Wolfgang Sobotka benannte im wiedereröffneten Parlament eine Gang nach dem neoliberalen Ökonomen Friedrich August von Hayek. Konservative und Liberale berufen sich gerne auf seine Theorien. Doch die Ideen des umstrittenen Ökonomen haben sich historisch nicht bewährt. Auch Hayeks Menschenbild ist problematisch: Er ordnete alles dem Nutzen der Wirtschaft unter und war überzeugter Antidemokrat. Er unterstützte etwa die Militärdiktatur in Chile.
Wolfgang Sobotka benannte einen Gang im neueröffneten Parlament ausgerechnet nach Friedrich August Hayek – einem offenen Unterstützer der chilenischen Militärdiktatur unter Augusto Pinochet. Noch im Jahr 1981 in einem Interview in der chilenischen Zeitung Mercurio sagte Hayek über das chilenische Regierungssystem:
„Ich ziehe einen liberalen Diktator einer demokratischen Regierung, der es an Liberalismus mangelt, vor“.
Hayek sagte das obwohl er vier Jahre zuvor schon einen Bericht von Amnesty Internationale vorgelegt bekommen hatte, der die Verbrechen des Pinochet-Regimes belegt. Aus diesem Grund hagelt es auch Kritik für die Namensgebung: „Wir wissen, dass sich Friedrich Hayek mehrmals positiv über das Pinochet Regime geäußert hat. Wo eine demokratische Regierung geputscht wurde durch einen blutigen Militärputsch“, erklärt die SPÖ-Abgeordnete Julia Herr.
Hayek steht für eine völlig unregulierte Marktwirtschaft
Der Name Hayek steht also für Dinge, die man nicht mit dem Parlament in Verbindung bringen möchte. Wieso kam dann Wolfangs Sobotka auf die Idee einen Gang nach dem Ökonomen zu bennnen? Gerade Liberale und Konservative betrachten Friedrich Hayek als bedeutenden Ökonom und er hatte ohne Zweifel seine Verdienste für die Wissenschaft. In Österreich sind viele stolz, dass der britische Staatsbürger in Wien geboren wurde. Seine wohl wichtigste Erkenntnis ist jene vom Wettbewerb als Entdeckungsprozess. Darin hebt er die bedeutende Funktion des Wettbewerbs als Anreiz für die Entstehung von Wissen hervor.
„Er neigte aber stets dazu, seine Erkenntnisse von der Bedeutung der Märkte ins Extrem einer völlig unregulierten Marktwirtschaft zu treiben”, schreibt der Ökonom Markus Marterbauer.
John Maynard Keynes vs. Friedrich August Hayek
Wie falsch Hayek mit dieser Annahme liegt, konnte man bei der großen Wirtschaftskrise ab 1929 sehen. Hayek sah die Weltwirtschaftskrise als notwendige Reinigungskrise, in die der Staat keinesfalls eingreifen darf, um eine Strukturreform der Wirtschaft zu ermöglichen. Diese Strukturreform der Wirtschaft stellte er über das Wohlergehen der Bevölkerung. Er wollte bewusst Massenarbeitslosigkeit und soziale Verelendung in Kauf nehmen.
Zum Glück folgten viele Staaten stattdessen dem Krisen-Rezept von Hayeks großen Konkurrenten John Maynard Keynes: Staatliche Investitionen sollen die fallende Konjunktur ausgleichen und die Märkte aus der Depression heben. Auf dieser keynesianischen Politik basierten der lange Aufschwung der Wirtschaft und der Aufbau des Sozialstaates in den Nachkriegsjahrzehnten. Die Geschichte gibt Keynes also kurz- und langfristig recht.
