Am 3. Juni 2023 hielt die SPÖ in Linz ihren außerordentlichen Bundesparteitag ab. Andreas Babler und Hans-Peter Doskozil bewarben sich bei diesem Parteitag um den Vorsitz – und hielten Reden vor den Delegierten. Hier ist die Rede des schlussendlich gewählten Vorsitzenden Andreas Babler im Wortlaut!
Liebe Genossinnen und Genosssen!
Für mich ist es heute etwas ganz Besonderes, auf diesem Parteitag zu sein, um zum Parteivorsitzenden unserer stolzen Bewegung kandidieren zu dürfen.
Aber ich weiß auch, dass es für uns und euch alle etwas ganz Besonderes ist. Uns alle bestimmen heute zwei Gefühle. Zum einen sind wir zurecht betroffen über die Grabenkämpfe und über das Schauspiel der letzten Wochen, Monate und Jahre. Diese waren oftmals, wenn wir mit Genossinnen und Genossen und auch in der Öffentlichkeit darüber gesprochen haben, gar nicht mehr politisch, sondern oft nur noch persönlich zu begreifen. Sie haben der Sozialdemokratie massiv geschadet.
Aber wir sind heute auch alle mit einem zweiten Gefühl hier. Nämlich mit dem Wissen, wie notwendig es ist, heute wieder hier zusammenzufinden, liebe Genossinnen und Genossen, für den Aufbruch in eine neue Zeit!
Dank an Pamela Rendi-Wagner
Mir ist auch ganz persönlich wichtig, noch etwas anzumerken. Wir bestimmen heute die neue Führung unserer Bewegung. Aber wir verabschieden uns auch von unserer jetzigen Parteivorsitzenden. Liebe Pam, auch wenn du heute nicht im Raum bist: Danke für all die Jahre, die du uns geführt hast, auch durch schwierige Zeiten. Mit all deiner Stärke und deinem Mut. Mein allergrößter Respekt vor dir, liebe Pam!
Andi Bablers Aufwachsen in einer Traiskirchner Arbeiterfamilie
In den letzten Wochen ist auch intern in den Gremien viel gesprochen worden, über Verletzungen, über Verwundungen und all die Folgeschäden, die daraus entstanden sind.
Ich habe immer dazu festgehalten, dass ich nicht Teil dieser Verwundungen bin, nicht verletzt bin und nie Teil dieser Auseinandersetzungen war. Ich habe ganz bewusst außerhalb dieses Streits mit vielen von euch gemeinsam eine Entscheidung getroffen, mich zur Wahl zu stellen und meinen aktivsten Beitrag zu leisten zur Wiedervereinigung der Sozialdemokratie. Und um genau das zu garantieren, liebe Genossinnen und Genossen, kommt es darauf an, sich rückzubesinnen auf die zwei Gründungsmomente unserer Sozialdemokratie, die uns zu dieser Stärke über 130 Jahre geführt haben: ganz bewusst zu wissen, dass wir eine Mitgliederorganisation sind, dass sich die Menschen zusammengeschlossen haben, dass sie wissen, “fünf Finger – das sind eine Faust”, das Kinderfreunde-Lied, das mich so stark geprägt hat.
Weil sie wissen, dass wir zusammen mehr erreichen können, als jeder und jede Einzelne von uns. Auch wieder zurückzufinden – wir sind eine Mitgliederorganisation, aufgrund unseres Gründungsauftrags. Gemeinsam kämpfen wir um Rechte, liebe Genossinnen und Genossen und gemeinsam sind wir stärker als jeder Einzelne von uns allein.
Und das ist es auch, was meine eigene Kindheit bestimmt hat: die Erfahrungen im Großbetrieb der Semperit zu sein, in der Arbeiterfamilie eingebettet zu sein. Starke, rote Gewerkschaften zu haben, die unsere Bedingungen jeden Tag besser gemacht haben. 100% Organisierung in dem Betrieb! Sie haben es geschafft, dass wir gute Lohnabschlüsse gehabt haben, dass wir für unsere Arbeiterfamilien eine eigene Krankenkasse auf höchstem Niveau gehabt haben, dass wir Freizeit- und Erholungseinrichtungen, ja sogar ein eigenes Schwimmbad für uns Arbeiterfamilien gehabt haben und Erholungsheime, wo wir als Arbeiterfamilien Urlaub machen konnten.
Da hat man gesehen, was wir für eine Kraft entwickeln können, wenn wir geschlossen an der Seite unserer roten Gewerkschaften unsere Rechte durchsetzen und uns mit Stolz – auch als Arbeiterkinder – versehen konnten, weil man gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben konnte, liebe Genossinnen und Genossen!
Gleichzeitig haben wir die Erfahrungen mitgenommen – die Kehrseite der Medaille – verkauft zu werden an einen Multikonzern, an einen internationalen Konzern, der auf einmal die Spielregeln geändert hat, nämlich für sich. Der uns knallhart ausgespielt hat in der Standortlogik in den europäischen und außereuropäischen Werken. Völlig hilflos waren wir in Wahrheit, weil wir nur uns gehabt haben, unsere Kraft, unser Protestieren, Streiks und vieles andere mehr. Aber in Wahrheit haben wir den Kürzeren gezogen. Weil es immer so war, dass wir auch international wieder kämpfen müssen. Wenn wir an die Diskussionen der letzten Tage denken, dass dort und auch im europäischen Raum die Spielregeln eigentlich so sind, dass noch immer die Konzerne und die Profite am längeren Hebel sitzen – und wir Arbeiter:innen und Arbeitnehmer:innen weniger Rechte haben. Es ist so wichtig, dass wir auch international dort die Spielregeln, wo sie für uns Arbeitnehmer:innen schlecht sind, benennen und ändern. So wie unsere Fraktion im Europaparlament kämpft, mit all dem Herzblut: Die beschließen Lieferketten, Mindeststandards für LKW-Fahrer:innen. Aber was war das für ein harter Kampf, liebe Genossinnen und Genossen!
