Von 18. bis 20. Mai 2021 haben Österreichs Studentinnen und Studenten ihre Vertretung gewählt. Die ÖH-Wahl mit historisch niedrigster Beteiligung brachte einen Erdrutschsieg für den Verband sozialistischer Student_innen. Die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft rutscht auf Platz drei hinter die Grünen StudentInnen.
Pandemiebedingt fiel der Jubel leiser aus, aber die Freude war riesig bei den wenigen Vertreterinnen vom Verband sozialistischer Student_innen (VSStÖ), die sich am Donnerstag in der Wahlzentrale einfanden, um mit den Kandidatinnen aller Fraktionen (nur der Ring freiheitlicher Studenten stellte einen Mann als Spitzenkandidaten auf) die Wahlergebnisse abzuwarten. Der Grund der Freude: Zum ersten Mal seit Bestehen der Österreichischen Hochschüler_innschaft (ÖH) landen die roten Studierenden auf Platz 1. Spitzenkandidatin Sara Velić holte 24,6 Prozent und 14 von 55 Mandaten.
Die Verliererin des Abends heißt Aktionsgemeinschaft. Die ÖVP-nahen Studierenden verlieren fast sechs Prozent und rutschen von Platz 1 auf den dritten Platz hinter die Grünen und alternativen Student_innen (GRAS), die ebenfalls Stimmen verloren haben. Ausbauen konnten nicht nur beide kommunistischen Listen, sondern auch die unabhängigen Fachschaftslisten (FLÖ). Damit zieht erstmals die zweite kommunistische Liste in das Studierendenparlament ein. Die pinke wie die blaue Fraktion konnten ihre Position leicht ausbauen und ihre Mandate halten.
Über eine Prozentzahl dürfte sich allerdings niemand freuen: 15,79 Prozent betrug die Wahlbeteiligung. Die traditionell niedrige Marke wurde im Vergleich zu den letzten Wahlen 2019 um satte zehn Prozentpunkte unterschritten. GRAS-Spitzenkandidatin Keya Baier gibt sich zweckoptimistisch: „Ich hätte erwartet, dass wir vielleicht gar nicht zweistellig werden.“ Das Fernbleiben der KommilitonInnen liegt wohl daran, dass coronabedingt an den Hochschulen keine Lehre stattfindet. Die ÖH kann nur am Standort, an dem man inskribiert ist, oder per Briefwahl gewählt werden. Im Lockdown haben viele Studentinnen und Studenten ihre Jobs verloren, vor Ort finden keine Lehrveranstaltungen statt. So haben viele ihre WGs auch aus finanziellen Gründen aufgegeben und sind nach Hause gezogen. Die Briefwahl hat die AG-Exekutive nicht genügend beworben, kritisiert die gebürtige Vorarlbergerin Velić.
Türkis-Grün verliert
Auf ihren Wahlerfolg angesprochen, gibt sich Sara Velić bescheiden: “Wir hätten selbst nicht gedacht, dass wir zwei Listen überholen.” Sie ist sicher: “Unser Erfolg ist ein Zeugnis dafür, dass die Studierenden nicht mit der Hochschulpolitik der Regierung zufrieden sind.” Auffällig ist, dass die Jungfraktionen der Regierungsparteien die einzigen sind, die Stimmenanteile verloren. Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) hatte mitten in der Krise Verschärfungen wie eine Mindest-ECTS-Leistung angekündigt – von den parteinahen Studierendenverbänden kam wenig Widerstand.
Die noch amtierende ÖH-Vorsitzende Sabine Hanger (Aktionsgemeinschaft), durch einen Koalitionsstreit zwischen VSStÖ, Gras und Fachschaftslisten an die Spitze der ÖH gekommen, hatte ein klares Ziel: ÖH-Vorsitzende bleiben und “eine linke Koalition verhindern”. Das ist nicht gelungen: Das erste Mal könnte sich sogar eine Koalition ohne FLÖ aus VSStÖ, GRAS und den kommunistischen Listen ausgehen, ähnlich der Exekutive auf der Universität Wien.
Sara Velić freut sich auf die Arbeit in einer neuen Koalition, als Partner ausschließen will sie nur den RFS. Ihr Ziel: Das versprochene Wahlprogramm durchsetzen, das sich in erster Linie um soziale Absicherung und psychische Gesundheit dreht.
Der VSStÖ konnte an fast allen großen Universitäten als einzige Fraktion Zugewinne erzielen. Die Aktionsgemeinschaft verlor hingegen ihre Hochburgen. Die Absolute an der Universität Innsbruck fiel ebenso wie am Juridicum in Wien, an der Wirtschaftsuni Wien konnte die AG sie nach einem Verlust von 6,4 Prozent nur knapp halten. Auch an der Montanuniveristät Leoben, einer traditionell ÖVP-freundlichen Hochschule, gingen 7,5 Prozent und die Absolute verloren.