Ohne sie wären die Regale im Handel leer. Jeden Tag bringen zehntausende LKW-Fahrer:innen Waren in unsere Geschäfte. Häufig zu einem Stundenlohn von gerade einmal gut 10 Euro. Der Lohn ist niedrig, der Alltag anstrengend und gefährlich. Mit der Abschaffung der Hacklerregelung hat die Regierung vielen von ihnen auch noch die Pension gekürzt. Kontrast hat mit Markus W.* über seine Erfahrungen und die Probleme von Lastkraftwagenfahrer:innen gesprochen. Er arbeitet seit 40 Jahren in der Branche.
In Österreich transportieren 80.000 LKW-Fahrer:innen täglich Lebensmittel in die Geschäfte und Waren von einem Betrieb in den anderen. Sie sind einer der Berufe, die in der Corona-Krise das Adjektiv “systemrelevant” erhalten haben. Einer von ihnen ist Markus W. Er sitzt in einem kleinen selbst gebauten Gartenhäuschen, tischt uns Gugelhupf und Kaffee auf und erzählt von seinen knapp 40 Jahren Arbeit als LKW-Fahrer. Von ihm erfahren wir, warum es einen Mangel an LKW-Fahrer:innen gibt, was das ständige Fahren zu allen Tages- und Nachtzeiten mit einem macht und warum ihm die Bundesregierung seine Pension vermiest.
Arbeiten zu jeder Tages- und Nachtzeit
Seit 40 Jahren fährt Markus für verschiedene österreichische Firmen und transportiert Waren innerhalb Österreichs. Das bedeutet: viel Stress, hoher Druck, viele Nachtdienste und Dienste an Feiertagen. “Man muss auf Abruf immer verfügbar sein. Ob um 5 am Nachmittag oder um 2 in der Früh, deine Schicht kann jederzeit anfangen. Da fragt dich niemand, ob du ausgeschlafen bist”, erklärt Markus.
Doch auch schon ohne die vom Arbeitgeber verlangte Flexibilität wären die festen Arbeitszeiten oft eine Herausforderung fürs Privat- und Familienleben:
“Als meine Kinder noch klein waren, hatte ich einen Job, bei dem ich um 17:00 mit dem LKW losgefahren und um 8:00 in der Früh heimgekommen bin. Die Kinder waren gewohnt, dass ich untertags geschlafen habe. Ich war nur kurz wach, bevor es wieder in die Arbeit ging. Der Verdienst war trotzdem nicht gerade groß.”
Da wundert es nicht, dass sich immer weniger Menschen dazu entscheiden, LKW-Fahrer:in zu werden. Schon jetzt suchen die Transportfirmen händeringend nach Personal – 8.000 LKW-Fahrer:innen fehlen. Das wird sich auch in Zukunft noch weiter zuspitzen. Denn in den nächsten 10 Jahren wird der LKW-Verkehr noch um 30 Prozent zunehmen. Gerade auf kurzen Strecken ist ein Umsteigen auf die Bahn derzeit nicht in Sicht. Gleichzeitig wird die Hälfte aller Fahrer:innen in den nächsten 15 Jahren in Pension gehen.
1.800 Menschen wurden im letzten Jahr bei LKW-Unfällen verletzt
Markus ist einer von ihnen. Bis dahin muss der 58-Jährige trotz der nächtlichen Arbeitszeiten immer fokussiert sein, Unaufmerksamkeiten kann er sich nicht leisten. Er fährt auf gefährlichen Bergpässen bei jeder Witterung. Seine Kollegen, die einen großen Teil der Routen auf Autobahnen zurücklegen, beneidet er trotzdem nicht, auch das monotone geradeaus fahren zermürbt. Ungefährlich ist das alles nicht: 2019 sind bei Unfällen mit LKWs 51 Menschen gestorben und fast 1.800 verletzt worden. Auch Markus war zwei Mal in einen Unfall verwickelt – beide Male ist ihm ein alkoholisierter Autofahrer aufgefahren. Zum Glück waren es nur Blechschäden.
