Gesellschaften, die hauptsächlich von den Lohnforderungen betroffen sind, ist bereits eine insolvent – die beiden anderen könnten folgen. Alle drei haben seit kurzem nicht mehr Dots im Namen und außerdem einen neuen Eigentümer-Geschäftsführer. Dieser ist allerdings nicht nur selbst bereits als Privatperson insolvent, sondern auch Geschäftsführer von 16 weiteren insolventen Firmen.
Gleichzeitig dürften neue Dots-Gesellschaften entstehen, die neue Angestellte aufnehmen. Laufend werden neue Mitarbeiter:innen in der Gastronomiegruppe eingestellt.
Darauf deuten u.a. Aussagen von Beschäftigten hin, die sich an die AK gewandt haben. Ihnen seien neue Verträge zu anderen Dots-Gesellschaften angeboten und in Aussicht gestellt worden, die ausstehenden Löhne über die AK – also dem Insolvenzfonds – bezahlt zu bekommen, wie Dvořák berichtet.
„Ist der Plan, die vom Dots-Namen, dem bisherigen Eigentümer und den Betriebsmitteln befreiten Gesellschaften als leere Hülle mitsamt den offenen Lohnschulden in die Insolvenz zu schicken und die Schulden vom Insolvenzfonds zahlen zu lassen?“, fasst Dvořák den Verdacht auf X zusammen.
AK richtet neue Stelle zur Betrugsbekämpfung ein
Damit würden die Unternehmen die Kosten einer Umstrukturierung auf die Allgemeinheit abwälzen, bzw. das Geld für die Löhne zwischenzeitlich für Unternehmenszwecke nutzen, anstatt sie fristgerecht zu bezahlen. Denn der Insolvenzentgeltfonds ist für den Fall vorgesehen, wenn ein Unternehmen pleitegeht und die offenen Löhne nicht mehr bezahlen kann – großteils finanziert durch Beiträge aller Unternehmen in Österreich.
Solche dubiosen Vorgänge und Insolvenzen will die Arbeiterkammer künftig genauer unter die Lupe nehmen. Sie hat eine neue Stabsstelle zur Betrugsbekämpfung eingerichtet und prüft in dem genannten Fall eine Anzeige wegen Betrugs.
Zusätzlich fordert die AK, dass Arbeitgeber bei zu spät bezahlten oder offenen Löhnen in Zukunft das Doppelte zahlen müssen. Damit will man solche Praktiken eindämmen.
Als @Arbeiterkammer werden wir das nicht hinnehmen: eine neue AK-Stabstelle Betrugsbekämpfung wird ab sofort dubiose Vorgänge und Insolvenzen genauer unter die Lupe nehmen. Mit dem AK-Garantiefonds leisten wir in Rechtsschutz-Fällen Überbrückungshilfe für offene Löhne.
— Ludwig Dvorak (@ludwig_dvorak) December 14, 2023
Die Dots-Gruppe bestreitet die Vorwürfe und prüft rechtliche Schritte wegen Verdacht auf Ruf- und Kreditschädigung. Es seien keine direkten Unternehmen der Dots-Gruppe betroffen und Martin Ho nehme seit Jahren keine operativen Führungsaufgaben mehr wahr, so das Unternehmen in einer Aussendung. Und dass das Unternehmen trotz der ausstehender Löhne neue Mitarbeiter:innen anstellt, begründet es mit dem Fachkräftemangel und der saisonalen Schwankungen. Das liege in der „Natur der Sache.“