Die neue rot-pinke Koalition ist im Programm eine Weiterführung der Politik von Rot-Grün in Wien, sie ist aber auch ein Gegengewicht zur schwarz-grünen Regierung im Bund. Als Antwort auf die Corona-Krise soll der Sozialstaat gestärkt und das Pflegepersonal aufgestockt werden. Klimakrise und transparente Finanzen stehen im Fokus. Der Wiener Bürgermeister hofft, dass diese neue Koalition Inspiration für den Rest von Österreich sein kann.
Wer sich von der neuen rot-pinken Regierung einen klaren Bruch mit der rot-grünen Politik der letzten 10 Jahre erwartet hat, wird enttäuscht. Das Koalitionsabkommen zwischen der Wiener SPÖ und den Wiener NEOS schließt direkt an die Zeit der rot-grünen Koalition in Wien an. Es gibt ein klares Bekenntnis zu einem starken Sozialstaat samt sozialem Wohnbau und ein starkes Ausgegenmerk auf die Klimakrise. Dazu kommt ein Mehr an Transparenz in Politik und Verwaltung, das den Neos im Regierungsabkommen sehr wichtig war. Weder von Privatisierungen noch von Revolution kann also die Rede sein bei dieser neuen Wiener „Fortschrittskoalition“.
Bewältigung der Corona-Krise als Hauptaugenmerk
Das Koalitionsabkommen der neuen Wiener Stadtregierung steht im Zeichen der Corona-Krise. Der neue alte Wiener Bürgermeister Michael Ludwig hat in seiner Antrittsrede betont, dass auch Wien in den kommenden Jahren mit der Pandemie und ihren Auswirkungen beschäftigt sein wird. Deshalb überrascht es kaum, dass Gesundheit und Arbeitsplätze zwei Schwerpunkte des Regierungsabkommens sind.
Die neue Stadtregierung wird das öffentliche Gesundheitssystem weiter ausbauen. In einer Ausbildungsoffensive wird die Stadt Wien die Ausbildung für Gesundheits- und Pflegeberuf um 2.500 Plätze erhöhen – das sind ein Drittel mehr Ausbildungsplätze. Außerdem hat die rot-pinke Koalition ein Investitionspaket für die städtischen Spitäler in der Höhe von 5 Milliarden Euro beschlossen.
Mit einem Konjunkturpaket gegen die Wirtschaftskrise
Um die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie zu bekämpfen, stellt die Wiener Stadtregierung ein Konjunkturpaket in der Höhe von etwa 600 Millionen Euro zur Verfügung. Ein Großteil des Geldes fließt in Infrastruktur-Projekte wie den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, die Sanierung von Sportstätten und die Modernisierung der Wiener Schulen. 600 Millionen Euro sind mehr als die drei bisher geschnürten Corona-Hilfspakete Wiens – zusammengerechnet. Rund 60 Prozent dieser Summe bringt die Stadt Wien auf. Der Rest wird von der Bundesregierung als Teil des Corona Gemeindepakets zugeschossen.
Im Kampf gegen die steigende Arbeitslosigkeit setzt die rot-pinke Stadtregierung auf Maßnahmen, die den Wiedereinstieg in das Arbeitsleben erleichtern. Die Joboffensive 50plus, die sich an der bundesweiten Aktion 20.000 orientiert, wird aufgestockt genauso wie die Unterstützung für junge Arbeitslose. Um die Arbeitslosigkeit langfristig zu bekämpfen, haben sich die Koalitionspartner auf ein neues Wiener Fachkräftezentrum geeinigt. Dieses soll Wiener Arbeitnehmer bei der Aus- und Weiterbildung unterstützen, vor allem in Berufen, die in der Stadt besonders benötigt werden.