Und der zweite Punkt unseres Gründungsmoments war – und da müssen wir auch wieder zurück – dass uns klar sein muss, dass wir ein Gegenmodell sind. Offensiv, nicht nur hier auf dem Parteitag in rhetorischen Reden, sondern auch für alle draußen erkennbar. Dass wir nicht nur ‘weniger schlecht’ sind, als das System, das vorherrscht – und das sich so ausdrückt, dass es uns immer wieder in all unserer Geschichte und auch jetzt zu Bittstellerinnen und Bittstellern macht. Mit Almosen, mit Einmalzahlungen.
Seite an Seite mit den Gewerkschaften für höhere Löhne kämpfen
Denkt zurück an die Teuerung: Nach sieben oder acht Monaten Hochinflation eine Einmalzahlung – und sagt alle schön Danke! Nein, wir sind ein offensives Gegenmodell, wir gehen wieder zurück auf unseren Gründungsmoment. Wir kämpfen für Rechte, die uns zustehen, liebe Genossinnen und Genossen! Und so sind wir keine Bittstellerinnen und Bittsteller, wenn wir Seite an Seite mit unseren Gewerkschaften kämpfen, wenn wir kollektivvertraglich die besten Lohnabschlüsse erkämpfen, damit wir nicht vom gesetzlich eingebetteten good will der jeweiligen Regierungen abhängig sind.
Wir kämpfen darum, liebe Genossinnen und Genossen, manchmal Monate, manchmal Wochen, Tage, Nächte lang durch, um jede einzelne Kommastelle hinter der ersten Zahl, weil wir wissen, sonst verlieren wir unser Leben lang Geld! Deswegen wehren wir uns gegen Einmalzahlungen, so wie es diese Regierung jetzt mit uns gemacht hat!
Deswegen stecken wir unser Herzblut hinein, stärken wir die Gemeinschaft: die Gewerkschaften. Die Gewerkschaft und Partei, Partei und Gewerkschaft – das ist ein Herzblut, liebe Genossinnen und Genossen, wenn es um höhere Löhne geht!
Die Vision: kürzere Arbeitszeiten und mehr Freiheit
Wir sind auch keine Bittstellerinnen und Bittsteller, wenn wir über Arbeitszeitverkürzung sprechen – weil sie uns zusteht! Weil wir immer gesagt haben, dass ein Stück des technischen Fortschritts, ein Stück der Produktivkräfteentwicklungen, ein Stück der Arbeitsproduktivität, ein Stück der Gewinn-Kurven, die raufgehen, während die Reallöhne so dahinflattern, ein Stück weit auch den Menschen zuteil werden muss. Deswegen kämpfen wir seit unserem Gründungsmoment immer wieder so stark, mit all unserer Kraft, für eine Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich. Weil es uns zusteht, liebe Genossinnen und Genossen!
Immer haben sie uns gesagt, “das geht nicht, das ist unrealistisch”. Auch in den Kreisky-Jahren, in den 70er Jahren, wo wir das Stück um Stück auf fünf Jahre vorbereitet haben, mit einem Generalkollektivvertrag. Auch politisch haben sie uns gesagt, dass alles kollabieren wird, gar nichts wird gehen und vieles andere. Die Arbeitsproduktivität hat sich verdoppelt und wir haben, was die Arbeitszeitverkürzung anbelangt, in diesen letzten 50 Jahren davon nicht einmal einen kleinen Anteil gekriegt. Das holen wir uns jetzt zurück, liebe Genossinnen und Genossen!
Endlich gleichen Lohn für gleiche Arbeit
Wir sind auch keine Bittstellerinnen und Bittsteller, wenn wir mit unseren Frauenorganisationen Seite an Seite endlich nach Jahrzehnten vorwärtskommen, dass man gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit umsetzt, liebe Genossinnen und Genossinnen! Es ist eine der größten Respektlosigkeiten, die es in der heutigen Arbeitswelt in Österreich noch gibt.
Was die Angleichung der Löhne anbelangt, haben wir im öffentlichen Dienst einiges umsetzen können. Aber ich habe selbst die Erfahrung gemacht – und ich habe es in den letzten Wochen auch auf der Tour öfters erzählt – eine ganz persönliche Erfahrung, die ich mitgenommen habe. In der Schicht, in der Fabrik, wo wir gearbeitet haben. Meine Kollegin Seite an Seite mit mir, über Monate hinweg, auch im Sommer in einer Mineralwasserfirma: Tagschicht, Nachtschicht, Wochenende, weil produziert werden musste. Und ich habe erlebt, wie wir im Akkord gestanden sind und wenn die Maschine auf Störung gestellt war, mussten wir beide hineinkriechen. Je nachdem, wer näher dran war, hat sie oder ich die Störung in der Maschine beheben müssen – und dann ging es wieder weiter im Akkord. Wir haben Tagschicht und Nachtschicht, Wochen für Monate dieselbe Arbeit gemacht, auch im Akkord, die gleiche körperlich schwere Arbeit, die schweren Leim-Kübel getragen, die Glasbruch-Container unter die Anhänger-Förderbänder durchgezogen.
Und wisst ihr, was die Frechheit und die Respektlosigkeit war? Sie hat am Monatsende 30 Prozent weniger Lohn gehabt, liebe Genossinnen und Genossen! Das müssen wir endgültig in Österreich beseitigen!
Deswegen fordern wir, liebe Genossinnen und Genossen, jetzt ganz konkret, wie man das auch umsetzen kann: Eine gesetzlich verpflichtende Lohntransparenz – und Zuwiderhandlungen müssen so bestraft werden, dass wir diesen Punkt in der Geschichte endlich überwinden, liebe Genossinnen und Genossen. Das ist eine Hauptforderung der Sozialdemokratie!
Anspruch auf gute Pflege & bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte
Und da ich vorher über Arbeitszeitverkürzung gesprochen habe, dann denken wir doch über die ganzen Bereiche nach: Politik von unten gedacht, heißt, von unseren Leuten aus gedacht. Worum geht es in der Pflege? Da bin ich mit dem Hans Peter im Gesundheitswesen und in der Pflege sicherlich in vielen Punkten einig. Da können wir alles ganz genau ausdiskutieren – da wird kein großes Blatt dazwischen passen, dass es einen Anspruch auf Gesundheitsversorgung gibt.
