„Ich mache mir Sorgen um die Stromrechnung“, erzählt Linda B. einer Sozialarbeiterin der Volkshilfe. Sie ist Mutter von vier Kindern. Ihre Familie zählt zu jenen in Österreich, die in Armut leben müssen – und denen die steigenden Energiepreise Kopfzerbrechen bereiten. Der Energiekosten-Zuschuss der Regierung sorgt unterdessen für Kopfschütteln.
Heiz- und Stromkosten sind im Jänner um über 28 Prozent gestiegen
Schon im letzten Jahr haben Familien im untersten Einkommensviertel rund 750 Euro durch Teuerungen verloren, wie Berechnungen der Arbeiterkammer für die Wiener Wochenzeitung Falter zeigen. Und die Preise klettern weiter – allein im Jänner um über 28% bei Energie. Heuer müssen Haushalte mit einem durchschnittlichen Verbrauch mit Mehrkosten von etwa 420 Euro rechnen.
Der von der Regierung angekündigte Energiekostenausgleich soll im April kommen, nachdem es zunächst eine Absage der Abwicklung bei den Energieanbietern gegeben hatte. Den armutsbetroffenen Familien fehlt das Geld aber bereits jetzt.
„In den Wintermonaten kommen wir sonst immer mit 100 Euro pro Monat aus. Jetzt schaue ich auf den Stromzähler und sehe, das geht sich nicht mehr bis zum Ende des Monats aus. Jetzt brauchen wir fast 150 Euro. Dabei haben wir nicht einmal große Elektrogeräte, die viel Strom brauchen, ich hab eigentlich nur eine Waschmaschine”, erzählt die Burgenländerin Linda B. im Gespräch mit der Volkshilfe.
Armutsbetroffene müssten fast ein Drittel des Einkommens für Strom und Heizen ausgeben
Während Haushalte im Durchschnitt nur 18% ihres Einkommens für Wohnen und Energie ausgeben, gehen bei Haushalten im untersten Einkommens-Zehntel 27% des Haushaltsaufkommens für Strom und Heizen drauf: Also beinahe jeder dritte Euro. Und das alles vor der großen Teuerung, die laut Statistik Austria im Jänner allein Energie um über 28% teurer werden ließ.
Armutsbetroffene spüren diese Entwicklung: „Am Ende des Jahres habe ich sonst immer eine Gutschrift bekommen beim Strom. Da kaufe ich den Kindern dann eine kleine Überraschung damit. Heuer hatte ich zum ersten Mal eine Nachzahlung”, erzählt die burgenländische Vierfachmama einer Volkshilfe-Sozialarbeiterin. Auch die Kosten für Lebensmittel sind in den vergangenen Monaten angestiegen und machen armen Familien zu schaffen.
“Eier, Brot, Nudeln, Himbeersirup, alles ist teurer geworden”, klagt die Burgenländerin Linda B.. Eine Auswertung der Volkshilfe Österreich Anfang Februar 2022 unterstreicht die Beobachtung. Jede dritte Familie nannte Lebensmittel als eine Ausgabe, die mit der finanziellen Unterstützung der Volkshilfe gedeckt werden soll.
Energiekosten-Zuschuss der Regierung nicht treffsicher
Hilfs-Maßnahmen der Regierung lassen auf sich warten. Angekündigt hatte die Regierung ursprünglich eine 150-Euro-Einmalzahlung als Energiekostenausgleich – bzw. 300 Euro bei finanziell benachteiligten Gruppen und Pensionist:innen mit Ausgleichszulage. Das Problem der teuren Lebensmittel spart sie indes gänzlich aus. Arme Familien bleiben auf sich allein gestellt.
Der Energiekosten-Zuschuss soll an alle Haushalte gehen, deren Einkommen unter der einfachen (Single-Haushalte) bzw. der doppelten ASVG-Höchstbemessungs-Grundlage liegen. (Im Jahr 2022 beträgt die Höchstbeitragsgrundlage 5.670 Euro brutto monatlich.) Etwa 250.000 bis 300.000 Personen bekommen den Bonus nicht.
Abwickeln wollte die Regierung die Einmalzahlung ursprünglich über die Energiekonzerne. Doch die wurden nicht vorab einbezogen und winkten ab. Sie können das nicht machen – denn ihnen fehlen Daten über Einkommen und Haushaltsgröße ihrer KundInnen. Und die wollen sie laut eigenen Angaben auch gar nicht haben.
Nun will die Regierung Gutscheine an alle Haushalte schicken. Wer nicht bezugsberechtigt ist, bekommt ihn trotzdem, darf ihn aber nicht einlösen. Das Finanzministerium will das lediglich stichprobenartig kontrollieren. Die Maßnahme ist sozial nicht treffsicher und undurchsichtig.
Einmalzahlungen lösen das systemische Problem Teuerung jedoch nicht. Die Volkshilfe fordert: Die Teuerung müsste monatlich ausgeglichen werden, solange die Preise für Energie, Lebensmittel und Wohnen so stark steigen.
Die 4-fach-Mama Linda B. sagt im Gespräch: „In der Zeitung habe ich vom Energiebonus gelesen. Aber da sagt einem keiner, wo und wie man den bekommt. Vielleicht wollen sie gar nicht, dass man das weiß. Das Gefühl habe ich manchmal.“