Im Juli 2021 ist es genau 50 Jahre her, dass das Parlament während der Kreisky-Regierung Homosexualität entkriminalisiert hat – ein Meilenstein auf dem Weg Richtung Gleichstellung. Doch bis heute gibt es Angriffe auf LGBTIQ-Personen. Sie häufen sich sogar, wie aktuelle Zahlen zeigen.
Zum 50. Mal jährte sich heuer die Entkriminalisierung von Homosexualität, die Bruno Kreisky am 8. Juli 1971 beschloss. Ein Bericht der SoHo dokumentiert einen Anstieg von Angriffen auf die LGBTIQ-Community. Dazu zählen Verbrennungen von Regenbogenfahnen ebenso wie Angriffe auf die Sichtbarkeit und Selbstbestimmung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtliche Personen. In der Steiermark erfasste die Antidiskriminierungsstelle für 2020 sogar doppelt so viele Fälle von LGBTIQ-Feindlichkeit wie 2019.
„Die Fälle haben eine bedenkliche Dimension erreicht – auch was die sexualisierte Gewalt in der Öffentlichkeit betrifft. Und die Dunkelziffer ist vermutlich um einiges höher“, so die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark, Daniela Grabovac.
Anders als in Ländern wie Deutschland, Frankreich oder Großbritannien gibt es in Österreich keine regelmäßigen Untersuchungen zu der Thematik. Auch gelangt ein Großteil der Übergriffe gar nicht erst in die Öffentlichkeit, geschweige denn zur Anzeige. Der Bericht der SoHo zeigt jedoch, wie weit verbreitet und vielfältig Ausgrenzung, Ablehnung und Hass gegen LGBTIQ-Personen quer durch alle Bundesländer ist.
Angriffe auf LGBTIQ-Personen: Beschimpfungen und verbrannte Regenbogenfahnen
Während des Pride-Monats Juni 2021 machten viele Städte und Institutionen auf die oft unzufriedenstellende Situation von homo-, bi- und transsexuellen Personen aufmerksam und setzten ein Zeichen für Gleichstellung, Toleranz und Vielfalt. Doch gerade die vielerorts gehissten Regenbogenfahnen wurden oft zerstört, verbrannt oder gestohlen. So haben etwa Unbekannte die offiziellen Fahnen am Schloss Mirabell in Salzburg oder dem Amtshaus des 8. Wiener Gemeindebezirks entwendet. In Vorarlberg vermerkte die LGBTIQ-Initiative GO WEST sogar rund 20 Vorfälle von Diebstählen und Fahnenverbrennungen in verschiedenen Gemeinden. Als Reaktion folgten in den Gemeinden flächendeckende Anzeigen sowie Unterstützung des Vereins und erneutes Hissen der Fahnen – in doppelter Zahl. Auch entsprechende Schutzwege und Parkbänke wurden vermehrt zerstört und beschmiert, wie etwa der erste Regenbogenschutzweg in Linz oder eine Regenbogenbank in Innsbruck.
Nicht nur diese Formen der Zerstörung sind Ausdruck expliziter LGBTIQ-Feindlichkeit, sondern auch die steigenden Vorfälle von handfester Gewalt, Beschimpfungen und Bedrohungen. Im Rahmen von Pride-Veranstaltungen kam es immer häufiger zu offenen Anfeindungen. Am Rande der Regenbogen-Parade in Wien wurde ein junger Mann mit einer Flasche angegriffen. Im Zuge der Klagenfurter Pride meldeten Kärntner NGOs mehr als 30 Angriffe.
Ein Grund für den Anstieg der Übergriffe könnte sein, dass die LGBTIQ-Community in den vergangenen Jahren immer stärker in der Öffentlichkeit aufgetreten ist und damit Anfeindungen und Diskriminierungen einhergehen, wie Daniela Grabovac vermutet. Österreich steht mit dieser Entwicklung allerdings nicht alleine da. Auch in anderen europäischen Ländern häufen sich zunehmend homo- und transfeindliche Vorfälle wie etwa in Polen. Ungarn verbietet sogar per Gesetz die Aufklärung über Homosexualität sowie Solidaritätsbekundungen durch Unternehmen.
SPÖ fordert nationalen Aktionsplan und vollen Diskriminierungsschutz
Die SPÖ fordert nicht nur vollen Schutz vor Diskriminierung im Gesetz, sondern auch einen nationalen Aktionsplan sowie eine bundesweite Kompetenzstelle. Derzeit darf etwa ein Lokalbesitzer einen Mann aus einem Lokal werfen, wenn er mit einem anderen Mann Händchen hält und das dem Lokalbesitzer missfällt. Ein Vermieter darf einer Person eine Wohnung verwehren, wenn der Name in der Geburtsurkunde nicht zum gelebten Geschlecht passt. Um solche Missstände zu beheben, muss die Regierung im Gleichbehandlungsgesetz ein vollständiges Verbot von Diskriminierung verankern. Darüber hinaus soll eine bundesweite Beratungsstelle dafür sorgen, dass Betroffene und LGBTIQ-Vereine leichter Unterstützung bekommen.