Die Handys von Thomas Schmid und Michael Kloibmüller sind eine Goldgrube für die Staatsanwaltschaft. Im Wochentakt kommen neue ÖVP-Skandale ans Tageslicht. Es geht um “Interventionen” und Postenschacher. Weil man mittlerweile den Überblick verliert, haben wir die ÖVP-Postenschacher der letzten Jahren in einer Liste zusammengefasst.
Die ÖVP kommt aus den Skandal-Schlagzeilen nicht heraus. Öffentlich gewordene Chats zeigen, welche Günstlingswirtschaft im Finanz- und Innenministerium betrieben wurde. Seit geraumer Zeit interessiert sich auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft für die ÖVP und ihre Spitzenpolitiker:innen. Zum Problem wurden ja vor allem die Handys von Thomas Schmid und Michael Kloibmüller – konkret: die peinlichen und derben Chats, die diese gespeichert hatten. Sie zeichnen nach, wie die ÖVP Posten an ihre “Familie” vergeben hat. Um Qualifikationen ging es selten – mehr darum, unliebsame Personen zu verhindern oder private Träume zu erfüllen.
Thomas Schmid: Die Postenbesetzung, die die ÖVP am meisten bereut (2019)
Wenn die ÖVP eine Postenbesetzung bereut, dann ist es wohl die von Thomas Schmid. Schließlich brachte das Handy des Ex-ÖBAG-Vorstands zahlreiche Ermittlungen und Skandale ins Rollen. Kontrast.at hat die Chats zusammengefasst. Doch bis Schmid, der als Pressesprecher im Ministerium startete, zum Manager der österreichischen Staatsbeteiligungen aufsteigt, muss einiges erledigt werden:
Im Sommer 2018 bereiten Schmid und seine Parteifreunde alles vor. Lange bevor die Stelle ausgeschrieben ist, tauscht er sich mit Vertrauensleuten über künftiges Personal und Räumlichkeiten aus.
Im Dezember 2018 ist es schließlich soweit: Das ÖBAG-Gesetz wird beschlossen. „Schmid AG fertig!“, vermeldet Blümel zufrieden an Schmid.
Schmid muss sich aber noch offiziell bewerben und im März 2019 einem Hearing stellen. Das Problem: Es fehlt ihm an internationaler Arbeitserfahrung, die der Job als ÖBAG-Chef erfordert. Praktischerweise streicht man diesen Teil im Ausschreibungstext kurzerhand heraus, sodass die Stelle für Schmid maßgeschneidert ist. Im März 2019 bekommt Schmid seinen Traumposten.
Ein ÖVP-Bürgermeister wird Finanzamtsleiter (2017)
Mehrmals muss Thomas Schmid beweisen, dass er nützlich für die “türkise Familie” ist. So zum Beispiel 2017, als er scheinbar mithilft, einen ÖVP-Bürgermeister zum Chef des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding (OÖ) zu machen. Die Besetzung ist schon damals umstritten. Der neue ÖVP-Parteigänger arbeitete erst seit kurzem beim Amt. Geeigneter ist ganz offensichtlich die langjährige, leitende Beamtin des Finanzamts Braunau-Ried-Schärding, Christa Scharf, die sich ebenfalls bewirbt. Das bestätigt später auch das Bundesverwaltungsgericht.
Im Finanzministerium, das damals in den Händen von ÖVP-Minister Hans Jörg Schelling ist, ist früh klar, dass der ÖVP-Bürgermeister den Posten bekommen soll. Denn ein Parteifreund im Nationalrat – so der Verdacht – soll sich für diesen stark gemacht haben: August Wöginger. Chats zeigen, dass er sich damals mit Thomas Schmid über den ÖVP-Bürgermeister entsprechend unterhält. Der Verdacht steht im Raum, dass man auf die Besetzung der Kommission Einfluss genommen hat, die letztlich die Entscheidung für die Besetzung trifft.
