Dürfen Unternehmen, die sich vor Steuern in Österreich drücken, dennoch Hilfe vom Staat bekommen? Theoretisch hat die Regierung ein Staatshilfe-Verbot für Steuersünder beschlossen, doch praktisch ist das wirkungslos. Wirksame Maßnahmen wie die verpflichtende Steueroffenlegung verhindert die ÖVP seit Jahren – das fällt Österreich bei Corona jetzt auf den Kopf.
Unternehmen, die ihren Sitz in Steueroasen haben, sollen keine Corona-Hilfe vom Staat bekommen. Das hat die Regierung bereits im April beschlossen und als großen Schlag gegen Steuersünder präsentiert. Das Verbot ist aus zwei Gründen aber praktisch wirkungslos: Erstens, weil die Liste der Steueroasen, die mit dem Verbot belegt sind, die wichtigsten Häfen für Steuersünder nicht inkludiert. Zweitens, weil viele Firmen zwar nicht ihren Sitz in Steueroasen haben, aber dafür ihre Tochterfirmen – mit denen sie Steuern am Finanzamt vorbeischleusen.
„Auf der EU-Liste befinden sich praktisch keine bedeutenden Konzern-Steuersümpfe“
Die Liste, auf der die türkis-grüne Regierung ihr Verbot basiert, ist die „EU-Schwarzliste“. Diese ist aber „völlig unzureichend, weil sich auf ihr praktisch keine bedeutenden Konzern-Steuersümpfe“ befinden, erklärt David Walch von der globalisierungskritische NGO Attac Österreich. Die Schwarzliste ist nämlich keine Sammlung aller Steuersümpfe, sondern Ergebnis eines politischen und diplomatischen Kuhhandels, über den sich nicht nur die EU-Steuersümpfe, sondern auch andere politisch mächtige Länder mit der EU arrangierten.
Kein einziger EU-Staat befindet sich auf der Liste, obwohl die Gewinn-Verschiebungen in Steuersümpfe innerhalb der EU rund zwei Drittel aller Verluste von Steuergeld in der EU ausmachen.
Zudem fehlen auch alle anderen wichtigen Zielländer für Gewinn-Verschiebungen, wie die Britischen Jungferninseln, Bermuda oder die Schweiz. Es gibt natürlich Steuersünder-Listen, die all diese Ländern beinhalten, etwa jene des Tax Justice Networks. Diese Listen wurden offenbar bewusst nicht verwendet.
Mit Tochterunternehmen Steueroasen-Verbot umgehen
Das zweite Problem des türkis-grünen Verbots ist, dass es nicht zwanghaft einen Sitz in einer Steueroase braucht, um Steuern zu vermeiden. Auch durch steuerliche Konstruktion mit Tochterfirmen in Steueroasen ist das möglich. Das Moment-Institut hat sich angesehen, wie viele der größten Unternehmen an der Wiener Börse (ATX) Tochterfirmen in Steueroasen haben. Das Ergebnis:
17 von 20 ATX-Unternehmen nutzen Tochterfirmen in Steueroasen. Mit insgesamt 147 Tochterunternehmen in Steueroasen schleusen sie Geld an Österreichs Finanzämtern vorbei.
Fast alle Tochterfirmen befinden sich in Steueroasen, die nicht auf der EU-Liste. Nur zwei befinden sich in Ländern der EU-Schwarzliste.
Hilfe vom Steuerzahler: Kurzarbeit trotz Geld in Steueroasen
Das Verbot hat aber noch einen weiteren Haken: Es betrifft nur Firmen, die einen Fixkostenzuschuss über die COVID-19-Finanzierungsagentur des Bundes (Cofag) bekommen. Firmen, die von Kurzarbeit Gebrauch machen, sind nicht betroffen. Wer also Steuern in Österreich vermeidet, kann sich die Löhne seiner Mitarbeiter dennoch vom Steuerzahler übernehmen lassen.
