Innenminister Karl Nehammer hat in der Corona-Krise wiederholt das Krisen-Management der Stadt Wien angegriffen. Und das, obwohl die Bundeshauptstadt sowohl im nationalen als auch im internationalen Vergleich nur wenige Corona-Fälle hat. Die Kritik Nehammers spießt sich auch mit der Einschätzung des Gesundheitsministers Rudolf Anschober, der die Arbeit Wiens lobt. Die Motivation für die Angriffe des Innenministers ist der bevorstehende Wien-Wahlkampf. Es ist nicht das erste Mal, dass die ÖVP Fakten verdreht, um Wien schlecht zu machen. Gerade in der Corona-Krise hat so ein Verhalten jedoch keinen Platz.
Wien kommt gut durch die Corona-Pandemie: Wien liegt bedeutend unter dem österreichischen Durchschnitt von Corona-Fällen im Verhältnis zur Bevölkerung und auch in absoluten Zahlen steht Wien deutlich besser da als Tirol. Wieso attackiert Karl Nehammer dann wiederholt Wien, während er zu Ischgl geschwiegen hat? Dem Innenminister geht es um ein systematisches Schlechtmachen der Bundeshauptstadt. Dadurch erhofft sich die ÖVP Kleingeld für den Wien-Wahlkampf im Herbst. Dass dabei Zahlen verdreht werden, stört die ÖVP nicht.
Karl Nehammer widerspricht Rudolf Anschober
In einer eiligst einberufenen Pressekonferenz attackiert der Innenminister die Stadt Wien für ihre vermeintliche fehlende Bereitschaft zur Zusammenarbeit: Die Bundeshauptstadt hat sein Angebot, die Polizei einzusetzen, abgelehnt. Deshalb spricht er der Bundeshauptstadt eine Mahnung aus. Was er aber verschweigt: Nur 3 der 9 Bundesländer haben das Angebot des Innenministers angenommen. Für die anderen Bundesländer gab es aber keine Mahnung.
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Die Angriffe auf Wien wirken auch deshalb fehl am Platz, weil Gesundheitsminister Rudolf Anschober die Bundeshauptstadt keine halbe Stunde zuvor für das Krisen-Management und die gute Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium und dem Land Niederösterreich gelobt hat.
Nicht das erste Mal
Es ist nicht das erste Mal, dass die ÖVP mit falschen Zahlen und Behauptungen arbeitet, um Wien schlecht zu machen. Immer wieder war dabei der vermeintliche Schuldenberg der Bundeshauptstadt Thema. So haben Sebastian Kurz, Gernot Blümel und ihre Parteigenossen in den letzten Jahren wiederholt behauptet, Wien sei stark verschuldet. Die Stadtregierung wirtschafte schlecht und könne die Sozialleistungen nur durch Schulden finanzieren. Schaut man sich den Schuldenstand aber zum Beispeil 2017 an, sieht man, dass Wien bei den Schulden pro Kopf im unteren Mittelfeld liegt. Berichtet wurde aber fast nur über die Schulden der Bundeshauptstadt.
Gleich wie bei Corona sind damals viele ÖVP-freundliche Journalisten auf die Argumentation aufgesprungen. Beruhigt haben sich die Attacken auf Wien erst, als die Stadt 2019 ein Nulldefizit erreicht hat – ein Jahr früher als geplant.
Corona-Krise zu ernst für Kampf um politisches Kleingeld
Die Corona-Pandemie ist die größte Krise der letzten Jahrzehnte und in einer solchen Krise braucht es Politiker, die das Wohl der Bevölkerung im Blick haben – und nicht den parteipolitischen Vorteil. Das gilt besonders auch für das Innenministerium. Bis zu den Wien-Wahlen sind noch vier Monate. Im Oktober liegt die Corona-Pandemie hoffentlich größtenteils hinter uns und wir können wieder weitgehend zur Normalität zurückkehren. Dass im Wahlkampf die Hackln mitunter tief fliegen, ist keine Neuigkeit. In Zeiten einer globalen Krise ist der Kampf um politisches Kleingeld aber fehl am Platz.