Was tut mir gut? Was schadet mir? Wozu brauche ich Bewegung an der frischen Luft oder Vitamine? Das Wissen, das für ein gesundes Leben essenziell ist, erreicht viele Menschen nicht und ist dazu noch ungleich verteilt. Immer mehr Expert:innen fordern daher ein Schulfach “Gesundheitserziehung”. Neben gesunder Ernährung, Bewegung und Gesundheitsrisiken soll dort die Fähigkeit vermittelt werden, Informationen zu Impfungen oder Krankheiten besser recherchieren und beurteilen zu können. Die Pandemie hat bewiesen, wie wichtig das ist.
Im Juli hat das deutsche Robert-Koch-Institut (RKI) in den „Empfehlungen zur Vorbereitung und Prävention“ für den Herbst und Winter ein Schulfach „Gesundheitserziehung“ angeregt. Die österreichische Public Health Expertin Daisy Kopera teilt diese Meinung. „Es wäre wünschenswert, wenn in jeder Bildungseinrichtung – vom Kindergarten bis in die Erwachsenenbildung – eine kompetente Person Gesundheitskompetenz mit einfachen Mitteln transportieren würde.“, sagt Kopera im Gespräch mit Kontrast.
Zur Gesundheitskompetenz gehört nicht nur Wissen rund um Infektionskrankheiten oder Impfungen. Es geht insgesamt um Wissen über Essgewohnheiten, Sport und psychisches Wohlbefinden, um Krankheiten langfristig vorzubeugen. “Die Lebensweise beeinflusst weit verbreitete Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, da kann Gesundheitsbildung präventiv wirken”, erklärt Kopera, die den Unilehrgang Health Education (Gesundheitserziehung) in Graz leitet.
Im Kindergarten hieße das, richtig Händewaschen oder Naseputzen, in der Schule sollen dann Themen wie Ernährung, Sport und Hygiene auf dem Lehrplan stehen. Momentan wird das zwar vereinzelt und schulabhängig kurz behandelt, aber nicht systematisch in einem Schulfach – oft gehen die Inhalte dann zwischen dem restlichen Lernstoff unter, meint Kopera.
Gesundheitserziehung: Es geht auch um psychisches Wohlbefinden
Schulärztin Bettina Wiederkehr beobachtet in ihrer Arbeit ebenfalls, dass es vielen Schülerinnen und Schülern an Gesundheitskompetenz fehlt. An der Berufsbildenden Höheren Schule, an der sie arbeitet, mehren sich Fälle von psychosomatischen Beschwerden und ungesunder Lebensweise. Die Jugendlichen erkennen die Probleme oft nicht, weil ihnen einfach das Wissen fehlt, erzählt Wiederkehr. Hier kann Gesundheitserziehung helfen.
Gemeinsam mit den Lehrer:innen versucht Wiederkehr daher in ihrer Schule Gesundheitskompetenz zu vermitteln – so wird im Sportunterricht etwa über Ernährung und Bewegung gesprochen. Dennoch würde auch sie sich umfassendere Bilund im Bereich der Gesundheitskompetenz wünschen, in dem auch psychisches Wohlbefinden eine Rolle spielt.
„Gerade im jungen Alter ist dieses Wissen besonders wichtig. Was ist eine Panikattacke? Wie gehe ich mit Ängsten um? Sich selbst physisch und psychisch verstehen zu lernen; das zählt zu den wichtigsten Dingen im Leben.“, so Wiederkehr.
Gesundheitskompetenz ist ungleich verteilt
Den Schüler:innen sollen gute Strategien zur Stressbewältigung und zur Erhaltung einer gesunden Work-Life-Balance mitgegeben werden. Wiederkehr betont, dass Gesundheitskompetenz oft sehr ungleich verteilt ist. Während manche Kindern zu Hause wissen, was gesund ist und was nicht, haben andere nicht so viel Glück. Oft fehlt Eltern selbst das Wissen, das müsse daher die Schule vermitteln.
Auch das Bewusstsein und die Fähigkeit Gesundheitsrisiken einschätzen zu können, soll gefördert werden. Ebenso wichtig ist es, Jugendlichen beizubringen, Informationen im Internet sinnvoll filtern und suchen zu können. Gerade beim Thema Gesundheit können Fake News zu einem Problem werden. Deshalb soll die korrekte Recherche und der richtige Umgang mit Gesundheitsinformationen geschult werden. Auch das gehört zur Gesundheitserziehung.