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Gegen Verhütung, Scheidung und LGBTQI-Rechte – Christliche Fundamentalisten und die ÖVP

Thomas Hackl Thomas Hackl
in Dossier, Wissen
Lesezeit:11 Minuten
26. Februar 2021
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Während sich die katholische Kirche zunehmend weltoffener gibt, stärkt die ÖVP ihre Verbindungen mit dem erzkonservativen Rand innerhalb der katholischen Kirche und darüber hinaus. Nationalratsabgeordnete und enge Mitarbeiter von Sebastian Kurz kommen aus dem christlich-fundamentalistischen Umfeld. Scheidung, Schwangerschaftsabbruch oder Rechte von Homosexuellen sind ihnen ein Dorn im Auge.

Inhalt
1) Gudrun Kugler: Die Brücke der ÖVP zu christlichen Fundamentalisten
2) Bernhard Bonelli: Engster Kurz-Berater mit Opus Dei Connections
3) Opus Dei
4) Agenda Europe: Netzwerk gegen Frauen- und LGBTQI-Rechte
5) Awakening Europe: Beten für Sebastian Kurz
6) International Catholic Legislators Network: Kampf gegen „militant säkulare Ideologie“
7) Loretto Gemeinschaft: Christliche Fundamentalisten beten im Parlament

Die katholische Kirche durchlebt unter Papst Franziskus eine Zeit der Öffnung und Modernisierung. Papst Franziskus vertritt eine offenere Haltung gegenüber Homosexualität und Scheidung. Außerdem setzt sich der Papst für den Kampf gegen die Klimakrise ein und fordert eine sozialere Wirtschaftspolitik. Für die ÖVP war die katholische Kirche immer einer der wichtigsten Verbündeten. Man könnte deshalb annehmen, dass sich die Volkspartei über die Modernisierung der katholischen Kirche freut, da sich die „Neue Volkspartei“ unter Kurz selbst als moderne Kraft darstellen möchte.

Das Gegenteil dürfte aber der Fall sein. Unter Kurz nähert sich die ÖVP immer weiter an erzkonservative Gruppen in und um die katholische Kirche an, die selbst innerhalb der katholischen Kirche für ihre radikalen Ansichten kritisiert werden. Die Kurz-ÖVP pflegt enge Kontakte zu diesen erzkonservativen Gruppen, die eint nicht nur ihre Ablehnung gegen Homosexualität, die Ansicht, dass der einzige Grund für Sex Fortpflanzung ist und ihr Kampf gegen das Recht auf Abtreibung, sondern auch ihr Streben nach weltlicher Macht.

Gudrun Kugler: Die Brücke der ÖVP zu christlichen Fundamentalisten

Die Nationalratsabgeordnete Gudrun Kugler ist das wichtigste Verbindungsstück der ÖVP zum erzkonservativen christlichen Rand. Die Parlamentarierin kandidierte bei der Wien-Wahl 2015 für die ÖVP auf einem aussichtslosen Listenplatz. Aufgrund eines erfolgreichen Vorzugsstimmen-Wahlkampf ergatterte sie trotzdem ein Mandat. In ihrem Wahlkampf kämpfte sie gegen Abtreibung, sexuelle Freiheit und gleichgeschlechtliche Ehe. Kugler warnte davor, dass die Ehe für Homosexuelle „unweigerlich zu schrittweisen Erweiterungen“ führe, etwa einer „Ehe unter Geschwistern“. Die Wienerin fordert außerdem, dass Standesbeamte die Begründung eingetragener Partnerschaften mit Verweis auf ihren christlichen Glauben ablehnen dürfen. Auch bei der Nationalratswahl 2017 war sie mit diesen Themen erfolgreich und ist seither Nationalratsabgeordnete und Menschenrechtssprecherin der ÖVP.

