Wie schaut eigentlich die Frauen-Politik der FPÖ aus? Wir haben für euch genauer hingeschaut und festgestellt: Sie ist geprägt von einem veralteten Rollenbild, das Frauen vor allem als Hausfrau und Mutter sieht. So will die FPÖ Frauen mit einer „Herdprämie“ fördern, wenn sie zuhause bei den Kindern bleiben. Gleichzeitig stimmen sie im Parlament und in Landtagen gegen den Ausbau von Kinderbetreuung. Sie wollen den Zugang zu Abtreibungen erschweren und haben Gewaltschutzeinrichtungen die Finanzen gekürzt. Auch im Berufsleben sind sie gegen Verbesserungen, etwa was die Arbeitszeit oder die Lohntransparenz betrifft. Ein Überblick.
Startet man im FPÖ-Parteiprogramm auf ihrer Webseite die Schlagwortsuche, fällt auf, dass Gleichberechtigung oder Frauenpolitik kein eigener Punkt ist. Immerhin taucht der Begriff Frau zumindest im Abschnitt „Familie und Generationen“ auf. Frauen sollen darin vor allem die Rolle der Hausfrau und Mutter übernehmen. So ist laut FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker für Frauen die „schönste Herausforderung des Lebens“: „Kinder auf die Welt bringen, Familie gründen und auf sie Acht geben, sie behüten und beschützen und vor allem zu Leistungsträgern zu erziehen.“
Das ist auch das Rollenbild von FPÖ-Chef Herbert Kickl. Er lobt etwa in einem Video 2023 vor allem die Frauen, die ins klassische Rollenbild der Hausfrau und Mutter passen – also den Haushalt managen, die Einkäufe erledigen, für die Familie kochen, die Kinderbetreuung und Kindererziehung übernehmen und ältere Angehörige pflegen.
„Ihr seid es, die euren Männern zuhause den Rücken freihalten“, erklärt er.
Ähnlich tickt Norbert Hofer. Der ehemaligen Bundespräsidentschaftskandidaten und aktuell 3. Nationalratspräsidenten hat 2013 gemeinsam mit dem Wiener FPÖ-Politiker Michael Howanietz das Buch „Für ein Freies Österreich“ herausgebenden. Darin wird etwa behauptet, dass die Gleichstellung von Männern und Frauen zur „Auflösung der Familie“ führt. Für Hofer darf die Vaterrolle „als Versorger und Beschützer der Familie“ nicht in Frage gestellt werden und Frauen sollen sich der „Brutpflege“ widmen. Frauen sollen „das beglückende Wunder der Mutterschaft“ als wichtigste Aufgabe ihres Lebens sehen, und weniger einer beruflichen Tätigkeit nachgehen.
Zu viele Frauen in wirtschaftlichen oder politischen Führungspositionen würden sogar dem Ansehen der Organisation schaden, in der sie tätig sind.
Dieses veraltete Rollenbild zeigt sich auch in der Frauen-Politik, die die FPÖ in Regierungsverantwortung umsetzt. In Salzburg – so wie in Oberösterreich – will die FPÖ, dass Mütter und – seltener – Väter gefördert werden, wenn sie ihre Kinder lange zu Hause betreuen. Damit sollen Eltern die „Wahlfreiheit“ haben, bei ihren Kindern zuhause zu bleiben. Experten kritisieren daran, dass es sich um eine „Herdprämie“ handelt, die den Rollenbildern aus den 1950ern entspricht. Denn derartige Prämien sind nicht existenzsichernd und machen am Ende Frauen von ihren Partnern abhängig.
Zudem kann von Wahlfreiheit keine Rede sein, wenn keine flächendeckende kostenlose Kinderbetreuung vorhanden ist. Im EU-Vergleich ist Österreich „sehr hintennach, was die Kleinkindbetreuung betrifft“, erklärte dazu die AK Wien Leiterin für den Bereich Frauen und Familie, Ingrid Moritz. Viele Frauen wollen einen Kindergartenplatz, bekommen aber keinen. So läuft es zum Beispiel im salzburgerischen Berndorf. Hier wird seit 2013 eine „Herdprämie“ (aktuell 1.054€) ausgezahlt, in der Gemeinde gibt es nämlich kein Betreuungsangebot für unter Dreijährige.
