Deutschland will seine Inflation von 10 Prozent halbieren und führt einen Preisdeckel auf Strom und Gas für Verbraucher:innen und Unternehmen ein. Österreichs Regierung verzichtet hingegen bei einer Inflation von 10,5 Prozent weiter auf Preisobergrenzen. SPÖ, Gewerkschaft und Industrie fordern konkrete preissenkende Maßnahmen.
Die Inflation in Österreich liegt aktuell laut Schnellschätzung der Statistik Austria bei 10,5 Prozent – so hoch wie seit 70 Jahren nicht mehr. Der Haupttreiber sind die Energiepreise. Auch Deutschland hat mit ähnlichen Problemen zu kämpfen, die Inflation liegt dort bei 10 Prozent. Die Regierung hat daher ein Hilfspaket von 200 Mrd. Euro geschnürt, um Verbraucher:innen und Unternehmen vor den Energiepreisen zu schützen. Teil des Pakets ist eine Gaspreisbremse: Für einen Teil des Verbrauchs sollen die Preise so gedeckelt werden, dass private Haushalte und Firmen nicht überfordert sind. Die Idee ist, „dass man einen Grundbedarf subventioniert, die Spitze des Verbrauchs allerdings am Markt bezahlt werden muss. Also je mehr Gas man verbraucht, umso teurer wird es“, sagte der deutsche Wirtschaftsminister Habeck in der RTL-Sendung „Nachtjournal“. Eine Kommission soll bis Mitte Oktober Vorschläge machen.
„Deutschland hat das Problem erkannt und eine einzigartige staatliche Intervention mit Preisobergrenzen für Strom und Gas angekündigt“, sagte SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner am Freitag dazu. Die SPÖ fordert auch für Österreich einen Preisdeckel auf Strom und Gas. Erdgas soll staatlich eingekauft und gestützt – also unter dem Einkaufspreis – an Unternehmen, Haushalte und Gaskraftwerksbetreiber weitergegeben werden. Die österreichische Regierung handle demgegenüber „weder auf europäischer Ebene noch auf nationaler Ebene“, so Rendi-Wagner. Stattdessen führt Schwarz-Grün mit 1. Oktober die CO₂-Steuer ein, die das Heizen um weitere 150 bis 200 Euro teurer macht.
Österreichs Regierung lehnt Preisdeckel ab
Auch auf europäischer Ebene ist die Regierung nicht auf Seite derer, die einen Gaspreisdeckel fordern. Die Hälfte der Mitgliedstaaten der Europäischen Union hat vor dem Energieministerrat einen gemeinsamen Brief an die Europäische Kommission unterzeichnet, in dem ein Gaspreisdeckel gefordert wird. Darunter sind Italien, