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Frauenmorde: Gewalttäter sind oft auf freiem Fuß, weil Geld bei Justiz und Opferschutz fehlt

Marco Pühringer Marco Pühringer
in Frauen & Gleichberechtigung
Lesezeit:5 Minuten
15. Januar 2019
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Vier Frauenmorde in zwei Wochen, 41 im Jahr 2018. Österreich liegt damit im traurigen Spitzenfeld in Europa. Wie konnte es so weit kommen und wie kann man das Problem lösen? Wir haben mit Maria Rösslhumer vom Verein „Autonome Österreichische Frauenhäuser“ gesprochen: Über eine Gesellschaft voller Unsicherheit und das steigende Gewaltpotenzial von Männern. Über Kürzungen bei der Gewalt-Prävention und mögliche Lösungen.

In keinem europäischen Land ist der Anteil der weiblichen Opfer bei Tötungsdelikten höher als in Österreich. Woran liegt das?

Rösslhumer: Da rätseln wir alle. Meine Vermutung ist, dass es viel mit der politischen und sozialen Unsicherheit in unserer Gesellschaft zu tun hat. Das übt viel Druck auf Männer aus.

Außerdem haben viele Männer Angst, ihre Männlichkeit nicht zur Geltung bringen zu können und haben Probleme ihre Identität zu finden – und das projizieren sie auf Frauen.

Wir sehen auch eine zunehmende Verrohung – vor allem auch in den sozialen Netzwerken. Es gibt immer mehr Hass-Postings gegenüber Frauen und diese verbale Gewalt ist der Ausdruck von extremem Frust. Und genau dieser Frust führt letztendlich auch zu den jetzt diskutierten Morden.

Ich sage immer: Von verbaler Gewalt zu körperlicher Gewalt ist es nicht mehr weit.

So kommt es dann zu extremen Gewalttaten, wie jener bei der ein Mann eine junge Frau mit einer Eisenstange niedergeschlagen hat – weil er bei Frauen nicht gut angekommen ist. Die Frau diente als Projektionsfläche für seinen Frust und muss bis heute auf der Intensivstation liegen.

Um wie viele Morde geht es konkret und was steckt dahinter?

Rösslhumer: Es geht in den meisten Fällen um Beziehungsmorde. Also Taten, bei denen der Partner seine (Ex)-Partnerin umbringt.

Davon gab es alleine letztes Jahr 41 – heuer sind es bereits 4. Die meisten passieren unmittelbar nach Trennungen. Die gefährlichste Zeit für Frauen beginnt, sobald sie den Schlussstrich in einer von Gewalt geprägten Beziehung ziehen. Also wenn sie sich zur Scheidung entscheiden, ihren Partner anzeigen oder in ein Frauenhaus flüchten. Das verkraften Männer oftmals schlecht und das Gewaltpotenzial steigt. Hinzu kommt, dass nach der ersten Anzeige von Frauen an ihren Partner die Verdächtigten oftmals auf freien Fuß angezeigt werden in dieser Zeit haben sie die Möglichkeit ihre Gewalttaten zu planen.

In den Medien wird bei solchen Taten immer von Familiendramen gesprochen.

Rösslhumer: Das zeigt eine gewisse Ignoranz und Verharmlosung der Medien gegenüber der Thematik. Mit dieser Begrifflichkeit wird die Tat verzerrt dargestellt. Die Dinge müssen beim Namen genannt werden. Ein Mord ist ein Mord. Wenn man von Familiendramen spricht, lässt man den Täter außen vor und sie werden damit in Schutz genommen. Außerdem ist die Botschaft, die damit an Frauen vermittelt wird bedenklich. Sie werden nicht ernst genommen und plötzlich wird gar die Schuld auch bei der Frau gesucht.

War nicht Österreich einst ein Vorbild im Gewaltschutz – was hat sich seither geändert?

Rösslhummer: Die Gesetzeslage ist tatsächlich noch vorbildlich! Es scheitert an der Umsetzung. So ist das Strafausmaß schon jetzt hoch genug, nur wird es nicht eingehalten. Die Strafen müssen nicht verschärft werden, stattdessen müsste die Justiz aktiv werden und das Strafmaß auch anwenden.

Die Justiz ist überfordert und würde mehr Ressourcen benötigen. Die Folge von dieser Überlastung ist beispielsweise, dass Täter nicht vorgeladen werden und auf freiem Fuß angezeigt werden. Eigentlich müssten gefährliche Täter in Untersuchungshaft, um zu verhindern, dass sie sich an ihrer Frau für die Anzeige rächen.

Darum zögern oftmals auch Frauen, gegen ihren gewalttätigen Partner aktiv zu werden. Schließlich fürchten sie sich um sich selbst und ihre Kinder.

Trotz der steigenden Gewalt hat die Regierung vielen Frauenprojekten die Mittel gekürzt. Was sind die Auswirkungen davon? Wie spüren Sie diese Einschnitte in Ihrer täglichen Arbeit?

Rösslhumer: Wir platzen aus allen Nähten! Dadurch, dass wir mit mehr Gewalttaten konfrontiert sind, gibt es auch mehr Frauen, die einen Platz benötigen. Wir würden also deutlich mehr Geld benötigen und nicht weniger. Die Kürzungen gehen zulasten der Frau. Eigentlich sollte jeder Frau, die es benötigt, ein sicherer Platz in einem Frauenhaus angeboten werden können.