Aber es ist wichtig, dass wir es auch aus der Sicht unserer Beschäftigten dort denken. Dass wir nie vergessen: Wie kann es sein, dass wir 4.000 bis 7.000 Leute brauchen, die wir jedes Jahr in der Pflege ausbilden müssten?
Warum gibt es so einen Mangel dort? Weil die Arbeitsbedingungen nicht passen, liebe Genossinnen, liebe Genossen! Denkt einmal daran, was Pflegerinnen und Pfleger leisten, nicht nur körperlich, weil sie gut fachlich ausgebildet sind. Was die für psychologische Belastungen haben, dass die oftmals nach Monaten ausgebrannt sind, weil sie ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie in den Krankenstand gehen, am Wochenende keinen Dienst machen können und die Kollegin wieder einspringen muss, weil sie in einem System mit Stechuhr-Pflege drinnen ist. Sozialdemokratie heißt, von unten zu denken, die Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern, Verkürzung der Arbeitszeit, bessere Personalquoten, dann wird es auch kein Mangelberuf mehr sein, liebe Genossinnen und Genossen!
Schluss mit monatelanger Wartezeit auf Facharzttermin
Wenn wir über das Recht auf Gesundheitsversorgung sprechen und sicherlich beide dieselbe Analyse haben, dass es mehr Ärztinnen und Ärzte braucht, dass wir eine Garantie auf einen Termin brauchen, wenn wir krank sind. Dass wir nicht anrufen müssen und sagen, es gibt erst in zwei Monaten einen Termin. Ihr kennt den Satz, was man dann sagt: “Können Sie mich vielleicht bitte einschieben, wenn wer ausfällt?” Wir kennen doch diesen Satz, von dem wir weg müssen. Wir müssen einen Zugang haben, dass jeder die Garantie auf die beste medizinische und kostenlose Grundversicherung hat, liebe Genossinnen und Genossen! Ich möchte das noch um einen Punkt erweitern:
Wenn wir von diesem Recht sprechen, dann müssen wir Tag für Tag mit all unserer Kraft auf den Tisch hauen, wenn es darum geht, dass wir uns unsere Organisationen zurückholen: die Krankenkasse, wo jetzt die Arbeitgeber die Mehrheiten haben, die genau diese Rechte blockieren. Das ist eine Arbeitnehmer:innen-Organisation, liebe Genossinnen und Genossen!
Es sind unsere Kolleg:innen: Echte Teilhabe für Menschen, die hier leben und arbeiten
Ich mag als Sozialdemokrat von einem Menschenbild heraus nochmal ganz klar einen Bereich ansprechen, nämlich, dass auch Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter keine Bittstellerinnen und Bittsteller sind, liebe Genossinnen und Genossen! Das ist die Generation, die mit meinem Opa und auch mit meinem Vater an der Werkbank in der Semperit gestanden sind. Es ist die Generation, die mit mir gemeinsam in der Schule war und am Nachmittag dann Basketball oder Fußball auf den öffentlichen Plätzen gespielt hat. Das ist die Generation, die mit meiner Tochter schon im Kindergarten war und jetzt in der Schule ist.
Das sind nicht die Leute da draußen, über die wir reden, sondern das sind unsere Leute, lieben Genossinnen und Genossen! Deswegen kämpfen wir, dass sie endlich auch ein Stück weit Mitbestimmungsrechte haben in ihrem Land, liebe Genossinnen und Genossen!
Deswegen auch die Forderung nach Mitbestimmung, was das Wahlrecht für Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter anbelangt.
Aber auch zur Arbeitsmigration braucht die Sozialdemokratie eine klare Positionierung. Nämlich anzuerkennen, was volkswirtschaftlich natürlich erwiesen ist: Wir brauchen Arbeitsmigration. Jeder, der hier heute aus dem Design Center rausgeht, mit offenen Augen durch die Stadt geht und durchs Land fährt, weiß, dass wir in allen Bereichen Arbeitsmigration brauchen – sonst wären wir in einigen Monaten erledigt. Nicht nur, wie wir so oft hören, in den gut qualifizierten Bereichen, sondern auch in den nicht so gut qualifizierten Bereichen.
Hört euch um, denkt nach, geht’s raus mit offenen Augen, schaut in die erste Gastronomie, in die ersten Hotelbetriebe, wer die sind, die das dreckige Geschirr waschen. Wer sind Leute in der Gesundheitsversorgung, in der Reinigung, wer sind die Leute in der Schwerindustrie?
Wir müssen aber eines dazu sagen: Wir müssen die Bedingungen dafür setzen, wenn wir dieses Bekenntnis haben, gemeinsam, alle miteinander, dass Arbeitsmigration und Arbeitsmigrant:innen nicht ausgenutzt werden, dass sie nicht lohn- und sozialdumpend eingesetzt werden gegenüber den Leuten, die jetzt schon hier arbeiten. Auf die müssen wir auch schauen, liebe Genossinnen und Genossen! Und so klar ist die Diskussion rund um die Arbeitsmigration sozialdemokratischer Natur!
Klima: Voller Einsatz gegen die Erderhitzung
Ein wichtiger Punkt, der mir sehr am Herzen liegt und bei dem ich weiß, dass wir da noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Eine ganz wichtige Frage dabei ist, ob wir auf der Höhe der Zeit und eine moderne Sozialdemokratie sind. Nämlich dass wir auch keine Bittstellerinnen und Bittsteller sind, wenn wir Seite an Seite mit all den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, mit allen Aktivistinnen und Aktivisten alles mit höchster Priorität tun im Kampf gegen die Erderhitzung, liebe Genossinnen und Genossen!
Das ist nicht nur eine ökologische Katastrophe, was da passiert. Wenn wir wissen, dass einige der Kipppunkte bereits überschritten sind. Wenn wir wissen, dass wir nicht 2030, 2040 zusammen sitzen könnten und dann ein größeres Bewusstsein gewonnen hätten, dass man das wieder reparieren kann. Das sind Kipppunkte. Kipppunkte heißt, nicht mehr reparabel. Das heißt, wir müssen jetzt volle Priorität auf diesen Rechtsanspruch von einem intakten Planeten aus sozialdemokratischer Sicht sehen.
