Von wegen „Wirtschaftspartei“: Unter der aktuellen ÖVP-geführten Regierung hat sich die wirtschaftliche Lage Österreichs verschlechtert. Wir hinken anderen europäischen Staaten hinterher. Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg sind die Österreicherinnen und Österreicher nach einer Regierungszeit ärmer als davor. Anders erging es Konzernen und großen Unternehmen: Sie konnten ihre Gewinne steigern, weil Politik in ihrem Interesse gemacht wurde.
Wir werden ärmer. Das erste Mal seit Ende des Zweiten Weltkriegs ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf, also die Wirtschaftsleistung aufgeteilt auf alle Bewohner:innen, am Ende der Regierungszeit niedriger als zu Beginn. Und das um gleich 2,4 Prozent im Vergleich zu 2019 – zeigen Zahlen der Statistik Austria im Juni 2024. Dieser Einbruch im Wohlstand ist nicht nur historisch einzigartig, sondern im Vergleich zu anderen EU-Ländern ein negativer Ausreißer.
Aktuelle Berechnungen von Agenda Austria auf Basis der Zahlen und Prognosen der EU-Kommission für das Jahr 2024 zeigen ebenfalls eine schrumpfende Wirtschaft. Laut dieser Berechnung ist das reale BIP pro Kopf zwischen 2019 und 2024 um 1,7 Prozent gesunken. Es ist der schlechteste Wert in der gesamten EU. Nur vier weitere Länder haben eine schrumpfende Wirtschaft, alle anderen 22 Länder hatten in diesem Zeitraum ein Wirtschaftswachstum.
Vor allem die Preissteigerungen der letzten Jahre haben die Menschen hierzulande belastet. Für eineinhalb Jahre hatte Österreich die höchste Inflation in ganz Westeuropa. In der gesamten Zeit seit 2020 belegt Österreich den drittschlechtesten Platz in Westeuropa. Allen voran machten die explodierenden Kosten bei Wohnen, Energie und Lebensmitteln der Bevölkerung zu schaffen. Die Mieten sind innerhalb von zwei Jahren um fast ein Viertel gestiegen. Nirgendwo sonst in Europa halten sich hohe Gaspreise so hartnäckig hoch wie in Österreich. Einst günstige Lebensmittel (Eigenmarken und Co.) sind in Österreich in den letzten drei Jahren um fast 50 Prozent gestiegen.
Diese Steigerungen treffen aber nicht alle Menschen gleich. Während Menschen mit hohem Einkommen um 12,4 Prozent mehr ihres Geldes ausgeben müssen, müssen Haushalte mit niedrigem Einkommen gleich 32,3 Prozent mehr aufwenden. Also mehr als doppelt so viel.
Seit drei Jahren steigt die Arbeitslosigkeit in Österreich wieder kontinuierlich an. Obwohl sie nach der Coronapandemie im Jahr 2022 auf 6,3 % gesunken ist, gab es 2023 schon wieder einen leichten Anstieg auf 6,4 %. Und für das Jahr 2024 prognostiziert das AMS eine voraussichtliche Arbeitslosigkeit von 6,9 %. Aktuell (Juli 2024) liegt die Arbeitslosenquote bei 6,4 %. Das sind 10 % mehr Arbeitslose als im Juli des Vorjahres. Besonders betroffen sind Industrie und Baugewerbe. Dort hat die Arbeitslosigkeit sogar um 18,5 % beziehungsweise 13 % zugenommen. Aufgrund dieser Zahlen wirft Gewerkschafter und SPÖ – Sozialsprecher Josef Muchitsch der Bundesregierung Untätigkeit vor:
Den Preis für die Untätigkeit der Regierung gegen die Rekordteuerung zahlen jetzt alle doppelt und dreifach in Form von Rekordpreisen, Rezession, steigender Arbeitslosigkeit und einem Budget, das aus dem Ruder gelaufen ist.
Die ÖVP fordert in Österreich und auf EU-Ebene strenge Regeln bei Staatsausgaben und kritisiert all jene als „Schuldenmacher“, die eine offensive Wirtschaftspolitik mit Investitionen fordern.
Bei sich selbst ist die ÖVP allerdings nicht so streng: Die türkis-grüne Regierung hat einen so großen Staatsschuldenberg angehäuft, dass sogar die Europäische Kommission und der Fiskalrat Alarm schlagen. Der ÖVP-Finanzminister versucht, den Schuldenberg zu vertuschen und schönzureden.
