Sebastian Kurz als Kanzler ist Geschichte. Doch das dürfen nicht alle Konsequenzen der Kurz-Affäre sein. Er selbst bleibt in einer politischen Spitzenposition – als ÖVP-Klubobmann. Sein Kanzler-Nachfolger Alexander Schallenberg ist eng mit Kurz vernetzt. Außerdem wird auch gegen die ÖVP als Ganzes ermittelt.
Sebastian Kurz hat sich lange gewehrt – spät aber doch ist er am Abend des 9. Oktober als Bundeskanzler zurückgetreten. Zu schwer und zu konkret sind die Vorwürfe. Die mächtigen Landeshauptleute in der ÖVP konnten ihn an der Spitze nicht mehr dulden. Was er nun versucht, ist eine Verzweiflungstat: Alexander Schallenberg soll als Kanzler übernehmen. Kurz selbst bleibt ÖVP-Parteichef und Klubobmann im Parlament – und damit in einer politischen Spitzenposition. Sein Netzwerk bleibt an den Hebeln der Macht. Echte Konsequenzen und saubere Politik sehen anders aus.
Das ist auch das entscheidende für Kurz: Solange er seine Vertrauten an den Schalthebeln der Macht weiß, kann er sie weiter für seine Vorteile nutzen. Kurz soll es schließlich laut dem Akt der WKStA auch als Außenminister gelungen sein, 2 Millionen Euro aus dem Finanzministerium für seine Zwecke zu missbrauchen. Es gibt keinen Grund, warum ihm derartiges als Klubobmann nicht auch gelingen sollte.
Alexander Schallenberg ist Intimus von Kurz – und Teil seines Netzwerks
Der neue Kanzler Alexander Schallenberg machte, bevor er Minister wurde, Karriere im Außenministerium. Seinen größten Förderer hat er mit Sebastian Kurz gemeinsam: Ex-ÖVP Chef und den ehemaligen Außenminister Spindelegger. 2009 wurde Schallenberg einer der Sprecher von Spindelegger.
Neben ihm gab es einen weiteren Ministersprecher: Thomas Schmid.
Spindelegger war es auch, der Kurz in die Regierung holte.
Schallenbergs steiler Aufstieg begann, als Kurz das Ressort übernahm. Er machte den Beamten zum Chef der „strategischen Planung“ im Außenministerium. Als Kurz zum ersten Mal ins Kanzleramt wechselte nahm er Schallenberg mit und betreute ihn mit den Europa-Agenden.
Als Kurz‘ erste Regierung platze, wurde Schallenberg Außenminister in der Übergangsregierung Bierlein. Dabei traf er eine interessante Personalentscheidung: Er machte den konservativen Hardliner Bernhard Bonelli zu seinem Kabinettschef. Bonelli arbeitete in dieser Funktion zuvor für Sebastian Kurz und war auch Kabinettschef für Kurz im Bundeskanzleramt. Bonelli gehört zum engsten Kreis von Sebastian Kurz und ihm wird eine entscheidende Rolle bei der Machtübernahme des Kurz-Netzwerks zugesprochen. Auch gegen Bonelli wird in der Kurz-Affäre ermittelt.
Es wird gegen die ganze ÖVP ermittelt – nicht nur gegen Kurz
Doch nicht nur die Personalauswahl für das Kanzleramt spricht gegen die Regierungsfähigkeit der ÖVP. Die ÖVP als Ganzes ist ein Problem: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt nicht nur gegen Kurz sondern gegen die ÖVP als Gesamtpartei.
Außerdem befinden sich in der Regierung Minister:innen und auch in den Kabinetten enge Vertraute von Sebastian Kurz. Elisabeth Köstinger soll etwa weiterhin Ministerin bleiben, obwohl sie als damalige Generalsekretärin der ÖVP eben jenen Wahlkampf organisierte, in dem Kurz und sein Netzwerk die von der WKStA kolportierten Taten begangen haben sollen.
Zur Erinnerung: Es geht mutmaßlich um Bestechung, Bestechlichkeit, Amtsmissbrauch und Veruntreuung von Steuergeldern. Auch Blümel ist als Minister untragbar: Schließlich soll er, der Amtsmissbrauch begangen haben soll, weiter im Finanzministerium sitzen. Jenes Ministerium aus denen die veruntreuten Steuergelder aus der Kurz-Affäre stammen sollen.