Der dramatische Pflegemangel in Österreich führt zu immer mehr Druck auf das Personal und zu einer schlechteren Versorgung von Patient:innen und Pflegebedürftige. Bis 2050 fehlen fast 200.000 zusätzliche Pflegekräfte. Gleichzeitig denken 45 Prozent aller Beschäftigten in der Pflege über einen Jobwechsel nach – immer mehr Stress und Unplanbarkeit dominieren ihren Arbeitsalltag. Trotzdem verhindert die Regierung im Parlament eine Ausbildungsoffensive und bessere Arbeitsbedingungen im Pflegebereich.
Die Situation im österreichischen Gesundheits- und Pflegesystem verschlechtert sich zunehmend – sowohl für die Patient:innen und Pflegebedürftigen als auch für das Personal. Aufgrund des Personalmangels waren österreichweit vergangenes Jahr fast 2.800 Betten gesperrt. Zum Vergleich: Das größte Krankenhaus des Landes, das AKH Wien, hat 1.732 Betten. Aus demselben Grund waren sogar ganze Stationen geschlossen – und immer wieder müssen Operationen kurzfristig verschoben werden. Die derzeitige Situation könnte sich noch weiter verschärfen, denn aktuell denken 45 Prozent aller in diesem Bereich Beschäftigten über einen Jobwechsel nach. Die Gründe: Stress, Druck, fehlende Planbarkeit.
Auf der anderen Seite stehen die Patient:innen und Menschen, die auf Pflege angewiesen sind. Derzeit beziehen rund 470.000 Personen Pflegegeld und ca. 950.000 Menschen haben Familienangehörige, die gepflegt und betreut werden müssen. Somit kümmern sich rund 10 Prozent der Gesamtbevölkerung entweder zu Hause oder in stationären Einrichtungen um eine pflegebedürftige Person. Diese Zahlen werden aufgrund der demografischen Entwicklung noch weiter steigen. Bis 2050 ist in Österreich mit einem Anstieg auf 750.000 pflegebedürftige Menschen zu rechnen. Der Anteil an über 80-Jährigen wird dann schon bei 11,5 Prozent der Gesamtbevölkerung liegen.
Berücksichtigt man die anstehenden Pensionierungen, dann werden in den nächsten 26 Jahren knapp 200.000 Pflegekräfte zusätzlich benötigt.
Regierung lehnt Ausbildungsoffensive und bessere Arbeitsbedingungen ab
Die SPÖ hat deshalb Ende Feber einen dringlichen Antrag im Parlament eingebracht. Darin fordern die Sozialdemokrat:innen einerseits die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und andererseits den Ausbau der Ausbildungsplätze. Wenn sich jemand für die Ausbildung zur Pflegekraft an einer Fachhochschule entscheidet, dann soll er/sie darüber hinaus kostenlos studieren können und ein Ausbildungsgehalt sowie das Klimaticket bekommen.
Wie in anderen Berufen auch sind gute Arbeitsbedingungen die beste Werbung für Pflegeberufe. Geht es nach der SPÖ, soll schrittweise die Arbeitszeit verkürzt und eine zusätzliche Urlaubswoche eingeführt werden. Diese Maßnahmen sollen dafür sorgen, dass sich Menschen für einen Job in der Pflege entscheiden und ihren Beruf über viele Jahre zufrieden und bei guter Gesundheit ausüben können und wollen. Außerdem sollen Pflegearbeit und Krankenbetreuung wie Schwerarbeit entlohnt werden. Dadurch könnten Pfleger:innen, medizinische Assistent:innen und Hebammen in Pension gehen, nachdem sie 45 Arbeitsjahre lang alte Menschen gehoben, unter Mundschutz gearbeitet und Nachtdienste geschoben haben. Es wäre eine faire Entlastung für 160.000 Menschen, die in diesem Bereich arbeiten – die meisten davon sind Frauen.
Doch die ÖVP-Grünen-Regierung hält davon nichts. Sie haben den Antrag der SPÖ gemeinsam mit den Neos nach über zwei Stunden Diskussion im Parlament abgelehnt.
- Ausbildungsplätze um zusätzlich mindestens 3.000 Plätze erhöhen und die
Finanzierung dafür bereitstellen - Fachhochschulstudienbeiträge für diesen Studienzweig werden vom Bund
übernommen - Bezahlung eines Ausbildungsgehalts (inklusive Sozialversicherung) und Klimaticket
für alle Auszubildenden – nach dem Vorbild der Polizeischüler:innen - Arbeitsplatzgarantie nach absolvierter Ausbildung sicherstellen
- Arbeitsbedingungen verbessern, insbesondere durch Personalbedarfsplanung,
Dienstplansicherheit, schrittweise Arbeitszeitreduktion, durchgängige zusätzliche
Urlaubswoche - Zugang zur Schwerarbeitspension eröffnen.
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