Viele vertreiben sich im Lockdown mit Fernsehen, Musikhören oder Lesen die Zeit. Diejenigen, denen wir diese Unterhaltung zu verdanken haben, trifft die Krise aber besonders hart. Laut Kulturmontag beläuft sich der Schaden für die Kunst- und Kulturbranche bereits im ersten Monat auf 4,5 Millionen Euro. Ein Drittel der Kultureinrichtungen ist ab Mai eingeschränkt oder gänzlich zahlungsunfähig. 180.000 Personen sind betroffen. Anstatt für Sicherheit zu sorgen, sorgen Kogler und Lunacek für Verwirrung und Kritik.
Eigentlich wollten Vizekanzler und Kulturminister Werner Kogler und Staatssekretärin für Kunst und Kultur Ulrike Lunacek (beide Grüne) für Klarheit sorgen, als sie letzte Woche die Bühne des Pressekonferenz-Saals im Bundeskanzleramt betraten. Doch der Auftritt sorgte für Unmut in der Kunstszene. Denn die Erklärungen brachten keine Klarheit – im Gegenteil. Die präsentierten Vorschriften würden einen Spielbetrieb sinnlos bis unmöglich machen, so die Kulturschaffenden.
“Unter Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen”
Ab 1. Juli dürfen die Theater wieder öffnen, aber die bestehenden Regeln gelten weiterhin: 1 Meter Abstand, 20 Quadratmeter pro Person. Für jeden Zuschauer, jede Schauspielerin, jeden Tänzer und jede Musikerin im Orchester müssen 20 Quadratmeter Platz sein. Das ist schlicht ein Ding der Unmöglichkeit, nicht nur für kleine Häuser.
Die Vorsichtsmaßnahmen machen gesundheitspolitisch Sinn: Gerade Schauspieler, Sängerinnen und Blas-Instrumentalisten stoßen berufsbedingt besonders viele (potentiell infektiöse) Tröpfchen aus. Umso verwirrender ist aber, dass Theater und Opern ab Juli wieder spielen sollen – unter Bedingungen, die das aber nicht möglich machen. Kuss- oder Kampfszenen, ohne die kaum ein Theaterstück oder eine Oper auskommt, sind verboten. Wie das real in einer Inszenierung ausschauen soll, lässt Lunacek offen. Kunstschaffende werfen ihr daraufhin Unwissen vor. Die Persiflagen ließen nicht lange auf sich warten.
Große Veranstaltungen, bei denen sich die Menschen frei bewegen und eng beieinander stehen, sind bis mindestens 30. August untersagt. Vizekanzler Kogler kündigte daher vor allem für gemeinnützige Vereine finanzielle Unterstützung an. Das hilft einem Großteil der freien Szene – die Höhe des Topfes oder Förderhöchstsummen bleiben allerdings unklar. Für den Rest des Kulturbetriebs bleibt der Hoffnungsschimmer schwach.
“Völlig Plemplem”
Burgtheater-Direktor Martin Kusej wünscht sich von der Politik klare Ansagen.
“Um Theaterschaffen wieder zu ermöglichen, müssen nötige Auflagen mit dem Kern der Theaterarbeit kompatibel sein. Wenn das in der jetzigen Situation nicht verantwortbar ist, dann muss man das klar aussprechen. Und wenn das bedeutet, dass bis zum Jahreswechsel gar nichts geht, dann werden wir damit umgehen. Aktuell passen wir von Pressekonferenz zu Pressekonferenz unsere Proben- und Spielpläne an neue Situationen an – im Falle eines großen Hauses wie des Burgtheaters sind das immer hunderte Künstler, deren Verfügbarkeit neu abgefragt werden muss.”
In einem offenen Brief fordern namhafte Kunstschaffende, unter anderem Karl Markovics, Renate Welsh und Marlene Streeruwitz “realistische Vorgaben und Bedingungen mit fixen Datumsangaben”. Andere forderten Ulrike Lunacek offen zum Rücktritt auf. Ihre Besetzung – anstatt der ursprünglich geplanten Eva Blimlinger – sorgte bereits zu Regierungsbeginn für Kritik.
Albertina hofft auf “Baumarkt-Effekt”
Museen dürfen zwar schon vor den Theatern Mitte Mai ihre Türen öffnen. Trotzdem reagiert Klaus Albrecht Schröder, der Direktor der Albertina in Wien, verhalten. Er rechnet zwar zu Beginn mit einem “Baumarkt-Effekt”, doch nach wenigen Tagen rechnet er mit einem Einbruch der Besuchszahlen von 90 Prozent im Vergleich zum normalen Alltagsgeschäft.
