Fliegen oder Zug fahren – was ist billiger? Oft ist es das Flugticket. Warum? Weil Fluglinien Steuervorteile bekommen und mit weniger Regelungen kämpfen müssen als Bahnbetreiber. Bei Billig-Airlines leidet zudem das Personal an schlechten Arbeitsbedingungen. Diese Schieflage schadet am Ende unserer Umwelt.
Wer übers Wochenende von Wien nach Berlin fahren will, hat mehrere Möglichkeiten: Mehrere Stunden im Auto sitzen, Zug fahren – oder fliegen. Für viele sind die Kosten der Reise entscheidend. Und da gewinnt fast immer das Flugzeug. Das bestätigt auch die Eurocontrol:
Die Zahl der Flüge in Europa wird bis 2040 um über 50 Prozent zunehmen.
Die Vorteile: Das Flugzeug bringt einen schneller ans Ziel. Mit einer Billig-Airline ist das Ticket auch noch sehr günstig. Wie kann das sein? Warum ist es oft billiger, in die Luft abzuheben als auf dem Boden zu fahren?
Unter anderem liegt es an fehlenden Steuern auf Kerosin und Flugtickets sowie an der schlechten Bezahlung von Fluglinien-Beschäftigten. Dazu kommen rund 1.000 Regeln für den grenzüberschreitenden Zugverkehr, der Flugverkehr ist viel weniger reguliert. All das beeinflusst, wie viel wir bezahlen. Am Ende schaden die ungleichen Bedingungen für Fliegen und Zugfahren vor allem der Umwelt.
Fliegen oder Zug fahren: Mehr Steuerzuckerl für Fluglinien
Fluglinien zahlen weniger Abgaben. Und das spiegelt sich in den Ticket-Preisen wider: Weder gibt es eine Kerosin-Steuer noch wird bei grenzüberschreitenden Flügen eine Mehrwertsteuer für Tickets fällig. Mit beidem kann die Bahn nicht mithalten – weder in Deutschland noch in Österreich.
Das Kerosin macht ein Drittel der Kosten jeder Airline aus. Ohne Treibstoff geht nichts. Steuern müssen die Fluglinien aber dafür kein zahlen.
Zum Vergleich: Jeder Autofahrer zahlt Mineralöl-Steuer, jedes Bahnunternehmen zahlt Steuern für den Strom, um Züge zu betreiben. Fliegen wird dagegen steuerlich bevorzugt. Dabei ist es gerade das Kerosin, das umweltschädlich ist.
Fliegen schleudert 30 Mal mehr CO2 in die Athmosphäre als Zug fahren
Pro Kilometer stößt ein Flugzeug etwa 430 Gramm CO2 aus. Das ist doppelt so viel wie ein Auto – und 29 Mal mehr als ein Zug. Und dennoch wird Fliegen steuerlich begünstigt. Eine Kerosin-Steuer würde dieses Missverhältnis korrigieren.
In Österreich entgehen dem Staat jährlich 380 Millionen Euro, weil Fluglinien keine Kerosin-Steuer zahlen.
Dem deutschen Staat würde eine Kerosin-Steuer laut Umweltbundesamt sogar 7 Milliarden Euro an Einnahmen bringen. Dass es in der EU keine Mehrwertsteuer auf Flugtickets gibt, kommt den Bürgern in Summe ebenfalls teuer: Sie würde den Ländern ganze 30 Milliarden an Einnahmen bringen.
All dieses Geld könnten wir für Umweltschutz und den Schienen-Ausbau nutzen.
Viele Regeln für die Bahn, wenige für Fluglinien
Dazu kommt, dass Zugbetreiber mit viel mehr Regeln zu kämpfen haben als Fluglinien: Die Zulassung von Zügen ist komplizierter als von Flugzeugen. Fährt ein Zug von Salzburg nach Venedig, muss an der Grenze die Schaffnerin ausgewechselt werden. Bei der Fahrt von Linz nach Regensburg wartet man ebenfalls an der Grenze zu Deutschland: Grenzkontrollen durch Polizeibeamte im Zug. Beides kostet Zeit – und Geld.
Lokführer, die Züge über Ländergrenzen fahren, brauchen viel Zusatzwissen: Betriebs- und Sicherheitsvorschriften sind in jedem Land anders. Und man muss die Sprache der Länder, in die man die Züge lenkt, in Wort und Schrift beherrschen. Auch so eine Ausbildung ist teuer und zeitaufwendig.
Der Flugverkehr dagegen ist standardisiert, sogar was die Flugzeug-Hersteller betrifft. Das macht das Organisieren von Flügen einfacher – und billiger.
Schlechte Löhne bei Billig-Airlines
Noch ein Grund für Billig-Tickets sind Dumping-Löhne bei Billig-Airlines. Dazu bedienen sie sich arbeitsrechtlicher Kunstgriffe. Die Universität Gent hat 2014 eine Studie durchgeführt. Befragt wurden über 6.600 Piloten und Pilotinnen, die in Europa arbeiten. Die Ergebnisse: Etwa 16 Prozent von ihnen sind atypisch beschäftigt. Wiederum 84 Prozent darunter arbeiten für Billigfluglinien wie Ryanair. Sie sind häufig Scheinselbstständige. Sie gelten als Unternehmer und müssen für sich selbst doppelte Sozialabgaben zahlen: Als Arbeitgeber und als Beschäftigte.
Besonders betroffen sind junge Piloten und Pilotinnen: Von den Befragten der Altersgruppe der 20 bis 30-Jährigen sind 61 Prozent atypisch beschäftigt:
Bei Beschäftigten der Kabinen-Crew ist die Situation ähnlich. Die meisten sind über Leiharbeits-Firmen angestellt. Bei Ryanair etwa über irische Firmen. Dadurch gelten für sie nicht die arbeitsrechtlichen Standards ihres tatsächlichen Arbeitsortes. Konkret bedeutet das für Piloten und Pilotinnen, dass sie nur Geld verdienen, wenn sie wirklich arbeiten. Wer also wegen Krankheit zuhause bleiben muss, schaut durch die Finger. Dabei stellt es auch ein Risiko für die Passagiere dar, wenn jemand trotz Krankheit eine Maschine lenkt. All das ist der Preis für unsere Billig-Tickets.
Schlechte Arbeitsbedingungen sind auch der Grund, warum Fluglinien-Beschäftigte immer wieder streiken. 2018 waren es Ryan-Air-MitarbeiterInnen, 2019 PilotInnen der British Airways sowie FlugbegleiterInnen der Lufthansa – und deren Tochterunterenhmen Eurowings und Germanwings.
Zugfahren kann günstig sein
Fliegen ist nicht automatisch billiger als Zug fahren – auch bei Kurzstrecken nicht. Es ist eine Frage der Vorausplanung. Wer im November weiß, dass er in zwei Monaten von Wien nach Berlin reisen will, kann bei der ÖBB “Sparschiene”-Tickets nutzen, die in etwa genauso viel kosten wie ein Flugticket einer Billig-Airline sind. Für Letztere fallen in der Regel auch noch Gebühren an.