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Schwere Plagiats-Vorwürfe: Ministerin Aschbacher tritt zurück

Schwere Plagiats-Vorwürfe: Ministerin Aschbacher tritt zurück

Foto: BKA, Dragan Tatic

Foto: BKA/Dragan Tatic

Alina Bachmayr-Heyda Alina Bachmayr-Heyda
in Bildung, Türkis-Grün
Lesezeit:3 Minuten
8. Januar 2021
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Ministerin Christine Aschbacher (ÖVP) soll in ihrer Diplomarbeit geschummelt und schwerwiegende Plagiate begangen haben. Auch ihre 2020, also nach Amtsantritt, verfasste Dissertation weist seitenweise Verdachtsmomente auf. Nun ist Aschbacher als Ministerin zurückgetreten. 

Ein Plagiatsprüfer wirft Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher vor, in ihrer Diplomarbeit plagiiert zu haben. Auf seiner Homepage zeigt der Kommunikationswissenschafter und Unilektor Stefan Weber, wie unsauber die wissenschaftliche Abschlussarbeit der Ministerin an der Fachhochschule Wiener Neustadt war.

„Selten habe ich so eine Fundgrube von allem, was man nicht machen soll, gesehen“, urteilt Weber

Das Fazit des Plagiatsprüfers ist vernichtend: Die Arbeit sei „eine einzige wissenschaftliche Katastrophe und daher besser dem Bereich der Nicht-Wissenschaft zuzuordnen“.

Diplomarbeit „plump plagiiert“

Weber kam laut eigenen Angaben durch die mangelnden Deutschkenntnisse von Aschbacher in Interviews auf die Spur der Ministerin. Mithilfe der Plagiatssoftware „turnitin“, die unter anderem auch die Universität Wien verwendet, und einer eigens entwickelten Software, scannte Weber die Diplomarbeit der ÖVP-Ministerin aus dem Jahr 2006.

Es zeigt sich: Nicht nur im gesprochenen Wort, auch geschrieben tut sich Aschbacher schwer mit stringentem Satzbau: „Die Aufgaben des Key Account Managers sind […] nicht einfach durch zu führen. In der Theorie sind die Anforderungen beschrieben, jedoch ’nur‘ als theoretischen Input.“ (S. 6) Das Urteil des Plagiatsprüfers: „Das ist kein Deutsch, und das ist darüber hinaus Nonsens.“

Doch viel schwerwiegender als ihr holpriges Deutsch sind die schweren wissenschaftlichen Fehler, die sich die FH-Absolventin geleistet hat. Die Plagiatssoftware markiert alle Stellen farblich, die sich wortgleich in den Datenbanken findet.

Stefan Weber zeigt, wie ausgeprägt die Plagiatsvorwürfe sind.

Die Vorwürfe sind umfassend: Aschbacher hat Internetseiten zitiert, die keine wissenschaftlichen Quellen sind. Sie hat außerdem wörtliche Abschriften mit indirekte Zitaten gekennzeichnet, was im korrekten Umgang verwendet wird, wenn man Ideen, Daten und Thesen entleiht, nicht absatzweise abschreibt. Und das nicht nur im Fließtext, sondern auch in der Hypothese, die laut Weber „plump plagiiert“ ist.

ÖVP schweigt zu Vorwürfen

Zu den Vorwürfen hat das Büro der Ministerin auf Medienanfrage lange nichts gesagt. Man müsse die Vorwürfe „in Ruhe ansehen“ hieß es am Anfang. Die lasche Reaktion verwundert, ist die ÖVP doch für ihre Law and Order-Position bekannt, wenn es ums Studieren geht. Seit Jahren legt die ÖVP mit jeder Gesetzesnovelle noch strengere Regeln für Studierende aus, begrenzt den Zugang zu Studien, erschwert das Studium, wenn man nebenher arbeiten muss oder Kinder oder Eltern betreut. Wer zu lange studiert, muss Studiengebühren bezahlen, wer aus einem Nicht-EU-Land kommt, gleich doppelt so viel.

Die neuesten Vorstellungen aus dem ÖVP-Wissenschaftsressort: Verpflichtende Mindeststudienleistungen inklusive drohender Exmatrikulation bei Nicht-Einhalten, lebenslange Sperren eines Studiums bei Nicht-Bestehen der Studieneingangsphase, rigorose Machtverschiebungen von demokratisch gewählten hin zu politisch bestellten Gremien.

