Der Finanzminister hat sein erstes Budget im Parlament vorgestellt – es soll ein Corona-Budget zur Bewältigung der Krise sein. Doch Wirtschaftsforscher nennen es unausgegoren und die Opposition vermisst eine Steuerreform und Investitionen in Infrastruktur und den Arbeitsmarkt. In Blümel Budget zahlen Arbeitnehmer und Konsumenten 80 Prozent der Krisenkosten – trotz steigendem Defizit ist kein Beitrag von Vermögenden vorgesehen.
Gernot Blümel präsentiert sein erstes Budget und das steht ganz im Zeichen der Corona-Krise. Die Lage in Österreich ist schlecht, dramatischer als in anderen Ländern wie etwa Deutschland: Der Wirtschaftseinbruch ist tiefer, die Arbeitslosenquote höher und auch Budgetdefizit und Inflation sind deutlich gravierender als im deutschen Nachbarland.
“Traditionell ist österreichischer Arbeitsmarkt in Rezessionen relativ stabil. Diesmal nicht”, schreibt der AK-Ökonom Markus Marterbauer auf Twitter. Die Arbeitslosigkeit ist im Vergleich zu Deutschland fast doppelt so stark angestiegen. Und das liegt auch in der Verantwortung von Gernot Blümel und den Hilfspaketen: Während Österreich die Töpfe laufend aufstocken und verlängern muss, hatte der deutsche Härtefallfonds von Beginn an das 25-fache Volumen. Das hat vielen Unternehmen zu Beginn der Krise das Leben gerettet.
“Schwere Einschnitte für Arbeitnehmer”
Das Budget, das Blümel für 2021 vorstellt, soll diese Fehler ausgleichen. “Die Krise hat für viele Arbeitnehmer schwere Einschnitte mit sich gebracht”, sagt Blümel im Parlament und der Bundeskanzler erklärt Arbeitslosigkeit zur “Chefsache”. Doch im Budget findet sich von diesen Ankündigungen wenig. Dort ist weder eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes vorgesehen, noch ausreichend Geld für ein Konjunkturpaket. Das AMS-Förderbudget ist pro Arbeitslosem niedriger als 2017 – damals boomte die Wirtschaft regelrecht.
Seither sinkt das AMS-Förderbudget. Im Budget 2021 wird diese Situation kaum besser. Zwar steigt die absolute Summe leicht. Pro Arbeitssuchenden plant das Finanzministerium aber nur 3.400 bis 3.600 Euro auszugeben. Im Vergleich: 2017 waren es noch über 3.700 Euro. Und das stimmt nur dann, wenn man die optimistischen Prognosen des WIFO nimmt.
Rechnet man mit den den Prognosen des AMS selbst, sinkt das Förderbudget weiter in Richtung 3.300 Euro. Wenig, angesichts der Rekordarbeitslosigkeit.
Aber auch die Frage, wie es mit der Kurzarbeit weitergeht, ist noch ungeklärt. Sie ist vorerst nur bis März kommenden Jahres verlängert worden ist. Diese Maßnahme soll einen noch teureren Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindern.
Defizit steigt auf 6,3 Prozent
Das Defizit wird in diesem Jahr 28 Mrd. Euro ausmachen, im nächsten Jahr 2021 will Blümel 21 Milliarden Euro mehr ausgeben, als er einnimmt – im besten Fall. Das sind 6,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das Defizit ergibt sich aus den Hilfszahlungen an die heimischen Unternehmen – neun zusätzliche Milliarden Euro für 2021 – und den sinkenden Einnahmen.
Neben dem Bund werden kommendes Jahr auch die Länder und Gemeinden neuerlich Verluste schreiben. Das Finanzministerium schätzt das Defizit der Länder auf 0,4 Prozent der Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt/BIP), jenes der Gemeinden auf 0,2. Gemeinsam mit 5,7 Prozent Bundesdefizit ergibt sich daraus das gesamtstaatliche Minus von 6,3 Prozent des BIP. Länder und Gemeinden hatten in den vergangenen Jahren ausgeglichen bilanziert, sind mit der Coronakrise aber ins Minus gerutscht.
