Den Schülerinnen und Schülern im Land reicht es. Sie rufen zum Warnstreik auf. Wiederholte Aufschreie in offenen Briefen und öffentlichen Bitten haben am Status von Schulen als Corona-Hotspots nichts geändert. Die Bundesregierung nimmt die Durchseuchung in Kauf, so die Kritik vieler Schüler:innen. Sehenden Auges, denn: Es gibt weder Luftfilter in den Klassen noch ausreichende PCR-Testkapazitäten außerhalb Wiens.
Seit Schulstart im September 2021 haben sich über 100.000 Pflichtschüler:innen mit Covid19 infiziert. Neben der Angst vor einer Infektion leiden die Jugendlichen auch unter dem Druck, trotz Pandemie dieselben Schulleistungen erbringen zu müssen – oder im Falle von Gymnasien sogar die Matura wie in einem normalen Schuljahr zu absolvieren. Vor allem die Aussage, kranke Schüler:innen in Spitalsbehandlung könnten die Matura machen, ist in sozialen Netzwerken auf Empörung und Wut gestoßen.
Schulen im Ausnahmezustand – bis heute
“Die Schule befindet sich seit Beginn der Coronakrise in einer Ausnahmesituation – und wir Schüler:innen der Abschlussklassen sind seit Pandemiebeginn psychisch überlastet, haben Distance Learning, Hybridunterricht und alle möglichen Corona-Bestimmungen flexibel mitgemacht. Mit diesen Maturaregelungen fühlen wir uns aber endgültig im Stich gelassen”, kritisiert Maria Marichici. Sie ist AHS-Landesschulsprecherin in Wien und selbst Maturantin.
Am 13. Jänner veröffentlichten zahlreiche Schulsprecher:innen aus ganz Österreich den mittlerweile dritten offenen Brief an die Bundesregierung, allen voran an den Bildungsminister. Darin sprechen sie sich klar gegen die in Kauf genommene Durchseuchung schulpflichtiger Kinder und Jugendlicher aus. Sie fordern eigene, schnellere Teststraßen für Schüler:innen und weniger Prüfungsdruck und Stoff für den Matura-Jahrgang. Eine Online-Petition dazu haben bis heute über 9.000 Menschen unterzeichnet.
Außerhalb Wiens: Chaos bei Auswertung von Schul-PCR-Tests
Rückendeckung bekommen die Jungen auch von Lehrerinnen und Lehrern. Sie sind nicht nur selbst täglich dem Ansteckungsrisiko ausgesetzt, sondern sorgen sich auch um die Gesundheit ihrer Schüler:innen. „Schulen brauchen nicht noch mehr Pressekonferenzen. Was Schulen brauchen, haben uns Expert:innen bereits mitgeteilt: Die Implementierung eines Maßnahmenpakets aus Maskentragen, Abstand, Lüften (und Luftfilter), Testen, Hygiene und Impfen“, fasst es die Österreichische Lehrer:innen-Initiative (eine unabhängige Lehrer-Gewerkschaft) zusammen.
Die Realität ist jedoch: Außerhalb Wiens läuft die zeitgerechte Auswertung von Schul-PCR-Tests schlecht. Mit Bauchweh haben Familien ihre Kinder nach den Feiertagen in die Klassen geschickt. Und Luftfilter? Von denen fehlt überhaupt jede Spur. Dabei zeigen Pilotprojekte, dass Sensoren und Filter funktionieren und vor Infektionen schützen.
Da niemand auf unsere Forderungen eingegangen ist, rufen wir für morgen Streiks aus – Parteiunabhängig und an über 100 Schulen in ganz Österreich unter dem Hashtag #WirStreiken. Dazu haben wir vor wenigen Minuten auch eine OTS ausgeschickt. (Thread)
— Mati Randow (@MatiRandow) January 17, 2022
Schülerinnen und Schüler rufen zum Warnstreik auf
Auf die Sorgen und Forderungen ging von Seiten der Regierung jedoch niemand ein – nun rufen die Schüler:innen für morgen, den 18. Jänner 2022, zum Streik auf.
„Wir haben Minister Polaschek bis heute Zeit gegeben, auf uns zuzugehen. Er hat sich dagegen entschieden. Erneut erleben wir, dass sich die politisch Verantwortlichen nicht für uns interessieren. Wir müssen unser Mitspracherecht nun also durch Streiks einfordern“, erklärt Mati Randow, Schulsprecher der Rahlgasse-Gymnasiums, heute auf Twitter.
