Frauen & Chancengleichheit

Mehr Freizeit, Geld und Pension: Die 4-Tage-Woche löst viele Probleme von Frauen auf einmal

Frauen in Österreich sind am Limit. Was vor der Krise schon belastend war, ist jetzt fast unerträglich geworden. Der Grund ist simpel: Frauen arbeiten zu viel und bekommen zu wenig. Zeit für sich haben die wenigsten. Die Frauen in Österreich brennen aus. Das müsste nicht so sein. Kürzere Arbeitszeiten könnten diese Probleme beheben. Weil sich Arbeit besser verteilt. Weil Männer mehr zu Hause arbeiten. Weil Gehälter steigen. Am Ende wären Frauen nicht nur besser bezahlt, sondern auch gesünder und zufriedener. Hier sind 4 Argumente für die 4-Tage-Woche.

1 – In der 4-Tage-Woche kümmern Männer sich mehr um Kinder und Haushalt

Kürzere Arbeitszeiten machen Beschäftige zufriedener, motivierter und produktiver. Ob beim Automobilhersteller Toyota in seinem schwedischen Werk in Göteborg, beim Tech-Giganten Microsoft in Japan oder beim Nachlassverwalter Perpetual Guardian in Neuseeland: Überall war die 4-Tage-Woche ein Erfolg. Die Beschäftigten planen ihre Arbeitstage besser, Besprechungen wurden auf das notwendige Minimum reduziert – und die MitarbeiterInnen können sich während des langen Wochenendes besser erholen.

Was aber weniger bekannt ist: Ein zusätzlicher freier Tag pro Woche sorgt auch dafür, dass es zu Hause gerechter zugeht. Die Wissenschaftlerin Helen Delenay hat die 4-Tage-Woche bei Perpetual Guardian begleitet und festgestellt, dass sich die männlichen Beschäftigten nun mehr um Familie und Haushalt kümmern.

„Viele erzählten mir, dass sie dank des zusätzlichen freien Tages endlich ein echtes Wochenende hatten. Vor allem junge Väter sagten, dass sie den Tag genutzt haben, um für die Familie einzukaufen, Reparaturen zu erledigen oder die Kinder vom Kindergarten oder der Schule abzuholen. Sie schätzen diese Zeit. Die 4-Tage-Woche hilft der Geschlechtergerechtigkeit.“ (Helen Delenay, University of Auckland)

In Österreich leisten Frauen zwei Drittel der unbezahlten Arbeit: Einkaufen, Kochen, Bügeln, mit Kindern spielen, Putzen, Wege erledigen. Das Problem ist seit Jahrzehnten bekannt, gelöst ist es noch immer nicht. Wenn die 4-Tage-Woche diese Arbeit besser verteilt: Worauf noch warten?

2 – Kürzere Arbeitszeiten machen Frauen gesünder

Es ist genau diese Mehrfachbelastung – die Kombination aus Erwerbsarbeit und überantworteter Hausarbeit und Kindererziehung – die Frauen an ihr Limit bringt. Jetzt in der Krise umso mehr. 9 von 10 Frauen in Österreich haben das Gefühl, sie tragen die Hauptlasten der Corona-Krise. Es gilt als selbstverständlich, dass sie neben Job auch noch die Kinder betreuen oder unterrichten, den Haushalt schmeißen und Wege erledigen. Mitten in der Pandemie ohne Hilfe von außen. Frauen leisten  2,5 Stunden mehr pro Tag an unbezahlte Arbeit als Männer.

Zeit für sich selbst haben Frauen folglich kaum. Diese ständige Überlastung macht sie erschöpft und psychisch krank.

Die 4-Tage-Woche kann den Unterschied machen. Nicht nur ist nach vier Tagen die Arbeit im Job erledigt: Wenn auch Partner mehr zu Hause anpacken, entfällt mit einem Mal viel Stress. Der Frauengesundheit ist das mehr als dienlich.

Vor allem für Frauen ist nach der Lohnarbeit der Arbeitstag noch nicht vorbei.

3 – Aus Teilzeit wird Vollzeit: Endlich bessere Bezahlung – auch in „Frauenberufen“

Fast jede 2. Frau arbeitet Teilzeit. Innerhalb von 20 Jahren – zwischen 1994 und 2014 – hat sich der Anteil der Teilzeitarbeit bei Frauen verdoppelt. Doch nur 1 von 5 Frauen wählt Teilzeit um der Teilzeit willen. Es sind die Umstände, die Frauen in Teilzeit drängen: Sie betreuen Kinder, pflegen Angehörige oder finden keine Vollzeitstelle in ihrem Beruf.

