Wenn ein sprechendes Känguru mit einem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit auf einen Kleinkünstler trifft, kann es sehr lustig werden. Das hat der Kabarettist Marc-Uwe Kling mit seinen erfolgreichen “Die Känguru-Chroniken” gezeigt, die jetzt auch im Kino zu sehen sind. Ein Känguru gegen den Populismus.
Es klopft an der Tür – davor steht ein sprechendes Känguru und bittet nach den Zutaten, um Eierkuchen zuzubereiten. Als guter Nachbar besorgt der Kleinkünstler Marc-Uwe diese brav und schon hat sich das Känguru in seiner Wohnung eingenistet, denn Eigentum ist ja bekanntermaßen Diebstahl. Und so beginnt die Freundschaft zwischen dem ungleichen Duo.
Doch das WG-Glück bleibt nicht lange unberührt: Der schmieriger Großunternehmer Jörg Dwix (als Vorbild diente Jörg Haider & die FPÖ) will ihr Wohnhaus dem Boden gleich machen – stattdessen soll ein Parkhaus und ein protziger Mega-Tower errichtet werden. Nebenbei ist Dwix auch noch Vorsitzender der ultrarechten Partei “AzD” (“Alternative zur Demokratie”). Das linke Känguru stachelt die Nachbarschaft zum Widerstand gegen den Immobilien-Mogul und Rechtspopulisten an.
Die Geschichten rund um das Känguru stammen vom deutschen Kabarettisten Marc-Uwe Kling: Zuerst führte er sie auf Bühnen auf, dann wurden sie zum erfolgreichen Podcast auf “Radio Fritz”. 2009 entstand dann das gleichnamige Buch. Es folgten „Das Känguru-Manifest“ und „Die Känguru-Offenbarung“. Die Erfolgsgeschichte der Reihe ging mit „Die Känguru-Apokryphen“ in die vierte Runde. Aufführungen von Marc-Uwe Kling sind stets ausverkauft. Und auch die Kino-Besucher ließen nicht lange auf sich warten.
“Wenn es gar keine Klimaerwärmung gibt, würden wir uns schön ärgern”
Wie so oft im Leben gilt auch hier: Das Buch ist besser als der Film. Auch wenn die Witze der Vorlage gut sind, bleiben die Pointen im Film öfter mal auf der Strecke. Popkulturelle Anspielungen (auf Nirvana, Bud Spencer oder Fight Club) und schlagfertige Dialoge blühen nicht auf, sondern gehen in hektischen Szenen unter. Und das ist wirklich schade, kennt man aus den Känguru-Chroniken Dialoge wie diesen:
“Ob Links- oder Rechtsterrorismus – da sehe ich keinen Unterschied.”
“Doch, doch”, ruft das Känguru, “die einen zünden Ausländer an, die anderen Autos. Und Autos sind schlimmer, denn es hätte meines sein können. Ausländer besitze ich keine.”
Oder Sätze wie diesen:
“Ja, wir könnten jetzt was gegen den Klimawandel tun, aber wenn wir dann in 50 Jahren feststellen würden, dass sich alle Wissenschaftler doch vertan haben und es gar keine Klimaerwärmung gibt, dann hätten wir völlig ohne Grund dafür gesorgt, dass man selbst in den Städten die Luft wieder atmen kann, dass die Flüsse nicht mehr giftig sind, dass Autos weder Krach machen noch stinken und dass wir nicht mehr abhängig sind von Diktatoren und deren Ölvorkommen. Da würden wir uns schön ärgern.”
Doch es fehlt die Zeit, um die Anekdoten wirken zu lassen und die Charaktere kennenzulernen. Känguru-Kenner werden sich amüsieren, für alle anderen ist es vielleicht nicht der beste Einstieg in die Welt des Kängurus.
Fangemeinde wird weiter wachsen
Schade ist auch, dass Marc-Uwe Kling nur als Stimme des Kängurus auftritt. Er selbst wird von Dimitrij Schaad verkörpert, der im Gegensatz zu ihm Schauspieler und kein Kleinkünstler ist. Dani Levy führte Regie .
Überzeugen kann das realistisch-animierte Känguru – ein Motion-Capture-Verfahren überträgt die Bewegungen eines Schauspielers auf das computeranimierte Tier. Die Erzählweise erinnert stark an die Buch-/Hörbuchvorlage: Viele Meta-Diskussionen und Gespräche, die die dritte Wand durchbrechen. Leider liegt der Fokus der Verfilmung zu stark auf Jörg Dwix, dem Bösewicht der Geschichte und nicht auf der chaotischen WG aus dem Kleinkünstler und einem kommunistischen Känguru mit großem Sprachwitz.
Das Fazit: Amüsantes Kino, das wesentlich schlagfertiger und aufmüpfiger hätte sein können. Nichtsdestotrotz wird die Fangemeinde rund um Marc-Uwe Klings Känguru durch die Film-Version der “Känguru-Chroniken” weiter wachsen.