Der am Mittwoch im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss geladene Gruppenleiter der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, Bernhard Weratschnig, beklagte die Einflussnahme auf die Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwälte. Zwar sind die Ermittler:innen mittlerweile von den erdrückenden Berichtspflichten befreit, doch die WKStA bräuchte dringend drei weitere Anwält:innen, um die Fälle abzuarbeiten. Weratschnig spricht von einer “nie dagewesenen Kampagne” gegen Korruptionsermittler:innen, in deren Zentrum Christian Pilnacek und Johann Fuchs stehen.
Nachdem das berüchtigte Ibiza-Video an die Öffentlichkeit gelangte, begann die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zu ermitteln. Mit der Zeit verschob sich der Fokus von der FPÖ in Richtung ÖVP – immer mehr ÖVP-Politiker:innen gerieten ins Visier der Korruptionsjäger:innen. Es geht um die Vorwürfe der Bestechung und Bestechlichkeit, Untreue, falschen Beweisaussage, Amtsmissbrauch und noch einige mehr.
Die ÖVP diskreditiert öffentlich die Korruptionsstaatsanwaltschaft
Schnell hat die ÖVP versucht, die Arbeit der WKStA zu diskreditieren. Der ÖVP-Abgeordnete Hanger sprach von “linken Zellen” in der Korruptionsstaatsanwaltschaft, der ehemalige Bundeskanzler Kurz von “roten Netzwerken”. Die türkise Message Control arbeitete an dem Eindruck: Die Ermittlungen gegen die ÖVP seien parteiisch motiviert, die Staatsanwält:innen nicht objektiv. Spätestens nach den Hausdurchsuchungen im Bundeskanzleramt und im Finanzministerium, die den Rücktritt von Bundeskanzler Kurz und Finanzminister Blümel zur Folge hatten, ist klar, dass die Ermittlungen gerechtfertigt und angemessen waren. Jeder Korruptionsstaatsanwalt wäre verpflichtet gewesen, dieser Verdachtslage nachzugehen.
Bernhard Weratschnig, der Oberstaatsanwalt der WKStA, spricht am Donnerstag im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss von einer “nie dagewesen Kampagne”. Im Hintergrund hat sich eine kleine ÖVP-treue Gruppe dafür eingesetzt, die Arbeit der WKStA möglichst aufzuhalten. Die zentralen Figuren dabei: Der einst mächtigste Beamte im Justizministerium, Christian Pilnacek, und der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft, Johann Fuchs.
Enge Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamtschef
Die beiden hatten zum Beispiel vor, die WKStA zu durchleuchten. Vordergründig ging es um Leaks über die Parteimitgliedschaft von Polizist:innen in der SOKO Ibiza, doch die Chats zwischen Fuchs und Pilnacek zeigen, dass beiden klar gewesen sein dürfte, wo die Leaks wirklich herkamen: Aus dem BVT. Weratschnig betonte, dass Aktenleaks niemals im Interesse der WKStA und außerdem auch strafbar sind.
Pilnacek und Fuchs meldeten sich diesbezüglich auch beim jetzigen Bundeskriminalamtschef Andreas Holzer – und nicht etwa beim Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung, das eigentlich dafür zuständig wäre. Holzer ist übrigens jener Beamte, der es zu verantworten hat, dass das Handy des Kanzler-Mitarbeiters, der Festplatten schredderte, nicht ausgewertet wurde.
Pilnacek und Fuchs wollten Korruptionsanwälte observieren lassen
Pilnacek und Fuchs hatten sogar eine Art Spionin in der WKStA, die sie über interne Abläufe informierte sowie Terminkalender und Akten abfotografierte. Die Staatsanwältin hat inzwischen offiziell die Seite gewechselt und arbeitet mittlerweile bei einer großen Anwaltskanzlei, die Beschuldigte in der Ibiza-Causa vertritt.
Auch die Observation jenes Beamten, der in der WKStA gegen Kurz ermittelte, dachte Pilnacek an. “So arg, das kann man sich nicht gefallen lassen; ich spreche morgen mit Lang (Franz, Chef des Bundeskriminalamts, Anm.); ich stelle mir Observation vor; hG“ schrieb er an Fuchs.
“Das ist etwas, das man gar nicht für möglich hält, dass sich Spitzenjuristen aus dem Justizministerium und Spitzenpolizisten zusammentun, um Ermittlungen, die der ÖVP schaden könnten, zu zerschlagen”, ist der SPÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss, Jan Krainer, fassungslos.
Lange keine Konsequenzen für Fuchs
Weratschnig berichtete, dass er das Justizministerium in einem Brief auf die Befangenheit des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft Fuchs hingewiesen hat, die sich aus den Chats ergibt. Passiert sei nichts, Fuchs ist nach wie vor Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien. Zwar gab es laut Weratschnig auch Verbesserungen bei der Arbeit in der WKStA nachdem die führende Korruptionsanwältin in der Causa das Handtuch geworfen hatte – etwa weniger Berichtspflichten und die Übernahme der Dienst- und Fachaufsicht in diesem Verfahren durch einen Staatsanwalt der Oberstaatsanwalt Innsbruck. Das würde ein effizienteres Arbeiten ermöglichen. Doch nach wie vor fehlt es den Korruptionsermittler:innen an Personal: Mindestens drei weitere Anwälte bräuchte es laut Weratschnig, um die Fälle zügig abzuarbeiten.