CO2-neutral bis 2040
Große Bedeutung hat auch die Klimakrise im Koalitionsabkommen. Rot-Pink setzt die Latte hier hoch: Bis 2040 soll die österreichische Bundeshauptstadt CO2-neutral werden. Das heißt, dass in Wien nicht mehr Abgase ausgestoßen werden sollen, als die stadteigene Natur aufnehmen kann. Erreicht soll das durch eine grüne Energiewende werden, den Ausbau der Öffis und Begrenzung der Pendler sowie durch klimaschonendes Bauen.
Mehr Transparenz und mehr Regeln im Wahlkampf
Die Handschrift des pinken Juniorpartners lässt sich im Kapitel Transparenz des Koalitionsabkommens erkennen. Neben mehr Rechten für den Stadtrechnungshof sowie mehr Einblick für Bürger in die Verwaltung der Stadt werden auch zukünftige Wiener Wahlkämpfe strenger geregelt. Die neue Regierung senkt Wahlkampfkostenobergrenze auf 5 Millionen Euro. Bei Verstößen kommt es zu sensiblen Strafen. Während bei einer Überschreitung von bis zu 10 Prozent 15 Prozent des Überschreitungsbetrages als Strafe abgeführt werden müssen, sind es bei einer Überschreitung von 50 Prozent bereits saftige 250 Prozent des Überschreitungsbetrages. Außerdem müssen alle Wahlkampfausgaben veröffentlicht werden.
Diese neue Regelung basiert auf dem Wiener Fairnessabkommen der Wahl im Oktober. Neben den Kleinparteien haben SPÖ, NEOS und Grüne das Abkommen unterschrieben. ÖVP und FPÖ lehnten solche Regelungen ab.
Mögliches Vorbild für den Rest Österreichs
Diese neue rot-pinke Regierung in Wien ist einmalig in Österreich. Der Wiener Bürgermeister hofft aber auch Vorbildwirkung für den Rest des Landes.
„Vielleicht gibt es auch Nachahmer, die in anderen Gebietskörperschaften diese neue Koalition ausprobieren möchten.“ – Michael Ludwig, Bürgermeister Wiens
Geht´s noch?Thursday, 26. November 2020 @ 11:38
Kanzler Kurz und die ÖPV genehmigen sich im Namen der Regierung mal schnell 210 Millionen Euro aus dem Steuertopf – 30 Millionen für PR & 180 Millionen für Inserate.
Die Grünen – aber hat wer anders erwartet? – nicken brav.
Zugleich klafft im Gesundheitswesen ein Finanzloch von mehreren hundert Millionen Euro. Gemeinden und Städte sind mit einem Steuerausfall von mehreren Milliarden Euro konfrontiert, doch die Regierung tut nichts.
Auch andere Zahlen sind in diesem Zusammenhang interessant: die Abschaffung der Hackler-Regelung wird nur rund 40 Mio. Euro “Ersparnis” bringen, die aus rassistischen Motiven durchgezogene Indexierung der Familienbehilfe, die vom EUGH wohl ohnedies entsorgt wird, brachte rund 60 Mio. Euro an geringeren Kosten.
Die Moral der Geschichte ist simpel. Wer sich von schwarz-türkisen Tagedieben gern hinters Licht führen und ausrauben lässt, der/die möge auch weiterhin ÖVP wählen. Und wer sich vom grünen Mantra “wir müssen zustimmen, um ….” gerne verarschen lasst, der/die muss auch weiterhin natürlich Die Grünen wählen.
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Das habe ich gefunden! Was sagt Ihr dazu???
Wie in der Wiener SPÖ & NEOS Koalition die Tatsachen verdreht werden.Friday, 27. November 2020 @ 09:39
http://wien.kpoe.at/images/articles/wie-in-der-wiener-spo—neos-koalition-d_1.jpg Beim Lesen des 209 Seiten starken Regierungsprogramms der SPÖ & NEOS Fortschrittskoalition, fällt ein Satz auf Seite 12 ins Auge:m”Gleichzeitig ist es der neuen Stadtregierung klar, dass ein starker Sozialstaat eine leistungsstarke Wirtschaft braucht.”
