Die Opposition bringt eine Sachverhaltsdarstellung gegen Gernot Blümel bei der WKStA ein. Der Vorwurf: Blümel habe im Ibiza U-Ausschuss unter Wahrheitspflicht gelogen und die Wahrheit verschwiegen. Der Finanzminister sagte aus, es gab keine Spendenangebote in Zusammenhang mit einer Bitte an ihn. Das SMS von Novomatic-Manager Neumann (1. Spende, 2. Problem in Italien) beweist das Gegenteil.
Gernot Blümel konnte sich bei seiner Vorladung im Ibiza-Untersuchungsausschuss am 25. Juni 2020 an vieles nicht erinnern. Er sagt unter Wahrheitspflicht aus, nichts von Spenden-Angeboten in Zusammenhang mit der Bitte um einen Gefallen zu wissen. Kürzlich veröffentlichte SMS zwischen dem damaligen Kanzleramtsminister und Novomatic-Manager Harald Neumann zeigen, dass das nicht der Wahrheit entspricht. SPÖ, FPÖ und Neos bringen daher gemeinsam eine Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ein – also bei jener Behörde, die bereits gegen Blümel in der Novomatic-Sache ermittelt.
“Keine Spenden im Zusammenhang mit Anliegen”
Ganze 86 Mal konnte – oder wollte – Blümel den Fragen der Abgeordneten im Parlament nicht antworten. Dass er keine Erinnerung an seinen eigenen Laptop hatte, ist ähnlich amüsant wie unrealistisch. Schon damals reichte die SPÖ eine Anzeige wegen Falschaussage ein. Mittlerweile hat sich der Verdacht erhärtet, dass der Schredder-Mann aus dem Bundeskanzleramt wenige Tage nach dem Platzen der Ibiza-Bombe auch Blümels Laptop-Festplatte vernichten ließ.
Bei der nun folgenden zweiten Anzeige geht es um handfeste Unwahrheiten, wie sich Jan Krainer, SPÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss, sicher ist. Blümel konnte sich nicht erinnern, worüber er mit Harald Neumann gesprochen hat, und konnte nicht ausschließen, dass ihm schon einmal jemand eine Parteispende angeboten hat. Wobei er sich allerdings sicher war, dass ihm niemand in Zusammenhang mit einem Anliegen eine Spende angeboten hat.
Ein Spenden-Angebot und eine Bitte um einen Gefallen – genauso könnte man wohl die mittlerweile berühmte Nachricht zusammenfassen, die Neumann am 12. Juli 2017 an Blümel geschickt hatte: “Guten Morgen, hätte eine Bitte: bräuchte einen kurzen Termin bei Kurz (erstens wegen Spende und zweitens bezüglich einen Problems (sic!) das wir in Italien haben!”
Im Protokoll von Blümels Verhör im Untersuchungsausschuss hört sich das anders an.
Stephanie Krisper (NEOS): Sie können sich auch denken, dass die Novomatic politische Parteien ja kaum ohne Erwartung einer Gegenleistung finanziert. Hat die Novomatic beziehungsweise haben deren Vertreter jemals ein Anliegen an Sie herangetragen?
Gernot Blümel: Also wenn Sie Politiker sind, dann werden Sie sicherlich auch die Erfahrung gemacht haben, dass viele Menschen Anliegen an Sie herantragen, von verschiedensten Unternehmen und deswegen kann ich auch nicht ausschließen, dass einige der genannten Personen (Novomatic-Vertreter, Anm.) Anliegen herangetragen haben. Ich kann mich nur nicht erinnern, Herrn Graf (Novomatic-Chef, Anm.) jemals getroffen zu haben. Ich habe mit Herrn Neumann sicherlich immer wieder mal zu tun gehabt, aber an die konkreten Inhalte der Gespräche kann ich mich jetzt wirklich nicht erinnern.
(…)
Stephanie Krisper: Gab es einen zeitlichen oder sachlichen Konnex zwischen Anbahnung einer möglichen Spende und dem Ausdruck eines Anliegens oder Wunschs – können Sie sich daran vielleicht erinnern?
Gernot Blümel: Nicht, dass ich wüsste.
Stephanie Krisper: Können Sie es ausschließen?
Gernot Blümel: Ich kann für mich ausschließen, davon etwas zu wissen.
“Kann ausschließen, dass ich Erinnerung habe”
Im Zuge der Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wurden verschiedene Chatnachrichten zwischen Gernot Blümel und Novomatic-CEO Harald Neumann öffentlich, die beweisen, dass Blümel die Unwahrheit gesagt hat, so die Anklage. Auch die Nachrichten zwischen Neumann und Thomas Schmid, dem engen Vertrauten von Kurz und Blümel, dem – trotz umstrittener Qualifikation – die Alleinverantwortung für die Beteiligungsgesellschaft des Staates übertragen wurde, belegen, dass Blümel in Deals rund um die Casinos involviert war.
Ganz so zwanglos dürfte Blümels Verhältnis zu Neumann aber nicht gewesen sein. Die SPÖ schreibt in ihre Sachverhaltsdarstellung an die WKStA auch, dass Blümel wohl “tatsachenwidrig” angab, sich nicht mehr daran zu erinnern, worüber er mit Neumann gesprochen hat. Die Sozialdemokraten belegen auch, dass Blümel bewusst verschwiegen habe, dass er mit Neumann “in regelmäßigem Austausch” stand, um zum Beispiel über die Besetzung der Gremien der Casinos Austria oder den Kauf der Novomatic von den Anteilen der tschechischen Sazka an den Casinos Austria zu sprechen.