Dossier

Das wollen die NEOS wirklich – mehr hackeln, später in Pension und Privatisierungen

Ein bisschen liberal, ein bisschen Wirtschaft, ein bisschen Klimaschutz und für persönliche Entfaltung. Das ist das Image, das sich die NEOS in Österreich gern selbst verpassen. Aber was will diese – mit 12 Jahren – auch nicht mehr ganz so “neue” Partei wirklich? Niedrigere Löhne, längere Arbeitstage und weniger Pension. Kurzum: Die Pinken haben vor allem knallharte Politik gegen Arbeitnehmer:innen im Gepäck.

NEOS wollen eine schwache Arbeiterkammer und mehr Macht für Unternehmerseite

Für die NEOS stehen vorrangig die Interessen der Wirtschaft im Mittelpunkt. Deshalb haben die Pinken auch ein Problem mit der Arbeiterkammer (AK) als starke Interessenvertretung der Arbeitnehmer:innen. Seit langem fordern sie eine Abschaffung der Kammerumlage – also dem Beitrag, den alle Arbeitnehmer:innen zahlen und aus dem sich die AK finanziert. So meint etwa NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker, dass die “Zwangsmitgliedschaft” gestrichen werden muss und die AK zu einer Serviceeinrichtung umgebaut werden soll. Eine Aussage, die genau so gut von der FPÖ kommen könnte. Und das, obwohl die AK eine der Institutionen ist, der die Österreicher:innen am meisten vertrauen.

Was Herr Loacker nicht erwähnt: 800.000 Menschen zahlen gar keinen Beitrag, weil sie zu wenig verdienen. Bei einem mittleren Einkommen beträgt die Kammerumlage rund 10 € im Monat. Dieses Geld braucht die Arbeiterkammer, um Arbeitnehmer:innen vor Gericht zu vertreten – zum Beispiel, wenn die Unternehmen, bei denen sie angestellt sind, Löhne nicht ausbezahlen oder auf andere Weise gegen das Arbeitsrecht verstoßen. Auch die Vertretung der Arbeitnehmer:innen in der Sozialpartnerschaft wird mit der Kammerumlage finanziert. Würde man sie abschaffen, wären die von den Sozialpartnern (AK, ÖGB, Wirtschaftskammer und Landwirtschaftskammer) ausgehandelten, verbindlichen Kollektivverträge in Gefahr. Darin sind Mindestlöhne, Sonderzahlungen, Arbeitszeiten und Kündigungsfragen geregelt. Ohne die Kammerumlage müssten die AK und die Gewerkschaften bei den nächsten Lohnverhandlungen möglicherweise Lohnkürzungen und andere Verschlechterungen für Arbeitnehmer:innen in Kauf nehmen.

Lohnnebenkosten finanzieren den Sozialstaat – NEOS wollen sie kürzen

Liest man das NEOS-Parteiprogramm scheint das Senken der sogenannten “Lohnnebenkosten” die Antwort auf alle Probleme zu sein. Aber was sind Lohnnebenkosten eigentlich? Im Grunde handelt es sich um Sozialstaatsbeiträge, die einen Teil unserer sozialen Absicherung finanzieren. Die “Lohnnebenkosten” sind also ein Teil des Lohns von Arbeitnehmer:innen.

Denn zusätzlich zum Bruttolohn zahlen Arbeitgeber Sozialbeiträge in Krankenversicherung, Pensionsversicherung, Arbeitslosenversicherung und Unfallversicherung ein. Weniger Lohnnebenkosten bedeuten weniger Krankengeld, weniger Pension, eine schlechtere Unfallversorgung und weniger Arbeitslosengeld.

Die Lohnnebenkosten finanzieren außerdem den Lohn während des Urlaubs, der Feiertage und der Krankenstände, sowie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und die Abfertigung beim Ausscheiden aus einem Job. Damit werden auch Arztbesuche oder Behördengänge während der Dienstzeit finanziert. Die NEOS wollen somit Geld kürzen, das direkt an Arbeitnehmer:innen ausbezahlt wird. Krankenstandstage könnten vom Urlaub abgezogen werden und wir müssten noch höhere Selbstbehalte beim Arztbesuch zahlen.