Grundsätzlich sind Schulden nichts Schlechtes, solange das Geld für sinnvolle Investitionen wie den Ausbau nachhaltiger Energie oder Verbesserungen im Bildungssystems eingesetzt wird. Die ÖVP hat jedoch das Geld vor allem für Förderungen und Steuergeschenke an Konzerne aufgewendet.
Wer glaubt, dass zumindest die Abgabenquote gesunken ist, irrt. Jene Quote, die angibt, wie viel Steuern und Abgaben Österreich im Vergleich zur Wirtschaftsleistung an den Staat zahlt, ist unter der Führung der ÖVP gestiegen. Von 42,5 Prozent zu Beginn der ÖVP-Kanzlerschaft auf 43,6 Prozent im Jahr 2024.
Trotz der vermeintlich unternehmensfreundlichen Politik der ÖVP geht es den heimischen Firmen mieser als zuvor. In den letzten Jahren sind die Insolvenzen in die Höhe geschnellt. Von 2021 auf 2022 gab es einen Anstieg von fast 60 Prozent. Von 2022 auf 2023 noch einmal einen um 13 Prozent. Auch für das Jahr 2024 schaut es düster aus. Gerhard Weinhofer, der Leiter von Creditreform Österreich, rechnet in diesem Jahr mit mehr als 7.000 Firmenpleiten.
“Zuletzt gab es am Höhepunkt der Finanzkrise 2009 derart viele Insolvenzen”, erklärte er Anfang August bei einem Pressegespräch.
Zuvor aber wurde – vor allem für große Unternehmen – tief in die Tasche gegriffen. In Sachen Corona-Geldern hat kein anderes Land in der EU im Verhältnis so viele Förderungen an Unternehmen gezahlt wie Österreich. Der Wert ist etwa doppelt so hoch wie im Nachbarland Deutschland. Allein 2021 hat Österreich Unternehmen mit 16 Milliarden Euro subventioniert. Damit könnte man den Semmering-Basistunnel viermal bauen.
Von diesen hohen Fördersummen haben die Unternehmen in Österreich jedoch sehr unterschiedlich profitiert. Am meisten Geld ging an große Unternehmen. Kleine und mittlere hingegen schauten durch die Finger. Das ist kein Zufall, sondern war von Anfang an von der ÖVP so geplant:
Der Untersuchungsausschuss des Parlaments zu den Coronahilfen hat aufgedeckt: Noch bevor Förderungen an die Unternehmen flossen, stand die ÖVP im engen Austausch mit dem Kurz-Vertrauten René Benko und seinen Beratern. Das Ziel dieses Austausches war es, die Corona-Förderungen genau so aufzusetzen, dass große Konzerne besonders davon profitieren.
Viele dieser Firmen hätten die Förderungen gar nicht nötig gehabt. Denn sie haben trotz Corona-Krise hohe Gewinne gemacht. 50 der 100 größten Unternehmen Österreichs haben Corona-Hilfen beantragt. Davon haben 44 in der Corona-Zeit Gewinne gemacht, nämlich insgesamt 8,9 Milliarden Euro. Trotzdem haben sie 309 Millionen Euro Corona-Förderungen bekommen.
Österreich hatte eineinhalb Jahre lang die höchste Inflation in Westeuropa. Denn die ÖVP-geführte Regierung hat es verabsäumt bzw. sich geweigert, Maßnahmen zu setzen, die die Gewinne von Konzernen und ihren Aktionären schmälern könnten.
Es haben nämlich nicht alle unter der Inflation gelitten: Besonders Energiekonzerne und Banken haben Rekord-Gewinne erwirtschaftet. Aber auch Immobilien-Konzerne konnten sich angesichts steigender Mieten freuen.
Länder wie etwa Spanien haben einen anderen Weg gewählt – und das mit Erfolg. Die spanische Regierung hat unter der Führung des Sozialdemokraten Pedro Sánchez Steuern eingeführt, die die Übergewinne von Energiekonzernen und Banken abschöpfen. Mit den Erträgen hat man die Bevölkerung entlastet. So wurden etwa die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel ausgesetzt, eine Bremse für Gaspreis und Mieten eingeführt, der öffentliche Verkehr verbilligt und Löhne und Pensionen erhöht. Das Ergebnis: Spanien hat eine der geringsten Inflationsraten der letzten Jahre in Europa.
