Bei der Wirtschaft schreibt die FPÖ von der ÖVP ab. Im neuen Wahlprogramm vertritt die selbsternannte “sozialen Heimatpartei” die Interessen von Konzernen und Superreichen, nicht die der arbeitenden Mehrheit: Die FPÖ lehnt eine Erbschafts- oder Millionärssteuer ab, die Steuer für Konzerne soll gesenkt werden. Gleichzeitig wollen sie “Menschen länger im Erwerbsleben halten”.
Seit die FPÖ ihr neues Wahlprogramm veröffentlicht hat, hagelt es Kritik. Der Standard beschuldigt die sie, Wähler zu täuschen. Der Grund: Die Freiheitlichen versprechen Steuerentlastungen und erklären nicht, wie sie das finanzieren wollen. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim spricht davon, „dass die FPÖ genau wie die ÖVP auf der Seite der Multimillionäre steht“.
Klar ist: Das Wirtschaftsprogramm der Freiheitlichen ist nicht “sozial”, sondern “liberal“. Sie fordern, dass der Staat weniger Einfluss auf die Wirtschaft nimmt und stattdessen Steuern für Reiche und Konzerne senkt. Wirtschaftliche Ungerechtigkeit soll sich dann von selbst lösen.
“Altersarmut” oder “Kinderarmut” werden im Programm kein einziges Mal erwähnt.
FPÖ sieht keinen Unterschied zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern – Steuererleichterungen gibts trotzdem nur für Arbeitgeber
Direkt am Anfang vom Wahlprogramm überrascht die FPÖ damit, dass sie keinen Unterschied zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern mehr sehen will. Statt sich also auf die Seite der arbeitenden Bevölkerung zu stellen, tut die FPÖ jetzt so, als seien alle gleich. Dabei ist der Reichtum in Österreich extrem ungleich verteilt: Die reichsten 5 % besitzen 55 % des gesamten Vermögens.
“Freiheitliche Wirtschaftspolitik lehnt eine Trennung in Arbeitgeber- und Arbeitnehmerpolitik ab, da dieser Ansatz für ein kleines Land wie Österreich „antiquiert“ ist und den verstaubten „rot-schwarzen Kammerstaat“ widerspiegelt. Wir betrachten dies als untrennbares Gesamtsystem – als „kommunizierende Gefäße“, denen es beiden gut gehen muss.” (Langfassung des FPÖ-Wahlprogramms, S.26)
Auffällig ist aber: Im Wirtschaftsprogramm machen die Freiheitlichen sehr wohl einen Unterschied zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern – denn für Arbeitgeber schlagen sie konkrete Steuerentlastungen vor, für Arbeitnehmer nicht.
Lohnnebenkosten & KÖSt: FPÖ fordert Steuerentlastungen für Konzerne
Die Freiheitlichen fordern beispielsweise eine Senkung der Lohnnebenkosten und versprechen, dass das zu höheren Löhnen führen soll. Das ist aber falsch: Die Lohnnebenkosten zahlt der Arbeitgeber. Arbeitgeber zahlen zusätzlich zum Bruttolohn ihrer Angestellten Sozialbeiträge in Krankenversicherung, Pensionsversicherung, Arbeitslosenversicherung und Unfallversicherung ein. Die Lohnnebenkosten sind also Teil des Gehalts. Sie zu kürzen bedeutet: weniger Krankengeld, weniger Pension und weniger Arbeitslosengeld. Wenn man die Lohnnebenkosten senkt, reduziert man also vor allem Leistungen für Arbeitnehmer.
Außerdem will die FPÖ die Körperschaftssteuer (KÖSt) senken – von 23 auf 20% und für “kleinere” Unternehmen auf 10 %. Die KÖSt ist die Steuer, die bestimmte Unternehmen auf ihre Gewinne zahlen. Dazu gehören Aktiengesellschaften (AGs) und GmbHs, aber auch Genossenschaften, Stiftungen und Vereine.
Nur 20 Prozent der Unternehmen in Österreich zahlen die KÖSt. Kleine Unternehmen sind nämlich Personenunternehmen und zahlen deshalb Einkommenssteuer statt Körperschaftssteuer. Auch mittlere Unternehmen zahlen wenig bis gar keine KÖSt: Sie haben oft keine Gewinne, weil sie nicht mehr einnehmen, als sie für ihr Unternehmen ausgeben – denn die Gehälter der Unternehmens-Chefs werden nicht zu den Gewinnen gezählt. Sie gehören zu den Ausgaben.
Deswegen ist nicht klar, für welche “kleinen” Unternehmen die Freiheitlichen die KÖSt auf 10 % senken wollen. Das erklärt die FPÖ in ihrem Wahlprogramm nicht. Von der Kürzung profitieren vor allem reiche Großkonzerne. Das wird an der letzten Senkung der KÖSt durch ÖVP und Grüne 2022 deutlich: Weil die Gewinnsteuer von 25 auf 23 % gesenkt wurde, fehlen jetzt 1,2 Milliarden Euro in der Staatskasse. Dafür haben die Superreichen mehr in der Tasche: Laut Momentum Institut sind 88 Prozent des Steuergeschenks an die reichsten 10 Prozent der Menschen in Österreich gegangen.
FPÖ macht Wahlprogramm für die Superreichen: Keine Steuern für Millionen-Erben
Die FPÖ spricht sich auch klar gegen Steuern auf hohe Erbschaften und Millionen-Vermögen aus. Damit schlagen sie sich auf die Seite der Superreichen. Denn die Steuerlast ist sehr ungerecht verteilt – Rund 80% der Steuereinnahmen stammen aus Arbeit und Konsum. Superreiche und Großkonzerne tragen nur wenig dazu bei.
Eine Millionärssteuer betrifft also nur ganz wenige Menschen, aber ganz viele Menschen können davon profitieren: Mit den Einnahmen von der Steuer kann zum Beispiel unser Gesundheits- und Sozialsystem verbessert werden.
Konkrete Vorschläge zu Steuersenkungen für Arbeitnehmer sieht das FPÖ-Wahlprogramm übrigens nicht vor. An einer Stelle heißt es zwar: “Wir möchten daher Berufseinsteiger bis 25 Jahre massiv von Steuern entlasten.” Allerdings wird nicht erklärt, wie diese Steuerentlastung aussehen soll.
Gegenfinanzierung der FPÖ-Wirtschaft: “Menschen länger im Erwerbsleben halten”
Ein ganz großes Problem im Wahlprogramm: Die FPÖ erklärt nicht, wie ihre Forderungen finanziert werden sollen. Zum Beispiel wissen wir, dass die Senkung der KÖSt viel Geld kostet. Trotzdem machen die Freiheitlichen keinen Vorschlag, wie wir für das Steuergeschenk an Superreiche aufkommen sollen.
Der einzige Hinweis ist ein Abschnitt zum Fachkräftemangel. Dort schreibt die FPÖ:
“Eine schnell wirksame Maßnahme gegen den dramatischen Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel könnte sein, Menschen länger im Erwerbsleben zu halten. Viele Senioren sind gesundheitlich dazu in der Lage und verspüren noch die nötige Tatkraft, um länger im Arbeitsleben zu verbleiben. Ihr Einsatz soll entsprechend belohnt werden.” (Langfassung des FPÖ-Wahlprogramms, S.71)
Eine weitere Möglichkeit zur Finanzierung der Steuergeschenke sind Kürzungen bei Gesundheit, Bildung, Soziales oder Pensionen – so wie es unter der letzten Schwarz-Blauen Bundesregierung auch passiert ist.