Und wir müssen auch erkennen – und dafür werbe ich – dass das ein zutiefst ureigener sozialdemokratischer Verteilungskampf ist, dieser Kampf gegen die Erderhitzung, liebe Genossinnen und Genossen! Die reichsten zehn Prozent dieser Welt blasen die Hälfte aller Emissionen in die Luft. Das muss uns immer klar sein. Es ist eine knallharte Verteilungsfrage und eine Frage von sozialer Gerechtigkeit.
Und ich mag es wirklich auch ein bisschen überspitzen, damit man ein Gefühl dafür kriegt. Ihr werdet doch nicht glauben, dass am Schluss, wenn das alles so weiter kippt, wie wir es jetzt erleben, dass diese Superreichen – genau dieselben, die ich vorher aufgezählt habe – nicht noch immer die Klimaanlage rennen haben. Dass sie nicht zum Schluss noch immer die kalten Getränke aus ihren Eiskästen rausziehen. Dass sie nicht immer noch ihre Hallenbäder betreiben, ihre Privatjet-Flüge veranstalten. Während gleichzeitig zig Millionen Menschen, auch heute schon, auf der Flucht sind, weil sie nichts mehr anbauen können, weil es kein Wasser mehr gibt.
Wenn wir sehen, dass unsere Genossinnen und Genossen in anderen Ländern heute jeden Tag harte Kämpfe um ihr eigenes Trinkwasser führen, weil es privatisiert wird und sie nicht einmal mehr ein Recht auf ihr eigenes Trinkwasser haben. Wir sehen auch, was das bei uns heißt, genau in dem selben Bereich. Wenn wir sehen, dass wir schneearme Winter in unseren Quellenschutzgebieten haben. Wenn wir anfangen, auch jetzt schon Grundstücke im öffentlichen Auftrag erwerben zu wollen, dass auf einmal schon die Privaten da sind, dort wo es schon Bohrungen nach Wasser gibt, weil sie wissen wenn es knapp wird, dieses Gut, liebe Genossinnen und Genossen, dann kann man ein Geschäft daraus machen.
Diese Kämpfe werden auch hier bald ankommen und ich ersuche euch: Begreifen wir das als zutiefst sozialdemokratischen Gerechtigkeits- und Verteilungskampf, liebe Genossinnen und Genossen.
Inflation und Armut bekämpfen statt Almosenpolitik
Schauen wir uns an, was uns die letzten Monate politisch so bestimmt hat. Wir fordern, dass wir wirksame und strukturierte Maßnahmen gegen die Teuerung brauchen – bei einer Regierung die 17 Monate zuschaut und überhaupt nichts auf die Reihe bringt. Eine Regierung, die eigentlich die Teuerung negiert und, wie ich es vorher gesagt habe, uns ein einziges Mal eine symbolische Anerkennungsprämie mit einer Einmalzahlung übergeben hat.
Als Sozialdemokratie haben wir die Fähigkeit, zu erkennen, was dahintersteckt. Isabel Weber, eine der führenden Ökonom:innen, hat festgestellt, dass wir wissen und auch gesichert haben, dass diese Inflation zusätzlich noch ganz stark durch eine Gier befeuert wird. Nämlich durch die Gier der Konzerne, dass sie Profit-getrieben ist und dass wir erkennen müssen, dass 70% der Inflation aus diesem Profitgiertreiben heraus es zusätzlich noch mal schwerer machen.
Endlich Krisengewinne von Konzernen besteuern
Wie unmoralisch ist es eigentlich, wenn die Konzerne in einer Situation hergehen, wo eh schon eine hohe Inflation ist, dass sie zusätzlich noch Übergewinne haben? Die Situation durch eigene Gewinnmaximierung bei den Leuten ausnutzen, die gar nicht wissen, wie sie zurechtkommen sollen?
Deswegen fordern wir einen Eingriff in den radikalen Markt, der uns solche Schäden zufügt. Wir fordern, dass man Übergewinne sofort abschöpft. Da kann es doch gar keine Diskussion geben! Niemand darf Profit auf Kosten unserer Leute machen, liebe Genossinnen und Genossen!
Für eine Energiegrundsicherung und Leerstandsabgabe
Wir fordern eine Energiegrundsicherung ein. Wir fordern eine Bestrafung in Form von Leerstandsabgaben und wir wollen generell einen Bund, der einen gesetzlichen Mietpreisdeckel vorschreibt, liebe Genossinnen und Genossen. Damit es ein Anrecht auf leistbare Wohnungen gibt.
Her mit der Kindergrundsicherung
Der letzte Bereich, den ich heute noch inhaltlich ansprechen kann, ist der Bereich, der mir und der Sozialdemokratie und vielen von uns so am Herzen liegt, dass auch Kinder keine Bittstellerinnen und Bittsteller in dieser Republik sind, liebe Genossinnen und Genossen. Wir müssen uns auch so sehen, dass wir hier stellvertretend für andere stehen. Nicht nur für unsere über 140.000 Mitglieder als Delegierte, sondern genau für die, die jetzt Hilfe brauchen. Wenn ich um Hilfe appelliere, dann rede ich von 350.000 Kindern in Österreich, Stand heute, 3. Juni 2023. 350.000 Kinder.
Dass jedes fünfte Kind in Armut lebt oder armutsgefährdet ist, ist ein Zustand, den wir keine Sekunde hinnehmen dürfen, liebe Genossinnen und Genossen.
Wir müssen alles tun, um jedes einzelne Kind rauszuholen. Wisst ihr, was das heißt? Eine Zahl, die man sich gar nicht vorstellen kann. 350.000 Kinder, Tendenz steigend. Die Hälfte davon lebt in Wohnungen, die oft feucht sind, die schimmlig sind. Das haben wir mit der letzten Studie wissenschaftlich erwiesen. Wir wissen, dass wir sie rausbringen können, als Sozialdemokratie.