Für 2020 rechnet man hier mit einem Einnahmen-Rückgang von 11 Millionen Euro, also 60 Prozent. Die Kosten laufen derweil weiter. Durch Lüftung, Kühlung und Archivierung der Kunstwerke fallen trotz Kurzarbeit hohe Kosten an. Von Seiten der Regierung erwartet man sich nicht viel. Auch unter normalen Umständen machen Subventionen nur ein Viertel der Einnahmen aus. Gibt es keine zusätzliche Unterstützung, rechnet Schröder mit einer Zahlungsunfähigkeit ab Juli oder August. Auch die Bundestheater Holding rechnet mit massiven Einschnitten im Betrieb. Springt der Staat nicht bei, könnte das Burgtheater in Zukunft nur noch an drei Tagen die Woche spielen.
Wieviele Zuschauer überhaupt kommen, wenn es erlaubt ist, ist fraglich. Denn die Kulturstätten wurden zu allererst und öffentlichkeitswirksam gesperrt. Die Szene fürchtet jetzt, dass das Publikum sich das gemerkt hat und noch länger ausbleiben wird.
Öffnen für 1,5 Prozent Auslastung?
Die 147 Kinos in Österreich werden jedenfalls geschlossen bleiben. Hier wäre die Einhaltung des ein-Meter-Abstands zwar für alle Anwesenden möglich ist, doch die verordneten 20 Quadratmeter pro Person lassen auch in einem großen Kinosaal so wenig Publikum zu, dass sich das Aufsperren nicht lohnt, so Christof Papousek, der Geschäftsführer von Cineplexx International, gegenüber dem Kulturmontag. Eine Öffnung unter diesen Umständen bezeichnet er als “betriebswirtschaftlich völlig undenkbar”. Mit einem Blick auf die Zahlen ist das einfach nachvollziehbar:
In die Halle D der Wiener Stadthalle, einer der größten Indoor-Veranstaltungszentren des Landes, dürften mit dieser Regel nicht einmal 250 Personen – dabei ist die Halle für über 16.000 Menschen angelegt. Das sind anderthalb Prozent der Gesamtauslastung.
Die Reaktionen der vergangenen Woche zeigen, dass mit der angekündigten Regelung niemand glücklich ist. Was das finanziell bedeutet, ist bislang immer noch unklar. Denn wenn Kulturstätten den Spielbetrieb – zumindest theoretisch – wieder aufnehmen dürfen: Was heißt das dann für die Beihilfen aus Notfallsfonds und Co.? Geht ein Umsatzentgang dann auf ihre eigene Kappe, wie es jetzt schon bei vielen Klein- und Mittelunternehmen der Fall ist? Wie werden ihre Versicherungen reagieren? Wie geht es weiter mit internationalen Gästen in Oper, Ballet und Das sind Fragen, die Kogler und Lunacek weder gestellt noch beantwortet haben.
Die einzige Sparte, für die es Klarheit gibt, sind die Großveranstalter: große Pop- und Rockkonzerte und Festivals sind verboten. Das wird wirtschaftliche Folgen haben: Die Veranstaltungsbranche bringt jedes Jahr 2 Milliarden Euro ins Land.
180.000 Betroffene
“Wenn gespielt werden kann, dann wird auch gespielt werden, dann muss auch gespielt werden”, zeigt sich Bogdan Roščić, der designierte Staatsoperndirektor, zuversichtlich. Wenn keine internationalen Dirigentinnen und Sänger mehr eingeflogen werden können, setzt man auf das Ensemble.
Festivals wie die Salzburger oder die Bregenzer Festspiele haben hingegen wenig Hoffnung. Denn Gäste wie Schauspieler und Musikerinnen kommen aus dem Ausland. Die Auswirkungen werden nicht nur die Häuser spüren, sondern auch die Gastronomie und Hotellerie im Umland.
An der Kulturszene hängen nicht nur freischaffende Künstlerinnen, Schauspieler, Tänzerinnen, Musiker und das Personal in den Häusern. Autorinnen und Verlagshäuser sind auf Lesetouren angewiesen. Neben Bühnenbildern und Lichttechnikerinnen sind Tonstudios, Werkstätten, Schneidereien, Transportunternehmen von den Kulturbetrieben abhängig.
Auch Trump sieht die Verantwortung für die Folgen der Corona Krise in der Politik. Die Strategie dahinter: Schuld an den Folgen der Krise ist der von ihm bezeichnete Politiker (WHO).
So wie Trump nicht ernst genommen wird, so wird es auch mit einer ähnlichen politischen Position sein. Alle gehen davon aus, dass Corona vorübergehend ist, Verordnungen temporär und sinnvoll sind. Nur von der SPÖ und teilweise der FPÖ hõrt man allerdings bei aller berechtigten Warnung vor einem zu weit gehenden Eingriff in die Grundrechte, eine solche Angst ist momentan jedoch nicht angebracht, eine Zukunft an die Wand gemalt, die ein dauerhaftes Aushölen der Grundrechte, den Niedergang der Demokratie, explosionsartiger und unüberwingbarer Anstieg der sozialen Unterschiede uvam. schildert. Also ein Horrorszenario für dür die Zukunft. Zu welchem Zweck?
Das macht ihren Wählern Angst. Sie werden sich eine andere politische Heimat suchen.