Kritisch beurteilt Bewerberin Scharf auch die für die Postenbesetzung verantwortliche Bestellungs-Kommission: „In meinen Augen war es keine unabhängige Kommission“. Dieser Eindruck dürfte nicht täuschen, denn sämtliche Mitglieder der Kommission waren auch Mitglieder der ÖVP-Beamtengewerkschaft „FCG“, wie die Staatsanwaltschaft in ihrem Akt festhält.
Nun, 2022, hat sich die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingeschaltet. Eine parteipolitisch motivierte Postenbesetzung steht im Raum. Übrigens: Der damalige Leiter der Kommission ist heute Chef des Finanzamts Österreich.
Intervention für Sigi Wolf – Top-Job für „kooperative“ Beamtin (2018)
Ein anderes Mal erweist sich Schmid für den Multimillionär und Investor Siegfried Wolf als nützlich. Er soll – so wollte es die österreichische Finanzaufsicht – im Jahr 2016 Steuern im Wert von 7 Millionen Euro nachzahlen, inklusive Strafzinsen in der Höhe von über 686.000 Euro. Wolf und sein Steuerberater wollen diese Nachzahlung verhindern.
Sie sprechen im Finanzministerium vor und wollen ausloten, ob man da nicht etwas für Wolf machen könne. Kabinettschef dort ist: Thomas Schmid. Der hat für Wolf ein offenes Ohr und entscheidet gegen die Rechtsmeinung der eigenen Fachaufsicht im Ministerium. Im April 2018 stellt Wolf einen offiziellen Antrag auf Nachsicht beim Finanzamt Wiener Neustadt – und das stimmt überraschend zu. Die Republik verzichtet damit auf 630.000 Euro Steuernachzahlung. Aber warum erfüllt man im dortigen Finanzamt so einfach den Wunsch von Siegfried Wolf?
Die Vermutung der WKStA: Eine involvierte Finanzbeamtin darf damals auf eine Beförderung hoffen, wenn sie – zugunsten von Wolf – mitspielt. Die Finanzbeamtin und Siegfried Wolf sollen sich auf einer Autobahn-Raststätte getroffen haben.
Wolf schreibt: „Liebe … – guten Morgen – 11.30 Raststätte Guntramsdorf? Passt dir das? Sigi“. Die Antwort der Beamtin: „Passt gut.“ Danach schreibt Wolf an Schmid: „Thomas, gute Morgen!! Ich habe mit der Dame geredet. Sie will Baden.“ Ein Aufstieg, denn das Finanzamt Baden/Mödling ist das zweitgrößte in Österreich.
Die Finanzbeamtin bedankt sich laut „profil“ auch bei Wolf mit den Worten „Nochmals thanks!!!!!!!!‚ scheine dem Herrn Bundesminister … vorgeschlagen zu sein‘“. Wolf antwortet: „With pleasure …. du gibst einfach einen aus !!“
Die Job-Drehscheibe im Innenministerium: Michael Kloibmüller (2016, 2017 etc.)
Was Thomas Schmid im Finanzministerium ist, ist Michael Kloibmüller im Innenministerium. Kloibmüller ist Kabinettschef unter mehreren Innenminister:innen, auch unter Wolfgang Sobotka oder Johanna Mikl-Leitner. Seine Karriere nimmt vor 22 Jahren Fahrt auf: im Kabinett von Ernst Strasser. Es ist jener ÖVP-Innenminister, dessen Fuß später eine elektronische Fußfessel zierte. Strasser ist für besonders dreiste “Umfärbungen” bekannt. Und Kloibmüller setzt sie um. Seine MinisterInnen melden sich wegen Kleinigkeiten:
Mal geht es um den Ferialjob für den Neffen von Johanna Mikl-Leitner (“Verlass mich auf euch. Hanni ml.”), mal um Beförderungen für einen ÖVP-Polizisten (“Wurde gebeten, ein gutes Wort für ihn einzulegen. Da er in der FCG recht fleißig ist, mach ich das gerne.” – Wolfgang Sobotka)
Dabei muss sich Michael Kloibmüller auch mit Dummheiten herumschlagen, wie einer „Interventionsliste“ Sobotkas, die dieser offenkundig direkt auf dem Server des Innenministeriums abspeichert.