„Die falsche Behauptung, dass durch eine Lohnnebenkosten-Kürzung das Brutto- oder Nettogehalt steige, wird durch Wiederholung nicht richtiger. Die Lohnnebenkosten werden nämlich nicht vom Bruttogehalt abgezogen, sondern auf dieses draufgeschlagen,“ sagt die ÖGB-Ökonomin Miriam Fuhrmann.

NEOS stellen Urlaubs- und Weihnachtsgeld infrage

Zwei Mal im Jahr bekommen Arbeitnehmer:innen das doppelte Gehalt: das 13. und 14. Monatsgehalt oder Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Geht es nach dem NEOS-Abgeordneten und UNOSBundessprecher Michael Bernhard, soll diese Errungenschaft der Gewerkschaften abgeschafft und auf 12 Monate aufgeteilt werden. Die Vereinigung Unternehmerisches Österreich (UNOS) sind eine NEOS Vorfeldorganisation und erwarten sich mit der Abschaffung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld eine Erleichterung für Unternehmen.

“Der Vorschlag, das 13. und 14. Monatsgehalt auf zwölf Monate aufzuteilen, ist ein billiger Taschenspielertrick und wäre langfristig eine versteckte Form der Gehaltskürzung. Die Steuerfreibeträge und der begünstigte Steuersatz für das 13. und 14. Gehalt würden wegfallen, außerdem würden die Einstiegsgehälter nie und nimmer im selben Ausmaß ansteigen – schon gar nicht auf lange Sicht,” erklärt etwa SPÖ-Salzburg-Chef David Egger.

NEOS haben für 12-Stundentag und 60-Stundenwoche gestimmt

Auch beim Thema Arbeitszeit machen die NEOS Politik gegen Arbeitnehmer:innen. So wollen sie etwa Teilzeit-Verträge unattraktiver machen, um Menschen in die Vollzeitarbeit zu zwingen. Ob Arbeitnehmer:innen mehr oder weniger arbeiten, das soll die Wirtschaft entscheiden.

Viele Jobs – zum Beispiel im Handel – werden aber überhaupt nur als Teilzeitstellen angeboten. Für ein höheres Familieneinkommen würden viele Menschen auch gerne Vollzeit arbeiten, aber gerade Frauen müssen immer noch einen Großteil der Kinderbetreuung und Angehörigenpflege übernehmen und haben oft gar keine andere Möglichkeit als in Teilzeitbeschäftigung zu gehen.

Zwar treten die NEOS – wie fast alle anderen Parteien auch – für einen Ausbau des Kinderbetreuungsangebots ein, mit der Einführung des 12-Stunden-Arbeitstages bei einer 60-Stunden-Woche hatten sie aber kein Problem. Dem von ÖVP und FPÖ initiierten Gesetz haben sie im Parlament zugestimmt. Gerade Familien erschwert das das Leben, wenn es um die Kinderbetreuung geht.

Auf die Frage, wie eine Alleinerzieherin einen 12-Stunden-Arbeitstag managen soll, meinte NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker lapidar: Wer einen Zehn-Stunden-Tag bewältigen kann, schafft dies auch bei zwölf Stunden.

Was NEOS für Pensionist:innen wollen: länger arbeiten, weniger Pension

Ein großes Thema der NEOS sind die Pensionen. In einem Interview mit der Kleinen Zeitung im Februar 2024 setzt sich NEOS-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger für ein höheres Pensionsantrittsalter ein:

„Wir hören seit Jahrzehnten, dass das faktische Pensionsantrittsalter angehoben wird, aber es steigt nicht. Wir müssen deshalb das gesetzliche Pensionsantrittsalter anheben.“

Nach einer Auswertung der statistischen Daten von Sozial- und Pensionsversicherung durch die AK ist das durchschnittliche Pensionsantrittsalter jedoch sehr wohl gestiegen: von 2000-2022 bei Männern von 58,5 auf 62,1 Jahre und bei Frauen von 56,8 auf 60,1 Jahre.

Gleichzeitig hat sich in den letzten 10 Jahren die Lebenserwartung der Österreicher:innen kaum verändert: 2013 wurden Männer im Durchschnitt 78,4 Jahre alt und Frauen 83,5 Jahre. 2023 wurden Männer 79,4 Jahre und Frauen 84,2 Jahre alt. Die Lebenserwartung ist also für beide Geschlechter um weniger als ein Jahr gestiegen. Im gleichen Zeitraum stieg das Pensionsantrittsalter aber um 2,5 Jahre.