„Wenn man jetzt noch Frauen bezahlt, die ihre Kinder zuhause betreuen, schreibt man dieses Versagen fort“, sagt auch Ökonomin Katharina Mader. Hinzu kommt laut Mader, dass solche Maßnahmen den Müttern den Wiedereinstieg ins Berufsleben massiv erschweren. Das Weiterbildungsgeld für Frauen nach der Karenz haben ÖVP-FPÖ im November 2000 abgeschafft.
Besonders schlecht ist das Betreuungsangebot in Oberösterreich. Trotzdem stimmte die FPÖ mit der ÖVP im Juni 2023 gegen den Rechtsanspruch auf kostenlose Kinderbetreuung ab dem 1. Lebensjahr. Zwischen 2022 und 2023 stimmte auch die freiheitliche Bundespartei drei Mal im Nationalrat gegen den Rechtsanspruch auf ganztägige, kostenlose Kinderbetreuung.
Für den Klubobmann der Kärtner FPÖ, Erwin Angerer, sind Kindergärten sogar „kommunistische Umerziehungslager“, die Kinder „von klein auf als Marxisten erziehen“ würden. Diesen Unsinn gibt Angerer im Jahr 2023 von sich.
In Österreich verdienen Frauen immer noch um rund 19 Prozent weniger als Männer. Der Unterschied ist in kaum einem anderen EU-Land größer. Zwar ist der Gender Pay Gap laut FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker ein Problem, der langjährigen SPÖ Forderung nach einem Lohntransparenz-Gesetz erteilt sie allerdings eine Absage. Die FPÖ will Arbeitgeber:innen also nicht dazu verpflichten, Frauen die gleichen Gehälter zu Zahlen, wie ihren männlichen Kollegen.
Auf EU-Ebene bleiben die Freiheitlichen ihrer Linie treu. Als es im Mai 2023 darum ging, den Grundsatz zu stärken, dass Männer und Frauen für die gleiche Arbeit das gleiche bezahlt bekommen sollen, enthielt sich die FPÖ bei der Abstimmung.
Gender Budgeting bildet eine Strategie des Gender Mainstreamings und ist Teil der gesamteuropäischen Frauen-Politik – die FPÖ ist dagegen. Beim Gender Mainstreaming sollen die Besonderheiten, Interessen und Wertvorstellungen beider Geschlechter in der politischen Praxis berücksichtigt werden. Beim Gender Budgeting geht es um die Frage: Wie kann das Budget so eingesetzt werden, dass Frauen gleichermaßen davon profitieren wie Männer?
Es sollen die unterschiedlichen Lebensrealitäten von Frauen und Männern bei der Budgetplanung berücksichtigt werden. Die Grundsätze des Gender Budgetdings stehen in Österreich seit 2009 im Verfassungsrang. Kürzlich hat die SPÖ im zuständigen Ausschuss einen Entschließungsantrag für die weitrechende Umsetzung des Gender Budgetings eingebracht. Auf die Initiative der SPÖ wurde nun ein gemeinsamer Antrag von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS beschlossen. Darin sind wichtige Weiterentwicklungen, zum Beispiel die Erarbeitung einer umfassenden Gleichstellungsstrategie oder die Beseitigung von Datenlücken festgehalten. Nur die FPÖ stimmte gegen Umsetzung und Weiterentwicklung des Gender-Budgetings.
Auch bei den Pensionen gibt es eine große Kluft zwischen Männern und Frauen. Frauen bekommen rund 40 Prozent weniger Pension als Männer. Der Unterschied ist in Österreich so groß wie sonst kaum wo. Die Gründe dafür: niedrigere Gehälter, viel unbezahlte Arbeit und Teilzeitarbeit, zu wenig Kinderbetreuungsplätze und zu niedrige Anrechnung von Karenzzeiten. Doch auch die Schwarz-Blaue Pensionskürzung 2003 traf vor allem Frauen – und hat bis heute Auswirkungen. Bis dahin galten die einkommensstärksten 15 Jahre als Berechnungsgrundlage für die Pensionshöhe. Seither wird das gesamte Berufsleben für die Pensionshöhe herangezogen – und da schlagen sich Jahre der Kinderbetreuung und die Teilzeit bei Frauen besonders nieder. Denn für die Pensionshöhe ist sowohl die Einkommenshöhe als auch die Zahl der Beitragsjahre relevant. Bei beiden Faktoren schneiden Frauen schlechter ab. Denn Frauen weisen rund 10 Jahre weniger auf, die als Beitragsjahre eingerechnet werden.
