Fast ein Jahr lang sah Wilfried Haslauer (ÖVP) den steigenden Strompreisen in Salzburg tatenlos zu. Der Energieversorger Salzburg AG schraubte die Preise zügig nach oben – laut Arbeiterkammer noch dazu sehr undurchschaubar. Als Aufsichtsratsvorsitzender im Unternehmen gab es von Haslauer keinen Widerspruch. Selbst jetzt bleibt die Salzburger Regierung untätig und spielt auf Zeit. Vor der Landtagswahl will die ÖVP nicht über die Salzburg AG und Strompreise reden.
Verbund AG und Salzburg AG: Die Ähnlichkeiten der Unternehmen sind offenkundig: Beide sind sie Energielieferanten, versorgen hunderttausende Stromkund:innen in Österreich. Die haben als Eigentümer öffentliche Träger – Republik, Land, Stadt. Beide beziehen einen großen Teil ihrer Energie aus günstigen Quellen wie Wasserkraft. Und beide lassen im Verlauf der letzten zwölf Monate die Preise für Energie in die Höhe schnellen.
Die Verbund AG und die Salzburg AG eint also viel. Doch es gibt einen Unterschied: Beim Verbund haben sich nach lauter Kritik das Sozialministerium, der Verein für Konsumenteninformation (VKI) und daraufhin das Handelsgericht eingeschaltet: Die Preiserhöhungen wurden erstinstanzlich als unzulässig gekippt. Sie wurden, laut Urteil des Handelsgerichts, intransparent, nicht nachvollziehbar und daher nachteilig für die Verbraucher:innen gestaltet. Laut VKI muss der Verbund, der im Eigentum der Republik steht, nun entsprechende Teile der Erhöhungen zurückerstatten.
Und in Salzburg? Da hat sich niemand aus der Landesregierung eingeschaltet.
Steigende Preise und Rekordgewinn – aber Geld fließt nicht an Salzburger:innen zurück
Seit April 2022 hat sich der Strompreis vervierfacht. Für Bestandskund:innen, wohlgemerkt. Von 8,66 Cent pro Kilowattstunde kletterte der Preis auf mittlerweile 32,4 Cent. Für Neukund:innen sind das die Einstiegspreise. Insgesamt sind 240.000 Stromkund:innen in Salzburg – und Oberösterreich – von den Erhöhungen betroffen.
2022 feierte die Salzburg AG einen Rekordgewinn von über 60 Millionen Euro. Dividenden in Höhe von 13 Millionen Euro wurden an das Land Salzburg als Teileigentümerin ausgeschüttet. Die SPÖ forderte eine Sonderdividende für heuer, um mit dem Geld niedrige und mittlere Einkommensbezieher:innen zu entlasten. Das wurde abgelehnt.
Zur Entlastung, so argumentierte man, gäbe es ja die Strompreisbremse der Bundesregierung. Was bedeutet das?
Die Steuerzahler:innen in Salzburg, die Salzburg-AG-Kund:innen sind, müssen steigende Preise bezahlen, bescheren dem Unternehmen Rekordgewinne – die aber nicht entsprechend zurückfließen, obwohl das Unternehmen zu zwei Dritteln dem Land und der Stadt Salzburg gehören. Und die „Strompreisbremse“, mit der man die steigenden Preise relativiert? Die finanzieren die Steuerzahler:innen ebenfalls aus der eigenen Tasche.
AK-Gutachten: Salzburg AG hat „gesetzliche Informationspflicht verletzt“
Innerhalb des Aufsichtsrats der Salzburg AG regte sich in den fünf Sitzungen, die es im letzten Jahr gab, nur von Anja Hagenauer Widerstand, die die Preisgestaltung – allen voran die Intransparenz bei den konkreten Preiserhöhungen – kritisierte. Von Aufsichtsratschef Wilfried Haslauer (ÖVP) und seinem Stellvertreter Harald Preuner (ÖVP) kam kein Einspruch. Das zeigen Protokolle der Aufsichtsratssitzungen.