Durchschnittliches Pensionsantrittsalter im Zeitraum 2000 – 2022

Ein interessanter Nebenaspekt ist, dass reiche Menschen länger leben als arme. 2019 hat das Max-Planck-Institut für Deutschland errechnet: Wer eine kleine Pension bekommt, stirbt im Schnitt fünf Jahre früher als gut situierte Pensionist:innen. Gerade im letzen Lebensabschnitt ist die Lebenserwartung sehr stark davon abhängig, welche Gesundheitsversorgung man sich auch in den Jahrzehnten davor leisten konnte. Ein höheres Pensionsantrittsalter würde also Menschen mit kleiner Pension deutlich benachteiligen.

Arbeiten bis 69? “Flexipension” erhöht Antrittsalter – oder bringt Abschläge

Bei der sogenannten “Flexipension”, die die NEOS vorschlagen, kann man zwischen 61 und 69 Jahren in Pension gehen. Der Haken: Für jedes Jahr, das man vor dem 69. Lebensjahr in Pension geht, müssen Abschläge hingenommen werden. Gleichzeitig wird das Pensionsantrittsalter dadurch von 65 auf 69 Jahre angehoben.

In ihrem Pensionssystem machen die Pinken keinen Unterschied zwischen Menschen mit körperlich anstrengenden Berufen, und solchen, die weniger anstrengend sind. Menschen, die zum Beispiel auf der Baustelle oder in der Pflege arbeiten, können aus gesundheitlichen Gründen gar nicht bis 69 arbeiten. Mit dem NEOS-Vorschlag der “Flexipension” würden Menschen mit körperlich fordernden Berufen also weniger Pension bekommen.

“Hacklerregelung “mit abgeschafft: NEOS-Parteichefin “vergisst” im TV offenbar eigenes Abstimmungsverhalten

Im ORF-Sommergespräch im August 2024 lässt die NEOS-Chefin dann aufhorchen: Wer 45 Jahre gearbeitet hat, soll auch in Pension gehen können, meint Meinl-Resinger. Es solle sich in der Pension abbilden, wenn jemand früh zu arbeiten beginnt. Dabei hat ihre Partei für die Abschaffung der Hacklerregelung durch die Schwarz/Grünen-Bundesregierung gestimmt. Mit dieser Regelung konnten langjährig Versicherte vorzeitig und ohne Abschläge in Pension gehen. Die NEOS haben sogar gegen den eingeführten Frühstarterbonus gestimmt, bei dem Personen, die vor dem 20. Lebensjahr mindestens 12 Monate gearbeitet haben, einen monatlichen Zuschuss von bis zu 60 Euro zur Pension bekommen. Am Tag nach dem Sommergespräch stellt Sozialsprecher Loacker klar, dass bei einem Pensionsantritt nach 45 Jahren sehr wohl mit Abschlägen zu rechnen ist.

Mehr private Pensionsvorsorge – davon profitieren Banken und Versicherungen

Die NEOS wollen die private Pensionsvorsorge ausbauen. Demnach sollen Versicherte neben der staatlichen und der derzeit noch freiwilligen betrieblichen Pensionsvorsorge, auch in eine private einzahlen. Momentan finanzieren sich die Pensionen vor allem aus dem staatlichen Bereich, in den alle Arbeitnehmer:innen einzahlen. Die NEOS wollen, dass zusätzlich eine private Pensionsversicherung abgeschlossen werden soll, ähnlich wie in Schweden. Dort müssen die Beschäftigten einen Teil ihres Bruttoeinkommens an der Börse in einen Pensionsfonds investieren.

Diese “kapitalgedeckten” Pensionen sind jedoch Börsenschwankungen und Wirtschaftskrisen, wie bei der weltweiten Finanzkrise 2007/2008, ausgesetzt. Weil sie höhere Renditen erwirtschaften müssen, beginnen die Pensionsfonds auch zunehmend mit dem Geld der Anleger:innen zu spekulieren.