Von kürzeren Arbeitszeiten profitieren vor allem Frauen. Denn mit kürzeren Arbeitszeiten für alle, kann bezahlte und unbezahlte Arbeit besser verteilt werden. Aktuell leisten Frauen viel mehr unbezahlte Arbeit zu Hause und sind öfter Teilzeitbeschäftigt. „Wenn wir unbezahlte Arbeit zwischen den Geschlechtern umverteilen wollen und Frauen mehr verdienen sollen, dann brauchen wir eine 30-Stunden-Woche“, sagt etwa Ökonomin Katharina Mader. Durch die Reduktion der Erwerbsarbeitszeit, lassen sich auch unbezahlte Tätigkeiten leichter erledigen, was nicht zuletzt positive Auswirkungen auf die Gesundheit hat. Auch das Teilzeitproblem kann durch eine Arbeitszeitverkürzung gelöst werden. 32 Stunden Arbeit pro Woche – aus Teilzeit von heute wird die Vollzeit von morgen. Mit entsprechend höherem Gehalt. Das zeigen auch Unternehmen, die bereits die 4-Tage-Woche eingeführt haben. Wenn eine generelle Arbeitszeitverkürzung Schluss mit schlechter bezahlten Teilzeit-Verträgen macht, heißt das: höhere Einkommen und damit weniger finanzielle Abhängigkeit von einem Partner – und später höhere Pension.
Die FPÖ ist gegen eine Arbeitszeitverkürzung.
Während Frauenorganisationen und Parteien wie die SPÖ sich für einen leichteren und kostenlosen Zugang zum Schwangerschaftsabbruch einsetzen, nennt das die FPÖ eine „ideologische Perversion“ und einen Angriff auf ein traditionelles Frauen- und Familienbild.
So nannte etwa Herbert Kickl die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch im Nationalrat 2009 „persönliche Willkür“:
„Wenn es eine Gewissensentscheidung ist und wenn man das mit sich selber ausmacht, dann ist es schon gut! – Das ist eine Pervertierung des Begriffs des Gewissens, denn Gewissen ist nicht ein Freifahrtschein für die persönliche Willkür, sondern hat mit Wissen zu tun und hat Allgemeingeltungsanspruch.“
Ähnlich tickt Norbert Hofer. In einem von ihm herausgegebenen Buch wird einer Frau, die keine Kinder möchte, „Genussmaximierung“ vorgeworfen. Und im Handbuch freiheitlicher Politik wird die Gebärmutter der Frau als „Ort mit der höchsten Sterbewahrscheinlichkeit in unserem Land“ bezeichnet. Neben Norbert Hofer haben auch Herbert Kickl und Harald Vilimsky darin ein Vorwort verfasst.
Angesprochen auf diesen Satz in einer Puls4-Diskussion am 8. Mai 2016 hat sich Hofer nicht davon distanziert. Stattdessen will er eine verpflichtende „Bedenkzeit“ für Frauen, die eine Schwangerschaft abbrechen wollen. Hier findest du mehr zum Frauenbild von Norbert Hofer.
Die nach wie vor hohe Inflation trifft auch die Kosten für Verhütungsmittel. Tatsächlich sind bei uns – im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Ländern – weder Verhütungsmittel noch Schwangerschaftsabbrüche kostenlos. Zwar befindet sich Österreich bei der Verhütungspolitik laut des „Contraception Policy Atlas Europe 2023“ im europäischen Mittelfeld, zu den westeuropäischen Spitzenreitern besteht aber großer Aufholbedarf. Die FPÖ lehnt sowohl eine Steuersenkung auf Verhütungsmittel ab, als auch den kostenlosen Zugang. Sie wollte auch die Rezeptpflicht für die „Pille danach“ unbedingt beibehalten, angeblich aus medizinischen Gründen. Die „Pille danach“ muss aber möglichst schnell nach dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden, sonst wirkt sie nicht. Viele Frauen bekommen in so kurzer Zeit keinen Termin bei einer Frauenärzt:in und sind dadurch der Gefahr einer ungewollten Schwangerschaft ausgesetzt.