Der 3. offene Brief im Wortlaut
Sehr geehrter Herr Bundesminister Polaschek, sehr geehrte Bundesregierung,
wir stehen einmal mehr am Beginn einer Infektionswelle, ausgelöst durch die neue Virusvariante Omikron. Seit nun fast zwei Jahren tragen wir Schüler:innen die von Ihnen gesetzten Maßnahmen mit und übernehmen immer wieder Verantwortung, wo andere es nicht tun. Doch die Pandemie zieht sich inzwischen über einen beträchtlichen Abschnitt unseres Lebens und belastet uns immer mehr. Ihre Aufgabe wäre es, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Stattdessen verstärken Sie sie durch Ihre Politik noch weiter. Sie bringen das Fass zum Überlaufen. Es geht so nicht mehr weiter, #nichtmituns!
Wir fordern:
– Ein klares Nein zur geplanten Durchseuchung von Kindern und Jugendlichen
– Langfristige Sicherheitskonzepte für Schulen inklusive Luftreiniger, CO2-Messgeräte und Covid-Aufklärungskampagnen
– Deutliche Anpassungen bei den diesjährigen Abschlussprüfungen:
- Eine freiwillige mündliche Matura
- Freiwillige VWA/DA-Präsentationen
- Die Kürzung von Themenpools für die schriftliche Matura um 30% - Die Sicherung unserer Rechte auf Gesundheit und Bildung - Ausreichend PCR-Tests für Schulen und Fast Lanes für Schüler:innen an allen Teststraßen – Aufstockung des schulpsychologischen Personals - Einen ehrlichen öffentlichen Diskurs über Maßnahmen für unsere psychische Gesundheit
Warum?
Wir sind an unserer Belastungsgrenze. Es ist gut, dass wir seit Pandemiebeginn endlich mehr über psychische Gesundheit von Schüler:innen diskutieren. Aber wir müssen es ehrlich tun. Schulen sind nicht für alle von uns ein Ort des Wohlbefindens. Depressionen, Schlaf- und Angststörungen gehören schon lange zum Schulalltag. Dazu kommt seit Pandemiebeginn die ständige Angst, sich zu infizieren. Wir brauchen dringend Politiker:innen, denen unsere psychische Gesundheit ein echtes Anliegen ist. Was wir nicht brauchen sind solche, die sie für ihre parteipolitischen Zwecke missbrauchen. Wenn sich nicht grundlegend etwas an der Politik ändert, halten wir nicht mehr lange durch. Seit September wird tagtäglich propagiert, die Schulen müssen um jeden Preis offenbleiben. Es zeigt sich: Dieser Preis war sehr hoch. Allein seit Schulstart haben sich über 100.000 Pflichtschüler:innen mit Covid19 infiziert. Trotz ausreichend Impfstoff für alle lagen zahlreiche Kinder und Jugendliche auf Intensivstationen. Zehntausende werden in den nächsten Monaten Long Covid mit nicht vorhersehbaren Folgen entwickeln.
Der nächste Schritt in der Chronologie des Versagens soll nun die geplante Durchseuchung, also die mutwillige Ansteckung von Kindern und Jugendlichen, sein. Bei diesem Vorgehen gibt es wenig zu gewinnen, aber unvorstellbar viel zu verlieren. Es wäre vollkommen verantwortungslos. Zudem würde es einer gesamten Generation zeigen, dass ihre Gesundheit für die politisch Verantwortlichen nur ein Spielball ist – ein fatales Signal.
Niemand von Ihnen war bisher bereit, mit uns Schüler:innen und der Wissenschaft über seriöse Konzepte für sicheren Präsenzunterricht zu diskutieren. Stattdessen wurde plump über „Schulen schließen – Ja/Nein?“ diskutiert. Das Ergebnis: In unseren Klassenzimmern stehen bis heute nur vereinzelt Luftreiniger, der Hauptteil des Testsystems besteht weiterhin aus unzuverlässigen Nasenbohrer-Tests und erst in der Oberstufe müssen FFP2-Masken getragen werden. Es ist absurd, dass wir Schüler:innen Sie überhaupt daran erinnern müssen, uns zu schützen. Noch absurder ist es aber, wenn diese Erinnerung von Ihnen ignoriert wird und Sie immer wieder dieselben Fehler machen. Schuld an den gesundheitlichen Folgen der letzten Monate ist nicht das Virus, sondern Ihr Unvermögen, damit umzugehen.