Deswegen fordern wir auch diese Kindergrundsicherung. Wir wissen, was das in der Realität heißt, überhaupt alle von euch, die kommunalpolitisch als Bürgermeister:innen oder als Gemeindevertreter:innen tätig sind. Was es heißt, wenn die Elternvereine zum ersten Mal auf uns zukommen und fragen „Kannst du nicht ein bisschen was zuschießen, damit alle Kinder auf den Skikurs mitfahren können. Denn sonst müssten ein oder zwei Kinder in der Klasse daheim bleiben, weil wir es uns nicht leisten können.” Was es heißt, wenn die Kinder schön langsam von den Vereinsaktivitäten abgemeldet werden, weil die Mitgliedsbeiträge so hoch sind oder in der Musikschule die Beiträge so hoch sind. Da rede ich noch gar nicht von einem Streichinstrument oder Fußball oder Turnschuhen oder sonstigem.
Wenn wir wissen, was es heißt, wenn sie anfangen, sich auch von der Nachmittagsbetreuung, und von überall, wo es in den Bundesländern etwas kostet, abzumelden. Und zuletzt dann auch noch entscheiden müssen, ob sie ihre Wohnung nicht verlieren wollen, ob sie das Gas und den Strom noch weiter zahlen können, ob die Kinder nicht doch ab und zu auf ein warmes Essen verzichten können, weil das ja auch viel Geld kostet über das Jahr.
Ein Recht auf ein besseres Leben: Politik aus Kindersicht denken
Deswegen ist diese Forderung so wichtig, die wir artikuliert haben, dass auch nachvollzogen wird, worum es geht, wenn man Kinder rausholen will. Dass wir jedem Kind, zumindest einmal und das ab sofort, so wie es die Stadt Wien jetzt gemacht hat, und ich danke euch sehr dafür, jedem Kind einmal am Tag ein warmes und gesundes Essen zu garantieren. Das ist das Mindeste, was wir machen können. Das Mindeste!
Und ich gehe heute nicht auf die Debatte ein, in der wir uns als Sozialdemokratie wahrscheinlich alle finden werden: Dass wir eine gratis Nachmittagsbetreuung und vieles andere brauchen. Das brauchen wir nicht ausdiskutieren, wenn wir uns alle unter einem Dach der Sozialdemokratie finden!
Aber um was es mir geht, ist der Zugang, den wir haben als Sozialdemokratie. Was wir wieder spüren müssen. Was uns einzigartig macht in der Sozialdemokratie: Dass wir das immer aus der Kindersicht heraus denken. Kinder haben ein Recht auf ein besseres Leben!
Kinder, sie selbst, haben ein Recht herauszukommen. Kinder haben Recht, ihre eigene Lebensperspektive zu entwickeln. Allen Kindern alle Rechte, liebe Genossinnen und Genossen. Allen Kindern alle Rechte! Das ist das, was Sozialdemokratie unterscheidbar macht. Das ist das, wofür wir als Sozialdemokratie brennen und das müssen wir alles garantieren und auch nach außen spürbar machen, liebe Genossinnen und Genossen.
Wer soll das alles zahlen?
Wenn wir das alles umsetzen wollen oder diese paar Punkte in diesen paar Bereichen, die ich inhaltlich ansprechen konnte, dann müssen wir auch darüber reden, wie wir das finanzieren. Und wir haben eine gute Idee, wie wir das finanzieren!
Wir wollen eine Steuerpolitik, die wirklich steuert! Wir wollen tatsächlich eine Grundbedingung in Zukunft verwirklichen. Es kann nur mehr gerechte Vermögensbesteuerung geben. Es führt kein Weg vorbei, ein Stück mehr Gerechtigkeit in diesem Land einzuführen. 96 % der Haushalte profitieren. 96 %!
Da reden wir nicht nur von der Mindestpensionist:in, da reden wir nicht nur von armutsgefährdeten Kindern, da reden wir auch von Leuten, die Angestellten-Karriere gemacht haben. Kleine selbstständige Gewerbetreibende. 96 % der Haushalte profitieren, wenn man nur 4 % der superreichsten Haushalte eine gewisse Vermögensbesteuerung umhängt.
Und ich sage euch, ich werde auch immer diese Frage zurückweisen, die uns sofort gestellt wird. Wurscht, wo wir reden! Auch in den öffentlichen Diskussionen. Ob wir in den Fernsehstudios sitzen oder anderswo. Die Frage: „Ja wie soll das finanziert werden? Wer soll denn das zahlen?“ Diese Frage gehört zurückgewiesen. Diese Frage wird nämlich nie gestellt, wenn wir nachdenken über die 47 Milliarden Corona-Subventionen. Wo kein Mensch gefragt hat, was die Kriterien sind. Sie ist bei den steuerpolitischen Geschenken nie gestellt worden.
Wie man die KÖSt wieder um zwei Prozent gekürzt hat, über zwei Jahre lang ein reines Steuergeschenk. 1,9 Milliarden Euro. Wenn man das nur zurücknehmen würde. Kein Mensch hat uns gefragt. Zahlen tun es eh wir. Wir sind die, die das zahlen. Jedes Mal, wenn wir was machen wollen, ein warmes Essen für Kinder, für Mindestpensionist:innen, für jede schlaflose Nacht weniger. Für die Arbeitnehmer:innen und Arbeitnehmer. Für die Gleichstellung der Frauen. Dann fragen sie uns jedes Mal, wer das zahlen soll. Diese Frage weisen wir zurück! Die ist unmoralisch, liebe Genossinnen und Genossen.
Vermögenssteuer bringt 5 Milliarden Euro
Eine Vermögenssteuer: Das bringt fünf Milliarden Euro in unserem Modell. Fünf Milliarden Euro. Rechnet euch die Zahl immer um – in Essen, in Gleichstellungspolitik, in allen ökologischen Maßnahmen. Aber ich kann euch sagen, wie man die Frage noch offensiver stellen könnte. Wenn wir sagen, es ist sehr defensiv, weil wir in Wahrheit immer nur ein Stück des Vermögenszuwachses angreifen. Die offensive und in Wahrheit die sozialdemokratische Frage, die können sie auch gern gestellt haben.
