Heeresreform: Klaudia Tanner strukturiert das österreichische Bundesheer komplett um. Ranghohe Militärs lehnen die Reform ab. Der Militäradjutant des Präsidenten schreibt, Tanners Pläne „gefährden eine praktikable Einsatzführung im höchsten Ausmaß“. Es gehe der Ministerin nämlich nicht um Effizienzsteigerung, sondern darum, ÖVP-Günstlinge in Führungsfunktionen zu heben, meinen Kritiker. Parallel dazu will Tanner dem österreichischen Bundesheer deutlich mehr Geld zur Verfügung stellen.
Dieser Artikel wurde am 29. März veröffentlicht und am 11. April um den erfolgten Ministerratsbeschluss aktualisiert.
Verteidigungsministerin Tanner will eine Umstrukturierung des Bundesheeres vornehmen. Genauer gesagt hat sie das bereits getan. Ohne Ministerratsbeschluss arbeitet das Bundesheer rechtswidrig nach der von Tanner erdachten Struktur, das gab der Generalstabschef Brieger in einem ZIB2 Interview zu. Tanners Reform sorgt in Militärkreisen für Unruhe. Ohne Not zerstückelt Tanner eingespielte Kommandostrukturen und presst sie neu zusammen. Tanners Mosaik aus Befehlsketten und Zuständigkeiten könnte zum Problem werden: Der Militäradjutant von Bundespräsident Van der Bellen, Thomas Starlinger, kritisierte, dass es für Tanners Plan der Verschmelzung der strategischen, operativen und taktischen Ebenen keine internationalen Vorbilder gebe. Militärs auf der ganzen Welt funktionieren nach einem bestimmten bewährten Schema, das eigentlich in jedem Land recht ähnlich aussieht. Österreich würde mit der Tanner-Struktur einen Alleingang machen – internationale Zusammenarbeit wäre damit erschwert. Innereuropäische Kooperation würde im Kriegsfall verkompliziert. Dass die neu geschaffenen Direktorate auf Wien, Graz und Salzburg aufgeteilt werden, ist absurd, kritisieren Militärs.
In Notfällen müssen künftig Videokonferenzen abgehalten werden, das “kann aufgrund der massiven Bedrohung von Kommunikationssystemen in einem militärischen Anlassfall als im höchsten Ausmaß ‚unzuverlässig‘ beurteilt werden”, kritisiert Starlinger.
Doch die Kritik scheint Tanner kalt zu lassen. Schon seit Juli 2021 arbeitet das Militär nach der von ihr erdachten Struktur. Der nötige Ministerratsbeschluss folgte erst am 8. April 2022 per Zirkulationsbeschluss, also ohne formale Sitzung.
Chaos im Ministerium: Lösch-Hubschrauber stand während Waldbränden am Heldenplatz
Erste Tücken des neuen Systems konnten schon beobachtet werden: Insider berichten von chaotischen Zuständen im Ministerium. Eine Abteilung wisse derzeit nicht, was die andere tue. Das soll mit ein Grund sein, warum der Einsatz der Black Hawk Hubschrauber bei den Waldbränden in der Rax 2021 schief ging. Zur Erinnerung: Von den neun Hubschraubern konnten sieben wegen Wartungsarbeiten nicht eingesetzt werden. Einer der zwei übrigen Lösch-Hubschrauber kam erst zwei Tage verspätet zum Brandeinsatz, weil er bei der militärischen Leistungsschau am 26. Oktober in Wien Besuchergruppen präsentiert wurde.
Landessicherheit wird gefährdet, damit ÖVPler hohe Posten bekommen
Warum aber sollte Klaudia Tanner die eingespielten Kommandostrukturen in ihrem Ressort ohne Not zerstören? Aus Militärkreisen heißt es, es ginge Tanner vor allem darum, ÖVP-Günstlinge in hohe Positionen zu heben. Österreichs Bundesheer ist wenig überraschend eine hierarchische Organisation. Man kommt nach oben, indem man lange dient und leistet. Personen ohne ÖVP-Parteibuch an wichtigen Posten bekommt die Ministerin nicht so schnell weg. Um das zu umgehen, bediene sie sich eines Tricks, der schon aus dem Innenministerium bekannt ist. Als der mittlerweile wegen Bestechlichkeit verurteilte Ernst Strasser Innenminister wurde, zerstückelte auch er das Ministerium und legte Abteilungen neu zusammen. Das hatte einen für die ÖVP angenehmen Nebeneffekt:
Wird eine Abteilung geteilt und oder neu zusammengelegt, können die Führungspositionen neu ausgeschrieben werden. Damals kamen ÖVP-Günstlinge in wichtige Positionen.
Innenministerium als Vorbild für Tanners Reform
Was dann geschah, ist österreichische Polizeigeschichte: Der damals gegründete Geheimdienst BVT wurde zur ÖVP-Hochburg. Beamt:innen sollen sogar vom damaligen Innenminister Sobotka für den ÖVP-Wahlkampf eingespannt worden sein. Es folgten zahlreiche Skandale, etwa die Beihilfe von Ex-BVT-Agenten zur Flucht des international gesuchten Jan Marsalek, ein Untersuchungsausschuss und der Terroranschlag von Wien, bei dem der Geheimdienst versagte. Die Financial Times zitiert einen europäischen Diplomaten, der das BVT als derartig durch russische Spione kompromittiert betrachtet, dass es zeitweise vom Informationsaustausch zwischen den europäischen Geheimdiensten ausgeschlossen wurde. Das Verteidigungsministerium sei “praktisch eine Abteilung des GRU (russischer Geheimdienst Anm. d. Red.)”, so der Diplomat weiter. Das BVT wurde mittlerweile aufgelöst und durch die neu gegründete Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst ersetzt. Karl Nehammer machte Omar Haijawi-Pirchner zum Chef. Einen Polizisten ohne Geheimdiensterfahrung, der aber schon für Integrationsministerin Susanne Raab arbeitete und für Johanna Mikl-Leitner Flyer verteilte.
