Ibiza-U-Ausschuss

Um Akten nicht dem U-Ausschuss zu liefern: Blümel ließ Gutachten um 180.000 Euro erstellen

Finanzminister Gernot Blümel weigerte sich monatelang Akten an den Ibiza-U-Ausschuss zu liefern. Dazu ließ er insgesamt sieben Gutachten um 180.000 Euro erstellen, auf Kosten der Steuerzahler. Schlussendlich holte das Straflandesgericht die Akten aus dem Finanzministerium und lieferte sie den Abgeordneten ins Parlament. Jan Krainer (SPÖ) findet, Blümel soll die Kosten “aus seiner eigenen Tasche zurückzahlen”.

Gutachten sind oft ein gutes Geschäft für beide Seiten: Anwälte bekommen viel Geld für den Auftrag, Klienten die Rechtsmeinung bescheinigt, die sie in einem Rechtsstreit entlastet. Das wird wiederum gerne auch für die Berichterstattung in den Medien genutzt. Erst kürzlich ließ sich Sebastian Kurz von einem Rechtsgutachter seine vermeintliche Unschuld bescheinigen – ausgerechnet von dem Rechtsanwalt, der schon den ehemaligen Innenminister Strasser und den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser per Gutachten entlastet hat. Die Gutachten haben den beiden letzteren nichts genützt. Sie sind mittlerweile wegen Korruption verurteilt – Grasser noch nicht rechtskräftig. Für Grasser und Kurz gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung.

Auch Finanzminister Gernot Blümel ließ sich im Streit um die Aktenlieferung für den Untersuchungsausschuss teuer per Gutachten bestätigen, dass er die angeforderten Akten nicht in vollem Umfang an das Parlament liefern muss. Auch ihm nützten die Gutachten im Endeffekt nichts, letztlich landeten alle E-Mails und Dokumente im Parlament, die die Abgeordneten aus seinem Ministerium wollten.

Blümel verzögerte die vollständige Aktenlieferung um mehr als ein Jahr

Doch um über ein Jahr konnte Blümel die vollständige Lieferung hinauszögern: Am 22. Jänner 2020 forderten die Abgeordneten erstmals die Akten aus dem Finanzministerium an, am 9. Juli 2021 lieferte schließlich das Landesgericht für Strafsachen alle geforderten Akten aus dem Finanzministerium in den U-Ausschuss. Und das auch erst, nachdem der Bundespräsident im Juni 2021 das Landesgericht mit der Sicherstellung der geschuldeten Akten im Finanzministerium beauftragte. Die Befragungen im Ausschuss endeten nicht einmal zwei Wochen später.

Doch Blümels Verzögerungstaktik kostet nicht nur Zeit für die Aufklärung. Zusätzlich gab der ÖVP-Finanzminister 180.000 Euro Steuergeld für insgesamt sieben Rechtsgutachten aus, die ihm bescheinigen sollten, dass er nicht alle angeforderten Akten liefern müsse. Öffentlich begründete Blümel seine Blockade mit dem Schutz der Privatsphäre seiner Mitarbeiter. Zum „Datenschutz“ ließ er sich mehrere Gutachten ausstellen. Dabei stellte bereits der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis aus dem März 2021 eindeutig klar, 1. dass Blümel alle angeforderten Akten und Unterlagen liefern muss und 2. dass private Mails „nicht von einer Vorlageverpflichtung erfasst sind“.

„Blümel muss Studien aus der eigenen Tasche zurückzahlen“

Spätestens hier hätte für Blümel alles klar sein müssen, da der VfGH es in seinem Spruch ausbuchstabiert hat: Private E-Mails vorher aussortieren, alles andere liefern. Dennoch flossen fast 100.000 Euro Steuergeld vom Finanzministerium in ein Gutachten der Kanzlei Binder Grösswang, die auch nach der Klarstellung des Verfassungsgerichtshof datenschutzrechtliche Probleme behandelten. Das Straflandesgericht zeigten bei der Exekution vor, wie klein das Problem tatsächlich war: Sie sortierten die private Korrespondenzen aus und schickten alle anderen E-Mails undDateien ans Parlament.