Ein Beispiel für die „Nützlichkeit“ Kloibmüllers für die ÖVP ist die Besetzung des Wiener Vizepolizeipräsidenten 2017: Dass sich mit Andrea Jelinek eine als kompetent und loyal beschriebene Frau bewirbt, ist für die ÖVP eine “Katastrophe”, berichtet der “Standard”. “Ich mach mir Sorgen”, schreibt der heutige Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer an Kloibmüller, rechnet man Jelinek doch der SPÖ zu. Auch der damalige Innenminister Wolfgang Sobotka sowie der heutige Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, und der Wiener Polizeipräsident Wolfgang Pürstl sollen beim Versuch, Jelinek zu verhindern, involviert sein. Das Ergebnis: Statt Jelinek heißt der Wiener Vizepolizeipräsident heute Franz Eigner.
Omar Haijawi-Pirchner: Ein unerfahrener Kriminalbeamter wird Chef des Geheimdienstes (2021)
Im Innenministerium werden großzügig ÖVP-Parteigänger auf sensible Posten gesetzt. Wie groß das Ausmaß und wie sensibel die Posten waren, zeigt das Beispiel des österreichischen Verfassungsschutzes.
Als Ernst Strasser im Jahr 2000 das Amt des Innenministers übernimmt, hat er ein Problem: Er ist der erste schwarze Innenminister seit Jahrzehnten – und hat seiner Meinung nach viel aufzuholen. 2002 gründet er das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Er legt die Staatspolizei und mehrere Abteilungen des Innenministeriums zusammen. Netter Nebeneffekt: Bei einer Zusammenlegung kann er über alle wichtigen Posten neu bestimmen.
Viele ÖVPler machen in dieser Zeit Karriere – ein schwarzer Innenminister folgt auf den nächsten. Unterbrochen wird diese Serie von Herbert Kickl als Innenminister. Es kommen katastrophale Zustände im BVT ans Tageslicht. Ein Machtkampf im Innenministerium bricht aus. Was macht Kickls Nachfolger Nehammer? Wieder gründet er einen neuen Geheimdienst. Nach nur 19 Jahren – kein langes Leben für einen staatlichen Nachrichtendienst – löst er das BVT auf und überführt die Agenden in die „Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst“. Wieder kann er Posten neu besetzen.
Selbstverständlich spiele dabei laut Nehammer die Parteizugehörigkeit keine Rolle. Neuer Leiter des “DSN” wurde Omar Haijawi-Pirchner. Er war zuvor eigentlich Kriminalpolizist und hat keine nachrichtendienstliche Erfahrung. Kein Wissen über heikle Bereiche von Islamismus, Rechtsextremismus oder Spionageabwehr. Keine Kenntnis über internationale geheimdienstliche Netzwerke. Trotzdem steht er an der Spitze des neuen Dienstes. Doch es gibt etwas, das er hat und andere nicht: Ein Erinnerungsfoto von einer ÖVP-Flyeraktion mit Susanne Raab.
ÖVP-Klubobmann wird Leiter des LVT Kärnten – und schnell wieder abgezogen (2022)
Der Anfang 2022 frisch ernannte Leiter des Kärntner Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) war zuvor ein Kärntner Spitzenpolitiker der ÖVP: Klubobmann im Landtag. Eine gute Voraussetzung für den Job. Da stört es Innenminister Gerhard Karner nicht einmal, dass Tauschitz anno dazumal am rechtsextremen Ulrichsbergtreffen teilnimmt.
Das Ulrichsbergtreffen wird vom Verfassungsschutz beobachtet – Tauschitz kennt es sozusagen als “live”-Erfahrung. Er hält bei dem Treffen sogar Reden. Nach lauter Kritik aus dem In- und Ausland wird Tauschitz nach kurzer Zeit wieder aus der Position als LVT-Chef abgezogen. Doch Tauschitz fällt weich: Er bekommt einen “anderen Verantwortungsbereich in der Landespolizeidirektion Kärnten” zugeteilt, wie es heißt.