Gudrun Kugler betätigt sich in einer Vielzahl von internationalen Netzwerken christlicher Fundamentalisten. So sprach sie etwa bei Awakening Europe in der Wiener Stadthalle, wo tausende Christen für Bundeskanzler Kurz beteten. Gott möge ihm „gerechte Führung, Weisheit und viel Schutz“ geben.

Gudrun Kugler wurde auch als zentrale Figur im Netzwerk Agenda Europe identifiziert. Das Netzwerk aus christlichen Fundamentalisten kämpft gegen sexuelle Bildung, Abtreibung, den freien Zugang zu Verhütungsmitteln und gegen die Rechte von Homosexuellen. Kulger weist jede Verbindung zu Agenda Europe zurück. Sie bezeichnet die Vorwürfe als Verschwörungstheorien, finanziert durch die „Abtreibungslobby“.

christliche fundamentalisten övp
Wenn Gudrun Kugler über „christliche Werte“ spricht, meint sie den Kampf gegen Verhütung, Scheidung und Rechte für die LGBTQI-Community. Sie ist die Brücke der ÖVP zu christlichen Fundamentalisten. CC BY-SA 2.0 (flickr: OSCE Parliamentary Assembly)

Kugler beschränkt ihr Engagement aber nicht nur auf die Politik – sie führt auch eine katholische Ehevermittlung. Das „Kath-Treff“ gründete sie gemeinsam mit dem emeritierten Weihbischof Andreas Laun. Laun unterstellt homosexuellen Männern Pädophilie, sieht den Islam als gewalttätige Religion und verurteilte eine 11-Jährige, die nach einer Vergewaltigung abtrieb. Es sei widersinnig zu glauben, man könne „ein Trauma durch ein zweites Trauma irgendwie aufheben oder heilen“, so der Geistliche.

Selbst wird Kugler das Service von Kath-Treff wohl nicht annehmen. Sie ist mit dem ehemaligen Opus-Dei-Pressesprecher Martin Kugler verheiratet.

Bernhard Bonelli: Engster Kurz-Berater mit Opus Dei Connections

Bernhard Bonelli ist einer der wichtigsten Mitarbeiter von Bundeskanzler Kurz. Er ist Kabinettschef des Bundeskanzlers und gilt in der ÖVP als „Mann für alle Fälle“. Er hat die großen Projekte von Kurz federführend umgesetzt, etwa den Zwölfstundentag, die Kassenfusion und die Reform der Mindestsicherung. Bonelli und Kurz sind aber auch privat eng verbunden: Kurz war Bonellis Trauzeuge.

christliche fundamentalisten övp
Bernhard Bonelli gilt als konservativer Hardliner und enger Vertrauter von Sebastian Kurz. Er hat selbst enge Kontakte zu christlichen Fundamentalisten . Foto: Bundeskanzleramt

Bonelli gilt als Traditionalist und bewegt sich im Umfeld von Opus Dei, einer erzkonservativen Sekte innerhalb der katholischen Kirche.

Opus Dei

Opus Dei (auf Deutsch: Das Werk Gottes) ist eine Organisation der katholischen Kirche, die besonders durch ihre erzkonservativen Ansichten und ihr Streben nach Macht bekannt geworden ist. Das Ziel von Opus Dei ist die „Verchristlichung der Gesellschaft“. Sowohl Geistliche als auch Laien können Teil der Organisation werden. Opus Dei wurde in den 1920er Jahren von Josemaría Escrivá de Balaguer y Albás in Spanien gegründet. Unter der faschistischen Diktatur von General Francisco Franco gewann Opus Dei enormen Einfluss in Spanien und dehnte sich auch auf andere Staaten aus. In den letzten Regierungsjahren Francos waren mehrere seiner Minister bekannte oder vermeintliche Opus Dei-Mitglieder.