In den letzten Jahren hat zum Beispiel der größte schwedische Pensionsfonds Alecta in eine amerikanische Nischenbank investiert und bei deren Pleite im letzen Jahr 1,9 Milliarden € verloren. Mit den Verlusten an der Börse sinkt auch der aktive Pensionsbezug der Anleger:innen. Im Unterschied zu den staatlich abgesicherten Pensionen weiß man aber nicht sicher, wie viel Pension dann ausgezahlt wird.

Generell zahlen sich private Pensionsversicherungen aufgrund der hohen Kosten, der niedrigen Zinsen und der Unsicherheit am Finanzmarkt kaum aus. Meistens sind sie für die Anleger:innen ein Verlustgeschäft – außer man wird sehr alt und bezieht deshalb lange Pension. Laut Erhebung der AK gehen von 100 Euro an monatlicher Prämienzahlung nur zwischen 83,78 und 90,04 € in die Veranlagung. Das bedeutet, dass je 100 Euro Prämie zwischen 9,96 und 16,22 € für Kosten, Steuer und eine allfällige Risikoprämie anfallen.

“Chancenkonto”: Länger arbeiten für Profite privater Pensionsfonds

Relativ neu ist die NEOS-Idee eines “Chancenkontos” für Jugendliche, das Meinl-Reisinger in ihrem Buch vorstellt. Alle Jugendlichen sollen mit 18 Jahren 25.000 Euro auf dieses Konto bekommen. Ausgeben dürfen sie das Geld nur für Bildung bzw. Ausbildung, Unternehmensgründungen oder ein Eigenheim. Außerdem sollen jährlich 3.000 Euro steuerfrei eingezahlt werden können. Investiert soll dieses Geld wieder am Kapitalmarkt werden. Dadurch profitieren vor allem private Vorsorge-Fonds und Versicherungen. Um das Chancenkonto zu finanzieren, wollen die NEOS das Pensionsantrittsalter um 1 Jahr erhöhen – damit tragen vor allem die Arbeitnehmer:innen den Großteil der Kosten. SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner kritisiert:

„Die ältere Generation vom wohlverdienten Ruhestand abhalten, um über private Versicherungen Banken zu finanzieren? Das wird es mit der SPÖ nicht geben.“

Innerparteilich ist man sich bei diesem Konzept offenbar nicht einig. NEOS-Sozialsprecher Loacker erteilt dem Vorschlag seiner Parteischefin eine Absage: “Ein Buch ist kein Parteiprogramm”, sagt er auf die Frage, wie die verschiedenen Vorstellungen der NEOS zu dem Thema zusammenpassen.

NEOS beim Wohnen: Gegen Mietobergrenze, Leerstandsabgabe und für mehr Eigenheime

Beim Thema Wohnen wollen sich die NEOS in vielen Fragen nicht festlegen. Einerseits soll es weiterhin gemeinnützigen Wohnbau von Mietwohnungen geben, andererseits vor allem der Wohnbau im Eigentum gefördert werden. Das fordert etwa NEOS-Vorarlberg-Chefin Claudia Gamon. Das Problem dabei: Solche Förderungen wandeln öffentliches Geld – das dann an andere Stelle fehlt – in privates Eigentum um.

Geht es um die Interessen von Wohnungseigentümer:innen, wird Beate Meinl-Reisinger schon konkreter: Sie ist gegen eine Leerstandsabgabe und gegen eine Mietpreisobergrenze. Dabei würden diese beiden Maßnahmen Spekulation mit Wohnraum bremsen und Wohnen leistbarer machen.

Staatsbesitz und öffentliche Dienste sollen privatisiert werden

Die Österrreichische Beteiligungs-AG (kurz ÖBAG) verwaltet staatliche Anteile an börsennotierten Firmen von meherern Milliarden Euro. Dazu gehören Unternehmen wie die OMV, Telekom Austria oder Post. Ein großer Teil der ehemaligen Staatsbetriebe wurde bereits unter der ersten ÖVP-FPÖ-Regierung in den Jahren zwischen 2000 und 2006 privatisiert. Die NEOS wollen aber noch weiter gehen. Der Staat soll in “kritischen Bereichen” nur noch einen kleineren Anteil von 25% plus 1 Aktie halten und den Rest an Private verkaufen, erklärt Meinl-Reisinger in einem Interview 2021. Noch gehört etwa die Bundesimmobiliengesellschaft dem Staat zu 100 % und auch bei der Post hält er mehr als die Hälfte der Anteile.