Kontrollsystem: Ohne Gesetzesübertretungen geht es oft gar nicht
Um die Sicherheit zu erhöhen, wurden in den letzten Jahren strengere Regelungen umgesetzt, was die Fahrtzeiten, Ruhezeiten und deren Aufzeichnung betrifft. Markus findet die genauen Kontrollen insgesamt gut. Bei Fahrtbeginn steckt er seine Karte und dann wird aufgezeichnet, wie lange er fährt: Zwei Mal viereinhalb Stunden mit einer kurzen Pause dazwischen sind erlaubt. Doch das System hat seine Fehler: “Wenn die Firma will, dass man länger fährt, dann fährt man länger. Die müssen die GPS-Daten ja nicht weitergeben”. Auf der anderen Seite kann er sich bei Nichteinhaltung der Ruhezeit eine Strafe einhandeln. Ein Stau kann dann schon zur Gewissensfrage werden: “Wenn ich 4,5 Stunden nach Wien fahre und am Rückweg kommt mir ein Stau dazwischen, kanns passieren, dass ich 20 Minuten von daheim entfernt eigentlich auf einem Rastplatz stehen bleiben und die Nacht im LKW verbringen müsste.”
Das kann auch Tage später zum Problem bei einer Polizeikontrolle werden. Winkt einen die Polizei an den Straßenrand, werden die Fahrzeiten der letzten 28 Tage analysiert. Die Strafe muss Markus zahlen, nicht seine Firma.
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Burn-out ist keine Seltenheit unter den Fahrer:innen
Vielen Kolleg:innen merkt man die Erschöpfung durch die langen Fahrten und die zermürbenden Arbeitszeiten an. “Sie sind nach der Reihe psychisch angeschlagen. Der Druck wird immer höher. Wenn du nicht machst, was dir der Chef sagt, nimmt er dafür einfach andere Arbeitskräfte. Wenn du zwei Mal Nein sagst, kannst du schon gehen.” Auch für Markus war der Druck schon einmal zu groß und er musste sich fünf Wochen lang von einem Burn-out erholen. “Ich hab nicht mehr gewusst, wo unten und oben ist.”
Die Arbeit ist nicht nur psychisch sehr belastend, sondern auch mit einem Familienleben schwer vereinbar. Viele seiner Kollegen sind mittlerweile geschieden. Doch im Vergleich haben es Markus und seine Kollegen im Unternehmen noch gut erwischt, erklärt er. Sie fahren alle innerhalb Österreichs und machen keine Fernfahrten. “Ich will mir gar nicht vorstellen, wie es denen geht, die von Österreich nach Griechenland fahren müssen. Die Leben auf der Straße und auf Autobahnraststätten. Das sind arme Leute.” Oftmals werden die Fernfahrer aus Ländern mit niedrigen Lohnniveaus rekrutiert oder gleich einfach über eine Firma in Rumänien und Bulgarien angestellt und bezahlt. Obwohl es am Papier österreichische Frächter sind.
“Die großen Firmen nehmen die ausländischen Kollegen total aus und zahlen ihnen das absolute Minimum. Da tut dir das schon weh, wenn du 50 Cent für ein Tankstellen-Klo zahlen musst. Da bringt dir auch der Bon für den Kaffee nichts, den du im Gegenzug bekommst. Weil denen fehlt auch das Geld für den Kaffee”, so Markus.