Während unsere psychische sowie körperliche Gesundheit unter der Pandemiepolitik stark leiden, werden wir auch schulisch nicht entlastet. Es wird gesagt, im Unterricht solle vor allem Erlerntes vertieft werden. In der Realität ist das aber schlicht unmöglich, solange der Gesamtumfang des Stoffes nicht reduziert wird. Es wird behauptet, zuhause bleibende Schüler:innen werden mit Lernpaketen ausgestattet. In Wirklichkeit gibt es für sie aber oft keinerlei Unterstützung. Durch die am 11. Jänner getroffene Entscheidung, die diesjährigen Abschlussprüfungen ohne nennenswerte Anpassungen durchführen zu wollen, erhöht sich der Druck noch mehr. Die diesjährigen Abschlussklassen bilden den bisher von der Pandemie am stärksten betroffene Abschlussjahrgang. Der Plan, uns nun eine vergleichsweise normale Matura schreiben zu lassen, verkennt nicht nur die Ausnahmesituation an Schulen, sondern wird auch dazu führen, dass noch mehr von uns auf der Strecke bleiben.
Sehr geehrter Herr Polaschek, sehr geehrte Bundesregierung, wir können Ihre aktuelle Politik, die uns im Stich lässt, psychisch belastet und körperlich gefährdet, nicht länger mittragen. Wir sind darauf angewiesen, dass Sie endlich ihrer Verantwortung nachkommen.
Mit freundlichen Grüßen
Mati Randow, Schulsprecher, GRG6 Rahlgasse, Wien Mattea Gerdenitsch, ORG Theresianum Eisenstadt, Burgenland – Jens Egger, Schulsprecher, BORG Spittal an der Drau, Kärnten – Katharina Wallner, stv. Schulsprecherin, HAK Spittal an der Drau – Lisa Aichholzer, Schulsprecherin, HLW Spittal an der Drau – Magdalena Moser, Schulsprecherin, HTL Mössingerstraße – Lisa Worsche, Schulsprecherin, BG Porcia – Konstantin Seiler, Schulsprecher, BGBRG St. Martin – Alexander Fischer, stv. Schulsprecher – Philipp Schuhai, Schulsprecher, CHS Villach – Ajla Ramic, Schulsprecherin, HTL Villach – Julia Abraham, BGBRG Biondekgasse, Niederösterreich – Amelie Ignatoff – Sarah Mamuzic – Eva Mletzko – Linus Schwalm – Elena Reichhold – Alissa Schwarz – Anja Isabella Zotter – Thomas
Holland, Schulsprecher, BGBRG Bruck an der Leitha – Nico Besel, Schulsprecher, HAK Bruck an der Leitha – Ben Allram, Schulsprecher, BRG Kremszeile – Tim Kumpf, HTL Mödling – Lara Felix, Schulsprecherin, BORGL BHASL St. Pölten – Xaver Eicher, Schulsprecher, ORG der Franziskanerinnen Vöcklabruck, Oberösterreich – Elena Friedl – Moritz Reisenberger – Noah Schmid – Antonia Six – Noah Reidinger, Schulsprecher, BG Schärding – Jamina Maria Troyer, BG Werndlpark Steyr – Maximilian Amerstorfer – Hannah Staudinger – Naya Töbich – Florian Anzböck, Schulsprecher, Akademisches Gymnasium, Salzburg – Sebastian Baur, HLSP Caritas Graz, Steiermark – Monique Kern, BGBRG Leibnitz – Josua Joao, HLW Schrödinger Graz – Moritz Köppel, BG Kirchengasse – Silvia Lechner, Schulsprecherin, BGBRG Oeversee – Estella List, PG Ursulinen Graz – Michaela Lengauer – Hannah Schneider, Bischöfliches Gymnasium Graz – Maximilian Six, Schulsprecher, BG/BORG Liebenau – Sebastian Weiss, Schulsprecher, BORG Monsberger – Simon Waldner – Joana Schneider – Kira Eberhart – Philip Rattacher, stv. TGLA-Sprecher – Matteo