Immer weniger Kassenärzt:innen, dafür immer mehr Wahlärzte: Eine gute und schnelle Gesundheitsversorgung ist zunehmend eine Frage des Geldes. In Österreich hat die Zweiklassenmedizin in fast allen Fachbereichen ein dramatisches Ausmaß angenommen. Das zeigen aktuelle Zahlen aus dem Gesundheitsministerium.
Besonders stark ist der Anstieg privater Anbieter in der Kinderpsychiatrie: Gab es 2017 noch 40 Wahlärzte, hat sich die Zahl bis 2023 auf 129 verdreifacht. Kassenärzte hingegen gibt es im gleichen Zeitraum nur um 17 mehr – und damit gerade einmal 43. Somit hat sich der Anteil der Wahlärzte in nur sechs Jahren von 60 auf 75 % gesteigert. Diese Entwicklung kann man auch an den gestiegenen Kosten für Patient:innen ablesen. Wurden 2017 noch knapp 750.000 Euro eingereicht, liegt diese Summe 2023 bei fast 2 Millionen Euro – eine Steigerung von 165 Prozent.
Doch auch in anderen Bereichen schaut die Situation düster aus. Etwa in der Urologie. Dort gibt es seit 2017 um 61 Wahlärzte mehr – aber dafür 8 Kassenärzte weniger. Das Verhältnis hat sich auch hier stark zugespitzt – mit dem Ergebnis, dass man mitunter 145 Tage auf einen Termin warten muss. Auch bei Hautärzten sind monatelange Wartezeiten keine Seltenheit. Hier gibt es seit 2017 sogar um 79 Kassenärzte weniger – Wahlärzte hingegen um 136 mehr.
Eine Psychiaterin für 60.000 Menschen
Insgesamt ist die Versorgung von Fachärzt:innen für die Bevölkerung dramatisch: Auf einen einzigen Augenarzt kommen 24.000 Einwohner, auf einen Psychiater fast 60.000 Menschen. Die langen Wartezeiten auf Operations-Termine haben mehrere Gründe: Zum einen fehlt es an Pflegepersonal, zum anderen kommen auf einen Chirurgen 80.000 Personen – ein viel zu hohes Verhältnis.
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Zweiklassenmedizin: Ergebnis Schwarz-Blauer Gesundheitspolitik
Zu einem großen Teil sind die Einsparungen im Gesundheitssystem unter ÖVP-FPÖ schuld an dieser Situation. Sie haben mit der Zerschlagung der Krankenkassen massiv eine Zweiklassenmedizin befördert. Anstatt mehr Geld im Gesundheitssystem gibt es jetzt ein Milliardendefizit. Bereits Anfang des Jahres zeigte eine Anfragebeantwortung aus dem Gesundheitsministerium das Ausmaß. Die einst versprochene „Patientenmilliarde“ war von Anfang an ein Marketing-Gag der Bundesregierung unter Sebastian Kurz. Das sagte vor kurzem selbst die damalige FPÖ-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein.
Die SPÖ fordert deshalb, die versprochene Patientenmilliarde auszuschütten, eine Personaloffensive im Pflegebereich sowie eine Verdoppelung der Medizinstudienplätze. Jene, die anschließend im öffentlichen Gesundheitssystem arbeiten wollen, sollen vorgereiht werden. Zentral ist dabei auch die Forderung nach einer Termingarantie: Innerhalb von 14 Tagen soll jede und jeder einen Facharzttermin bekommen. Im Parlament fanden diese Anträge der SPÖ allerdings bis jetzt keine Mehrheit.
Privat zahlen oder ewig warten: Dramatische Folgen der ÖVP-FPÖ-Kassenzerschlagung
All die angeführten Punkte sind richtig.