Die EU-Kommission will chemische Pestizide bis 2030 massiv reduzieren. Österreichs Landwirtschaftsministerium legt sich dagegen in Brüssel quer, auch wenn eine Verminderung der Pflanzenschutzmittel auch Bienen schützen würde. Das belegen Dokumente aus dem Rat der Landwirtschaftsminister, die Global2000 öffentlich machte. Der Verkauf von Pestiziden hat sich in Österreich in den letzten Jahren verdoppelt.
Die Vertreter von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) lobbyieren auf EU-Ebene als einziges Land offen gegen eine Halbierung von Pestiziden bis 2030. Das belegen Unterlagen aus dem Rat der Landwirtschaftsminister, die die Umweltschutz-Organisation Global2000 vorlegt.
Köstinger vermarktet Österreichs Landwirtschaft hierzulande als die Speerspitze der biologischen und nachhaltigen Nahversorgung. In Brüssel setzen sich ihre Vertreter gegen eine Reduktion von Pestiziden ein. Es ist nicht das erste Mal, dass ÖVP-Vertreter auf EU-Ebene gegen strengeren Umweltschutz stimmen.
Verkauf von Pestiziden in Österreich verdoppelt
Zwischen 2011 und 2018 haben sich die in Österreich verkauften Pestizide mehr als verdoppelt. Mit 5,3 Millionen Kilogramm landet Österreich laut Eurostat auf dem zweiten Platz hinter Zypern. Gleichzeitig sank laut Landwirtschaftsministerium der Einsatz von chemischen und synthetischen Pflanzenschutzmitteln in den letzten zehn Jahren um 14 Prozent.
Die SPÖ wollte Licht in das Dunkel der Pestizide bringen. “Pestizide töten Pflanzen und Tiere, bedrohen die Artenvielfalt und gefährden unsere Gesundheit. Darum ist es nur recht und billig, bei Pestiziden Transparenz in Sachen Verkauf und Verwendung zu erhalten”, sagte SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried im Juli.
Wie viel Pestizide nun wirklich von Österreichs Bauern gekauft werden und wie viel zum Einsatz kommen, will das Minsiterium nicht öffentlich machen. So ist nicht nachvollziehbar, wieviel davon in konventioneller Landwirtschaft zum Einsatz kam und wieviel davon Bio-Mittel ist. Im Ministerium beruft man sich auf Datenschutz und Amtsgeheimnis.
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Das Marketing der ÖVP-Ministerin entspricht nicht den Direktiven für die Mitarbeiter in Brüssel.
Österreich gegen Halbierung von Pestiziden
In Brüssel setzten sich Köstingers Mitarbeiter sich aktiv dafür ein, dass der französische Vorschlag, den Pestizid-Einsatz zu halbieren, nicht in die bevorstehende Resolution der Minister aufgenommen wird. Auch soll der Rat der Landwirtschaftsminister die Europäische Kommission nicht zu mehr Bienenschutz auffordern, wenn es nach der österreichischen Delegation geht.
Das ist deswegen so entscheidend, weil sich die EU-Gesetze oft an den Resolutionen der Ministerräte orientieren. Fordern diese keine strengeren Maßnahmen, ist es unwahrscheinlich, dass die Kommission bzw. das Parlament sie umsetzen.
Das Landwirtschaftsministerium will von der Ablehnung nichts wissen. Man habe sich nicht gegen Bienenschutz oder nachhaltigen Einsatz von Pestiziden eingesetzt, sondern lediglich gegen quantitative Ziele. Wie es ohne messbare Zielsetzungen zu einer Reduktion von umweltschädlichen Pflanzenschutzmitteln kommen soll, ließ man offen. Im Vordergrund steht für die ÖVP die Risikominimierung für die Bauern.
Dem Koalitionspartner im Umweltministerium wäre der Vorstoß der Franzosen lieber gewesen, berichtet Ö1. Durchsetzen konnten die Grünen ihre Haltung offenbar nicht.
ÖVP blockiert auch in Österreich Glyphosat-Verbot
Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Grünen in Sachen Bienenschutz der ÖVP beugen muss. Erst im Oktober stimmten die grünen Abgeordneten gemeinsam mit ÖVP und Neos gegen einen Fristsetzungsantrag der SPÖ, der ab 19. November das Glyphosatverbot in Österreich umgesetzt hätte.
Der Nationalrat hatte im vergangenen Jahr zwei Mal für ein Glyphosatverbot gestimmt. 93 Prozent der Österreicher sind gegen den Einsatz des Pflanzengifts. Trotzdem blockiert die ÖVP das endgültige Verbot weiterhin.