Es soll also logisch sein, nur wenn der Wirtschaft mit viel Geld geholfen wird, kann soziale Hilfe für die Bevölkerung möglich werden.
Das ist falsch! Es ist nämlich umgekehrt.
Ein starker Sozialstaat ist ein positiver Standortfaktor, sagt sogar das Wirtschaftsforschungsinstitut. Er stabilisiert den Konsum, erleichtert das Planen für Unternehmen und macht den Standort krisenfester.
Sozialstaat heißt ja nicht nur Unterstützung für Arme, sondern die Sozialleistungen kommen ja allen zugute, auch den Reichen.
Wie eben das öffentliche Angebot bzw. die öffentliche Finanzierung von Dienstleistungen für Gesundheit, Pflege, Kinderbetreuung und Bildung, die von allen in Anspruch genommen werden können.
Gerade in Zeiten wie der Pandemie Krise, bietet der Sozialstaat eine Sicherheit, die auch die Wirtschaft benötigt, indem er der Industrie und den Unternehmen Zuschüsse für Umsatzrückgang und Förderungen von Kurzarbeit in Milliarden Höhe zukommen lässt.
Daher muss es der neuen Stadtregierung klar sein, dass eine leistungsstarke Wirtschaft, einen starken Sozialstaat braucht oder kurz gesagt “Geht’s dem Sozialstaat gut, geht’s der Wirtschaft gut!”
Erstaunlich, dass wir den SOZIALdemokraten den SOZIALstaat erklären müssen.
Fortschrittskoalition? Teil 3: Sozialpolitik Ähnlich dünn wie das Kapitel “Leistbares Wohnen” ist auch das Kapitel Soziales im “Fortschrittsprogramm für Wien”, welches SPÖ und NEOS erarbeitet haben. Und so wie im Kapitel Wohnen toppt auch in diesem Bereich eine schöne Ankündigung die nächste. “Eine funktionierende Armutsbekämpfung, hochwertige Pflege und die bestmögliche Gesundheitsversorgung für alle sind die Säulen des sozialen Zusammenhalts – die Säulen und Leistungen, die wir weiterhin stärken wollen. (…) Wir bekämpfen die Armut und nicht die Armen.”
Niemand, so die Beteuerung, werde im Stich gelassn – “auf das starke solidarische Netz sollen sich alle verlassen können”. Ob und wie viele jener 135.000 Menschen, die 2019 – vielfach trotz Erwerbsarbeit – die Mindestsicherung in Wien (manchmal kurz, manchmal lang) in Anspruch nehmen mußten, über die doch eher dürftige Unterstützung (s.u.) gejubelt haben, entzieht sich unserer Kenntnis.
Etwas substanzvoller ist da, obwohl Papier natürlich geduldig ist, immerhin die Aussage: “Angesichts des demographischen Wandels und der Ansprüche an ein qualitätsvolles Pflegesystem brauchen wir ein neues, österreichweites Konzept zur langfristigen Finanzierung des Pflegesystems. Eine Privatisierung des Vorsorgerisikos mit der Konsequenz einer möglicherweise schlechteren Betreuungsqualität von Menschen mit geringerem Einkommen wird ausgeschlossen.”
Viel ist auch in diesem Bereich von Absichtserklärungen (insgesamt wird im Regierungsübereinkommen fast 50 Mal von angeblich notwendiger Evaluierung gesprochen) und der Einrichtung von Arbeitsgruppen die Rede: “Wir erarbeiten passende Förder- und Unterstützungsprogramme für Alleinerziehende, damit sie und ihre Kinder ein besseres, sorgenfreies und selbstbestimmtes Leben führen können.” Schön!