Eva Marek: Eine “steuerbare” Oberstaatsanwältin in Wien (2014)
Nicht nur im Finanz- und Innenministerium mischt die ÖVP beim Personal mit: 2014 kommt es zu einer Aufsehen erregenden Besetzung im Justizministerium. Eva Marek wird die neue Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Wien. Es ist eine umstrittene Personalentscheidung, die vom ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter getroffen wird. Sie gilt – so formuliert es Florian Klenk vom “Falter” – als “steuerbar” und bewirbt sich in letzter Minute für den Job, obwohl es für sie ein beruflicher Abstieg bedeutet. Die eigentliche Favoritin, Ilse-Maria Vrabl-Sanda, die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, wird somit verhindert. Das kommt vor allem deshalb gelegen, weil Marek als Oberstaatsanwältin in Wien auch Vorgesetzte der WKStA ist – also jener Behörde, die der ÖVP noch öfter gefährlich wird.
Zwei Jahre später fordert Marek ihre „Belohnung“ für diese Bewerbung ein: Sie will Leiterin der Generalprokuratur zu werden. Doch sie bekommt den Job nicht und beschwert sich bei Brandstetter:
“Danke Dir für die peinliche Vorführung in der Perskomm. DANKE für das Einhalten unserer Gespräche und dass ich Dir aus einer ausweglosen Situation helfen dürfte. SPRICH (Maria-Luisa) Nittel und Vrabl verhindert werden mussten”, soll Marek damals wütend geschrieben haben.
Dann wandte sie sich auch an Johanna Mikl-Leitner, die heutige niederösterreichische ÖVP-Landeshauptfrau:
“Liebe Hanni! Bin von einer erfolgreichen Höchstrichterin in zwei Jahren zu einer weitaus schlechter verdienenden Lachnummer der Justiz avanciert” und bittet um ein Gespräch. Schlussendlich wird Marek am 1. Februar 2018 Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs. Mareks Nachfolger in der Leitung der Oberstaatsanwaltschaft wird Johann Fuchs. Er setzt später – gemeinsam mit Christian Pilnacek – die WKStA bei den Ibiza-Ermittlungen unter Druck. Die Details erzählt die Korruptionsstaatsanwältin Christina Jilek 2021 im Ibiza-Untersuchungsausschuss. Im März 2022 wird bekannt, dass Johann Fuchs wegen Geheimnisverrat und Falschaussage angeklagt und deshalb einstweilig suspendiert wird.
Missglückter Interventionsversuch: Christian Pilnacek wünscht sich Top-Posten für Ehefrau (2021)
Ein anderer Fall aus dem Justizministerium zeigt, mit welcher Selbstverständlichkeit ÖVP-Politiker:innen sich Posten für sich und ihre “türkise Familie” gesichert haben – oder sich sichern wollten. Der einstige Sektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek, will Ende 2020 einen Top-Job für seine Frau ergattern:
“Lieber Herr LH, Prosit 2021 und viel Erfolg im Vorsitz der LH-Konferenz; möchte nur informieren, dass Präsident des OLG Graz ausgeschrieben ist; wäre Gelegenheit, das an unsere (sic!) Familie begangene Foul auszugleichen“, schreibt Pilnacek wohl in der Nacht zum 1. Jänner 2022 an den steirischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer von der ÖVP.
Er fühlt sich von der grünen Justizministerin in seiner Macht beschnitten, weil diese seine einst mächtige Sektion im Ministerium aufgeteilt und ihm die Leitung der nun kleineren Sektion übertragen hat. Sein Interventionsversuch bleibt jedoch erfolglos. Hermann Schützenhöfer ist schlicht nicht zuständig und es gibt keine Beförderung der Ehefrau.
Medial fällt Pilnacek auf, als Aufnahmen öffentlich werden, in denen er die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft auffordert, Ermittlungen in der Causa Eurofighter zu „daschlogen“. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihn. Er soll dem Anwalt des Immobilieninvestors und Milliardärs Michael Tojner verraten haben, dass eine Hausdurchsuchung bevorsteht.