Opus Dei hat heute etwa 95.000 Mitglieder und ist weltweit in 69 Ländern tätig. Das Vermögen der Organisation wird auf ca. 2,8 Milliarden US-Dollar geschätzt (Stand 2006). Viele Ansichten von Opus Dei stehen im starken Gegensatz zur katholischen Amtskirche. So lehnt Opus Dei etwa die katholische Soziallehre ab. Stattdessen fördert die Organisation eine neoliberale Wirtschaftspolitik. Opus Dei unterhält zu diesem Zweck einen eigenen Think Tank, das Acton Institute. Martin Rhonheimer, Mitgründer des Think Tanks und Opus Dei-Priester, vertritt die Ansicht, dass Arbeiter kein Recht auf einen existenzsichernden Lohn haben, dass notleidende Menschen kein Recht auf Umverteilung zu ihren Gunsten haben und dass der Großteil der Menschheit ihren Lebensunterhalt dem reichsten Prozent verdanken. Opus Dei lehnt außerdem den Kampf gegen die Klimakrise ab. Rhonheimer kritisiert Klimapolitik als „hoch ideologische Agenden“ und bezeichnet Bewegungen wie Fridays for Future als Klimapopulisten.

Bernhard Bonelli hat auf der IESE Business School in Barcelona studiert, die von Opus Dei betrieben wird und als konservative Eliteschmiede gilt. Er ist nicht der einzige in der ÖVP, der die Universität besuchte. Auch Maria-Theresia Niss-Mitterbauer studierte dort. Ihre Familie hat über die Miba AG 45.000 Euro für den Wahlkampf von Sebastian Kurz gespendet, jetzt sitzt sie als Sprecherin für Forschung und Innovation für die ÖVP im Nationalrat.

Der Kabinettschef von Sebastian Kurz, geboren als Bernahrd Adamec, heiratete in die Bonelli-Familie ein und nahm den Namen seiner Frau an. Als Grund dafür gab der Konservative an, dass ihm Bonelli besser gefällt als Adamec. Die Bonellis gelten als einflussreiche Traditionalisten mit engen Verbindungen zum erzkonservativen Lager der katholischen Kirche. Die Bonellis sind besonders papsttreu, dürften jedoch nur wenig für die kirchliche Modernisierung von Papst Franziskus übrig haben. Johannes Bonelli, der von der Österreichischen Bischofskonferenz bestellten Direktor des Instituts für medizinische Anthropologie und Bioethik, ist Opus Dei-Mitglieder. Raphael Bonelli, der Cousin von Bernhard Bonellis Ehefrau Natalie, ist ehemaliges Mitglied von Opus Dei. Er steht außerdem den Legionären Christi nahe, die vor allem wegen Fällen sexuellen Missbrauchs in die Medien geraten sind.

Johannes Bonelli ist Arzt und Medizinethiker. Er beschäftigt sich vor allem mit dem Thema Sterbehilfe und Sterbebegleitung. Er steht seit 1990 dem IMABE-Institut vor, das von Klaus Küng, dem ehemaligen Opus Dei-Chef Österreichs, gegründet wurde.

Raphael Bonelli ist Psychiater, Autor und auf YouTube aktiv. Sein Forschungsgebiet ist der Zusammenhang zwischen Religion und Psyche sowie Geschlechterrollen. Beides bearbeitet er aus einer sehr konservativen Sichtweise. Eines seiner erfolgreichsten YouTube-Videos hatte den Titel „Warum Gender-Mainstreaming Männer kastriert und Frauen frustriert“. Diesen Titel änderte er, nachdem über das Video kritisch berichtet wurde. Er leitet seit 2009 das Institut für Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie. Bekannt geworden ist Raphael Bonelli, als Organisator des Kongress „Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie“. Zu diesem wurde Markus Hoffmann eingeladen. Hoffmann ist ein Vertreter der sogenannten „Konversionstherapie“ bei Homosexualität, die die sexuelle Orientierung „heilen“ soll. Auch eingeladen war der Exorzist der Erzdiözese Wien, Larry Hogan.

