In den USA stehen sich extreme Gegensätze gegenüber: die akute Wirtschaftskrise mit 32 Millionen Arbeitslosen und mindestens 27,5 Millionen ohne Krankenversicherung einerseits. Gleichzeitig gewinnen gerade durch die Corona-Krise die Superreichen noch dazu. Denn US-Milliardäre sind seit dem Corona-Lockdown um 700 Mrd. reicher geworden. Der demokratische Senator Bernie Sanders will das nun wirksam bekämpfen: Mit einer Corona-Sondersteuer. Dafür soll’s für 1 Jahr eine garantierte Gesundheitsversicherung für alle US-Bürgerinnen und Bürger geben.
In den 17 Wochen seit dem Corona-Lockdown im März bis Mitte Juli starben fast 140.000 Amerikaner an COVID-19 und mehr als 50 Millionen verloren ihren Arbeitsplatz. Von diesen sind derzeit 32 Millionen arbeitslos, so die Organisation Americans for Tax Fairness. Die Reichsten der Reichen verzeichnen allerdings trotzdem noch Vermögenszugewinne.
Bizarre Gegensätze
Onlineunternehmen profitierten besonders während des Lockdowns massiv: Die Schließung von Restaurants und Geschäften war zu ihrem Vorteil. So legte der Börsenwert von Facebook seit Beginn der Beschränkungen Mitte März bis Mitte Mai um 60 Prozent zu. Jener von Amazon um 45 Prozent und von Netflix um 46 Prozent. Große technologieorientierte Unternehmen profitieren in der Krise enorm. Die globale Wirtschaft und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben aber mit der schlimmsten Wirtschaftskrise der jüngsten Geschichte zu kämpfen, wie kontrast.at berichtet hat.
Zu den größten Gewinnern der Krise zählt wenig überraschend der reichste Mann der Welt: Amazon Chef Jeff Bezos. Er hat sein Vermögen auf 179 Mrd. Dollar ansteigen sehen. Das entspricht einem Zugewinn von 65 Mrd. Dollar oder 58 Prozent. Mark Zuckerbergs (Facebook) Vermögen ist um 62 Prozent auf 88 Mrd. Dollar angestiegen. Das Geld von Elon Musk (Paypal, SpaceX, Tesla) hat sich fast verdreifacht: Auf über 70 Mrd. Dollar.
Das Jahr 2020 bis jetzt zusammen gefasst: Die Corona-Krise sorgte weltweit für Umsatzeinbrüche, Arbeitslosigkeit und eine ungewisse Zukunft. Millionen von US-Bürgern haben während einer globalen Pandemie keine Gesundheitsversicherung.
Für die Reichsten der Reichen hingegen bedeutet die globale Wirtschaftskrise das Gegenteil. Das Gesamtvermögen der US-Milliardäre im Jahr 2020 ist 12 Mal höher als ihr Gesamtvermögen im Jahr 1990. Insgesamt wuchs der Reichtum der über 600 US-Milliardäre während der Corona-Krise um zusätzliche 700 Mrd. Dollar. Das berichtet die Organisation Americans for Tax Fairness und stützt sich dabei auf Daten von Forbes.
Corona-Sondersteuer: Der “Make Billionaires Pay Act”
Der demokratische US-Senator Bernie Sanders will diese Ungleichheit nun ausgleichen. Und das mit einer Art Corona-Sondersteuer für Superreiche. Er nennt sie den “Make Billionaires Pay Act“: Eine einmalige 60-prozentige Besteuerung. In einem Tweet vom 8. August fragt er provokant: „Wie viel ist zu viel?“ Darunter sind auf einer Grafik die Vermögenszuwächse von Bezos, Zuckerberg und Musk seit Beginn des US-Lockdown im März zu sehen.