Nach ÖVP-Parteispende wird eine Tochter ÖBAG-Aufsichtsrätin (2019)
Bei Postenbesetzungen lohnt sich auch der Blick abseits von Kabinetten – zum Beispiel hinein in Aufsichtsräte.
2019 wird Thomas Schmid bekanntlich Alleinvorstand der ÖBAG. Diese bekommt auch einen neuen Aufsichtsrat. Ein Mandat wandert an die Tochter von Klaus Ortner. Ortner ist Großaktionär der “Porr” und spendet der Kurz-ÖVP in den Jahren 2017 bis 2019 etwa eine Million Euro. Das Mandat seiner Tochter will er nicht im Zusammenhang mit seiner finanziellen Zuwendung an die ÖVP sehen.
Personal-Rochaden per “Sideletter”: Kurz dealt sich Top-Posten mit Strache und Kogler aus (2017 und 2020)
Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache treffen 2017 geheime Nebenabsprachen – parallel zum offiziellen Koalitionspapier. In einem sogenannten “Sideletter” schreiben sie detailliert ihre Personal-Pläne für Top-Jobs nieder. 2022 taucht das Geheimpapier auf.
Die ÖVP und die FPÖ sichern sich in diesem Geheimpapier Posten und Positionen im Verfassungsgerichtshof, im Verwaltungsgerichtshof, im ORF, in der Nationalbank (OeNB), den ÖBB, der Asfinag, der Staatsholding, den Gerichtshöfen der Europäischen Union, der EU-Kommission, dem EU-Rechnungshof und der Europäischen Investitionsbank gegenseitig zu. Vor allem die ÖVP macht Ansprüche geltend. Kurz deponiert für die ÖVP schon 2017 Namen wie Wolfgang Brandstetter oder Christoph Grabenwarter für Verfassungsrichter-Posten.
Auch mit den Grünen verfasst die ÖVP einen geheimen Sideletter. Er ist kürzer als jener aus 2017 und teilt Spitzenposten im Verfassungsgerichtshof, im Verwaltungsgerichtshof, im Bundesverwaltungsgericht und in der Nationalbank zwischen den Parteien auf. Anders als Kurz und Strache halten Kurz und Kogler noch keine Namen, sondern legen „nur“ fest, welche Partei wo ein Nominierungsrecht hat.
Glatz-Kremsner: von der ÖVP-Vizechefin zur Casinos-Chefin (2019)
Bettina Glatz-Kremsner wird im Mai 2019 Vorstandsdirektorin der Casinos Austria. Damals ist sie auch noch Vize-Parteichefin der ÖVP. Bundeskanzler Kurz hat sie zwei Jahre davor dazu gemacht. 2017 hat sie ihm für seinen Wahlkampf 10.000 Euro gespendet.
2020 beginnt die Staatsanwaltschaft in der “Casinos-Affäre” zu ermitteln. Bei ihrer Einvernahme behauptete Glatz-Kremsner, mit niemandem aus der ÖVP-Spitze über ihre Bestellung zur Casinos-Chefin samt Millionen-Abfertigung gesprochen zu haben. SMS-Protokolle sollen aber zeigen, dass das nicht stimmt. Schmid und Glatz-Kremsner beraten sich mehrmals über ihren Weg an die Casinos-Spitze. Er versichert ihr aus dem Finanzministerium: „Du wirst dort CEO!“ Und setzt noch nach: „Das MUSS klappen“. Sie ist etwas nervös, aber zuversichtlich.
In den Chats der beiden geht es ausschließlich um Karriereziele, nicht um Wirtschaftspolitik oder ähnliches. Es geht nur um Posten und Geld. Als es dann endlich klappt mit ihrem Vorstandsposten, schreibt ihr Schmid, der mittlerweile auch zum ÖBAG-Alleinvorstand aufgestiegen ist:
„Hast du feiern können? Wir müssen anstoßen auf unsere neuen Karrieren“ – „Ganz bald“. Glatz-Kremsner antwortete: „Ja – ein wenig. War gerade beim BK!!“. Gemeint ist Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Die WKStA ermittelt gegen Glatz-Kremsner wegen des Verdachts auf Falschaussage.