Niedriger Lohn und keine Nachtzulagen
Trotz aller Widrigkeiten ist Markus gerne LKW-Fahrer und nimmt dafür auch die vielen Nacht- und Feiertagsdienste in Kauf. Doch die anstrengende und teilweise gefährliche Arbeit wird am Ende des Monats am Lohnzettel nicht sichtbar. Nach 24 Jahren bei ein und demselben Unternehmen verdient Markus 10,57 € pro Stunde – brutto. Es kommen zwar noch Diäten dazu, also Zusatzzahlungen für die erhöhten Verpflegungskosten unterwegs. Doch was im ersten Moment gut klingt, hat seine Nachteile:
“Das ist der größte Schas überhaupt. Sobald du auf Urlaub oder im Krankenstand bist, sind die Diäten weg. Sie zählen auch nicht zur Pension und zum Arbeitslosengeld. Ich kenne Fernfahrer, die haben super verdient. Aber während der Pension haben sie Taxi fahren müssen, weil es sich nicht ausgegangen ist.”
Anstatt einen höheren Lohn zu bezahlen, spart sich der Arbeitgeber die Lohnnebenkosten. Das gilt auch für die Sonntags- und Feiertagszulagen, die nur im Moment den Lohn verbessern. Immerhin, denn wenn Markus in der Nacht arbeitet, gibt es überhaupt keine Zulagen.
“Ich muss jetzt nicht die Welt verdienen, aber eine faire Bezahlung muss her. 10 Euro die Stunde für diesen Job, das ist kein Geld.”
Durchschnittlich verdienen LKW-Fahrer in Österreich 32.600 Euro brutto im Jahr. Wobei das Einstiegsgehalt häufig bei knapp über 1.700 € brutto pro Monat liegt.
Ohne Gemeindewohnung wäre vieles nicht möglich gewesen
Trotzdem führen Markus und seine Familie ein gutes Leben, er ist zufrieden. Stolz berichtet er von seinen beiden Söhnen, der eine schon fast Doktor, der andere ist auf dem Weg dorthin. “Wir haben versucht, unseren Kindern immer alles zu bieten, auch wenn es manchmal schwer war.” Dass es sich immer mit dem Geld ausgegangen ist, hat für Markus auch viel damit zu tun, dass sie in einer günstigen Gemeindewohnung in einer steirischen Stadt leben können. Trotzdem war das Geld-Thema immer präsent:
“Wir sind nie in den Urlaub geflogen oder ins Restaurant gegangen. Das Urlaubsgeld haben wir auf die Seite gelegt für die Skikarte der Kinder. Als unsere Kinder eine Zahnspange gebraucht haben, haben wir eine Förderung bekommen. Da hat man uns gesagt, dass wir mit diesem Einkommen an der Armutsgrenze leben. Das war für uns ein Schock, weil ich ja voll gearbeitet habe.”
“400 Millionen hätte die Hacklerregelung gekostet, den Reichen haben sie gleichzeitig 1,2 Mrd. geschenkt”
Markus ist Ende 50, so wie die Hälfte aller LKW-Fahrer in Österreich. Während unseres Gesprächs zeigt er Bilder von seinem Wohnwagen an einem Kärntner See. Berichtet von Wandertagen und strahlt seine Frau an, wenn sie über die gemeinsame Freizeit sprechen. Man merkt, ihnen wäre im Ruhestand nicht langweilig und sie freuen sich, bald mehr Zeit füreinander zu haben. Bis vor Kurzem war das auch in greifbarer Nähe. Er hat immer gearbeitet. Lernte mit 15 Maurer und wechselte dann in die Fahrerkabine. Seine Frau arbeitet als Verkaufsmitarbeiterin bei einem großen Lebensmittelhändler. Markus wäre einer der Menschen gewesen, die von der Hacklerregelung profitiert hätten. Nach 45 Arbeitsjahren hätte er mit 62 in Pension gehen können. Doch die gemeinsame Zeit im Wohnwagen mit seiner Frau wird noch länger warten müssen. Letztes Jahr schaffte die türkis-grüne Regierung die Hacklerregelung ab. Dank ÖVP und Grünen muss er jetzt 3 Jahre länger arbeiten. Wenn Markus jetzt, wie ursprünglich geplant, mit 62 in Pension ginge, würde er statt 2.060 nur 1.800 Euro brutto Pension bekommen.
