Am 9. Juni 2024 findet die EU-Wahl statt, das sind die sechs Kandidat:innen: SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder, der ehemalige ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka, FPÖ-EU-Mandatar Harald Vilimsky, die von den „Lobautunnel Protesten“ bekannte Lena Schilling für die Grünen, Neos-Abgeordneter Helmut Brandstätter und KPÖ-Vorsitzender Günther Hopfgartner. Fünf Männer und eine Frau wollen wieder oder erstmals nach Brüssel. Was du über sie wissen musst, findest du hier in der Übersicht.
Andreas Schieder (SPÖ)
Die SPÖ schickt den langjährigen EU-Parlamentarier Andreas Schieder ins Rennen. Der 54-jährige Volkswirt wurde bereits früh sozialdemokratisch sozialisiert. Im Zuge der „Waldheim Affäre“ trat er in die Sozialistische Jugend (SJ) ein und konnte als Vizepräsident der Sozialistischen Jugendinternationale (IUSY) erste Erfahrungen auf europäischer Ebene sammeln.
Das Interesse an Außenpolitik setzt sich auch weiterhin fort. So war er Obmann des Außenpolitischen Ausschusses im österreichischen Parlament und internationaler Sekretär der SPÖ. Von 2013-2018 war er Klubobmann seiner Fraktion und war anschließend Spitzenkandidat für die EU-Wahl 2019. Abseits davon ist er auch Präsident der Österreichischen Naturfreunde und setzt sich für den Erhalt und einen freien Zugang in die Natur ein.
Die SPÖ steht für ein Europa der Gleichheit und Gerechtigkeit, deshalb müsse die EU menschlicher, klimafreundlicher und feministischer werden. Mit Blick auf die hohe Inflation sind zwingend Maßnahmen notwendig – das Leben muss für die Menschen leistbar bleiben, so Schieder. Ziel der Europäischen Sozialdemokratie ist es unter anderem, die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich zu verhindern. Deshalb sollen auch die Kosten der Klimakrise gerecht verteilt werden. Denn während die Superreichen und die Konzerne besonders zum Klimawandel beitragen, treffen die Auswirkungen vor allem die Ärmsten.
Mit einem Europäischen Mindestlohn, dem Klimaschutzpaket “Fit For 55” und dem Gewaltschutzpaket konnten bereits wichtige Maßnahmen umgesetzt werden. Eine starke sozialdemokratische Stimme in Europa will in diesen Bereichen weitere Verbesserungen erreichen.
Mit Blick auf die antidemokratische Tendenzen in einigen Mitgliedstaaten fordert der EU-Kandidat darüber hinaus einen umfassenden Schutz einer unabhängigen Justiz, sowie von Journalist:innen und Minderheiten. Er möchte vor allem mit seiner internationalen Erfahrung und einem progressiven Programm bei der EU-Wahl punkten – Ziel ist es, einen Rechtsruck in Europa zu verhindern.
Reinhold Lopatka (ÖVP)
1960 in der Oststeiermark geboren und aufgewachsen hat Reinhold Lopatka alle Stationen des ÖVP-Parteiapparats durchlaufen. Bereits als Schüler gründete er eine katholische (Mittelschul-)Verbindung und ist seit seinem Studium auch Mitglied im Cartellverband – also einer katholischen, elitären und rein-männlichen Studentenverbindungen. Dort trägt er den Namen “Lobius”.
Der Jurist startete seine politische Karriere bereits früh und wurde 1986 in den Steirischen Landtag gewählt. 2002 managte er den Wahlkampf der Schüssel-ÖVP und wurde Nationalratsabgeordneter. Zweimal war er Staatssekretär (im Bundeskanzleramt und Finanzministerium) bis er es schließlich Ende 2013 zum einflussreichen ÖVP-Klubobmann brachte. Lopatka gilt als Vertreter der „alten“ ÖVP und als heimlicher Strippenzieher seiner Partei zur Zeit der Rot-Schwarzen Koalition.
Als Sebastian Kurz mit dem Projekt Ballhausplatz die Partei übernimmt, muss er den Posten des Klubobmanns räumen. Danach wurde es eher ruhig um Lopatka. Nach einigen Jahren als ÖVP-Nationalratsabgeordneter geht er nun als EU-Kandidat ins Rennen. ÖVP-Obmann Karl Nehammer bedankt sich öffentlich dafür: “Lieber Reinhold, danke, dass du dir das antust, im wahrsten Sinne des Wortes”, sagt Nehammer in seiner Rede im Jänner 2024.
