66,8 Millionen Passagiere kamen im Jahr 2024 am Amsterdamer Flughafen Schiphol an oder stiegen dort um. Damit ist er der viertgrößte Flughafen in der EU. Mit Ende 2025 sollen dort nun Privatjets und Nachtflüge verboten werden. Dies wird zu einem „ruhigeren, saubereren und besseren Flugverkehr“ führen, heißt es vonseiten des Flughafens.
Neben dem Verbot von Privatjets sollen größere und damit lautere Flugzeuge wie die Boeing 747 nicht mehr landen dürfen. Zwischen Mitternacht und 6 Uhr früh sollen überhaupt keine Flugzeuge starten und bis 5 Uhr keine Maschine mehr landen. Das wären laut Angaben des Flughafens jährlich 10.000 Nachtflüge weniger. Anwohner:innen und Klimaschützer:innen begrüßen den Schritt Schiphols zu mehr Lebensqualität in dem Amsterdamer Vorort. Denn wenn es weniger Nacht- und Privatjetflüge gibt, werden auch Lärmbelästigung und Luftverschmutzung geringer.
„Wir haben zu lange nur an das Wachstum gedacht und nicht genug an die damit verbundenen Kosten. Wir müssen nachhaltig sein, für unsere Mitarbeiter, die Umwelt und die Welt“, sagt Ruud Sondag, CEO der Royal Schiphol Group.
Fluggesellschaften befürchten Gewinneinbußen und klagen gegen Richtlinie
Der Amsterdamer Flughafen folgte schließlich einer Richtlinie, die die niederländische Regierung Ende 2023 beschlossen hat: Der Flughafen musste die Zahl der Flüge von rund 500.000 auf 450.000 jährlich reduzieren. Reisebüros und Fluggesellschaften haben sich jedoch über diese vorgegebene Reduzierung beschwert. Die niederländische Fluggesellschaft KLM, deren Hauptflughafen Schiphol ist, zeigte sich überrascht und erklärte, dass sie sich ein koordiniertes Vorgehen der gesamten Luftverkehrsbranche gewünscht habe. Auf diese Richtlinie folgte auch prompt eine Klage von KLM und vier anderen Fluggesellschaften, die Gewinneinbußen befürchteten. Anfang April 2023 hat ein niederländisches Gericht die Richtlinie aufgrund von Formalitäten im Gesetzgebungsverfahren außer Kraft gesetzt. Im Juli 2023 hob das Berufungsgericht dies teilweise wieder auf und erlaubte die Reduktion ab März 2024 um 12 %.
Trotz der Milderung war das Urteil für viele Umweltschützer:innen und Klimaaktivist:innen eine Enttäuschung und ein Rückschritt in der Klimapolitik.
Privatjets als Klimakiller – Deutschland erwägte Verbot
Auch die deutsche Politikerin Susanne Menge sieht in Privatjets eine „große Klima-Ungerechtigkeit“. Kurz nach dem Vorstoß in Amsterdam forderte sie, dass Flughäfen in Deutschland ähnliche Richtlinien wie Schiphol umsetzen, um den steigenden CO₂-Ausstoß zu bekämpfen.
„Es ist nicht mehr nachvollziehbar, dass viele Menschen jetzt gegen die Erderwärmung ankämpfen, indem sie Häuser dämmen und Heizungen austauschen, während eine kleine Minderheit Flugzeugtreibstoff pumpt, als gäbe es kein Morgen“, sagt die Flugverkehrsexpertin Susanne Menge.
Die deutschen Grünen haben daraufhin angekündigt, dass sie einen ähnlichen Vorschlag mit Unterstützung der Oppositionspartei „Die Linke“ in Erwägung ziehen. Das Bundesverkehrsministerium hat einem Verbot von Nacht- und Privatjetflügen jedoch eine Absage erteilt.
Zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung möchte Privatjet-Verbot
Laut einer Umfrage von Greenpeace begrüßen fünf von sechs Befragten in Österreich ein Verbot von Privatjets. Diese klare Mehrheit von 79 Prozent spricht sich außerdem für eine Kerosinsteuer aus. Der Hauptgrund für die Ablehnung von Privatjets lag für die Mehrheit der Befragten in deren mangelnder Notwendigkeit: 78 Prozent gaben an, dass es ausreichend alternative Verkehrsmittel gibt. Etwa zwei Drittel nannten zudem die hohen Umwelt- und Klimabelastungen als entscheidenden Faktor für ihre kritische Haltung. 70 Prozent würden außerdem ein Verbot von Kurzstreckenflügen befürworten.
Tatsächlich stoßen Privatjets pro Personenkilometer bis zu 50-mal mehr Treibhausgase aus als Zugverbindungen.
Privatjets fliegen vor allem in der Urlaubssaison
Privatjets werden vor allem in den Sommermonaten genutzt. Ein Drittel der untersuchten Flüge legte eine Strecke zurück, die kürzer war als 500 Kilometer. Eine Analyse vom T3 Transportation Think Tank vom September 2024 ergab außerdem, dass 42,6 Prozent aller Privatjet-Flüge zwischen Juni und September stattfanden. Die dabei am häufigsten angeflogenen Flughäfen waren Nizza, Genf und Palma de Mallorca. Diese Flüge verursachten rund 526.000 Tonnen CO2-Emmissionen. Zum Vergleich: Eine Person müsste über 52.000 Jahre leben, um so viel CO2 zu verursachen wie diese Privatflüge in einem Jahr.
„Während die Menschen in Europa mit den katastrophalen Auswirkungen des Dürre- und Hochwassersommers zu kämpfen haben, jetten Superreiche sorglos durch Europa und nehmen Kurs auf europäische Sommerhotspots“, kommentierte Jasmin Duregger von Greenpeace Österreich die Ergebnisse.
Viele NGOs und Umweltschützer:innen fordern ein EU-weites Verbot von Privatjets. Denn einzelne Staaten können mit einem Verbot leider nicht viel bewirken. Aber: Sie können als Vorbilder fungieren. So wie Amsterdam.
Dieser Artikel wurde ursprünglich in leicht abgewandelter Form auf Scoop.me veröffentlicht. Am 08.07.2025 wurde der Artikel ergänzt und aktualisiert.
Was soll man dazu noch sagen. Alles viel zu spät. Es wird sich dann nur mehr mit Verboten eindämmen lassen.