“Die nehmen uns 200-300 Euro weg pro Monat. Aber das haben wir uns ja erarbeitet. 400 Millionen hätte die Hacklerregelung gekostet, den Reichen haben sie gleichzeitig 1,2 Mrd. geschenkt”.
Markus meint die Senkung der Körperschaftssteuer, er stört sich aber auch an zu großzügigen Corona-Hilfen für die Wirtschaft.
“Wer es wirklich braucht, dem soll geholfen werden. Aber das kann mir keiner erzählen, dass es den großen Hotelketten schlecht geht. Im Gegenteil, die haben mit den Corona-Hilfen ihre Häuser renoviert. Die wissen einfach, wie man es sich richtet.”
Der LKW-Fahrer weiß aus Erfahrung: Direktanstellungen sind die Ausnahme
Die Tricks von großen Unternehmen, die wissen, wie man es sich richtet, musste Markus schon am eigenen Leib spüren. Er war lange Zeit bei einem Lebensmittelunternehmen als Fahrer angestellt. Noch heute schwärmt er von dieser Zeit: “Ich bekam Zulagen für Feiertags- und Nachtarbeit. Der Verdienst war so gut, dass meine Frau sich um unsere beiden kleinen Kinder kümmern konnte”. Als sein Arbeitgeber in Konkurs ging, übernahm ein Frächter-Unternehmen die Fahrer. Damit änderte sich sein Kollektivvertrag. Auf einen Schlag hatte er 10.000 Schilling weniger für die exakt gleiche Arbeit. Seine Frau nahm wieder eine Stelle als Kassiererin an. Heute sind Direktanstellungen bei Unternehmen die absolute Ausnahme. Stattdessen gibt es deutlich mehr kleine Frächter mit fünf bis zehn Fahrern.
30 Prozent mehr Lohn wären fair
Die Gewerkschaft konnte bei den letzten Lohnverhandlungen ein Plus von fast 5 Prozent durchsetzen – mehr als in den meisten anderen Branchen. Für Markus sind das gute Nachrichten, aber nachhaltig wird das die Lage nicht verbessern. “Fünf Prozent sind schön und gut, aber wenn der Lohn über Jahrzehnte nicht richtig gestiegen ist, dann bräuchte es eigentlich eine Erhöhung von 30 Prozent. Alleine um die gestiegenen Kosten zu decken.” Es bleibt also noch viel zu tun, damit Leute wie Markus ihre Arbeit nicht nur gern, sondern auch unter fairen Bedingungen machen können.
*der Name wurde auf Wunsch geändert.
“Schon jetzt suchen die Transportfirmen händeringend nach Personal”
Ich bin nach dem Satz nichtmehr aus dem Schmunzeln rausgekommen. So sehr können die ihre Hände nicht ringen, bei so einem Gehalt.
Hallo meine Kollegen!
Unsere Branche als Lkw Fahrer ist so bezahlt
Wie Helfer ohne Schule.
Arbeit ist stressig verantwortlich gefährlich und schwer.
Ich mag mein Arbeit aber ist nicht korrekt bezahlt.
Unsere Arbeit ist einziger das wird bestraft von Polizei.
Problem ist von Arbeitgeber,
Lkw Fahrer sind unter den momentan herrschenden Voraussetzungen eine aussterbende Spezies…
Wir sind das Rückgrat der Versorgung und uns wird ein Wirbel nach dem anderen gebrochen.
So wie es im Moment aussieht werden die Verantwortlichen ihr Verhalten erst ändern wenn die Versorgung kollabiert.
von was ist hier die rede ich dachte wir sind die Gewerkschaft FSG oder wo sin wir , wir sollten die Partei sein welcher Schlachtruf ist Frieden Freiheit Selbbestimmung aber nein was machen wir ,wir brüllen hoch den Faschisten nur das einige weinige von uns noch reicher