Der Einfluss der Kirche auf weltliche Angelegenheiten ist Bernhard Bonelli nicht nur durch Verschwägerungen ein großes Anliegen. Er unterstützte Kardinal Schönborn bei der Gründung des International Catholic Legislators Network, das sich weltweit gegen Verstöße „gegen die natürliche Ordnung“, wie das Recht auf Verhütung, Scheidung oder Rechte von Homosexuellen, einsetzt.

Agenda Europe: Netzwerk gegen Frauen- und LGBTQI-Rechte

Agenda Europe ist ein christlich-fundamentalistisches Netzwerk mit dem Ziel, „die natürliche Ordnung“ in Europa wieder herzustellen. Diese „natürliche Ordnung“ wurde nach Ansicht von Agenda Europe durch Frauenrechte, sexuelle Freiheit und Rechte für die LGBTQI-Community gestört. Konkret will Agenda Europe Verhütung, Schwangerschaftsabbruch und Scheidung verbieten und kämpft gegen Rechte für homosexuelle und transidente Menschen. Man befürchtet gar die „Zerstörung“ der „westlichen Zivilisation“ durch die „perverse Ideologie“, wie es in einem Manifest heißt.

Das fundamentalistische Netzwerk versucht, seine Ziele durch Bürgerinitiativen zu erreichen, sowie durch direkte Einflussnahme auf Politiker. Eine solche Bürgerinitiative war die Petition „fairändern“. Sie hat in Österreich 60.000 Unterschriften gegen Spätabbrüche von Schwangerschaften gesammelt, unter anderem die von Gudrun Kugler. Die Initiative wird auch von den damaligen Regierungsparteien ÖVP und FPÖ unterstützt.

Es gehört zur Vorgehensweise von Agenda Europe, direktdemokratische Werkzeuge zu verwenden, wie etwa beim Engagement gegen Abtreibung in Spanien 2014 und in Polen 2016 und beim Versuch 2019, Scheidungen in Italien zu erschweren. Den direkten Einfluss auf Politiker übt Agenda Europe vor allem auf seinen jährlichen Kongress aus. Dort treffen sich Politiker, Unternehmer, Adelige und Geistliche mit christlich-fundamentalistischen Ansichten zum Ideenaustausch. Journalisten sind zu dem Treffen nicht eingeladen, TeilnehmerInnen sind aufgefordert, über den Kongress zu schweigen.

Christliche Fundamentalisten ÖVP
Besonders die LGBTQI-Community ist den christlichen Fundamentalisten von Agenda Europe ein Dorn im Auge.

So eint Agenda Europe Kräfte, die bislang wenig miteinander zu tun hatten: Europäische Katholiken, US-Protestanten und russisch-orthodoxe Oligarchen. Laut einer Recherche von openDemocracy sind in den letzten zehn Jahren mindestens 50 Millionen Dollar von rechts-fundamentalistischen US-Organisationen aus dem Umfeld von Ex-Präsident Donald Trump und Ex-Vize-Präsident Mike Pence nach Europa geflossen. Dort soll das Geld im Kampf gegen sexuelle Freiheiten und Rechte der LGBTQI-Community eingesetzt werden. Ein anderer vermuteter Geldgeber ist der russische Oligarch Konstantin Malofejew, der russische Separatisten in der Ost-Ukraine finanziert und enge Verbindungen zur rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) und zur französischen Front National pflegt. Auch europäische Adelige wie Imre von Habsburg-Lothringen und Unternehmer wie Investor August von Finck werden als Geldgeber vermutet.

Awakening Europe: Beten für Sebastian Kurz

Awakening Europe ist eine Reihe von christlichen Großveranstaltungen, die sich vor allem auf junge Erwachsene und Jugendliche konzentriert. Angeführt wird Awakening Europe von radikalen Protestanten aus der USA, die Events richten sich jedoch an alle christlichen Konfessionen. In die Medien geraten ist Awakening Europe, als der Veranstalter und Pastor Ben Fitzgerald Sebastian Kurz auf die Bühne holte und die 10.000 jungen Besucher in der Wiener Stadthalle zum Massengebet für den Bundeskanzler aufrief. Aus Medien und anderen politischen Parteien hagelte es Kritik für den Auftritt, Kurz und Awakening Europe fanden daran nichts bedenklich.

christliche Fundamentalisten övp
Ben Fitzgerald rief tausende junge Christen bei Awakening Europe auf, für Sebastian Kurz zu beten. Christliche Fundamentalisten wie Fitzgerald sehen kein Problem in der Vermischung von Religion und Politik.