Im Wahlkampf möchte sich die ÖVP als Partei der „Mitte“ positionieren, zu erwarten ist eher ein Rennen mit der FPÖ um die restriktivste Migrationspolitik. Zu den drängenden politischen Fragen rund um Inflation, Klimaschutz und EU-Haushalt findet sich bei der ÖVP wenig. Er spricht sich gegen die Klimaproteste und eine „Schuldenunion“ aus, ist also für geringere Investitionen in die öffentliche Infrastruktur.
Harald Vilimsky (FPÖ)
Das 57-jährige FPÖ-Urgestein ist trotz der EU-Skepsis seiner Partei bereits ein altgedienter EU-Parlamentarier. Nach der Matura an der Handelsakademie war der Wiener ab 1991 als Pressereferent im Nationalratsklub der FPÖ tätig. Gemeinsam mit H.C. Strache durchlief er alle Stationen in der Partei-Hierarchie. Seit 2014 sitzt er bereits in Brüssel und war „nebenbei“ FPÖ-Generalsekretär. Im Zuge der Ibiza-Affäre dürfte er als enger Weggefährte H.C. Straches immer mehr ins Abseits geraten sein und musste 2020 schließlich den Posten des Generalsekretärs räumen. Er selbst ist kein Mitglied einer Burschenschaft, schätzt Burschenafter aber “als Ehrenmänner“. Laut Recherchen von SOS Mitmensch, hat er darüber hinaus als EU-Spitzenkandidat 2019 durch großflächige Inseratenschaltungen die rechtsextreme Szene mitfinanziert.
Inhaltlich hat die FPÖ in ihrem Wahlkampf wenig Neues zu bieten, Migration, Privilegien und „Eurokratie“ werden wohl wieder die bestimmenden Themen werden. Vorrangiges politisches Ziel ist der lang gehegte Traum, die rechtspopulistisch bis rechtsextremen Parteien Europas unter einem Dach zu vereinen. Geht es nach EU-Kandidat Vilimsky sollen Streitigkeiten der Rechtsparteien untereinander in einer gemeinsamen Fraktion der Vergangenheit angehören.
Eine große Faszination hegt Vilimsky für Donald Trump: Den „Sturm auf das Kapitol“ bezeichnet er in der ZIB 2 als Propaganda. Einen Putschversuch gegen die amerikanische Demokratie sieht er darin nicht. Dieses Demokratieverständnis zeigt sich auch in seinem Verhältnis zu den Europäischen Institutionen. So könnte er sich als Ratspräsident sehr gut den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban vorstellen. Dieser transformiert sein Land in eine „illiberale“ Demokratie, schränkt die Presse- und Meinungsfreiheit ein und stellt die Grundrechte infrage. Neuerdings möchte Orban auch die Direktwahl der EU-Abgeordneten abschaffen und dadurch die demokratischen Mitbestimmung von EU-Bürger:innen beschränken – Vilimsky findet diesen Vorschlag überlegenswert.
Lena Schilling (Grüne)
Die 23-jährige Wienerin Lena Schilling ist vor allem durch die Besetzung der Baustelle des Wiener Lobautunnels und ihrem Engagement als Aktivistin bei Fridays-For-Future (FFF) bekannt geworden. Nach der Matura an der HBLA-KunstModeDesign begann sie ein Politikwissenschaft-Studium an der Universität Wien und war federführend bei Fridays-For-Futur aktiv.
Schillings EU-Wahlkampf wird sich um ihr zentrales Anliegen Klimaschutz drehen. Nach eigenen Aussagen möchte sie auch dem prognostizierten Rechtsruck in Europa etwas entgegensetzten. Mit ihrer Spitzenkandidatur sollen wohl junge Wählerschichten angesprochen werden, die von der Regierungspolitik der Grünen enttäuscht sind. Allerdings hat Schilling die Grünen in der Vergangenheit auch scharf kritisiert. So bezeichnete sie die Grünen als “Altpartei” und sagte noch kürzlich:
“Die Leute, die bei Fridays-For Future aktiv sind, würden im Jahr 2023 niemals zu den Grünen gehen. Der Grund ist einfach: Wir trauen ihnen nicht mehr zu, dass sie das, was sie versprochen haben, auch halten.”
In ihren Interviews rund um ihre Kandidatur relativiert Schilling allerdings einen Teil ihrer Forderungen: so würden die Aktionen der Letzen Generation den Leuten eher am „Oarsch“ gehen, Privatjets sollen nicht mehr verboten sondern „hart“ besteuert werden und Öffis nicht gratis sondern „leistbar“ sein.
