Sebastian Kurz hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, das ihn entlasten soll. Erstellt hat es ein Anwalt, der schon den beiden Ex-Politikern Karl Heinz Grasser und Ernst Strasser die Unschuld bescheiningt hat. Rechtsexperten stellen die Qualität des Papiers in Zweifel – Medien berichten trotzdem darüber.
Sebastian Kurz hat sich mit seinem Abgang noch nicht abgefunden. Obwohl die öffentlich gewordenen Chats ein katastrophales Bild vom Altkanzler zeichnen und sich zwei Drittel der Österreicher wünschen, dass Kurz die Politik verlässt, versucht er sich reinzuwaschen. Er lässt sich von der ÖVP ein Rechtsgutachten zu den Ermittlungen gegen ihn bezahlen. Das wenig überraschende Ergebnis: Kurz ist ein Unschuldslamm und die Praxis der vermeintlichen Inseratenkorruption nichts anderes als „sozial-adäquate Verhaltensweisen“.
Viele Gutachter scheinen nicht zur Verfügung gestanden zu sein, um Kurz mit ihrem Namen die Unschuld zu bescheinigen. Kurz musste auf Peter Lewisch zurückgreifen, der schon Karl Heinz Grasser und Ernst Strasser die Unschuld attestierte. Bekanntlich teilten die Gerichte dessen Einschätzung nicht: Strasser wurde wegen Bestechlichkeit zu vier Jahren Haft verurteilt, Grasser wegen Korruption zu acht Jahren – sein Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Auch der dubiosen „Einkaufsgemeinschaft“ Lyoness erstellte Lewisch ein Gutachten. Er war sich sicher: Bei Lyoness handelt es sich um kein illegales Schneeballsystem. Später bewerteten verschiedene Gerichte, darunter der Oberste Gerichtshof, das Lyoness-Modell als genau das: ein Schneeballsystem.
Universität Wien distanziert sich von Gutachten
Peter Lewisch ist Senior Counsel der Kanzlei “Cerha Hempel”. Miteigentümerin der Kanzlei ist Edith Hlawati – sie ist die Nachfolgerin von Thomas Schmid als ÖBAG-Vorstand. Neben seiner Tätigkeit für Schmids Nachfolgerin lehrt Lewisch am Institut für Strafrecht und Kriminologie der Uni Wien und genau diese Tätigkeit nutzte er für Sebastian Kurz: Er schmückte sein Gutachten mit dem Logo der Universität Wien – die distanzierte sich aber umgehend davon. Es handelt sich um eine private Initiative und nicht die einer Institution, so die Universität.
Doch der Schaden war angerichtet. Das vermeintlich entlastende Gutachten wirkte wie eine Publikation der Univerität. Doch nicht nur dieses Vorgehen wird von akademischen Kollegen Lewischs skeptisch beäugt. Auch das Gutachten an sich steht in der Kritik. Alois Birklbauer, Vorstand des Instituts für Strafrechtswissenschaften der Johannes Kepler Universität, merkte gegenüber dem Kurier an: „Wenn man das Gutachten liest, ist es auch eine Kritik am Gericht, das die Hausdurchsuchung genehmigte. Warum hat man dann keine Beschwerde beim Oberlandesgericht gegen die Hausdurchsuchung eingebracht, wenn man der Meinung ist, die Justiz arbeite schleißig?“ Die Frist für einen möglichen Einspruch lies die ÖVP aber verstreichen, man scheint also selbst nicht sonderlich von den eigenen Argumenten überzeugt zu sein.
Message-Control wie in alten Zeiten
Das ÖVP Presseteam versuchte das Gutachten in den Zeitungen unterzubringen. Die Message Control funktionierte überraschend gut, so als hätte es die Kurz-Affäre nie gegeben. Der Medienwissenschafter Fritz Hausjell zeichnete auf Twitter die Berichterstattung nach: Die Tageszeitung Österreich (der beiden im Kurz-Verfahren Beschuldigten Fellner Brüder) widmete dem angeblich entlastenden Gutachten eine ganze Seite. Die Krone berichtete ähnlich. „Nicht einmal homöopathische Spuren von Kritik am vorgelegten, vom ÖVP-Anwalt Werner Suppan beauftragten Gutachten finden sich hier. Gutachter Lewisch wird 2x als „renommiert“, die WKStA als „Korruptionsjäger“ bezeichnet.“, so Hausjell.
„Österreich“ berichtet heute ganzseitig und bleibt dabei – wie überraschend – völlig einseitig. Keine Spur von Kritik oder Gegenposition. Vielmehr wird die litigation-pr-Stoßrichtung gegen die WKStA noch bestärkt, indem 2. Fall beigestellt wird, der nichts damit zu tun hat. 2/12 pic.twitter.com/2O5VbYqhIp
— Fritz Hausjell (@Hausjell) November 14, 2021
Dass kaum darüber berichtet wird, dass Lewisch zuvor für Grasser und Strasser Gutachten anfertigte, ist für Hausjell auch Anlass, sich um den österreichischen Journalismus zu sorgen: „Es ist ÖVP-Geld, das hier verbrannt wird. Darum sorge ich mich nicht. Sorgen macht mir der Zustand des heimischen Journalismus. Ich bin erstaunt darüber, wie wenig das Archiv genutzt wird. Ich meine nicht, dass dieses die „Rache des Journalismus gegenüber der Politik“ sei wie es der legendäre Robert Hochner formuliert hatte. Vielmehr denke ich: der systematische Blick ins Archiv ist die Pflicht des Journalismus gegenüber Mediennutzer*innen. Die Kür der Recherche über weitere vielfältige Wege kommt dann erst noch hinzu.“ Der Kurier wird vom Hausjell hingegen für seine Berichterstattung gelobt.
Ministeriumsseiten verbreiteten ÖVP Gutachten
Doch das Gutachten wurde nicht nur medial und über ÖVP-Kanäle verbreitet. Auch der Steuerzahler kam dafür auf. Arbeitsminister Kocher und Landwirtschaftsministerin Köstinger verbreiteten das Papier auf ihren Facebook Seiten. Laut Impressum werden diese Seiten von den Ministerien betrieben und finanziert. Das ist besonders absurd, wenn man daran denkt, dass es in dem Verfahren auch darum geht, ob Steuergeld zu Gunsten von Sebastian Kurz veruntreut wurde.
Interessant: Die Facebook-Seite des Arbeitsministers verbreitet das ÖVP/Kurz-Gutachten.
Sollte man für die Verbreitung wirklich eine Ministeriumsseite verwenden? Oder ist das Impressum der Facebook-Seite falsch? pic.twitter.com/C96cquz0Nh
— David (@davsow) November 13, 2021
Mit solchen Politikern sind wir im internationalen Spitzenfeld!
Gott sei dank richten sie eh momentan nichts an, da sie mit sich selbst zu sehr beschäftigt sind.
Ich bete für sie.
Die BRD wird uns bald überholen. Nirgendwo ist es “besser”
wir sind um nix bessert aber dümmer die ganze welt beduater uns über unser Coronblösheit WIE pOLITIKER DIE öSTERREICHER SEKIEREN UND IHR kINDERSELLEN KAPUTMACHEN
Lieber saloo, probier es einmal ohne Alk!