Petra Bohuslav: Eine ÖVP-Landesrätin wechselt in die Direktion der Staatsoper (2019)
Am 20. Dezember 2019 – kurz vor Weihnachten – darf sich Petra Bohuslav über einen neuen Top-Job freuen. Sie wird zur neuen kaufmännischen Direktorin der Wiener Staatsoper bestellt. Es ist ein Posten, für den sich 53 Personen bewerben – die allesamt viel mitbringen müssen, wie man der Ausschreibung entnehmen kann: Voraussetzungen sind eine frühere Führung eines großen Kulturbetriebs, Erfahrung in der kaufmännischen Leitung eines Theaterunternehmens, Unternehmensrechts-Kenntnisse sowie ein „besonderes Engagement im Ausbau eines modernen Kartenvertriebs und Sponsorings/Fundraising“.
Es wird eine Personalfindungs-Kommission eingerichtet, die aus den BewerberInnen drei geeignete KandidatInnen auswählen soll. Die Besetzung dieser Kommission ist „auffällig“, wie es in einer parlamentarischen Anfrage heißt. Denn in der Kommission sitzen Personen aus dem Kulturbereich, die jedoch überraschend oft einen Konnex zur ÖVP haben: Dieter Kandlhofer (ÖVP-Gemeinderat und Generalsekretär im Bundeskanzleramt), Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ehemalige Kabinettschefin von Wolfgang Schüssel und ehemalige ÖVP-Abgeordnete im Nationalrat), Bernhard Rinner (ehemaliger Landesgeschäftsführer der ÖVP-Steiermark und ÖVP-Landtagsabgeordneter) sowie Antonella Mei-Pochtler (Unternehmensberaterin und Leiterin von Sebastian Kurz’ Thinktank “Think Austria”).
Die Kommission findet, Petra Bohuslav gehört in die Top 3 der BewerberInnen. Bohuslav ist Ökonomin und hat fünf Jahre lang den Archäologischen Park „Carnuntum“ als Geschäftsführerin geleitet. Danach war sie Geschäftsführerin des Badener Casinos. 2004 wechselte sie in die Politik – die ÖVP machte sie zur Landesrätin. Bis 2019. In der Landespolitik war sie für mehrere Bereiche zuständig. Kultur war bis 2008 ihr Aufgabenbereich.
Kurz vor Regierungsantritt der ÖVP-Grünen-Koalition wählt Alexander Schallenberg als Kulturverantwortlicher der Bierlein-Regierung Petra Bohuslav aus dem Dreiervorschlag für die Staatsoper aus. Alles ist unter Dach und Fach, bevor Kurz und Kogler die Koalition beschließen. Kurz-Vertrauter Schallenberg bleibt auch dieser Regierung treu und hat mit der Bestellung der Staatsopern-Direktion wohl für Zufriedenheit in der ÖVP gesorgt.
Postenschacher heißt auch, unliebsame Personen in Ministerien zu verhindern (2015)
Für den einstigen ÖVP-Justizminister Brandstetter wird es abermals ungemütlich. Diesmal lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Verdacht auf Amtsmissbrauch. 2015 soll Brandstetter bei der Besetzung einer Abteilungsleitung gegen den erstgereihten Bewerber interveniert haben – obwohl sich die unabhängige Personalkommission für diesen eingesetzt hat.
Brandsetter soll eigenhändig ein Hearing angesetzt haben. Der Beamte bekommt den Job als Abteilungsleiter nicht und wird sogar noch degradiert. Der wehrt sich und bekommt vom Bundesverwaltungsgericht Recht. In der BVwG-Entscheidung aus dem Sommer 2018 heißt es, das Vorgehen des Ministeriums wäre “in einem bedenklichen Ausmaß unsachlich (…) und willkürlich” gewesen. Brandstetter bestreitet den Vorwurf des Amtsmissbrauchs.
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Parteibuch war immer!
Bei der ÖVP geht es um einen minderqualifizierten Rattenschwanz.
Abhängigkeitsverhältnisse nach hinten,,,,