25,5 Millionen Passagiere kommen jährlich am Amsterdamer Flughafen Schiphol an oder steigen dort um. Damit ist er der zweitgrößte Flughafen in der EU. Mit Ende 2025 sollen dort nun Privatjets und Nachtflüge verboten werden. Dies wird zu einem „ruhigeren, saubereren und besseren Flugverkehr“ führen, heißt es vonseiten des Flughafens.
Darüber hinaus sollen größere und damit lautere Flugzeuge wie die Boeing 747 nicht mehr landen dürfen. Anwohner:innen und Klimaschützer:innen begrüßen den Schritt Schiphols zu mehr Lebensqualität in dem Amsterdamer Vorort. Die Auswirkungen dieser Entscheidung werden nun in ganz Europa zu spüren sein. Denn weitere Städte könnten in Zukunft auf ähnliche Maßnahmen drängen. Denn in Zahlen ausgedrückt würde dies bedeuten, dass aufgrund des Verbots etwa 10.000 Flugzeuge pro Jahr weniger in Schiphol landen.
“Wir haben zu lange nur an das Wachstum gedacht und nicht genug an die damit verbundenen Kosten. Wir müssen nachhaltig sein, für unsere Mitarbeiter, die Umwelt und die Welt”, sagt Ruud Sondag, CEO der Royal Schiphol Group.
Klage gegen Richtlinie – Fluggesellschaften befürchten Gewinneinbußen
Damit folgt der Flughafen einer Richtlinie, die die niederländische Regierung kürzlich beschlossen hat: Der Flughafen muss die Zahl der Flüge von 500.000 auf 440.000 jährlich reduzieren. Reisebüros und Fluggesellschaften haben sich jedoch über diese vorgegebene Reduzierung beschwert. Die niederländische Fluggesellschaft KLM, deren Hauptflughafen Schiphol ist, zeigte sich überrascht und erklärte, dass sie sich ein koordiniertes Vorgehen der gesamten Luftverkehrsbranche gewünscht habe.
Auf diese Richtlinie folgte auch prompt eine Klage von KLM und vier anderen Fluggesellschaften, die Gewinneinbußen befürchteten. Anfang April 2023 hat nun ein niederländisches Gericht die Richtlinie aufgrund von Formalitäten im Gesetzgebungsverfahren außer Kraft gesetzt.
Klimaaktivisten sind enttäuscht über das Gerichtsurteil, das die Bemühungen zur CO₂-Reduzierung in den Niederlanden drastisch zurückwirft. Ihre Hoffnung liegt nun auf dem Vorstoß des Flughafens, wenigstens ein Viertel des von der Regierung angestrebten CO₂ einzusparen.
Privatjets als Klimakiller – Deutschland erwägt künftiges Verbot
Die deutsche Luftverkehrsexpertin Susanne Menge sieht in Privatjets eine „große Klima-Ungerechtigkeit“. Sie fordert, dass Flughäfen in Deutschland ähnliche Richtlinien wie Schiphol umsetzen, um den steigenden CO₂-Ausstoß zu bekämpfen.
„Es ist nicht mehr nachvollziehbar, dass viele Menschen jetzt gegen die Erderwärmung ankämpfen, indem sie Häuser dämmen und Heizungen austauschen, während eine kleine Minderheit Flugzeugtreibstoff pumpt, als gäbe es kein Morgen“, sagt die Flugverkehrsexpertin Susanne Menge.
Jetzt haben die deutschen Grünen angekündigt, dass sie einen ähnlichen Vorschlag mit Unterstützung der Oppositionspartei „Die Linke“ in Erwägung ziehen. Die Zukunft dieser Gesetzgebung ist allerdings noch unklar.
Größter Reichtum – größte Emissionen
Und die Zahlen summieren sich, wenn man bedenkt, dass 2019, ein Jahr bevor der Privatjet-Boom richtig losging, bereits 899.000 Tonnen Kohlendioxid (CO₂) auf das Konto von Privatjets gingen. Zum Vergleich: Im selben Jahr lag der CO₂-Ausstoß im globalen Durchschnitt pro Person bei 4,78 Tonnen pro Jahr.
In Anbetracht dieser Fakten ist es noch verblüffender, wenn man bedenkt, dass diese 899.000 Tonnen Kohlendioxid von nur etwa 22.000 Jets ausgestoßen werden. Das bedeutet, dass diese privaten Flugzeugbesitzer den gleichen Ausstoß haben wie etwa 188.000 Menschen. Und das sind nur die Jets, denn wenn man andere Luxusgüter miteinbezieht, könnten diese Zahlen für die obersten 1 Prozent bis auf schwindelerregende 3 Millionen Tonnen pro Jahr ansteigen.
Ein Mensch mit durchschnittlichem Kohlenstoffausstoß bräuchte mehr als 627.000 Jahre, um die Menge an CO₂ zu produzieren, die ein Milliardär in einem Jahr ausstößt. In Anbetracht des schrumpfenden CO₂-Budgets, der steigenden Temperaturen und der zunehmenden Vermögensungleichheit könnten derartige Verbote in Zukunft in ganz Europa notwendig werden.
Dieser Artikel wurde ursprünglich in leicht abgewandelter Form auf Scoop.me veröffentlicht.
Was soll man dazu noch sagen. Alles viel zu spät. Es wird sich dann nur mehr mit Verboten eindämmen lassen.