Stattdessen wurde in der Zwischenzeit die Arbeiterkammer tätig. Sie erstellte ein Gutachten über die Preisgestaltung der Salzburg AG. Die Ergebnisse, die sie am 27. Februar präsentierte, bestätigen die Bedenken der Kritiker:innen. Die Informationen zur Preiserhöhung für die Kund:innen, sagt die AK, war zu wenig nachvollziehbar. Zwar wurden die Gründe für steigende Preise vage und allgemein angeführt – Inflation, Börsenpreise etc. – doch wie genau sich die steigenden Kosten zusammensetzten, rechnete die Salzburg AG nicht vor. Denn es waren ja vor allem die zugekauften Energiemengen, die hier ausschlaggebend waren. Das Unternehmen hat laut Arbeiterkammer ihre gesetzliche Informationspflicht verletzt.
Sollte das Gutachten von der Salzburg AG anerkannt werden, hätte das laut dem Salzburger AK-Präsident Peter Eder finanziell große Auswirkungen für die Kund:innen. „In unserer Rechnung gehen die Experten davon aus, dass die letzten Preiserhöhungen monatlich die Kunden zirka 13 Millionen Euro kostet. Da kann man sich ausrechnen, was passiert, wenn eine Rückerstattung stattfindet – die ja, wenn die Information nicht rechtmäßig war auch passieren muss“, sagt Eder.
Haslauer: ein Jahr untätig, jetzt unter Druck
Das Gutachten hat Aufsehen erregt. Und es hat auch Wilfried Haslauer nach einem Jahr Untätigkeit unter Druck gebracht. Er preschte nach vor. „Haslauer verschärft Gangart bei der Salzburg AG“, titelten die Salzburger Nachrichten. Haslauer ist mitten im Wahlkampf und spielt plötzlich den Robin Hood. Der Salzburg AG-Vorstand soll, so die Order von Haslauer, bei der Aufsichtsratssitzung am 7. März volle Transparenz über die vergangenen Preiserhöhungen geben. Bloß: Der aktuelle Vorstand Michael Baminger ist erst seit Jänner im Amt. Haslauer hingegen ist seit 2004 (!) – also seit fast 20 Jahren im Aufsichtsrat. Seit 2018 ist er sogar Vorsitzender.
Aufsichtsratssitzung ergebnislos: man verweist auf Gerichte und spielt auf Zeit
Die Erwartungen an die Aufsichtsratssitzung vom 7. März waren entsprechend groß. Würde das Unternehmen das Gutachten der Arbeiterkammer anerkennen? Geld rückerstatten? Die Preisgestaltung offenlegen?
Nichts von all dem passierte, kritisiert SPÖ-Chef David Egger. „Ehrlich gesagt frage ich mich schon, warum sich der Aufsichtsrat stundenlang zusammensitzt, wenn am Ende des Tages nichts für die Bevölkerung herauskommt.“
Das Unternehmen will alle Fragen vor Gericht klären lassen. Wilfried Haslauer trägt diese Entscheidung mit. Sowohl er als auch das Unternehmen spielen auf Zeit. Vor der Landtagswahl am 23. April soll nichts passieren.
„Haslauers Ankündigung eines Rechtsstreits heißt für die Salzburger Bevölkerung, dass sie weiterhin mutmaßlich überhöhte Strompreise zahlen müssen. Eine gerichtliche Auseinandersetzung heißt für die Menschen, dass es wahrscheinlich Jahre dauern wird, bis sie ihr Geld zurückbekommen werden“, prognostiziert Egger.
Bilanz-Zahlen blieben geheim
Einblicke in den Geschäftsbericht gab es keinen. Normalerweise veröffentlicht das Unternehmen im März des Jahres die Bilanz vom Vorjahr. Die SPÖ geht von Gewinnsteigerungen aus, die ÖVP – allen voran Haslauer – deutet hingegen Gewinneinbußen an. Warum, ist nicht klar. Fest steht, dass es wohl vor der Landtagswahl keine transparenten Zahlen und dementsprechend keine Debatten um die Verwendung kommender Dividenden für die Bevölkerung geben wird.