Unter den Unternehmen mit Tochterfirmen in Steueroasen sind etwa Andritz oder VOEST Alpine. Beide haben ihre Mitarbeiter wegen Corona in der Kurzarbeit geschickt und von Österreichs Steuerzahlern bezahlen lassen.
SPÖ: Hilfe nur für Unternehmen, die ihre Steuern zahlen
Die SPÖ fordert, dass kein Unternehmen Staatshilfe bekommt, das Geld in Steueroasen bunkert. So fordern die Sozialdemokraten, dass es keine Unterstützung für Unternehmen geben soll, die eine Tochterfirma in Ländern mit weniger als 12,5% Gewinnsteuern haben – das muss auch für Niedrigsteuerländer innerhalb der EU gelten. Österreichs Vertreter Gernot Blümel muss außerdem seine Blockadehaltung in der EU bei der Steueroffenlegung von Konzernen aufgeben.
„Es muss gesetzlich verboten sein, Geld am Fiskus vorbeizuschleusen und gleichzeitig Steuergelder als Direkthilfe zu kassieren“, sagt SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner gegenüber der Krone.
Konzerne sollten ihre Steuern offenlegen
Will man wirklich vermeiden, dass Steuersünder Staatshilfen bekommen, müsste man eine langfristige Lösung finden: Firmen sollen nachweisen, dass sie ihre Gewinne nicht künstlich verschieben – oder Niederlassungen sofort schließen, die vor allem für Steuertricks genutzt werden. Dafür sollten Konzerne Berichte über ihre weltweiten Gewinne und Steuern je Land veröffentlichen, dann wäre leicht ersichtlich, ob die Steuern in einem Land dem Umsatz entsprechen.
Doch genau das blockiert die ÖVP seit Jahren vehement: Die EU-Kommission wollte Konzerne verpflichten, die gezahlten Steuern pro Land zu veröffentlichen. Konkret geht es bei der länderspezifischen Berichterstattung von großen Konzernen (Public Country-by-Country-Reporting) darum, für jeden und jede online einsehbar zu machen, ob Beschäftigte, Umsatz, Gewinn und Steuerleistungen eines Konzern in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Oder ob Gewinne durch komplizierte Konstruktionen und Lizenz-Verträge in Steueroasen geschleust werden.
Genau diese Offenlegungspflicht für Multis blockierten bisher alle ÖVP-Finanzminister seit Hans-Jörg Schelling auf:
„Diesem Vorschlag wird nicht die höchste Priorität beigemessen.“ Die öffentliche Berichterstattung „ist nicht unbedingt erforderlich“, sagte zuletzt Finanzminister Löger.
Österreich hat also immer dagegenhalten – in unrühmlicher Gesellschaft mit den Steuersumpf-Ländern der EU: Malta, Zypern, Luxemburg und Irland. Tatsächlich hätte Österreich den Unterschied machen können. Denn ein Land hätte ausgereicht, um ein Verhandeln über den Kommissionsvorschlag zu ermöglichen.
So kommt es, dass der Beschluss, keine Staatshilfen an Steuersünder auszuzahlen, in erster Linie ein symbolischer Beschluss ist. Echte Schlagkraft brächte es, Konzerne zu Steuertransparenz zu zwingen — doch das wird auch ÖVP-Finanzminister Blümel zu verhindern wissen. Auch er hat bereits davor gewarnt, dass eine Steueroffenlegung für große Konzerne vor allem “mehr Bürokratie” bringe.
Könnt Ihr Eure Texte bitte gegenlesen bevor sie veröffentlicht werden? Fehlende Wörter und falsche Grammatik lenken unnötig von den guten Inhalten ab.
Nun muss kontrolliert werden, wer wirklich Geld bekommt. Die Listen sollten veröffentlicht werden.
Eine ehrliche Antwort sollte man sich da nicht erwarten, denk ich.