Amazon zählt zu den großen Gewinnern der Corona-Krise. Am Black Friday macht ein internationales Bündnis darauf aufmerksam, dass das nur möglich ist, weil der Zustelldienst seine enormen Profite vor allem zulasten von Umwelt und Beschäftigten macht. Auf der ganzen Welt werden Protestaktionen durchgeführt, auch in Graz.
Der Online-Händler Amazon ist seit Jahren in der Kritik – für die schlechten Arbeitsbedingungen, seine Steuervermeidungs-Tricks und sein extrem umweltschädliches Verhalten. Erst kürzlich hat die Arbeiterkammer in einer Studie die „ausbeuterischen“ Arbeitsbedingungen für Paketzusteller in Österreich massiv kritisiert. Dabei hat der Konzern gerade in der Corona-Krise Milliarden-Gewinne erzielt und dem Eigentümer Jeff Bezos sogar einen Ausflug ins Weltall ermöglicht. Dass dies auf Kosten der Umwelt und der Beschäftigten geht, darauf macht das internationale Bündnis „Make Amazon Pay“ aufmerksam. Vor einem Jahr schlossen sich 50 Organisationen und über 400 Politiker:innen aus 34 verschiedenen Ländern zusammen, um Amazon aufzufordern, seine soziale und ökologische Verantwortung wahrzunehmen. Dazu zählen etwa faire Löhne, das Recht auf Mitgliedschaft in Gewerkschaften, seinen gerechten Anteil beim Steuern zahlen sowie die Verpflichtung zu ökologischer Nachhaltigkeit. Heuer sind bereits 70 Organisationen mit an Bord und der Protest-Tag am Black Friday soll noch umfangreicher ausfallen als 2020.
Protestaktionen vor Bezos Jacht
„Es sind unter anderem Streiks in Deutschland, der Slowakei und Polen geplant, eine Protestaktion vor der sich im Bau befindenden Jacht von Jeff Bezos in den Niederlanden, Proteste von Einzelhändlern in mehreren indischen Städten, eine Mobilisierung einer türkischen Gewerkschaft vor Amazons regionalem Haupsitz; sowie eine Protestaktion vor dem Europäischen Parlament in Brüssel”, sagt Daniel Kopp von Progressive International im Gespräch mit Kontrast. Außerdem wird es Aktionen geben bei der Axion-Ölraffinerie in Argentinien, die Amazon Web Services nutzt, einer Textilfabrik in Kambodscha, wo Beschäftigte ohne Abfindungszahlungen in Höhe von 3,6 Millionen US-Dollar entlassen wurden, einem Containerschiff in Brasilien, Lagerhäusern in den USA, Kanada und Europa, einem Call Centre in Kolumbien, Amazon Hauptsitz im Vereinigten Königreich und gegen den Bau des regionalen Hubs von Amazon auf Land und Wasser des indigenen Volk der Khoisan in Südafrika.
Die Orte sind nicht zufällig ausgewählt, sie sollen das gesamte Netzwerk von Amazon – von der Herstellung, über den Transport bis zu Logistik und Auslieferung – thematisieren.
Aktionstag auch in Graz
Auch in Graz findet eine Protestaktion statt. Dort will Amazon auf Ackerflächen ein Logistik- und Verteilerzentrum samt Parkhaus und Parkplätzen für über 1.200 Fahrzeuge errichten. Dafür sollen rund 5,7 Hektar verbaut und versiegelt werden – das entspricht rund 8 Fußballfelder und trägt weiter zum Flächenverbrauch bei. Hinzu kommt, dass die unmittelbare Nachbarschaft, eine Volksschule, eine Neue Mittelschule sowie ein Seniorenzentrum von enormen Verkehrsaufkommen, Lärm- und Luftbeeinträchtigung sowie Lichtverschmutzung betroffen wäre. Um das Projekt zu verhindern, hat die Initiative “Lebenswertes Liebenau” eine Petition gestartet und organisiert am Black Friday eine Aktion direkt am betroffenen Acker.
KPÖ, Grüne und SPÖ Graz gegen Amazon Verteilzentrum
Auch die neue Grazer Stadtkoalition aus KPÖ, Grüne und SPÖ unterstützt die überparteiliche Unterschriftensammlung gegen das Amazon-Lager „Ackerboden statt Amazon“. Das Feld liegt derzeit brach und ist als Industrieland gewidmet. Die neue Nutzung droht aber für die Anrainer:innen zu einer massiven Belastung zu werden. Denn Amazon plant einen Schichtbetrieb an sechs Tagen in der Woche mit Hauptschichten bei Nacht. „Dass das massive Licht- und vor allem Lärmbelästigung für die örtliche Bevölkerung bedeutet, die teilweise nur einen Steinwurf vom geplanten Amazon-Zentrum entfernt wohnt, liegt auf der Hand,“ kritisieren etwa die Grazer Kommunist:innen auf ihrer Homepage.
Die SPÖ sieht das ähnlich: „Einerseits wollen wir einen Konzern wie Amazon hier nicht haben. Als neue linke Stadtregierung wollen wir nicht, dass sich Arbeitgeber hier ansiedeln, die ihre Arbeitnehmer:innen so schlecht behandeln. Außerdem unterstützen wir auch die Anrainer:innen, die zurecht gegen erhöhte Lärm- und Umweltbelastungen protestieren, die mit dem Logistikzentrum einhergehen würden“, sagt Anna Robosch, SPÖ-Gemeinderätin in Graz.
Nach New York und Ludesch, auch Graz?
Es wäre nicht das erste Mal, dass die lokale Bevölkerung mit Unterschriftenlisten die Ansiedelung von Konzernen verhindert. 2019 entschied sich Amazon nach Protesten, kein neues Hauptquartier in New York zu errichten – obwohl es dafür 3 Mrd. Dollar an öffentlicher Förderung erhalten hätte. Im selben Jahr stimmten die Bewohner:innen der Vorarlberger Gemeinde Ludesch in einer Volksabstimmung gegen die Baupläne von Getränkeriesen Red-Bull, der auf 6,5 Hektar Grün- und Ackerfläche eine Produktionsanlage errichten wollte. Eine endgültige Entscheidung ist bis heute offen.
Dass Proteste und Bürgerinitiativen erfolgreich sein können, zeigt auch die Make Amazon Pay Aktion aus dem Vorjahr. „Die öffentliche Debatte über Amazon hat sich verändert. Eine breitere Öffentlichkeit weiß nun um das ausbeuterische Verhalten von Amazon und will etwas dagegen tun. Über unser Bündnis haben sich verschiedene Organisationen, Gewerkschaften und Vereine ausgetauscht und dadurch Vertrauen aufgebaut. Außerdem hat es kurz nach dem Protest 2020 in Polen ein Gesprächsangebot von Amazon mit der dortigen Gewerkschaft gegeben. Kürzlich hat Amazon in Italien erstmals eine ein historisches, nationales Abkommen getroffen. Das ist sicherlich kein Zufall“, meint Mit-Initiator Daniel Kopp.