2019 hat das Museum-für-Verhütung-und-Schwangerschaftsabbruch (MUVS) eine Umfrage zur Frauen-Politik der Parlamentsparteien gestartet, die FPÖ nahm wie folgt Stellung:
Die von Schwarz-Blau 2018 durchgesetzten Kürzungen der Familienberatungsstellen und anderer Fraueneinrichtungen wurden von der ÖVP-Grünen-Regierung nicht zurückgenommen. Finanziell besonders betroffen waren Initiativen im Bereich der Gewaltprävention. So wurde das Budget der Familienhilfe, die sich vor allem um von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen und Kinder kümmert, um 1 Mio. € gekürzt.
Auch Anti-Gewalt-Seminare für angehende Polizistinnen und Polizisten waren von Kürzungen betroffen. Konkret sparte die ÖVP-FPÖ-Regierung 2018 die zweitägigen Seminare über „Gewalt in der Familie“ ein. Seit 1997 waren sie Teil der Polizei-Grundausbildung. Zusätzlich stampfte das Innenministerium die Wiener Interventionsstelle gegen familiäre Gewalt ein. In diesem Bündnis von Polizei, Justiz und Frauenhäusern wurden gemeinsam Hoch-Risikofälle besprochen, um passende Präventivmaßnahmen treffen zu können.
Die Kürzungen von Fraueneinrichtungen, besonders im Bereich der Gewaltprävention, waren ein gezielter Angriff auf Frauenorganisationen. Rechten Politikerinnen und Politikern sind diese ein Dorn im Auge. So meinte etwa Brigitte Kashofer von der FPÖ:
Diese Aussage steht im Zusammenhang mit den 2011 von der FPÖ abgelehnten Subventionen für das Frauenhaus Amstetten.
Dass es auch innerhalb der FPÖ selbst Gewaltphantasien gegen Frauen gibt, zeigt auch das Beispiel des Kärntner FPÖ-Obmanns Erwin Angerer. Im November 2023 sorgte er für einen öffentlichen Aufschrei. Bei seiner “Heimattour” kritisierte er Missstände im Gesundheitssystem und machte Landesrätin Beate Prettner (SPÖ) dafür verantwortlich. In seiner Rede sagte er wörtlich: “Dafür werden wir sie im Landtag herprügeln”– Bundesparteichef Herbert Kickl war bei der Veranstaltung dabei. SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner verurteilte diese verbale Entgleisung und sagte dazu:
„Angesichts von 24 Femiziden in Österreich ist diese Misogynie von FPÖ Mandataren besonders verwerflich. Die FPÖ vergiftet damit das soziale Klima. Von Politiker:innen kann man besondere Sorgfalt und Achtsamkeit für Worte verlangen. Wir Politiker:innen tragen Verantwortung für das Miteinander in diesem Land.“
Auch verbale Attacken bilden den Nährboden für körperliche Gewalt und sorgen für ein schlechtes soziales Klima in der Gesellschaft, so Holzleitner weiter.
Die FPÖ hat auch wenig Berührungsängste mit Verschwörungsideologien. Im von der FPÖ herausgegebenen Blauen Handbuch sieht diese einen Zusammenhang zwischen russischer Oktober-Revolution, Kommunismus, der EU und den feministischen Bestrebungen nach Gleichstellung von Mann und Frau. Es ist von „Konspiration“ und einer „hidden agenda“ der Theoretiker:innen von Gender Mainstreaming die Rede. Diese hätten „schlussendlich die Zerstörung der Identitäten“ und zwar „gesamtgesellschaftlich“, „kulturell“ sowie „individuellgeschlechtlich“ zum Ziel. Dieses Verschwörungs-Wirrwarr bildet die ideologische Grundlage der FPÖ Frauen-Politik.
Hier kann man 7 Gründe nachlesen, warum Feminismus heute noch notwendig ist.
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