Iori, Schulsprecher, BRG In der Au, Tirol – Sophie Gostner, International School Kufstein – Felix Gschwendtner, Schulsprecher, WRG Ursulinen Innsbruck – Anouk Aloys – Ania Mössmer – Amelie Umlauf – Stefan Trivunovic, Schulsprecher, BORG Innsbruck – Lumi-Maria Guggenberger – Ira Moser – Sinja Witt – Elias Wehinger, stv. Schulsprecher, BHAK/BHAS Feldkirch, Vorarlberg – Claudius Steurer, Schulsprecher, BG Gallus – Elisa Wachter, Schulsprecherin, BORG Götzis – Leonie Draxl, stv. Schulsprecherin, BORG Schoren – Karl Molden, Schulsprecher, Akademisches Gymnasium, Wien – Paul Grausam, 2. stv. Schulsprecher – Antonia-Sophie von Mallinckrodt, PG1 Schottengymnasium – David Porthos, Schulsprecher, RG1 Schottenbastei – Xaver Herzog, 2. stv. Schulsprecher – Valentin Jesenberger, GRG1 Stubenbastei – Julian Neubauer, Schulsprecher, ORG1 Hegelgasse – Michael Petzl, 2. stv. Schulsprecher, VBS Akademiestraße – Iris Herzog, Schulsprecherin, RG2 Lessinggasse – Imen El-Mashtawy, stv. Schulsprecherin, GRG2 Wohlmutstraße – Marie Clausen – Esther Györi, Schulsprecherin, PRG2 Simon-Wiesenthal- Gasse – Raphael Grotrian, stv. Schulsprecher – Severin Pernsteiner, GRG3 Kundmanngasse – Theodor Reinisch – Niklas Radatz, Schulsprecher, ORG3 Erdbergstraße – Elias Fischer, stv. Schulsprecher – Katharina Schelm, 2. stv. Schulsprecherin – Samuel Gerhartinger, HTL3 Rennweg – Aliya Maierhofer, HLW3 St. Franziskus – Clemens Liebmann, Schulsprecher, PG4 Stiftung Theresianische Akademie – Johanna Windbichler, 2. stv. Schulsprecherin, GRG4 Wiedner Gürtel – Katharina Eiselsberg, Schulsprecherin, GRG5 Rainergasse – Emilia Leodolter – Marie Toce – Nikolai Grigkar, Schulsprecher, VBS Schönborngasse – Theo Löcker, Schulsprecher, GRG9 Wasagasse – Tamara Pejanović, GRG10 Ettenreichgasse – Lena Blaumoser, GRG10 Laaer Berg-Straße – Izabela-Wiktoria Rozanska, Schulsprecherin, HLW10 – James Ogbunie, stv. Schulsprecher – Eva Baumann, 2. stv. Schulsprecherin – Tierra Rigby – Linus Neuhauser – Juliane Friedl – Julian Köppl, Schulsprecher, Höhere Graphische Lehr- und Versuchsanstalt – Pia-Katharina Egger, Schulsprecherin, HAS/HAK-AUL15 Friesgasse – Patryk Leszczynski, Schulsprecher, BRGORG15 Henriettenplatz – Aia Hammad, stv. Schulsprecherin – Edlyn Shahbazian, Schulsprecherin, GRG15 Auf der Schmelz – Sarai Pinter – Mira Schüchner – Mira Schilder – Zara Agtas, Schulsprecherin, GRG16 Maroltingergasse – Jacopo Stöcher, stv. Schulsprecher – Olivia Morelli, Schulsprecherin, KunstModeDesign Herbststraße – LaRa Schermann, stv. Schulsprecherin – Katharina Gabriel, Schulsprecherin, GRG19 Billrothstraße – Ummahan Gül, Schulsprecherin, GRG21 Franklinstraße – Flora Gürth, stv. Schulsprecherin, GRG21 Ödenburger Straße – Matthias Buchelt, ICSV22 – Maryam Gad-El-Hak, Schulsprecherin, GRG23 Anton-Baumgartner-Straße – Viktoria Kainz, HLW23
Meiner Meinung nach ist die natürliche Immunität das beste. Was man noch machen kann ist viel Sonne, Bewegung, Stressvermeidung, Ruhe, viel Gemüse u. Obst essen. Es ist ein problematisches Verhalten unserer Zeit, dass bei jedem Problem sofort die digitale Hilfe, oder die Experten zu Rate ziehen…