Außerdem geht Geld für flächendeckende Präventionsarbeit ab. Das oberste Ziel muss sein, jeden Morde an einer Frau  zu verhindern. So müsste gleich nach der ersten Wegweisung mit verpflichtender Täterarbeit begonnen werden, um zu verhindern, dass die Männer erneut gewalttätig werden. Zentral ist auch die flächendeckende Gewaltpräventionsarbeit an allen Schulen.

Was geschieht bei dieser Präventionsarbeit?

Rösslhumer: Es geht darum, bei Burschen und Mädchen das Bewusstsein zu ändern. Wie schaut ein wertschätzender Umgang miteinander aus? Wie kann ein gewaltfreies Leben erreicht werden? Die Burschenarbeit ist dabei zentral. Mit ihnen wird diskutiert, was es heißt, ein Mann zu sein. Dass Mann-Sein nicht mit Aggressivität verbunden sein muss. Viel eher soll ein liebevoller Umgang miteinander vermittelt werden. Und dass es wichtig ist, miteinander zu reden, wenn Probleme auftauchen. Dass das Zeigen von Gefühlen keine Schwäche ist und man Verantwortung übernehmen muss.

Die letzte Studie zu Tötungsdelikten an Frauen in Österreich untersuchte 39 Fälle und stellte fest, dass die Exekutive bei nur 6 Gewaltbeziehungen bereits vorher aktiv wurde. Was bräuchte die Polizei um diese Verbrechen zu verhindern?

Rösslhumer: Wichtig wäre eine noch engere Zusammenarbeit zwischen den Institutionen. Die Polizei arbeitet ja gut, das sieht man an den Zahlen der Wegweisungen. Nur leider wurde im vergangen Jahr die Zusammenarbeit zwischen Frauenhäusern bzw. den Interventionsstellen und der Polizei eingeschränkt. Das Innenministerium hat die gemeinsamen Fallkonferenzen, genannt MARACs, (Multi-Agency Risk Assessement Conferences) abgeschafft, vor allem um Kosten zu sparen. Dort wurde die Arbeit von Sicherheitsbehörden, Gewaltschutzzentren, der Sozialarbeit und anderen Institutionen koordiniert und Lücken geschlossen, um im Einzelfall rasch reagieren und Morde verhindern zu können.

Dieselbe Studie zeigt außerdem, dass nur 8 Frauen vor der Tat Hilfe bei Gewaltschutzeinrichtungen suchten. Woran liegt das?

Rösslhumer: Für Frauen ist es oftmals ein schwieriger Schritt, eine Gewaltschutzeinrichtung zu kontaktieren. Schließlich fürchten sie sich vor der Reaktion ihres Partners und haben Angst um ihre Kinder. Viele Frauen aus ländlichen Regionen und Migrantinnen kennen das Angebot nicht. Vor allem letztere kennen häufig die Rechtslage nicht und wissen nicht, wie sie reagieren sollen.

Teilweise haben sie auch negative Erfahrungen mit der Polizei gemacht und wollen vermeiden, dass sie mit ihr in Kontakt treten müssen. Außerdem gibt es Frauen, die sehr isoliert leben oder ältere Frauen, die keinen Zugang zum Internet haben und sich schlicht nicht informieren können. Wer aber Informationen benötigt, kann die Frauenhelpline unter 0800 222 555 erreichen. Dort wird unkompliziert geholfen, wenn man Opfer von Gewalt wird.

Was würden Sie sich von der Politik wünschen?

Rösslhumer: Was es wirklich braucht, ist eine österreichweite Bewusstseins-Kampagne – vor allem um ein Umdenken bei den Männern zu erwirken. Außerdem braucht es mehr Mittel für die Gewaltprävention. Schließlich muss das Ziel sein, zu verhindern, dass überhaupt Morde geschehen. So muss intensiver mit auffälligen Männern gearbeitet werden und es muss verpflichtende Antigewalt-Trainings für Täter ab der ersten Wegweisung geben. Außerdem braucht es verpflichtende Fortbildungen für Justizbeamte. Insgesamt braucht es einen Ausbau all dieser Maßnahmen und keine finanziellen Kürzungen.

Was wären Sofortmaßnahmen, die schnell helfen könnten?

Rösslhumer: Wirklich schnell helfen würde es, wenn die Justiz sofort nach einer Anzeige eine Gefährlichkeitseinschätzung des Täters machen würde. Der Mann sollte vorgeladen werden und sobald sich herausgestellt hat, zu was er fähig ist, muss reagiert werden. Wenn sich Gewaltpotenzial zeigt, muss es zur U-Haft kommen. Schließlich kann es nicht sein, dass Täter auf freiem Fuß sind, weil die Justiz zu wenig Geld hat. Leidtragende sind die Frauen die sich vor der Reaktion ihres Partners fürchten müssen.

Parlament Das Thema "Gewaltprävention" im Parlament

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Da kann man das Geld her
Da kann man das Geld her
16. Januar 2019 11:28

nehmen: https://youtu.be/IOl0fJDu2dw?t=3305
So einfach wäre es: man müsste nur
einen einzigen Politiker mit Hirn haben!

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