Für Awakening Europe ist die Zusammenarbeit mit Politikern nicht verwerflich, sondern Teil ihrer Mission. Sie wollen Europa für Gott zurückgewinnen. Dr. Johann Pock, Professor an der Katholisch-Theologischen Fakultät Wien, kritisiert an Awakening Europe nicht nur das Vermischen von Politik und Religion, sondern auch das, was er als „Heilsexklusivismus“ bezeichnet: „Rettung und Heil gibt es nur „drinnen“ (in der Stadthalle, in der Kirche, in der Gemeinschaft …). Und „verloren“ sind natürlich jene, die noch nichts von Jesus gehört haben“, erklärt Pock den Glaubenssatz. Das ist typisch für religiöse Sekten und wird von der offiziellen katholischen Kirche abgelehnt.

Pastor Ben Fitzgerald ist der Kopf von Awakening Europe. Nach eigenen Angaben war der gebürtige Australier früher Drogendealer. 2002 sei ihm dann Jesus in einem Nachtklub erschienen. Danach änderte Fitzgerald sein Leben und wurde Missionar. Seine religiöse Ausbildung erhielt er in der Bethel Church, einer Entertainment-Kirche, die Einfluss auf die Politik sucht.

Fitzgerald gibt an, im ehemaligen Reichsparteitagsgelände der Nationalsozialisten in Nürnberg habe Gott ihn in einer Vision befohlen, Europa für das Christentum zurückzuerobern.  Er sprach in einem Interview darüber, dass er Europa einerseits durch den zunehmenden Atheismus, andererseits durch Muslime, die Europa „anderen Religionen wegnehmen“ wollten, in Gefahr sieht. Um Europa für Gott zurückzuerobern, will er das „Schwert in die Schlacht führen“. Seinen Glauben beziehen Fitzgerald und seine Anhängerschaft aus einer wortwörtlichen Auslegung der Bibel:

Wir glauben, dass die Bibel buchstäblich das Wort Gottes ist, das uns in eine tiefere, vertrautere und erfahrungsorientierte Beziehung zu Gott führt.

Bundeskanzler Kurz war nicht der einzige ÖVP-Politiker, der bei Awakening Europe von Fitzgerald aufgetreten ist. Gudrun Kugler warnte in ihrer Rede vor dem Untergang des Christentums in Europa und forderte die Besucher auf, für ihre religiöse Überzeugung aktiv zu werden.

International Catholic Legislators Network: Kampf gegen „militant säkulare Ideologie“

Das International Catholic Legislators Network ist eine Organisation, die versucht, katholische Politiker und Geistliche weltweit miteinander zu vernetzen. Gegründet wurde das Netzwerk von Kardinal Christoph Schönborn mit der Hilfe von Bernhard Bonelli. Das Netzwerk hat sich dem Kampf gegen Verstöße „gegen die natürliche Ordnung“ verschrieben. Gemeint sind hier wiederum Frauenrechte und Rechte von Homosexuellen.

Der Präsident des International Catholic Legislators Network, Christiaan Alting von Geusau, warnt vor der „militanten säkularen Ideologie“, die die Rechtsstaatlichkeit gefährde. Als Beispiel für einen guten katholischen Politiker nennt er Johann III. Sobieski. Der polnische König hatte die osmanischen Truppen bei der zweiten Türkenbelagerung von Wien besiegt. Heutige katholische Politiker sollen es ihm gleichtun und gegen die „militante säkulare Ideologie“ in die Schlacht ziehen.

