Schwarz-Blau

Länger arbeiten für weniger Pension: Das ist die Politik der ÖVP

Foto: Andy Wenzel / BKA (bearbeitet)

Im Jahr 2003 hat die Politik unter ÖVP-FPÖ dem Pensionssystem einen schmerzhaften Schlag versetzt: Sie hat gekürzt, verschärft und eingespart. Es war maßgeblich die ÖVP, die dafür gesorgt hat, dass wir länger arbeiten und weniger Pension bekommen. Doch das ist ihr nicht genug. Zwar behauptet die ÖVP 2024 offiziell, dass sie das Pensionsalter nicht anheben will, aber wenn man sich die Wortmeldungen der ÖVP-Minister anschaut – und was sie in der Vergangenheit gemacht haben – ergibt sich ein anderes Bild. Nämlich schon wieder: länger arbeiten und weniger Pension.

Rückblick: Massive Pensionskürzungen unter Schwarz-Blau I

Zum ersten Mal in der Geschichte Österreichs formierte sich im Jahr 2000 eine schwarz-blaue Koalition. Die Bevölkerung reagierte mit massiven Protesten in allen Landeshauptstädten. Auch am Tag der Angelobung: Die Regierungsmitglieder mussten zu ihrem eigenen Schutz durch einen unterirdischen Gang vom Kanzleramt in die Hofburg eskortiert werden.

Ein Grund, warum der Widerstand aus der Bevölkerung so groß war, war die inhaltliche Ausrichtung der neuen Politik. Eines der ersten Vorhaben war ein Angriff auf das österreichische Pensionssystem. Der damalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) ist verantwortlich für massive Pensionskürzungen, die sich langfristig auswirken und kommende Generationen belasten.

Sebastian Kurz und Wolfgang Schüssel. Foto: Flickr/BMEIA

Die Schüssel-ÖVP erhöhte das Pensionsalter für alle und kürzte vor allem bei Frauen

Eine der umstrittensten Maßnahmen der FPÖ-ÖVP-Regierung war neben der Pensionskürzung die schrittweise Anhebung des Pensionsalters für Frauen von 60 auf 65 Jahre. Sozialminister Herbert Haupt und Finanzminister Karl-Heinz Grasser (beide FPÖ) leiteten diese Maßnahme ein. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (beide ÖVP) beschlossen sie 2003. Die Folgeschäden der damals beschlossenen Gesetze spüren die Menschen bis heute. 2028 treten die letzten Änderungen dieser Reform in Kraft.

Bis heute argumentieren Kritiker:innen, dass Frauen mit gesundheitlichen Problemen und Arbeitsunterbrechungen, beispielsweise durch Kindererziehung bedingt, unverhältnismäßig stark unter der Reform leiden und so in die Altersarmut gedrängt werden. Tatsächlich kümmern sich Frauen ab 55 häufig um pflegebedürftige oder kranke Partner und haben es nach einer Kündigung schwerer, einen neuen Job zu finden. Dadurch kommt es zu einem verringerten Einkommen und gleichzeitig einer geringeren Pensionshöhe.

Eine weitere massive Kürzung stellt die Verlängerung des Durchrechnungszeitraums an. Bis 2003 wurde das durchschnittliche Einkommen der letzten 15 Jahre als Basis für die Pension hergenommen. Weil die letzten 15 Arbeitsjahre in der Regel auch die am besten bezahlten sind, waren die Pensionen entsprechend hoch. Seitdem werden jedoch die letzten 40 Jahre als Basis hergenommen. Da Frauen in dieser Zeit Frauen häufiger teilzeitbeschäftigt sind, ist auch die Pension niedriger.

Die schwarz-blaue Pensionsreform war die größte Pensionskürzung der zweiten Republik, aber es war vor allem eine Kürzung der Frauenpensionen.

ÖVP verhindert Pensions-Anpassung an Inflation

Die Schüssel-Regierung hat die Pensionen noch auf eine zweite, versteckte Art und Weise gekürzt: In den Jahren ihrer Regierungszeit sind die Pensionen nur noch bedingt an die Inflation angepasst worden. So haben die Pensionen bis heute schrittweise an Wert verloren.

Die Ursache: Das Pensionskonto von Erwerbstätigen wird nicht direkt an die Inflation angepasst, sondern gemäß den volkswirtschaftlichen Lohnsteigerungen. Dadurch fließen zwar auch Produktivitätsgewinne in die Erhöhung der bisher geleisteten Beitragszahlungen ein, allerdings mit einer starken zeitlichen Verzögerung. Die Inflation wird dadurch nur teilweise abgegolten. Dank der ÖVP kommt es zu einer weiteren Pensionskürzung und es drohen lebenslange Kaufkraftverluste von bis zu acht Prozent.

Weitere Pensionskürzungen: 2020 schaffen ÖVP und Grüne Hacklerregelung ab

Wer früh ins Erwerbsleben eingetreten ist und sein ganzes Leben lang gearbeitet hat, hatte bis 2020 Anspruch auf die „Hacklerregelung“. Menschen, die insgesamt 45 Jahre gearbeitet haben und mindestens 62 Jahre alt waren, konnten ohne Abschläge in Pension gehen. Diese Regelung wurde von Sebastian Kurz (ÖVP) mit grüner Regierungsbeteiligung abgeschafft. Durch das Ende der Hacklerreglung ergibt sich eine weitere Pensionskürzung. Unter Kurz haben Betroffene durchschnittlich 240 Euro Pension pro Monat verloren. Auch die Kürzung der Invaliditätspension geht auf das Konto der Kurz-ÖVP.

Seit 2024 wird das Pensionsantrittsalter von Frauen schrittweise von 60 auf 65 Jahre angehoben. Diese Maßnahme ist eine direkte Folge der schwarz-blauen Pensionsreform von 2003.

2024: ÖVP und Industriellenvereinigung attackieren erneut Pensionssystem

Heute liegt das gesetzliche Pensionsantrittsalter für Männer und Frauen bei 65 Jahren. Doch die ÖVP drängt darauf, es weiter zu erhöhen. Wirtschaftsminister Martin Kocher fordert seit 2022, das Pensionsalter für alle auf 68 Jahre zu erhöhen. Im Jahr darauf nahm die ÖVP die Budgetrede des Finanzministers Magnus Brunner zum Anlass, um erneut auf die Einsparungsmöglichkeiten bei den Pensionen hinzuweisen und eine Pensionskürzung zu fordern. Unterstützung kam von Holger Bonin, Chef des ÖVP-nahen Instituts für höhere Studien. Er zeigte sich in der ORF-Pressestunde überrascht, dass das „großzügige Pensionssystem“ nicht reformiert werde, und forderte, dass ein Antrittsalter von 67 Jahren in Betracht gezogen werden soll.

 

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Vor der Nationalratswahl 2024 im Herbst nimmt die Diskussion um Pensionen erneut an Fahrt auf. Zuletzt forderte ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner, das Pensionsantrittsalter noch weiter anzuheben. Statt mit 65, sollen die Österreicher:innen erst mit 68 (!) Jahren in Pension gehen dürfen. Derartiges forderte auch Georg Knill, Chef der Industriellenvereinigung, in der ORF-Pressestunde. Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, nahm die Diskussion zum Anlass, um Anfang Juli im ORF-Report überhaupt alle Teilzeit-Beschäftigten schlechter zu stellen: Sie sollen noch länger arbeiten müssen, bevor sie überhaupt in Pension gehen dürfen.

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