Für Beschäftigte soll 60 Stunden Arbeit pro Woche möglich werden. Gleichzeitig kündigt die Familienministerin Bogner Strauß (ÖVP) an, die Gelder für den Ausbau von Kindergärten und Ganztagsschulen zu kürzen. Dabei ist laut aktueller Kindertagesheimstatistik nur jeder 2. Kindergartenplatz in Österreich mit Arbeit in Vollzeit vereinbar – von 12 stündigen Arbeitstagen ganz zu schweigen.
Jetzt ist es fix: Die Regierung wird die Mittel für die Kinderbetreuung zurückfahren. Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) hat am Mittwoch im Ö1-“Morgenjournal” angekündigt, den Ländern künftig nur mehr 110 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung zu stellen. Das sind 30 Millionen weniger als derzeit. Widerstand kommt von Ländern und Gemeinden.
Bogner-Strauß begründet die Kürzungen damit, dass sich die Betreuung der über 3-Jährigen deutlich verbessert hat: “Es braucht jetzt für die Drei- bis Sechsjährigen eigentlich keinen Ausbau mehr”, so Bogner-Strauß. Dass gleichzeitig mit der Ausweitung der Arbeitszeit die Kinderbetreuung zurückgefahren wird, argumentiert Bogner Strauss so:
“Ich meine, man kann ein Kind nur über bestimmte Stunden in der Betreuung lassen und das möchte man ja als Elternteil auch nur acht bis zehn Stunden maximal am Tag, aber es soll flexibel sein, ja.”
Kritik aus den Ländern
In den Ländern kann man das nicht verstehen. Die zuständige Landesrätin Andrea Klambauer (NEOS) erklärt gegenüber der APA:
“Uns fehlen dadurch etwa zwei Millionen Euro für den weiteren Ausbau, die das Land nun selber stemmen wird müssen”. Denn: “Gerade vor dem Hintergrund der im Nationalrat beschlossenen Arbeitszeitflexibilisierung wird auch eine weitere Flexibilisierung des Kinderbetreuungsangebots notwendig”, sagte Klambauer.
Auch Niederösterreichs Landesrätin Teschl-Hofmeister (ÖVP) kritisiert die Aussagen ihrer Parteikollegin: “Wenn ich jetzt höre, dass eine Kürzung bei den 3 bis 6 Jährigen angedacht ist, dann stößt das bei mir auf Unverständnis. Man hat immer neue Wünsche und es ist von weniger Geld die Rede und das wird aus Sicht der Länder nicht gehen”. Unterstützt wird sie auch von der Oberösterreichischen Landesrätin Christine Haberlander (ÖVP), die “finanziell ausreichende Unterstützung durch den Bund” fordert: Es muss zumindest bei den 140 Mio. Euro bleiben.
Jeder 2. Kindergartenplatz schließt um 4
Denn es fehlt bei den Ganztagsangeboten, wie die steirische Landesrätin Ursula Lackner (SPÖ) betont. Nur jeder 2. Kindergartenplatz in Österreich ist mit Arbeit in Vollzeit vereinbar. 2.154 von insgesamt 4.570 Einrichtungen schließen vor 16 Uhr. Jeder 5. hat überhaupt nur bis 14 Uhr offen. Besonders krass ist es in Vorarlberg und der Steiermark: Dort haben zwei Drittel der Kindergärten nicht länger als 16 Uhr geöffnet.
Dazu kommen rund 27 Schließtage im Jahr. In Tirol etwa haben Kindergärten überhaupt an 42 Tagen im Jahr zu.
Die SPÖ-Abgeordnete und Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek ortet bei den geplanten Kürzungen daher eine ‘Frauen-zurück-an-den-Herd-Politik’ der Regierung.
Ganztagsschulen
Und auch beim Ausbau der Ganztagsschulen spart die Regierung. Am 4. Juli hat der Ministerrat die Halbierung der Mittel beschlossen. Konkret wird die Summe von 750 Mio. Euro bis 2032 gestreckt. Das ist eine Kürzung von 107 Mio. Euro auf 53 Mio. Euro jährlich. Ursprünglich wären die Mittel bis 2025 zur Verfügung gestanden, so sollten für 40 Prozent der Kinder Ganztagsschulen geschaffen werden. In Wien und der Steiermark muss der Ausbau schon jetzt gestoppt werden, weil die Mittel aus den bisherigen 15a-Verträgen ausgeschöpft sind.
Dabei wünschen sich 60% der Eltern den flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen in Österreich, wie eine Umfrage von Unique Research für „profil“ erhob. Der Bedarf dürfte mit der Ausweitung der täglichen Höchstarbeitzeit noch weiter steigen.
[veröffentlicht am 4. Juli 2018, aktualisiert am 11. Juli 2018]