Beteiligungen der ÖBAG (Österreichische Beteiligungs AG) an Unternehmen (Quelle: ÖBAG)

NEOS-Wirtschaftspolitik bevorzugt große Vermögen

Um mehr Geld für Investitionen frei zu machen, wollen die NEOS die Kapitalertragsteuer (KESt) ganz abschaffen. Die KESt wird bei Kapitalerträgen aus Geldeinlagen wie Zinsen oder Dividenden fällig. Sie beträgt derzeit zwischen 25 % und 27,5 %. Betroffen sind vor allem größere Vermögen, weil bei kleinen Bankbeträgen dieser Wert sehr gering ist. Meinl-Reisinger spricht zwar von einer Entlastung der Sparer:innen, bei den derzeit sehr niedrigen Zinsen auf Sparguthaben würden aber vor allem Börsenspekulanten profitieren.

Im Rahmen der Schwarz-Grünen Steuerreform haben die NEOS der schrittweisen Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt) von 25 % auf 23 % zugestimmt. Das bedeutet eine milliardenschwere Steuersenkung für Konzerne. Denn von diesem Steuergeschenk profitieren nicht etwa die Klein- und Mittelbetriebe. Mehr als 80 Prozent der Unternehmen zahlen nämlich gar keine Körperschaftssteuer, sondern Einkommenssteuern, da sie kleine oder Ein-Personenunternehmen sind – und keine Aktiengesellschaften oder GmbHs. Aber auch unter denen, die Körperschaftssteuer zahlen, ist die Ersparnis sehr ungleich verteilt: 64 % der Köst-Senkung gehen an das gewinnstärkste Prozent der Konzerne.

Gleichzeitig lehnen die NEOS und Parteichefin Meinl-Reisinger sowohl eine Millionärssteuer auf große Vermögen als auch auf große Erbschaften ab.

Beim Klimaschutz sollen es vor allem wirtschaftliche Anreize richten

Beim Klimaschutz gilt für die NEOS: der freie Markt ist oberstes Prinzip. Demnach muss Klimaschutz mit der Wirtschaft in Einklang gebracht werden. Das soll durch Verhaltensänderungen, Innovationen und eine Transformation im gesamten Wirtschaftssystem gelingen.

Wenig überraschend sollen aus Sicht der NEOS Marktmechanismen dafür sorgen, den Klimaschutz im Land voranzutreiben. Durch Anreize sollen Emissionen eingespart werden. Und Verbote? Die soll es nur dann geben, wenn Anreize allein nicht ausreichen, sagt der pinke Klimasprecher Michael Bernhard.

Im pinken Parteiprogamm steht dazu:

Wir setzen nicht auf Verbote, sondern auf die Signale, die in einer Marktwirtschaft am besten funktionieren.

Nur mit Innovation alleine und Verboten im Extremfall wird sich der Klimawandel aber nicht bewältigen lassen. Gerade große Unternehmen oder multinationale Konzerne ändern ihr klimaschädliches Verhalten oft nur durch strikte Gesetze.

Dennoch wollen NEOS einen viel höheren CO2-Preis. Sie wollen ein nationales CO2-Handelssystem einführen. Der Preis für CO2-Zertifikate soll um das 8-fache steigen. Stößt ein Bundesland dann zu viel CO2 aus, muss es innerhalb Österreichs Zertifikate von anderen Ländern aufkaufen. Im Gegenzug dafür sollen andere fossile Steuern, wie die Mineralölsteuer, wegfallen.

NEOS wollen Pendlerpauschale streichen

Die NEOS wollen die Pendlerpauschale einstampfen oder zumindest durch ein neues System ersetzen. Zwar müssen fossile Brennstoffe in den nächsten Jahren eingespart werden, um die Europäischen Klimaziele noch erreichen zu können. Ein ersatzloses Streichen der Pendlerpauschale würde aber vor allem Arbeitnehmer:innen in den ländlichen Regionen hart treffen.