Christliche Fundamentalisten, wie die Mitglieder des International Catholic Legislators Network beziehen sich gern auf die Türkenbelagerung Wiens als Vorbild für ihren Kampf für das Christentum. Ihr Feind ist aber heute kein riesiges osmanisches Heer, sondern Verhütung, Abtreibung oder Scheidung.

Neben der Verbindung zum Kabinettschef von Sebastian Kurz hat das Netzwerk christlicher Fundamentalisten noch weitere enge Verbindungen zur ÖVP. Der türkise EU-Abgeordnete Lukas Mandl, der mit seltsamen Vereinskonstruktionen zur Finanzierung seines Vorzugsstimmenwahlkampfes aufgefallen ist, sitzt im Lenkungsausschuss des Netzwerkes.

Auch Gudrun Kugler pflegt enge Verbindungen zum International Catholic Legislators Network, von dem sie für ihre politische Arbeit ausgezeichnet wurde. Eine Ehrung, die sie mit Freude annahm. Der Sitz des International Catholic Legislators Network befindet sich übrigens in der kleinen 4.000 Einwohner Gemeinde Trumau – wo sich wiederum das Internationale Theologische Institut befindet. Eine der dort Lehrenden: Gudrun Kugler.

Loretto Gemeinschaft: Christliche Fundamentalisten beten im Parlament

Die Loretto Gemeinschaft erregte erst kürzlich infolge einer Gebetsfeier im Parlament öffentliche Aufmerksamkeit. Eingeladen wurde dazu von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. Das gemeinsame Beten sollte überkonfessionell sein, auf der Einladungsliste standen jedoch nicht die verschiedenen in Österreich vertretenen Religionen, nicht einmal verschiedene christliche Organisationen, sondern ganz allein die katholische Loretto Gemeinschaft.

Die Loretto Gemeinschaft ist keine gängige katholische Organisation, wie etwa die Jungschar oder die katholische Frauenbewegung – bei der Loretto Gemeinschaft handelt es sich um eine erzkonservative Gruppierung, die selbst innerhalb der katholischen Kirche umstritten ist.

Gegründet wurde die erzkonservative Gemeinschaft 1987 von Georg Mayr-Melnhof in Wien. Heute ist sie auch in den Nachbarländern Österreichs aktiv. Mayr-Melnhof stammt aus einer Familie von adeligen Großgrundbesitzern, die eng mit der ÖVP verbunden ist. Der Vater von Georg Mayr-Melnhof war ÖVP-Landesrat in Salzburg.

Von Szene-Kennern wird die Loretto Gemeinschaft als „Evangelikale innerhalb der katholischen Kirche“ bezeichnet. Das kommt nicht nur daher, dass die Gottesdienste der Organisation mit popmusikalischen Einlagen und emotionalen Predigten mehr an Feiern von Evangelikalen in der USA erinnern als an katholische Messen, sondern auch an dem Weltbild der Gemeinschaft. Das ist erzkonservativ, elitär und bibeltreu. Die Loretto Gemeinschaft ist außerdem explizit missionarisch tätig und konzentriert sich besonders auf junge Menschen. So bietet die Organisation verschiedene „Jüngerschaftsprogramme“ an. Bei diesen Programmen ziehen junge Erwachsene für mehrere Monate in ein Haus der Loretto Gemeinschaft, wo sie gemeinsam beten und an ihrem Charakter arbeiten sollen.

Die christlichen Fundamentalisten der Loretto Gemeinschaft versuchen besonders junge Menschen zu missionieren. CC BY-NC-ND 2.0 (flickr: Loretto-Gemeinschaft)

Innerhalb des Rands der katholischen Kirche ist die Loretto Gemeinschaft gut vernetzt. So hat etwa Raphael Bonelli bereits Vorträge für die Organisation zum Thema „Sex, Kirche, Gott und so …“ gehalten.