Serienplagiatorin: Fehler in der Dissertation der Ministerin

Doch nicht nur bei ihrem FH-Abschluss 2006, auch nach Amtsantritt soll Aschbacher plagiiert haben – und zwar „noch schwerwiegender und länger als in der Diplomarbeit“, wie Weber urteilt. Das Exposé für ihr Dissertationsvorhaben an der slowakischen Technischen Universität in Bratislava wurde am 29.05.2020 veröffentlicht. Schon in der Kurzfassung finden sich „seitenweise“ Plagiate, kündigt Weber auf Twitter an:

DOWNLOAD: ENTWURF EINES FÜHRUNGSSTILS FÜR INNOVATIVE UNTERNEHMEN – Kurzfassung der Dissertationsarbeit

Süddeutsche Zeitung-Journalist Oliver Das Gupta twitterte, dass zwischen der Veröffentlichung des Dissertations-Vorhabens und der Verteidigung der fertigen Arbeit höchstens vier Monate lagen. Während die meisten Menschen Monate oder Jahre zur Fertigstellung ihrer Doktorarbeit brauchen, machte die Arbeitsministerin im Corona-Jahr ihren Abschluss binnen weniger Wochen.

2/2

Bemerkenswert sind auch die Zeitpunkte der Veröffentlichung von Diss-Exposé (Mai 2020) und Diss-Verteidigung (August 2020). Aschbacher scheint nach Amtsantritt als Bundesministerin im Corona-Jahr offenbar Zeit genug für Ihre Doktorarbeit zu haben. https://t.co/qxu9mBwGBn

— Oliver Das Gupta (@oliverdasgupta) January 8, 2021

Resümierend stellt Weber, der an der Wirtschaftsuniversität Wien wissenschaftliches Arbeiten lehrt, die Frage: „Aufgrund welcher Qualifikationen wurde hier jemand Ministerin?“

Es ist nicht das erste Mal, dass Weber sich die wissenschaftlichen Arbeiten der Führungsspitze des Landes genauer anschaut. Den steirischen ÖVP-Landesrat Christian Buchmann kosteten Webers Entdeckungen 2017 nicht nur den Doktortitel, sondern auch das Amt des Landesrates.

Aschbacher legt ihr Amt als Arbeitsministerin zurück

Am 11. Jänner 2021 ist die Familien- und Arbeitsministerin zurückgetreten. Die ÖVP-Politikerin bezeichnet die Vorwürfe als Unterstellungen und gibt als offiziellen Grund für den Rücktritt den „Schutz ihrer Familie“ an. Sie habe ihre Abschlussarbeiten „nach bestem Wissen und Gewissen“ verfasst. Die „Anfeindungen“ gegen sie und ihre Familie seien ihr zu viel geworden. Der Ökonom Martin Kocher folgt Aschbacher als Arbeitsminister, die Agenden Familie und Jugend übernimmt die Ministerin für Frauen und Integration, Susanne Raab.

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Ulrike Kratzer
Ulrike Kratzer
8. Januar 2021 22:34

Plagiate bei der Diplomarbeit. So etwas kann Sebastian Kurz nicht passieren.

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In keinem Land der Eurozone ist Vermögen so ungleich verteilt wie in Österreich. Die reichsten 1 Prozent besitzen 41 Prozent des gesamten Vermögens, während die ärmere Hälfte Österreichs zusammen nur 3 Prozent des Vermögens besitzt. Der Großteil der Superreichen ist nicht durch harte Arbeit oder kluge Geschäftsideen zu Reichtum gekommen, sondern hat sein Vermögen geerbt. Auf diese gigantischen Erbschaften zahlen sie außerdem keinen Cent Steuern. Der Sozialökonom Stephan Pühringer argumentiert, dass diese Ungleichheit Gift für unsere Gesellschaft ist. Immer mehr Geld und Macht sind in der Hand von einigen wenigen konzentriert, während der Rest der Bevölkerung durch eigene Arbeit kaum mehr zu bescheidenem Wohlstand kommt. Zitat: Das Verhältnis zwischen Superreichen und dem Rest der Bevölkerung ist komplett aus dem Lot geraten. Gigantische Vermögen werden ohne jegliche Leistung oder Besteuerung vererbt. Das gefährdet den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Stephan Pühringer

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