Zum Vergleich: Arbeiterkammer und ÖGB wollen die Pendlerpauschale in einen “kilometerabhängigen Pendlerabsetzbetrag” umwandeln. Mit einer Umrechnung der Freibeträge in Absetzbeträge würden Pendler:innen mit kleinen und mittleren Einkommen künftig den gleichen Steuervorteil wie Besserverdiener haben. Absetzbeträge werden nämlich von der Lohnsteuer abgezogen während Freibeträgen von der Steuerbemessungsgrundlage abgezogen werden und so höhere Einkommen bevorzugen. Außerdem soll es nach den Plänen der Arbeitnehmervertretungen bei nachweislicher Nutzung des öffentlichen Verkehrs einen Ökobonus von 200 Euro jährlich zusätzlich geben.

Zumindest beim Bodenverbrauch sind die NEOS für neue Richtlinien. Der Bund soll klare Vorgaben zum österreichweiten Bodenverbrauch schaffen und Machtmissbrauch auf lokaler Ebene verhindern.

Bei der Bildung wollen NEOS zwar mehr Chancengerechtigkeit, aber gleichzeitig Privatisierungen

Im Bildungsbereich treten die NEOS für eine umfassende Reform und mehr Chancengerechtigkeit ein. So fordern sie 20.000 zusätzliche Pädagog:innen für Kindergärten und Schule bis 2034. Trotzdem gibt es einige Probleme bei der pinken Bildungspolitik.

So sollen Schulen ihr eigenes Budget bekommen, mit dem sie selbstständig  wirtschaften sollen. Das Problem dabei: Die Kernkompetenz einer Schule ist nicht, einen wirtschaftlichen Betrieb zu organisieren – sondern die Bildung von Kindern und Jugendlichen. Gleichzeitig sagt Meinl-Reisinger im diesjährigen Sommergespräch, dass für Bildung und Gesundheit im Vergleich zu anderen Ländern zu viel ausgegeben wird und man schauen muss, wo man eingesparen kann. Dabei haben sich die Ausgaben für Bildung in den letzten 20 Jahren kaum verändert, wie das Momentum Institut vorrechnet. Vor allem bei den Berufsschulen müsste man mehr statt weniger investieren.

Künftig Fleckerlteppich? NEOS wollen nationale Lehrpläne abschaffen

Im Zuge einer umfassenden Schulautonomie sollen, geht es nach den NEOS, die Schulleitungen eigenständig über die Lehrpläne entscheiden können. Im Extremfall bedeutet das: Jede österreichische Schule hat ihren eigenen Lehrplan. Die NEOS wollen schließlich auch die Bildungsdirektionen abschaffen und den Schulen dann freistellen, Leistungen wie Personalverrechnung an eine eigens geschaffene Agentur oder an private Dienstleister zu vergeben.

Im Hochschulbereich treten die NEOS weiterhin für Studiengebühren ein, allerdings sollen die erst nach dem Studium bezahlt werden. Diese nachgelagerten Studiengebühren werden vom Staat vorfinanziert und ab einer gewissen Verdienstsumme über einen längeren Zeitraum zurückbezahlt. Zumindest im Bereich der Studienbeihilfen setzen sich die NEOS für eine Reform des bisheringen Systems ein, um mehr Chancengleichheit zu schaffen.

Neutralität: Laut Parteichefin wird es ohne die NATO nicht gehen

Im Zuge der vergangene EU-Wahl wurde viel über Neutralität, eine EU-Armee und die NATO diskutiert. Auch in dieser Frage eines möglichen NATO-Beititts Österreichs sind sich die Pinken uneinig. Im EU-Wahlkampf spricht sich NEOS-Spitzenkandidat Helmut Brandstätter für eine EU-Armee aus und möchte die Neutralität “neu definieren”. Ein NATO-Beitritt war für ihn aber noch kein Thema. Für Beate Meinl-Reisinger wird es auf absehbare Zeit aber nicht ohne die NATO gehen:

“Realistischerweise wird es auf absehbare Sicht nicht ohne die NATO gehen, die noch dazu gerade gestärkt wird. Mit dem ‘Strategischen Kompass’, den alle EU-Staaten letztes Jahr beschlossen haben, der die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik auf neue Beine stellt und unter anderem auch eine europäische Eingreiftruppe von mehreren Tausend Mann vorsieht, geht es in die richtige Richtung”, sagt Beate Meinl-Reisinger in einem Interview im April 2023.

Auf ihrer Website halten sie fest, dass sie gegen einen NATO-Beitritt sind, auf die Frage, ob sie die Neutralität abschaffen wollen, bleiben sie vage.

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7. August 2024
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