Im Juli tritt die CO2 Bepreisung der Bundesregierung in Kraft. Das Kernstück der “ökosozialen Steuerreform” verteuert die ohnehin durch die Inflation massiv gestiegenen Heizkosten noch weiter. Die Klimaeffekte bleiben wohl aus. Denn den CO2-Preis zahlen die Mieter:innen und nicht die Vermieter:innen, die für den Heizungswechsel verantwortlich wären. Zu weniger Gas- und Ölheizungen wird es deshalb nicht kommen, denn die Wohnungseigentümer:innen haben keinen Anreiz, das Heizsystem zu ändern. Die SPÖ möchte das ändern.
Das Wohnen verteuert sich enorm. Dass die Richtwertmieten im April um knapp sechs Prozent steigen, hätte die Regierung verhindern können – Grüne und ÖVP haben aber mehrere Anträge im Parlament zum Aussetzen der Mieterhöhung abgelehnt. Auch die enorme Steigerung der Energiekosten ist hausgemacht: Der mehrheitlich in staatlicher Hand befindliche Verbund hat mit 1. Mai die Strom- und Gaspreise für über eine halbe Million Haushalte empfindlich erhöht – und schreibt zugleich Rekordgewinne. Die Regierung verzichtet auf Energiepreis-Stopps ebenso wie auf eine Sondersteuer, um die Extra-Profite abzuschöpfen und an die Stromkunden zurückzugeben.
Am Beispiel einer 80 Quadratmeter Altbauwohnung in Graz mit durchschnittlichem Stromverbrauch und Gasheizung bedeutet das über das Jahr gesehen:
- 500 Euro Mehrkosten wegen der Erhöhung der Richtwertmiete
- 250 Euro mehr für Strom
- 900 Euro mehr für Gas
Insgesamt also 1.650 Euro Mehrkosten im Jahr. Zum Vergleich: Das durchschnittliche Netto-Monatseinkommen liegt bei 2.180 Euro.
CO2 Preis treibt Teuerung weiter an
Doch damit nicht genug: Die Bundesregierung weicht bis jetzt nicht von ihrem Plan ab, die CO2-Bepreisung mit Juli in Kraft zu setzen. Das trifft vor allem die rund 1,5 Millionen Haushalte, die mit Öl oder Gas heizen. Wer etwa in einer unsanierten 60 m² Altbauwohnung mit Gasheizung wohnt, wird rund 180 Euro im Jahr zusätzlich an den Staat abführen müssen. Die SPÖ Klimasprecherin Julia Herr kritisiert am Dienstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Präsidenten der Mietervereinigung, Georg Niedermühlbichler und mit dem Volkshilfedirektor Erich Fenninger, dass die CO2-Steuer neben einer zusätzlichen Teuerung keine klimapolitischen Lenkungseffekte haben wird:
„In wenigen Wochen führt die Bundesregierung die CO2-Bepreisung ein. Zahlen werden das die 100.000en Mieter und Mieterinnen, dem Klima wird das nichts bringen“, so SPÖ-Klimasprecherin Julia Herr.
Denn: „Die Mieter:innen können nicht einfach eine Wärmepumpe oder eine Solaranlage am Dach installieren. Das können nur die Vermieter:innen, die zahlen aber keinen Cent. Der Lenkungseffekt löst sich in Luft auf. Das Konzept muss repariert werden”, erklärt Herr.
In Deutschland hat man diese Erfahrung bereits gemacht. Dort wird die CO2-Bepreisung nun angepasst. „Wir wollen, dass wir diesen Fehler in Österreich gar nicht machen müssen“, betont Herr. Dazu soll die CO2-Steuer auf jeder Energierechnung ersichtlich sein. Mit dieser Rechnung sollen Mieter:innen das Geld von den Vermieter:innen zurückholen können.
Mieter:innen leiden an doppelt so hoher Inflation
Schon in der Vergangenheit waren es die Mieter:innen, die am stärksten von der Inflation betroffen waren, wie das Momentum Institut errechnete. Menschen, die in der Stadt in einer gemieteten Wohnung leben, haben in den letzten Jahren die Teuerung deutlich stärker zu spüren bekommen als Menschen, die am Land im Eigentum leben. So lag die kumulierte Inflation von 2016 bis 2019 für Mieter:innen in Städten mit über 100.000 Einwohner:innen bei 7,79 Prozent. Für Eigentümer:innen in einer Gemeinde unter 2.500 Einwohner:innen hingegen bei 3,26 Prozent. Das war noch vor der Erhöhung der Richtwertmieten und der generellen Teuerungswelle.
“Die Regierung ist immer bereit, Unternehmen viel Geld zu geben, bei Armen wird oft ein Foul eingebaut”
Die sozialen Folgen sind fatal: Die CO2-Steuer für Vermieter:innen trifft tendenziell Geringverdienende am stärksten. Sie sind es, die häufig in schlecht isolierten Wohnungen mit Öl- oder Gasheizungen leben müssen. Der Direktor der Volkshilfe Erich Fenninger erklärt die Folgen:
„Zehn Prozent der Menschen belasten die Wohnkosten extrem stark, für weitere 50 Prozent sind sie eine große Herausforderung. Die CO2-Steuer ist etwas für die Eigentümer:innen, nicht für die Mieter:innen.“
Er versteht das Misstrauen der Menschen: „Die Regierung ist immer bereit, Unternehmen viel Geld zu geben, bei Armen wird oft ein Foul eingebaut, wie der Abzug des Teuerungsausgleichs von der Sozialhilfe. Im Moment wünschen sich 9 von 10 Menschen mehr Hilfe der Bundesregierung angesichts der Teuerung. Vor diesem Hintergrund fühlen sich die Menschen zu wenig unterstützt und begegnen der Einführung der CO2-Steuer mit großer Skepsis.“ Fenninger spielt dabei auf den Teuerungsbonus an, der Menschen mit besonders niedrigen Einkommen wieder abgezogen wird.
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