Arbeitnehmer zahlen 80 Prozent der Krisenkosten
“Wir gehen davon aus, dass wir nach dieser Krise nicht wieder zehn Jahre brauchen, um von den Schulden herunterzukommen.” Neue Steuern braucht es dafür aber nicht, meint Blümel: “Man kann es mit einer soliden Haushaltspolitik machen.” Damit werden bereits Kürzungen im Sozial- und Gesundheitsbereich angedroht. Einen Beitrag der Vermögenden zu den Krisenkosten schließt der Finanzminister aus.
In Blümels Budget zahlen Arbeitnehmer und Konsumenten 80 Prozent der Krisenkosten – und das soll auch so bleiben. An der Steuerstruktur will er nichst ändern.
In Blümels Budget ist weder die zweite Etappe der Einkommenssteuerreform zur Entlastung der Arbeitnehmer vorgesehen, noch eine Vermögens- oder Erbschaftssteuer. Und das obwohl Konzerne trotz Staatshilfen Dividenden an Aktionäre und Managerboni ausschütten.
Über 1 Mio. Euro für PR und Repräsentation
Trotz Corona-Krise wird dem Bundeskanzler ein großzügiges “Repräsentationsbudget” zugestanden. 2020 hat es 1,2 Millionen betragen, 2021 ist es noch immer mit stolzen 700.000 Euro budgetiert. Das heißt aber nicht, dass es nicht deutlich höher ausfallen wird. Während der schwarz-blauen Regierung lag das PR-Budget bei 270.000 Euro, der Kanzler überzog es aber um das Fünffache.
Für den Klimaschutz sind 300 Millionen Euro vorgesehen, weitere knapp 100 Millionen Euro für das zum grünen Prestigeprojekt gewordene 1-2-3-Ticket. Für Digitalisierung der Schulen gibt der Bund 250 Millionen Euro aus. Das Budget für die Universitäten steigt bis 2024 um etwa 1,2 Mrd. Euro oder zehn Prozent.
Um 204 Mio. oder 8,3 Prozent wird das Heeresbudget erhöht. Der Auslandskatastrophenfonds wird zwar verdoppelt. Im internationalen Vergleich ist das aber immer noch sehr wenig. Länder wie die Schweiz oder Schweden geben das Vierfache an internationaler Hilfe aus.
Opposition und Gewerkschaft zerpflücken Budget
Die SPÖ sprach bereits am Dienstag von einem “Budget voller gebrochener Versprechen”, die Neos kritisierten eine “in Zahlen gegossene Mutlosigkeit”. Die Freiheitlichen meinten, das Budget spiegle “die Hilf- und Tatenlosigkeit der Regierung wider”.
“Die Folgen dieser Politik der Inkompetenz und Gleichgültigkeit sehen wir an den nackten Zahlen”, urteilt Leichtfried: „Weder finden sich ausreichend Mittel im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, den Kanzler Kurz zur ‚Chefsache‘ machen wollte, noch die versprochene Steuersenkung und auch nicht die angekündigten Milliarden-Investitionen etwa in den Klimaschutz“, sagt der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried.
Der ÖGB und auch die SPÖ wiedereholen ihre Forderungen nach einem Konjunkturprogramm. Die Neos fordern Schwerpunkte statt Gießkannen-Prinzip: “,Koste es, was es wolle’ kann gefährlich werden”, mahnt Meinl-Reisinger einen soliden Haushalt ein. Sie fordert stattdessen Investitionen in den Bildungsbereich oder in klimafreundliche Infrastruktur.
Auch Wifo-Chef Christoph Badelt kritisiert gegenüber der APA, dass das Budget “unausgegoren” sei. Die Steuerreform sei im Budget nicht eingepreist. Für die Steuerreform fehlen konkrete Pläne. Es sei “bemerkenswert”, wie unausgegoren vieles sei, sagt Badelt gegenüber der APA.