Eher schon als kleine Drohung kann und muss vielleicht folgende Ankündigung betrachtet werden: “Die Fortschrittskoalition richtet eine Kommission zur Untersuchung und Bewertung der sozialen Geld- und Sachleistungen der Stadt und des Bundes ein. Mit wissenschaftlicher Begleitung sollen anhand der realistischen Bedürfnis- und Lebenskostenportfolios der betroffenen Zielgruppen das bisherige Unterstützungsangebot überprüft und Defizite identifiziert werden.” Unter “realistischen Bedürfnis- und Lebenskostenportfolios” könnte – so meinen wir – als absolute Untergrenze natürlich auch die Armutsgefährdungsschwelle laut EU-Silc (gegenwärtig 1.286 Euro monatlich für einen Ein-Personen-Haushalt) identifiziert werden, dazu braucht es keine weiteren Untersuchungen einer Kommission. Wobei zudem festzuhalten ist, dass die Mindestsicherung auch in Wien gegenwärtig um fast exakt 400 Euro pro Monat unter der Armutsgrenze laut EU-Silc liegt.
Als wahrscheinlich große Drohung muss hingegen folgende Aussagen interpretiert werden: “Mit einem Projekt für soziale Innovation schaffen wir die Rahmenbedingungen für eine Plattform für Social Entrepreneurship und Innovation. Dieses Projekt dient als Bindeglied zwischen Projektideen, Sozialinstitutionen und zusätzlichen Geldgeber_innen und eröffnet damit auch neue Beteiligungsmodelle in Wien. Das Pilotprojekt soll nach einer einjährigen Entwicklungsphase durch den Fonds Soziales Wien – unter Einbindung von Expert_innen aus dem Bereich Soziale Innovation und Social Entrepreneurship – bereits 2022 starten.”
Zudem soll ein Pilotprojekt mit “Social Impact Bonds” initiiert und implementiert werden, “um auf die aktuellen Herausforderungen zu antworten”. Wir mussten, wir geben es gerne zu, zuerst Wikipedia befragen. Dort ist u.a. zu lesen: “(…) ist ein Politik- und Finanzierungsinstrument, bei dem soziale Dienstleistungen privat vorfinanziert und im Erfolgsfall öffentlich rückvergütet werden.” Und: “Einer der Pioniere des Sozialen Wirkungskredits war der britische Geschäftsmann und Investor Sir Ronald Cohen. Der erste Social Impact Bond wurde im September 2010 im Gefängnis von Peterborough durch die Organisation Social Finance UK initiiert. Damit wurden Serviceleistungen für Entlassene mit kurzen Haftstrafen finanziert, um somit die Rückfallquote zu senken.” Wie es scheint erreicht der PPP-Gedanke nun also auch den Bereich sozialer Dienstleistungen, für welche eigentlich doch der Staat bzw. eine Stadt verantwortlich wäre.
Zum Thema Armutsgrenze laut EU-Silc siehe auch den Beitrag “Noch einmal zum “WELTTAG DER ARMEN” –
Das habe ich auch gefunden.Was sagt Ihr dazu?
Scherzkeks Kraus Die Wiener Grünen haben ja seit kurzem ein Zukunftsteam, nachdem die von der Basis für die letzte Wahl bestimmte Spitzenkandidatin und Parteichefin Birgit Hebein gekonnt demontiert wurde.
Vor ein paar Tagen erklärte nun Peter Kraus, nichtamtsführender Stadtrat der Grünen: „Im Regierungsprogramm steht viel Fortschritt drauf, aber viel Fortschreibung drin.“ „Große Klimathemen“ wie der Lobautunnel oder die dritte Flughafen-Piste fänden sich nicht prominent im Regierungsabkommen – „hier werden Sie mit dem Widerstand der Grünen rechnen müssen“.
Dass die Grünen in den letzten 10 Jahren während ihrer Regierungsbeteiligung “Nix-Niente-Nada” getan haben, um Lobautunnel und dritte Piste am Flughafen Schwechat zu verhindern, verschweigt Kraus. Und ebenso verschweigt Kraus die politische Veranwortung der türkis-grünen Bundesregierung für beide Projekte. Wir gehen aber davon aus, dass viele Wähler*innen nicht so vergesslich sind, wie es sich Kraus wünscht.