Die Kehrseite ist ein niedrigeres Einkommen für jene in Teilzeit. Arbeitszeitverkürzung für alle könnte dieses Problem lösen: 32 Stunden Arbeit pro Woche – aus Teilzeit von heute wird die Vollzeit von morgen. Mit entsprechend höherem Gehalt. Und für die Kolleginnen und Kollegen, die jetzt in Vollzeitverträgen sind, ergibt sich weniger Arbeitsbelastung.

“Eine generelle Arbeitszeitverkürzung hätte in Bezug auf die Vereinbarkeitsfrage den Vorteil, dass sie das Ungleichgewicht von Teilzeitbeschäftigten gegenüber Vollzeitbeschäftigten und hier insbesondere zwischen Müttern und anderen Beschäftigten reduzieren könnte.” Das besagt eine Studie des österreichischen Instituts für Familienforschung.

Eine Branche, die von einer Arbeitszeitverkürzung besonders profitieren würde, ist die Pflege. Gerade dort arbeiten viele in Teilzeit-Verträgen, weil der Job mit vielen Wegen und Brachzeiten verbunden ist. Vollzeit-Tage sind lang und mit Familie schwer vereinbar. Bessere Arbeitsbedingungen, höhere Bezahlung, das würde den Beruf der Pflegekraft attraktiver machen. „Wer Menschen im Pflegeberuf will, der muss den Beruf attraktiver machen. Eine 35-Stunden-Woche kann eine solche Attraktivierung sein“, sagt die Gewerkschafterin Eva Scherz. Deshalb haben im Frühjahr 2020 in 300 Betrieben die Beschäftigten aus Pflege- und Sozialberufen für eine 35-Stunden-Woche gestreikt.

4 – Kürzere Arbeitszeiten bedeuten auch: Weniger Abhängigkeit und seltener Altersarmut

Wenn eine generelle Arbeitszeitverkürzung Schluss mit schlechter bezahlten Teilzeit-Verträgen macht, heißt das: höhere Einkommen und damit weniger finanzielle Abhängigkeit von einem Partner. Zu Ende gedacht bedeutet mehr Einkommen auch eine höhere Pension.

Derzeit bekommen Frauen in Österreich um 40 Prozent weniger Pension ausbezahlt als Männer. In Zahlen heißt das: Frauenpensionen liegen durchschnittlich bei 1.100 Euro und für Männer bei 1.800 Euro. Grund für diese Schieflage ist die Lohnschere, denn der Lohn ist die Grundlage für die Pensionshöhe.

Frauenpensionen liegen durchschnittlich bei 1.100 Euro, Männerpensionen bei durchschnittlich 1.800 Euro im Monat. Die 4-Tage-Woche würde nicht nur zur Lohn- sondern auch zur Pensionsgleichheit beitragen.

Es könnte so einfach sein!

Ein Tag mehr frei, weniger Hausarbeit, mehr Zeit für sich, mehr Geld am Gehaltszettel und mehr Pension. Für Frauen hätte eine 4-Tage-Woche nur Vorteile. Über viele Ungerechtigkeiten, die seit Jahrzehnten einzementiert scheinen, müssten wir nicht mehr reden, weil Arbeitszeitverkürzung sie beseitigt hätte. Schön wäre das. Aber wichtiger noch: Einfach machbar wäre es!

Kurz und knapp: Wer macht unbezahlte Arbeit

Weltweit leisten Frauen und Mädchen täglich über 12 Milliarden Stunden Haus-, Pflege- und Fürsorgearbeit – unbezahlt.

In Österreich leisten Frauen zwei Drittel der gesamten unbezahlten Arbeit.

Oder von Männern und Frauen aus gedacht: Während Frauen für 2 Drittel ihrer Arbeit nicht bezahlt werden, ist es bei Männern nur ein Fünftel.

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rudolf
rudolf
10. März 2021 11:08

Mehr FREIZEIT bringt nur eine 30 Wochenstunde bzw.. ein 6 Stundentag mit einem 17.50€ NETTO Stundenlohn = ca 2200.-€,JETZT und nicht erst 2022, da ist dieser schon wieder weniger Wert!!Nur sooooo kann man die Arbeitslosigkeit und die Armut bekämpfen!!!Aber KÄMPFEN hat die Partei schon VERLERNT!!

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