Nämlich, wo kommt eigentlich euer Vermögen her? Wenn wir über gerechte Löhne reden. Wenn wir über Frauen-Gleichstellung reden. Wenn wir über die Garantie auf Gesundheitsversorgung reden. Dort liegt ja das Vermögen begründet. Aber wir wollen eh nur ein bisschen den Vermögenszuwachs begrenzen.
Liebe Genossinnen und Genossen, ich kann euch eines versprechen: In dem Moment, wo ich Verantwortung von euch übertragen bekomme, die Koalitionsgespräche zu führen, wird die Vermögensbesteuerung, die gerechte Vermögensbesteuerung eine Koalitionsbedingung sein! Denn anders nichts umsetzen, liebe Genossinnen und Genossen.
Träumer ist nur ein anderes Wort für Sozialdemokrat:innen
Ich habe einige Punkte angesprochen: ein Programm, das mit klarer Kante und mit authentischer Programmatik zu tun hat. Dann hört man oft :„Ja, Andi, alles schön und gut. Alles klassisch sozialdemokratisch. Aber das ist ja was für Träumer.” Wir sind also Träumer, wenn wir das alles umsetzen wollen. Wir sind also Träumer, wenn wir Kinder aus der Armut holen wollen. Wir sind also Träumer, wenn man Kindern, wie wir es jetzt in der großen Stadt gemacht haben, ein warmes Essen garantieren will. Wir sind also Träumer, wenn wir für Frauengleichstellung und gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit einstehen. Wir sind Träumer, wenn wir über Arbeitszeitverkürzung sprechen. Wir sind Träumer, wenn wir leistbaren Wohnraum garantieren wollen und das Recht, auf einen Arzttermin zu pochen. Dann sind wir Träumer.
Aber dann sag ich euch was! Wisst ihr, Träumer, das ist einfach nur ein anderes Wort für Sozialdemokrat, liebe Genossinnen und Genossen. Wir sind es, die immer schon aus Träumen die Wirklichkeit gemacht haben!
War nicht auch der Gemeindebau ein Luftschloss, bis wir ihn gebaut haben! War nicht auch der 8-Stunden-Tag eine Illusion, bis wir ihn durchgesetzt und erkämpft haben! War nicht auch die dritte, die vierte, die fünfte Urlaubswoche ein Hirngespinst, bis wir sie verwirklicht haben, liebe Genoss:innen und Genossen! Genau dasselbe beim Mutterschutz, bei gratis Schulbüchern, all das ist nicht vom Himmel gefallen, liebe Genoss:innen und Genossen. Das alles, das sind Dinge, die wir zuerst erträumt, dann in unsere Programmatik gebracht und dann umgesetzt und erkämpft haben, liebe Genossen und Genossen! So funktioniert Sozialdemokratie!
“Wenn wir den Ball haben, dann schießt der Gegner kein Tor!”
Liebe Genossinnen und Genossen, wir müssen auch wieder Wahlen gewinnen. Wie viele oder die meisten von euch wissen, bin ich ein leidenschaftlicher Fußballanhänger. Ich mache jetzt keinen zusätzlichen Graben auf, indem ich euch sage, welche Vereine das sind. Aber mir fällt an dieser Stelle immer wieder der Johan Cruyff ein, Holländer. Der Prophet, des modernen Angriff-Fußballs, wenn ich das so sagen darf. Der Cruyff hat folgendes gesagt und das ist in der Leitlinie auch für uns:
“Wenn wir den Ball haben, dann schießt der Gegner kein Tor.” Dieses Konzept umgewandelt auf die Politik heißt, dass, so lange wir über Asyl, über Balkanrouten, über Ausländer reden, dann schießt die FPÖ die Tore. Reden wir aber über Gerechtigkeit, über Respekt und Solidarität, liebe Genossinnen und Genossen, dann gewinnen wir das Match. So funktioniert Sozialdemokratie!
Wie man Wahlen gewinnt: Traiskirchen
Und dass man Wahlen gewinnen kann, wenn man den Ball führt und offensive, sozialdemokratische Politik macht, das zeigen auch wir in unserer Stadt, in Traiskirchen, wo die Lage für die FPÖ eigentlich gar nicht besser sein könnte mit der Ausgangslage für Wahlkämpfe: mit dem größten Flüchtlingslager in Österreich, wo oft direkt mit Flüchtenden gespielt wird, manchmal Bilder produziert und ganz bewusst Zustände produziert werden, die ihr euch gar nicht vorstellen könnt. Erst im letzten halben Jahr, im Zuge der Landtagswahl, wo man aus einem politischen Kalkül heraus beschlossen hat, dass man das Thema hochfahren will.
Dass meine Leute Tag für Tag, Nacht für Nacht gestanden sind und 800 Obdachlose in dieser Zeit versorgt haben, obwohl es eigentlich Bundesaufgabe wäre. Und man gesehen hat, dass die Kinder – wo ich euch alle aufgerufen habe, uns zu helfen, und vielen Dank an alle Bundesländer, die sich daran beteiligt haben – dass sie für die kleinsten Kinder nicht einmal mehr Schuhe gehabt haben. Winterschuhe, Winterjacken. Wenn wir gesehen haben, was für eine Kraft Solidarität heißt, weil wir nicht wegschauen, weil wir nicht nur sagen „das ist ein Skandal“, sondern weil wir miteinander dort gestanden sind und geholfen haben, liebe Genossinnen und Genossen und das machen wir auch weiterhin.
Helfen, wo Hilfe gebraucht wird
Lasst mich noch etwas dazu sagen. Wir haben uns nie verleiten lassen, dass wir irgendwie einmal anfangen, unseren Zorn, unsere Wut über all diese Situationen und bewusst produzierten Zustände, dass wir die nie gegenüber den Menschen, die mit den Plastiksackerl bei uns angekommen sind, gelenkt haben. Ein No-Go. Wir haben sie gegen die Leute gelenkt, die diese politischen Zustände in Wien zu verantworten gehabt haben.
Ich kann euch sagen, ich habe in meiner Amtszeit als Bürgermeister mittlerweile schon 8 Innenminister verbraucht. Ich habe noch jedes Mal diese Situation und diese Auseinandersetzung moralisch und politisch gewonnen, auch wenn es länger gedauert hat, liebe Genossinnen und Genossen.