Das Netzwerk der Loretto Gemeinschaft reicht aber über die katholische Kirche hinaus. Der Leiter der Loretto Gemeinschaft Maximilian Oettingen trat auch bei Awakening Europe auf. Bei diesem christlichen Festival rief der Organisator des Events Ben Fitzgerald Sebastian Kurz auf die Bühne und forderte alle Anwesenden auf, für den Bundeskanzler zu beten. Für dieses Vorgehen hagelte es Kritik von Medien und den anderen politischen Parteien. Weder Sebastian Kurz noch die Organisatoren von Awakening Europe sahen bei der Vermischung von Politik und Religion Probleme.

Die exklusive Gebetsfeier im Parlament zeigt, dass es auch zwischen der Loretto Gemeinschaft und der ÖVP keine Berührungsängste gibt. Moderiert wurde die Feier von Gudrun Kugler, der Brücke der ÖVP zum rechten christlichen Rand. Kultusministerin Susanne Raab schickte eine Video-Botschaft. SPÖ, Grüne und Neos übten heftige Kritik an der Gebetsveranstaltung und nahmen nicht teil. Nationalratspräsident Sobotka zeigte kein Verständnis für die Kritik an der Veranstaltung. Nachdem er offenlegen musste, dass die Veranstaltung mit der Loretto Gemeinschaft dem Steuerzahler über 10.000 Euro gekostet hat, kündigte er gleich an, dass er in Zukunft vermehrt Gebetsveranstaltungen im Parlament abhalten wird.

Auch der Verfassungsjurist Heinz Mayer hat diese Vermischung zwischen Staat und Kirche scharf kritisiert und warnt vor einem „politischen Katholizismus“: „Das hat in einer säkularen Demokratie nichts verloren.“

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Frank
Frank
29. Juni 2021 22:44

wir leben in Österreich und da sollte man solche werte auch hochhalten, das ist nicht nur meine meinung sondern auch die der 98 % welche unsere SPö wählen, die restlichen 2 % sollte man aus der SPö ausschließen und wenn wir das nicht kapieren werden wir die grünen abwärts überholen

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Seit Beginn von Donald Trumps zweiter Amtszeit als US-Präsident erlebt die amerikanische Demokratie eine Krise. Radikale Gruppierungen gewinnen zunehmend Einfluss. Im Interview spricht die Journalistin und Autorin Annika Brockschmidt über die Entwicklung der Republikanischen Partei, die rechten Strömungen, die sie geprägt haben, und darüber, warum es innerhalb der Republikaner heute kaum noch eine Grenze zwischen konservativen Positionen und offenem Rechtsextremismus gibt. Zitat: Rechtsradikale und Rechtsextreme geben bei den Republikanern jetzt den Ton an. Sie streiten sich zwar, welches inhaltliche Sub-Thema sie betonen, aber insgesamt ist diese Partei fest in der Hand von Extremisten. Auch unabhängig davon, wie sich die Partei personell weiter entwickelt - das wird sich so bald nicht ändern. Annika Brockschmidt
Seit Beginn von Donald Trumps zweiter Amtszeit als US-Präsident erlebt die amerikanische Demokratie eine Krise. Radikale Gruppierungen gewinnen zunehmend Einfluss. Im Interview spricht die Journalistin und Autorin Annika Brockschmidt über die Entwicklung der Republikanischen Partei, die rechten Strömungen, die sie geprägt haben, und darüber, warum es innerhalb der Republikaner heute kaum noch eine Grenze zwischen konservativen Positionen und offenem Rechtsextremismus gibt. Zitat: Rechtsradikale und Rechtsextreme geben bei den Republikanern jetzt den Ton an. Sie streiten sich zwar, welches inhaltliche Sub-Thema sie betonen, aber insgesamt ist diese Partei fest in der Hand von Extremisten. Auch unabhängig davon, wie sich die Partei personell weiter entwickelt - das wird sich so bald nicht ändern. Annika Brockschmidt

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