Hayek lehnte Wohlfahrtsstaat und Gewerkschaften ab
Seine Niederlage im Wettbewerb der Ideen radikalisierte Hayek. Er entfernte sich von der Ökonomie und wurde immer mehr zum Staatsphilosophen. In seinem Werk „Die Verfassung der Freiheit“ (1960) zeichnete er erstmals sein dunkles Gesellschaftsbild: Privateigentum steht für ihn über der Demokratie. Das Aufkommen des Wohlfahrtsstaates sei schädlich, da es die persönliche Freiheit zerstöre. Gewerkschaften gehören bekämpft, da sie die Arbeitgeber zur Zahlung von höheren Löhnen, als sie sich am Markt ergeben würden, zwingen. Soziale Sicherungssysteme lehnte Hayek ebenfalls ab, denn:
„Die Vorstellung vom Sicherheitsnetz, das jene auffangen soll, die stürzen, wurde sinnlos gemacht durch die Vorstellung vom gerechten Anteil für diejenigen von uns, die sehr wohl imstande sind, auf eigenen Füßen zu stehen.“
Hayek der Antidemokrat
Richtig gefährlich wurden Hayeks Ideen, als er 1952 auf die Universität von Chicago wechselte, um ausgerechnet Moralphilosophie zu lehren. Dort gründete er die sogenannten Chicago Boys, bei denen neben ihm etwa Milton Friedman aktiv war. Die Chicago Boys waren eine Gruppe von Wissenschaftlern, die sich zum Ziel setzten, den von ihnen verachteten Wohlfahrtsstaat auch realpolitisch zu bekämpfen. Bald bekamen sie auch ihre Chance: 1973 putschte der General Augusto Pinochet den demokratisch gewählten sozialistischen Präsidenten Chiles Salvador Allende. Pinochet errichtete ein faschistisches, wirtschaftlich neoliberales Militär-Regime und die Chicago Boys bekamen eine Spielwiese, auf der sie ihre wirtschaftsliberalen Fantasien ausleben konnten.
Hayek unterstütze das Terror-Regime von Augusto Pinochet
Politische Gegner ließ das chilenische Regime äußerst grausam foltern, man geht von 27.000 Opfern zwischen den Jahren 1973 und 1990 aus. Über 4.000 Menschen wurden ermordet, viele davon ließ man zur Einschüchterung der Opposition und Zivilgesellschaft „verschwinden“. Bereits zu Beginn der Pinochet-Herrschaft. In diese Zeit fällt auch ein besonders brutales Ereignis der chilenischen Geschichte: 40.000 Menschen wurden im Nationalstadion zusammengetrieben, dort interniert, teilweise gefoltert und ermordet.
Der Terror der Regierung traf bewusst auch unpolitische Menschen, die nicht einmal Teil der Opposition gegen Pinochet waren. Es wurden willkürlich Menschen am helllichten Tag aus ihren Häusern und vom Arbeitsplatz abgeholt. Nachbarn und Kollegen sollten sehen und weitererzählen, dass es jeden treffen konnte. Die Chilenen wurden in einem Klima der Angst zum absoluten Gehorsam und Stillschweigen gebracht. Bis ins Jahr 1977 war tatsächlich jeder Widerstand gebrochen, alle politischen Gegner waren ermordet worden oder ins Ausland migriert.
Unterstützung erhielt das Schreckensregime von Augusto Pinochet seitens der US-Regierung. Der Putsch selbst wurde von den USA und ihrem Geheimdienst CIA politisch, finanziell und militärisch unterstützt.
Nachdem der Diktator Pinochet begonnen hatte, seine Gegner systematisch zu verfolgen, schränkte er die Rechte der Arbeitnehmer sofort und in den Folgejahren massiv ein. All das akzeptierten Hayek und seine Kollegen, um ihre Ideen radikal umsetzen zu können.
Heute hätte Hayek den Nobelpreis nicht mehr bekommen
Diese Aussage stärkte das Regime umso mehr, da sie von einem Wirtschafts-Nobelpreisträger stammte. Hayek bekam den Preis 1974. Mit dem aktuellen Wissensstand und nach der offenen Unterstützung des Ökonomen für eine faschistische Diktatur wäre das heute undenkbar. Um die Mängel seiner Wirtschaftstheorie wusste aber wohl auch schon das Nobelpreis-Komitee. Schließlich vergab es den Preis nicht an Hayek allein, sondern versuchte einen Kompromiss herzustellen: Hayek musste sich den Preis mit den schwedischen Ökonomen Gunnar Myrdal teilen. Myrdal war einer der führenden Theoretiker des Wohlfahrtsstaates – eben jenes Konzept, das Hayek so ablehnte.
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