Und wisst ihr, was das Ballführen in unserer Stadt auch heißt? Dass es auch für uns keinen Widerspruch des Helfens gibt und der auch von außen herein nicht konstruierbar ist. Den gibt es einfach nicht, weil wir helfen jedem in Traiskirchen! Nicht nur Flüchtenden, wenn sie es brauchen, sondern wir helfen jedem und jeder Mindestpensionist:in, jeder Alleinerzieher:in, jedem armutsgefährdeten Kind und überhaupt jedem, der Unterstützung braucht.
Den Widerspruch des Helfens, den haben wir in Traiskirchen beseitigt! Das ist ein Teil unseres Erfolgskonzepts, liebe Genossinnen und Genossen. Sozialdemokratie an der Seite der Menschen. Woher sie kommen, ist zweitrangig. Ob sie Hilfe brauchen oder nicht, ist das erste Ziel unserer Bewertung, liebe Genossinnen und Genossen.
Einen Satz sag’ ich noch dazu, weil es mir wichtig ist. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass wir uns ab und zu genieren, dass man bei vielen dieser Fragen taktieren muss. Ich sage euch noch was aus einer ganz persönlichen Erfahrung heraus, die viele von euch vielleicht nachvollziehen können. Und denkt das vielleicht ein bisschen weiter. Nicht nur, aber auch bei flüchtenden Menschen. Aber nicht nur, sondern überhaupt und generell: Wie pervers ist es eigentlich, bei den Werten, wo wir uns feiern würden, wenn es unsere Tochtergeneration, unsere Kinder, unsere Enkelkinder übernehmen würden – nämlich Werte wie Solidarität und Nächstenliebe. Jemandem aufzuhelfen, wenn er von der Parkbank runterkugelt. Wenn man jemandem die Hand reicht, wenn er ertrinkt und sie nicht wegzieht und wenn man jemandem aufhilft, wenn er stolpert und nicht weg schauen. Diese Werte, die uns persönlich so wichtig sind und uns stolz machen – wie pervers ist es, dass wir uns das nicht zum Grundprinzip der Politik machen, liebe Genossinnen und Genossen. Und das im ganzen Land!
Offensive Politik heißt auch, die Auseinandersetzung zu suchen
Und jetzt kommt mit so einer offensiven, sozialdemokratischen Politik die wichtigste Erkenntnis. Mit der Philosophie nach Johan Cruyff, den Ball auch in unserer Stadt zu führen. Genau mit dieser Politik: offensiv, niemanden zurückzulassen, alle Bereiche zu durchdringen und trotz dieser Ausgangslage für die FPÖ gewinnen wir die Wahlen.
In Traiskirchen gilt: Über 70 Prozent für die Sozialdemokratie und die FPÖ ist bei uns einstellig, liebe Genossinnen und Genossen. Das muss man sich fürs ganze Land wünschen, wo sie hingehören, liebe Genossen.
Und so offensiv müssen wir auch allgemein die Auseinandersetzungen mit den Freiheitlichen führen. Wir haben immer gesehen, alle, die glauben, in diesem Land, sie müssen einfach ein bisschen nach rechts blinken, müssen auch ein bisschen die Ausländerkarte ziehen, die haben schon damals den Haider mit groß gemacht. Sie haben damals auch den Strache mit groß gemacht und sie machen jetzt auch den Kickl groß. Und wir zeigen, wie das anders geht.
Wir haben klargemacht, dass es für Menschen nichts bringt, die FPÖ zu wählen. Es gibt keinen einzigen Cent mehr Lohn, keine einzige schlaflose Nacht weniger, weil man Angst hat, die Wohnung aufgrund der Teuerung zu verlieren und kein einziges warmes Essen für sein oder ihr Kind mehr, wenn sie glauben, sie müssen nach unten treten.
Wir müssen ein Angebot sein, dass sie mit uns gemeinsam auch nach oben gegen dieses System treten und dass sie nicht auf diejenigen hören, die 100 Mal die Balkan-Routen schließen!
Wir stehen erst am Anfang des großen Comebacks
Wir stehen aber erst am Anfang einer großen Auseinandersetzung, auf die ich mich mit einer motivierten Sozialdemokratie auch sehr freue. Die heute aus diesem Parteitag hier in Linz herausgeht. Aber ich möchte auch ganz klar formulieren, wenn wir immer über die Situation sprechen: Unser Ziel als Sozialdemokratie in Österreich muss immer sein, die unangefochtene Nummer 1 in Wahl-Auseinandersetzungen zu werden und nicht nur, sich zu freuen, wenn wir ein Plus von zwei oder ein Minus von zwei Prozent in Umfragen machen. Unser Ziel ist die unangefochtene Nummer eins in diesem Land, liebe Genossinnen und Genossen.
Warum sollen wir uns eigentlich immer überlegen, wie es sein wird, wenn eine neue, eine linke, eine sechste Partei ins Parlament einziehen sollte. Wie schwierig dann alles wird. Wie schwierig vier Parteien bei Koalitionen zu verhandeln sind. Nein, wir müssen in der Auseinandersetzung so stark, so klar die Nummer 1 sein, dass sich die anderen für uns koalitionsfähig machen müssen, liebe Genossinnen und Genossen! Das ist unser Ziel und unser Zugang. Wir definieren uns über unsere Stärke und nicht über die anderen!
Willkommen an alle neuen Genoss:innen
Liebe Genossinnen und Genossen, was haben wir in den letzten drei Monaten alles miteinander erleben dürfen. Was haben wir in der alten Tante, dem alten Onkel, der SPÖ alles gesehen, was auf einmal möglich ist. Was war da in diesen letzten 10 ½ Wochen auf einmal für eine Bewegung spürbar .
10.000 Menschen, die neu beigetreten sind. Unmöglich! Vor 3 1/2 Monaten hätte das niemand für möglich gehalten. Wir sind alle in den Landesorganisationen, Bezirksorganisationen, Ortssektionen, Stadtparteien zusammengesessen und haben uns über Jahrzehnte natürlich zurecht darüber beklagt, dass wir immer schwächer geworden sind, dass wir Mitglieder verloren haben und jetzt haben wir genau das Gegenteil. Wir haben, ausgelöst mit unseren Wahlbewegungen und mit unserem Auftreten, einen frischen Wind reingebracht.
