Die ÖVP plant in diesem Wahlkampf schon wieder die Wahlkampfkostenobergrenze zu sprengen. Sie will 2 Millionen Euro mehr ausgeben als gesetzlich erlaubt. Der Falter veröffentlichte geleakte Dokumente, die zeigen, mit welchen Tricks die ÖVP ihre Wahlkampfkosten am Rechnungshof vorbeischummelt. Außerdem wird ersichtlich: Kurz und die Volkspartei sind finanziell stark von ihren Spendern abhängig.
Der Falter veröffentlichte Dokumente, die die ÖVP und Sebastian Kurz schwer belasten. Die Recherche des Magazins zeigt, dass die ÖVP seit mehreren Wochen plant, die gesetzliche Wahlkampfkosten-Obergrenze bewusst um zwei Millionen Euro zu überschreiten. Außerdem deckt der Falter auf, wie diese Überschreitung vor dem Rechnungshof verheimlicht wird. Das ist nicht das erste Mal, dass die ÖVP deutlich mehr für den Wahlkampf ausgibt als erlaubt:
Die Volkspartei hat sich, seit es 2012 eine Obergrenze gibt, noch nie daran gehalten.
Darum ist die ÖVP auch hoch verschuldet, wie Dokumente belegen, die dem Falter vorliegen. Jetzt ist auch klar, warum die ÖVP so fleißig Spenden sammelte: Sie musste ihre Parteiförderung als Sicherheit für ihre Bankkredite verpfänden. Damit ist die Volkspartei ihren Spendern ausgeliefert.
Der ÖVP-Skandal im Überblick.
Undichte Stelle in der ÖVP
Dem Falter wurden mehrere Dokumente aus dem innersten Kreis der Volkspartei zugespielt, unter anderem die Buchhaltung für die ÖVP-Wahlkämpfe 2017 und 2019. Für die ÖVP dürfte das ein Anlass zur Sorge sein: Sebastian Kurz dürfte Gegner in den eigenen Reihen haben. Zuvor ist schon eine geheime Spendenliste mit den Zahlungen der Milliardärin Heidi Horten und anderen Großspendern an die ÖVP beim Standard gelandet.
Welche Dokumente liegen dem Falter vor?
In den geleakten Dokumenten sieht man: Es gab und gibt eine offizielle Abrechnung der Wahlkampfkosten für den Rechnungshof und eine geheime ÖVP-interne Abrechnung, in der die tatsächlichen Kosten angeführt sind. Damit drückt sich die ÖVP vor Strafzahlungen und kann öffentlich behaupten, sich an alle Gesetze zu halten. Nach dem der Falter seine Recherchen veröffentlicht hatte, kündigte die Volkspartei an das Magazin zu klagen. Währenddessen kündigte Falter-Chefredakteur Florian Klenk weitere Veröffentlichungen an.
Wie trickst die ÖVP bei ihren Wahlkampfkosten
Damit der Trick mit der zweifachen Buchhaltung auch funktioniert, muss die Kurz-Partei ihre Wahlkampfkosten anders deklarieren. So rechnet die ÖVP laut Falter die „Bergauf-Tour“ von Sebastian Kurz nicht in den Wahlkampf ein. Dabei sind Bilder dieser Tour sogar auf ÖVP-Wahlplakaten gelandet: Spitzenkandidat Kurz reist durch Österreich, schüttelt Hände und posiert für Fotos. Doch die Tour wird unter sonstigen Ausgaben verbucht, obwohl es sich eindeutig um eine Wahlkampfveranstaltung handelt.
Rechnungen von fast einer Million kurz vor der Frist
Außerdem berichtet der Falter, dass die ÖVP Rechnungen so anfordert, dass sie nicht in die Wahlkampfkosten hineinfallen. So trudelten in der ÖVP Zentrale die letzten 5 Tage vor dem offiziellen Stichtag für die Wahlkampfkosten Rechnungen im Gesamtwert von 920.000 Euro ein. Allesamt Rechnungen von Medien-, Event- und Social Media Agenturen.
Außerdem budgetiert die ÖVP 400.000 für eine Party am Wahlabend – der Wahlkampf ist da schon vorbei und die Kosten werden nicht mehr in die offiziellen Wahlkampfkosten gerechnet. Es ist merkwürdig, dass die hoch verschuldete Volkspartei so viel Geld für eine Veranstaltung ausgibt, die nach Wahlschluss stattfindet. Da liegt es nahe, dass die ÖVP Wahlkampfkosten in dieser Kostenstelle versteckt.
Diese Tricks wendete die ÖVP schon 2017 an. So fiel der Wahlkampfauftakt in der Stadthalle nicht in die offiziellen Wahlkampfkosten – obwohl dort ein 150 Quadratmeter großes Transparent mit dem Wahltermin hing. 2017 hat die Volkspartei bereits am 6. Juli 2017 13 Millionen Euro für die “Wahlvorbereitung” kalkuliert – im Wissen, dass sie Buße zahlen wird müssen. Im November 2017 beziffert die Partei in einer „Fortbestandsprognose“ die erwartete Strafzahlung für die Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze mit 890.000 Euro. Wie hoch sie tatsächlich sein wird, ist noch nicht klar.
ÖVP belügt die Wähler
Obwohl die ÖVP also seit Wochen weiß, dass sie die Grenze überziehen wird und ihr Strafzahlungen drohen, behauptet sie öffentlich das Gegenteil. So sagte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer noch am 28. August:
„Wir haben uns ganz klar verpflichtet, die gesetzliche Wahlkampfkostenobergrenze einzuhalten“
Jetzt wird klar – er hat gelogen.
Das erinnert an 2017 als Nehammers Vorgängerin Elisabeth Köstinger ein paar Wochen vor den Wahltermin noch behauptete:
“Wir haben klar gesagt, dass wir planen, die Wahlkampfkosten-Obergrenze einzuhalten. Wir sind sehr gut im Plan.”
Ein Jahr später stellte sich heraus, die Volkspartei gab damals doppelt so viel aus wie gesetzlich erlaubt. Aber mehr noch. Die Falter Recherchen deckten auf, dass sogar diese offiziellen Zahlen noch mal um 1,4 Millionen Euro nach oben korrigiert werden müssen.