Gernot Blümel Gutachten

Aus der Anfragebeantwortung des Finanzministers: Insgesamt 180.000 Euro Steuergeld gab Gernot Blümel für Gutachten aus.

Der SPÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss Jan Krainer, der auch die Anfrage an Blümel gestellt hat, will nicht akzeptieren, dass Blümel Steuergeld für seine „Fluchtstrategie“ verwendet. „Blümel soll dem Steuerzahler die 180.000 Euro aus seiner Tasche zurückzahlen“, meint Krainer. Denn die wurden nur ausgegeben, um „den Verfassungsbruch und die Missachtung des Verfassungsgerichtshofs zu rechtfertigen“.  

ÖVP-Korruptionsausschuss widmet sich dem Finanzministerium

Mittlerweile ist der Ibiza-Untersuchungsausschuss beendet und der ÖVP-Korruptionsausschuss steht vor der Tür. Dazwischen liegen Hausdurchsuchungen im Finanzministerium und im Bundeskanzleramt. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwälte vermuten, dass fast zwei Millionen Euro aus dem Finanzministerium für den Wahlkampf von Sebastian Kurz veruntreut wurden – durch bezahlte Berichterstattung und frisierte Umfragen, die alle dem Steuerzahler in Rechnung gestellt wurden. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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Gabriele Nagel-Coret
Gabriele Nagel-Coret
24. November 2021 22:59

Wenn ein Finanzminister sieben Gutachten erstellen lässt um sich aus der Misere retten zu wollen, so hat er das ganz klar aus seiner eigenen Tasche zu bezahlen. Hr. Blümel, Sie als Hüter der Finanzen und als Steuergeld Verwalter müssten das das doch wissen ansonsten haben Sie Ihren Job verfehlt.

Pfarrer Braun
Pfarrer Braun
24. November 2021 16:53

Lieber Herr Blümel!
Unter folgenden Umständen könnte ich dir eine Absolution der oben angeführten Sünden erteilen:
Tätige Reue,
Wiedergutmachung des angerichteten Schadens, 180 000,-
Ausführung der auferlegten Busse,
ehrlicher Wille zur Besserung
-…….ansonsten urteilt das jüngste Gericht!

2. Ministrant
2. Ministrant
Reply to  Pfarrer Braun
3. Dezember 2021 18:51

Bis zum jüngsten Gericht wirds nicht tauern, jetzt gibts von irdischen Gerichten was auf die Kappe! Gott sei dank!

zeindlhofer
zeindlhofer
24. November 2021 16:46

blümel sollte das geld aus seiner portokasse bezahlen .

Ingrid J.
Ingrid J.
24. November 2021 00:23

Wie kommt man auf die Idee, dass in einem UA Akten nicht geliefert werden müssen? Wo man doch (angeblich) nichts zu verbergen hat. Wie kommt man auf die Idee, dafür Gutachten zu beauftragen? Wie kommen Gutachter auf die Idee, zu bescheinigen, dass Akten nicht geliefert werden müssen? Aufgrund …

Ingrid J.
Ingrid J.
Reply to  Ingrid J.
24. November 2021 00:30

fadenscheiniger Ausreden? Mach doch sowas mal als private/-r Bürger/-in. Eigentlich müssten wir uns alle vor dem Finanzministerium aufstellen und sofort unser Geld zurückverlangen. Geht jetzt aber nicht. Es sollte auch mal Gesetze FÜR das Volk geben.

Ingrid J.
Ingrid J.
Reply to  Ingrid J.
24. November 2021 00:36

Ich glaube jetzt gar nicht, dass sich irgendwer in diesem Sumpf persönlich bereichert hat. Ich glaube vielmehr, dass jeder Cent in den Ausbau des Machtgefüges gesteckt wurde.
Und ich kann den Satz mit der Unschuldsvermutung einfach nicht mehr hören!!!

Monikaluise
Monikaluise
23. November 2021 21:21

Ist das nicht Betrug an uns Steuerzahler? Glauben diese Herrn dass wir die Melkkuh der Nation sind? Ich finde es als größte Frechheit, sich zu bereichern, wenn Personal in den Spitälern zu wenig verdienen. Denen gehört das Geld und nicht diesen Ges… Sofortige Rückgabe von unseren Geldern

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