Herzlich willkommen an jeden an den Bildschirmen, im Livestream, die neu in unsere Sozialdemokratie gekommen sind. Ihr seid genau richtig. Das ist eure Partei, liebe Genossinnen und Genossen! Wie schön ist das eigentlich!
Und wisst ihr, auch auf meiner Tour, die ich gemeinsam mit einem großartigen Team fahren durfte, wo sich Leute freigenommen haben, mit mir durch die Lande zu touren – und wir haben miteinander auch viel Spaß gehabt – war auch einmal eine wunderschöne Stimmung, die wir in der Sozialdemokratie miteinander erleben durften.
Wisst ihr, was viele gesagt haben, die neu in die Sozialdemokratie gekommen sind und auch viele, die wieder in die Sozialdemokratie zurückgekommen sind und auch viele, die schon jahrzehntelang Mitglied sind: Dass sie zum ersten Mal spüren, dass sie nicht wegen irgendeinem Kandidaten kommen. Ja, vielleicht auch, aber es geht ihnen um mehr. Sie sind gekommen, weil sie sehen, dass die Sozialdemokratie wieder ganz konkret mit ihrem persönlichen Leben etwas zu tun hat. Mit dem Leben ihrer Tochter, ihres Sohnes, dass sie deswegen an die Sozialdemokratie andocken, weil sie für uns, für mehr Gerechtigkeit kämpfen und uns das zutrauen. Mit dieser Bewegung, mit diesem Drive, mit dieser Leidenschaft – freuen wir uns über diese Bewegung der letzten 10 ½ Wochen, liebe Genossinnen und Genossen!
Dann haben wir auch die Erkenntnis gewonnen, dass 107.000 Menschen teilgenommen haben. Der Einladung, über wichtige Fragen auch abzustimmen, gefolgt sind. Vielleicht haben wir es ein bisschen unterschätzt, dass unsere Mitglieder tatsächlich auch Interesse haben, mitzugestalten. Aber jetzt haben wir den Beweis: über 72 % Teilnahme an einer Mitgliederbefragung. Das ist ein gutes Zeichen für uns, dass sich unsere Mitglieder nicht von den Funktionärs-Kasten und dem Funktionärs-Dasein entfremdet haben, sondern dass Sie mit uns gemeinsam auch bereit sind, einen Weg zu gehen, der in vielen Bereichen Mitbestimmung heißt. Vielen Dank an jeden und jede Einzelne, egal, was sie gewählt haben, dass sie dieses Zeichen in der Sozialdemokratie verwirklicht haben, liebe Genossinnen und Genossen.
Die Diskursverschiebung ist gelungen
Ich komme auch schon zum Schluss der Ausführungen.
Wie stark war das eigentlich auch, was wir geschafft haben! Dass es uns in den letzten zehn Wochen auf einmal gemeinsam gelungen ist, den Diskurs in den öffentlichen Berichterstattungen völlig zu verschieben. Dass man auf einmal über rote Themen geredet hat. Dass wir über Modelle gesprochen haben, was es heißt, Rechte von Arbeitnehmer:innen, von all unseren Leuten durchzusetzen.
Dass es um Modelle gegangen ist, dass es nicht zum hundertsten Mal um die Balkan-Route ging, irgendwelche Grenzzäune zu besichtigen oder weiter die Festung Europas aufzubauen, die in Wahrheit eh immer als Ruine in der Geschichte übrig bleibt.
Dass wir über rote Themen geredet haben – was für ein Erfolg, liebe Genossinnen und Genossen, weil das auch den öffentlichen Diskurs allgemein bestimmt hat! Dass wir das nach vielen Jahren wieder geschafft haben, dass rote Themen im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion gestanden sind. Ein Riesenerfolg unserer letzten 10 ½ Wochen, liebe Genossinnen und Genossen.
Jetzt beginnt der Aufbruch in eine neue Zeit
Jetzt ist es so weit. Jetzt beginnt der Aufbruch in eine neue Zeit. Dazu brauchen wir euch alle miteinander. Euch alle – jede einzelne Ortssektion, jede Stadtpartei, jede Bezirksorganisation, jede Gemeindeorganisation – vom Mühlviertel bis zum Neusiedlersee und vom Bodensee bis nach Wien. Wir brauchen euch alle, um gemeinsam mit großer Stärke in die neue Sozialdemokratie zu gehen, liebe Genossinnen und Genossen.
Und jetzt übernehmen wir alle als über 600 Delegierte eine hohe Verantwortung. Verantwortung, abzustimmen für unsere über 140.000 Mitglieder. Eine hohe Aufgabe, der wir uns auch sehr bewusst sind und die wir im Sinne unserer Organisation entscheiden müssen.
Liebe Genossinnen und Genossen, ich bin bereit, mit euch gemeinsam diesen geeinten Weg in die Zukunft zu gehen und mit euch ein unglaubliches Comeback der Sozialdemokratie zu feiern.
Eine Sozialdemokratie voller Stolz, voller Würde und vor allem als Sozialdemokratie, die sich vor nichts und niemandem fürchtet, liebe Genossinnen und Genossen.
Willy Brandt hat einmal gesagt: „Mehr Demokratie wagen!” Und ich sage dazu und das mit all meinem Herzblut und mit all meiner Leidenschaft: Es ist an der Zeit, mehr Sozialdemokratie zu wagen!
Liebe Genossinnen und Genossen, ein aufrichtiges Freundschaft und Glück auf!
So Sozial, so tolerant, so sozialwarm, so SPÖ:
Experte kritisiert Politik im ORF-Radio – Kündigung
Genug Plätze, wir brauchen nicht mehr Ärzte”
Die SFU distanziert sich klar von Dr. Pichlbauers Standpunkt und betont stattdessen ihre engagierte und enge Zusammenarbeit mit dem Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker.
—Und nun
Meine Meinung:
Babler SPÖ bedeutet mehr Sozialismus und mehr Arbeitslose für jene welche an der SPÖ Kritik üben!