Als wären Millionen-Förderungen und Krisen-Gewinne noch nicht genug, haben ÖVP und Grüne die Gewinnsteuer für Unternehmen, die sogenannte Körperschaftsteuer (KÖSt), von 25 Prozent auf 23 Prozent gesenkt. Damit schenken sie Konzernen jährlich fast eine halbe Milliarde Euro.
Klein- und Mittelbetriebe profitieren von diesem Steuergeschenk jedoch nicht. Mehr als 80 Prozent der Unternehmen zahlen nämlich gar keine Körperschaftsteuer, sondern Einkommenssteuern, da sie Personenunternehmen und keine Aktiengesellschaften oder GmbHs sind.
Aber auch unter jenen, die Körperschaftsteuer zahlen, ist die Ersparnis sehr ungleich verteilt: 64 Prozent des Volumens der KÖSt-Senkung gehen an das gewinnstärkste Prozent der Konzerne.
Die Daten der Europäischen Kommission und des Fiskalrats zeigen nun, dass der ÖVP-Finanzminister rote Zahlen schreibt, um diese Steuergeschenke zu finanzieren.
Diese Schulden werden sich jedoch nicht in Luft auflösen, sobald die ÖVP aus dem Kanzleramt und dem Finanzministerium fliegt, sondern müssen von der nächsten Regierung (und wahrscheinlich auch übernächsten Regierung) abbezahlt werden.
Die Steuerleistung im Gesamten ist in Österreich ungleich verteilt. Fast 80 Prozent der Einnahmen kommen aus Steuern auf Arbeit und Konsum. Vermögen und Unternehmensgewinne werden kaum besteuert. Vermögende zahlen nur halb so viele Steuern wie jemand, der für 1800 netto arbeiten geht.
Zu Ende gedacht heißt das: Die Steuergeschenke der ÖVP an Konzerne und ihre Aktionäre, werden von den Österreicherinnen und Österreichern am Lohnzettel und an der Supermarkt-Kassa bezahlt.
Nach fünf Jahren türkis-grüne Regierung gibt es klare Gewinner und Verlierer. Gewinne sind Unternehmen und Vermögende. Sie haben nicht nur in der Inflation enorme Gewinne gemacht, sondern auch vom ÖVP-Finanzminister millionenschwere Förderungen bekommen, unabhängig davon, ob sie diese brauchen oder nicht. Und damit sie von ihren Gewinnen noch möglichst wenig abgeben müssen, hat Türkis-Grün ihnen noch die Steuern gesenkt.
Wer sind die Verlierer? Der Rest, also all jene Österreicherinnen und Österreicher, die keine Anteile an großen Unternehmen besitzen und ihr Einkommen durch ihre eigene Arbeit erwirtschaften. Das sind mehr als 90 Prozent der gesamten Bevölkerung.
Die nächste Regierung wird die wirtschaftliche Misere der ÖVP beheben müssen. Dabei hat sie zwei Möglichkeiten. Entweder kommt es zu massiven Kürzungen, um die leeren Kassen, die die ÖVP hinterlassen hat, wieder zu füllen. Bereiche, die besonders von solchen Kürzungen bedroht sind, wären wohl Soziales, Bildung, Pensionen und Gesundheit.
Oder man bittet jene zur Kasse, die von den Steuergeschenken der ÖVP bisher profitiert haben. Das kann mit einer Steuer auf Übergewinne und einer Anhebung der Gewinnsteuer erreicht werden. Gleichzeitig könnte man über Steuern auf hohe Vermögen und Erbschaften die breite Bevölkerung entlasten und mit Investitionen in die Energiewende und Infrastruktur die strauchelnde Wirtschaft wieder ankurbeln. Gleichzeitig muss die Bevölkerung entlastet werden, etwa durch das Deckeln des Mietanstiegs.
Schulmedizin bzw. wissenschaftliche Medizin, Pflanzenheilkunde, Naturheilkunde oder Homöopathie. Topfenwickel, Kräutertee oder Globuli? Der Markt an…
In Österreich stehen 230.000 Wohnungen leer, weil die Eigentümer:innen sie als Anlageobjekt nutzen, anstatt für…
Unter dem Titel „Festung Österreich. Festung der Freiheit“ fordert die FPÖ in ihrem Wahlprogramm eine…
Während die USA und China schon vor Jahren in grüne Technologien investiert haben, ist Österreich…
Immer wieder fordert die Industriellenvereinigung oder auch Parteien, wie die Neos, dass die Menschen länger…
Laut einer Anfragebeantwortung von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) an die SPÖ, nahmen rechtsextreme Straftaten im…