Helmut Brandstätter (Neos)
Der frühere Journalist ist noch vergleichsweise neu in der Politik. Seit 2019 sitzt der ehemalige Chefredakteur und Herausgeber der Tageszeitung Kurier als „Parteifreier“ für die Neos im Parlament. Ein paar Jahre später ist er doch Mitglied der „Pinken“ geworden und soll seine Partei als Spitzenkandidat in die EU-Wahl führen. 1955 in Wien als Sohn eines hohen Landwirtschaftskammer-Funktionärs geboren, studierte er Rechtswissenschaften und begann anschließend seine journalistische Laufbahn im ORF.
Nach unterschiedlichen Stationen beim Öffentlich-Rechtlichen wechselte er Ende der 1990er zum Privatsender n-tv, ab 2003 war er Geschäftsführer und Miteigentümer von PULS TV (heute PULS 4), bis er zum Kurier wechselte. Diesen verließ er 2019 um seine politische Karriere zu starten.
Bei seiner Präsentation als EU-Kandidat betont Brandstätter die Rolle der EU als Friedensprojekt – eine europäische Sicherheitspolitik müsse umgesetzt werden. Geht es nach ihm, bräuchte die EU eine gemeinsame Armee und Österreich eine Neuinterpretation seiner Neutralität.
Die Neos wollen sich als europafreundliche, liberale Partei profilieren und die Klimakrise Hand in Hand mit der Wirtschaft bekämpfen. Deregulierung zählt zu den „Pinken“ Kernforderungen. Im Bildungsbereich will Brandstätter mehr Gerechtigkeit und die besten Universitäten für die EU. Wie sich Studierende diese Uiversitäten leisten sollen, bleibt allerdings unklar.
Weitere Kandidat:innen
Neben den fünf Parteien, die bereits im EU-Parlament vertreten sind, haben auch Kleinparteien ihre Spitzenkandidat:innen vorgestellt. Für die Kommunistische Partei Österreich geht Günther Hopfgartner ins Rennen. Der 59-Jährige führt hauptberuflich das Cafe 7Stern in Wien-Neubau und hat 2021 die KPÖ vom langjährigen Parteivorsitzenden Mirko Messner übernommen. Thematisch setzt die KPÖ im EU-Wahlkampf auf Themen wie Neutralität, Teuerung, Privilegien und Wohnen. Seit der ersten EU-Wahl in Österreich (1996) waren die KPÖ zwar immer dabei, konnten aber nie die notwendige 4% Hürde überspringen (2019 erreichten sie 0,8%).
Auch die Liste DNA (Demokratisch, Neutral, Authentisch) wird im Juni erstmals zur Wahl stehen. Spitzenkandidatin dieser Liste ist die Medizinerin Maria Hubmer-Mogg aus Graz. Sie ist durch die Proteste gegen Corona-Maßnahmen bekannt geworden. Dementsprechend will sie sich auf EU-Ebene gegen den Pandemievertrag der Weltgesundheitsorganisation und für eine pro-russische Politik einsetzen.
Wer weiß was die EU Kandidaten für Programm haben? Ich habe viele ex Kollegen gefragt niemand weiß was da ungesetzt werden soll! Ein Skandal der Medien!
NATO ein No Go. Strafmündigkeit ab 15Jahren. Straffällige “Gäste” Konsequent abschieben. Steuern senken. Alle in die Selbständigkeit führen wie in der USA mit Pflichtversicherung! Pensionisten sollen einen niedrigeren Steuersatz bekommen damit sich arbeiten auszahlt. AMS regeln gearbeitete Monate = Zuwendungsmonate. Gehälter der Frauen an die Männer anpassen!
Das ist reine Propaganda! Bei der ÖVP ist es eine “strenge Migrationspolitik” bei der FPÖ ist es “Fremdenfeindlichkeit” … ÖVP: Wirtschaft wichtiger als Klimawandel, FPÖ: Verharmlosung des Klimawandels… also wenn dieser Artikel “neutral” geschrieben wurde fresse ich einen Besen. Das ist wohl ein Fall für die Korruptionsanwaltschaft, schaut mir nach einer kleinen Affäre aus. Ich wähle FPÖ weil mir dieses Augenauswischen der Medien schon so auf die Nerven geht.