Heeresreform: Tanner lernte beim mittlerweile verurteilten Strasser ihr Handwerk
Ähnliches soll Tanner für ihr Ministerium planen. Denn sie ist eine Türkise durch und durch.
Schon bei der Umfärbung des Innenministeriums unter Ernst Strasser war sie als Kabinettsmitarbeiterin an Bord – als Kollegin des heutigen Innenministers Gerhard Karner.
Ihr Schwager ist Stefan Steiner, ehemaliger Kurzberater, Chefstratege der ÖVP und Beschuldigter in der ÖVP-Affäre. Tanners stellvertretende Kabinettschefin war Katharina Nehammer – die Ehefrau des heutigen Bundeskanzlers. Tanner, die Familien von Nehammer und die der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner waren zuletzt gemeinsam auf Skiurlaub – eine Tradition der drei Familien. Da störte es offenbar bei Tanners Ernennung auch nicht, dass die Bauernbündlerin eigentlich wenig Wissen im Militärbereich mitbringt.
Job mit fünfstelligem Gehalt soll auf Kurz-Vertrauten zugeschnitten worden sein
Die neu geschaffenen Direktorenposten sollen allesamt auf Tanners engste Berater zugeschnitten worden sein – unter anderem soll das Heer zwei zivile Generaldirektoren bekommen. Den Direktorenposten für Präsidial- und Personalverwaltung hätte dem Vernehmen nach der Jurist Dieter Kandlhofer leiten sollen. Kandlhofer gilt als Vertrauter von Sebastian Kurz, der ihn in die Politik holte und den er zu seinem Generalsekretär machte. 2020 wechselte er von Kurz zu Tanner als Generalsekretär.
Für Kandlhofer sei sogar die Reform reformiert worden, wie der Standard berichtet. Das Gehalt für die neue Direktion sei für ihn zu gering gewesen. Daraufhin sollen noch einmal über 30 Paragrafen geändert worden sein, damit Kandlhofer mehr Mitarbeiter:innen, etwa Reinigungskräfte und Portiere, unterstellt wurden. Das Ergebnis: Der neue Job wurde höher bewertet und mit einem fünfstelligen Monatsgehalt dotiert. Besonders pikant: Kandlhofer ist als Generalsekretär im Verteidigungsministerium selbst mit der Umstrukturierung befasst. Ein Vorgehen, das stark an die Affäre Thomas Schmid erinnert, der sich als Generalsekretär im Finanzministerium selbst seine Ausschreibung für den Posten als ÖBAG-Manager schrieb. Wohl auch deshalb war der Widerstand im Bundesheer und im Ministerium gegen Kandlhofer, der keine militärische Erfahrung hat, zu groß. Der Standard berichtet, dass Tanner bereits nach einem ÖVP-nahen Ersatzkandidaten suche und für Kandlhofer ein gut dotierter Posten in einem Höchstgericht herausspringen könnte.
“Das ist keine Reform für die Truppe, das ist eine Reform für die Freunde von Ministerin Tanner!”
Der Wehsprecher der SPÖ Robert Laimer sieht die Reform äußerst skeptisch und warnt:
„Das ist keine Reform für die Truppe, das ist eine Reform für die Freunde von Ministerin Tanner, auf dem Rücken der Verteidigungsfähigkeit. Während in Europa ein Krieg tobt, dessen Ende nicht absehbar ist, wird die Führungsebene des Bundesheeres zerstückelt. Damit werden die Führungsfähigkeit und die Einsatzfähigkeit des Bundesheeres massiv gefährdet, es gibt international keine Vorbilder. Ein solches Experiment zu Zeiten des Krieges in Europa ist hochgradig unverantwortlich. Das Bundesheer braucht Kommandanten und keine Direktoren.“
Besonders brisant wird die Umstrukturierung auch angesichts der enormen Budgetaufstockung für das österreichische Bundesheer. Tanner will das Heeres-Budget auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts anheben – das sind rund sechs Milliarden Euro im Jahr. Dazu soll noch ein zehn Milliarden Euro schwerer „Neutralitätsfonds“ für die nächsten Jahre eingerichtet werden, mit dem der Investitionsrückstau abgebaut werden soll. Derzeit liegt das Heeresbudget bei 0,6 Prozent des BIP beziehungsweise 2,7 Mrd. Euro. Die befürchtete ÖVP-Dominanz im Bundesheer ginge dann mit deutlich mehr Geld einher, in einem System, dessen Effizienz und Einsatzfähigkeit sich eher verschlechtert.
Widerliche Person. Durch und durch schwarz. Alles für die korrupte, schwarze Brut . Unfassbar!
Diese Gfraster beschenken sich gegenseitig mit unserem Steuergeld! Ja hört den das jetzt nie mehr auf?