Konkret plant Sanders eine einmalige Besteuerung in der Höhe von 60 Prozent auf die Vermögenszuwächse seit dem Lockdown. Also nur für die Gewinne die im Zeitraum von 18. März 2020 bis zum 1. Januar 2021 verzeichnet werden. Mit diesen Einnahmen soll dann die Gesundheitsversorgung aller Menschen in den USA für ein Jahr als Grundrecht garantiert werden. So müssten sämtliche Arzt- und Behandlungskosten nicht mehr von den Bürgerinnen und Bürgern selbst übernommen werden.
In den USA stehen 700 Mrd. Dollar mehr für Milliardäre 30 Millionen US-Bürgern gegenüber, die sich während einer globalen Pandemie nicht einmal die Gesundheitsversicherung leisten können.
Land der Ungleichheiten
In den USA gibt es nämlich kein sozialstaatliches Auffangnetz wie in den allermeisten europäischen Staaten. Weder existiert eine allgemeine Krankenversicherung noch eine dauerhafte Grundsicherung für Arbeitslose. Die Corona-Krise verschärft diese Gegensätze weiter massiv.
Nur alte und besonders arme US-Amerikaner sind über staatliche Gesundheitsprogramme abgesichert. Die meisten Beschäftigten beziehen ihre Krankenversicherung über ihren Arbeitgeber. Doch gerade im unteren Einkommensbereich zahlen Arbeitgeber oft nicht für den Versicherungsschutz, wie die ZEIT berichtete. Man kann sich zwar dank Obama-Care selbstversichern – das sei allerdings stark überteuert und gewährleiste trotzdem nur mangelhaften Schutz. Kontrast.at hat berichtet.
Krankheit bedeutet in den USA Armut. In der Pandemie verlieren nun weitere Millionen US-Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Arbeitsplatz auch ihren Versicherungsschutz. Das ist nicht nur für chronisch Kranke eine Katastrophe. Eine globale Gesundheitspandemie bedeutet in den USA eine Katastrophe für die gesamte Bevölkerung.
Denn die USA waren schon vor der Pandemie von extremer Ungleichheit geprägt: Die oberen 10% besitzen knapp 64% des Vermögens. Knapp 38 Millionen Menschen leben unter der nationalen Armutsgrenze. So erscheint der ausgleichende Beitrag durch die Corona-Sondersteuer mehr als nur fair. Denn Milliardär ist man nicht, weil man mehr arbeitet oder sparsamer lebt als andere.
Milliardärinnen und Milliardäre sind Unternehmerinnen und Unternehmer: Sie kombinieren Arbeit und Know-How. Und ein Unternehmen ist natürlich auch maßgebend auf die Arbeitskraft seiner Mitarbeiter angewiesen. Denn in erster Linie profitiert es von der Gewinnspanne auf die Arbeit anderer.
So erwirtschaften Unternehmen einen Mehrwert, der die Eigenleistung des Unternehmers weit übersteigt. Die Corona-Sondersteuer könnte nun zumindest für ein Jahr US-Bürgerinnen und Bürgern eine kostenlose Gesundheitsversicherung ermöglichen.
Corona-Sondersteuer würde rund 422 Mrd. für Gesundheitsversicherung bringen
Gemeinsam mit der Ankündigung der Corona-Sondersteuer veröffentlichte Senator Sanders auch ein Faktenblatt. Hier beziffert er die genaue Besteuerung für die reichsten US-Millionäre und rechnet vor was sie bis zum 5. August 2020 durch die Steuer abgeben müssten. Das wären beispielsweise für Bezos 42,8 Mrd. Dollar, für Musk rund 27,5 Mrd. Dollar und für Zuckerberg 22,8 Mrd Dollar.
Insgesamt könnten durch den “Make Billionaires Pay Act” 421,7 Milliarden US-Dollar an Steuern eingehoben werden. Unter die Besteuerung würden nur jene Superreiche fallen, die ein höheres Vermögen als eine Milliarde US-Dollar besitzen. Offen ist aktuell noch ob das Vorhaben die Zustimmung von Senat und Kongress finden wird.