Stimmt. Es ist beides Fremdenfeindlichkeit. Wie man es schafft, die eigene Stimme für ÖVP oder FPÖ abzugeben, bleibt mir unerklärlich. Die Begründung eine Partei zu wählen, weil einem das “Augenauswischen der Medien” auf die Nerven geht, lässt mich daran zweifeln, ob wir als Menschen für Demokratie überhaupt bereit sind… Es ist bedauernswert.
Die 4 Prozent Hürde ist theoretisch, Parktisch sind 19 Sitze zu vergeben macht Pro Sitz 5,26 Prozent aus (Unabhängig der Wahlbeteiligung und der Wahlberechtigten).
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Es sollte sich also durchaus Gedanken gemacht werden, wenn man wählt, ohne das seine Stimme verloren geht.
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Für mich ist das Argument das Lena Schilling ein Frau ist ein gewichtiges Argument, ebenso gewichtig ihr jugendliches Alter. Die restlichen Kandidaten sind mit einem Durchschnittsalter von etwa 60,5 Jahre mehr als 2,6 mal so alt wie Lena Schilling…
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Darüber können die restlichen Parteien nachdenken, ob alte Herrn über die Zukunft der Jugend bestimmen sollen. Ich habe da ein gewisses Problem wenn alte Opas bestimmen wollen was für die Jugend von heute gefälligst gut zu sein hat!
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(Für diese alten Herrn war in ihrer Schulzeit Computer, Smartphons und Informationstechnologie noch nicht mal ein Fremdwort! Bestenfalls mittelmäßige Science Fiction aus Raumschiff Enterprise, am Samstag Abend, oder eben Heinz Conrad, grieß eich die Madln, servas die Buam…)
Es sind 20 Sitze also 5% der Stimmen pro Abgeordnete.
Ich habe mich an Wikipedia gehalten, das ist keine Garant für die Richtigkeit. Wenn es 20 sind, ist 5 Prozent korrekt, somit danke für die Info.
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https://de.wikipedia.org/wiki/Europäisches_Parlament#Wahlrechtsreform_zur_Änderung_der_Sitzverteilung
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5%, da hätte die KPÖ doch noch eine Chance. Das ist im Moment leider die EINZIGE Partei, die für Pazifisten noch wählbar wäre. So wie aus den einstigen pazifistischen Grünen fanatische Kriegstreiber und Besserwisser geworden sind, sollten die für die Jugend eigentlich unwählbar sein. Oder will die Jugend für die Konzerne am Schlachtfeld sterben. In der Ukraine geht es übrigens auch um große Lithiumvorkommen. Blut für “grüne Mobilität” der Bobos sozusagen. Angesichts der vielen Opfer und Kollateralschäden des Krieges um die Ukraine – an dem die EU mit Unterstützung des von Nationalisten und Neonazis gekaperten Euromaidanumsturzes nicht ganz unschuldig ist – müsste eine echte Grünpartei alles tun, um dem sinnlosen Morden und Verwüsten eine Ende zu setzen!
Nur noch verrückt, was sich derzeit POLITISCH abspielt. Das Militär und die Kriege werden in die Klimabilanz immer noch nicht eingerechnet, Kerosin ist nach wie vor unbesteuert. Die “Klimarettung” der Grünen eine einzige Lüge, denn mit dem Kapitalismus mit seinem Wachstumszwang (eskalierender Konsum) haben sich die Grünen schon längst arrangiert. Und als Koalitionspartner der ÖVP haben die jegliche soziale Kompetenz an den neoliberalen Arbeitsminister Kocher abgegeben.
Typisch jedenfalls, wie die noch nicht im EU Parlament vertretenen wahlwerbenden Gruppen nachrangig behandelt werden. Echte Demokratie würde gleich Wahlchancen für alle bedeuten und somit auch gleich viel Platz in der Wahlberichterstattung für alle Parteien. Da hat in den 80er Jahren auch einmal Univ. Prof. Maximilian Gottschlicht vom Wiener Publizistik-Insittut gefordert. Seither hat sich in Sachen Demokratisierung Österreichs leider wenig getan. Viele Rückschritte wie bei der UNI mit der Rücknahme der studentischen Mitbestimmung nach UOG. Bruno Kreiskys Ansage alle Gesellschaftsbereich mit Demokratie durchfluten zu wollen, scheint auch bei der SPÖ leider längst vergessen worden zu sein. Der politische Alzheimer scheint schon sehr fortgeschritten zu sein.
Ja ich hab lieber einen 80 jährigen als ne 23 jährige in der Führung!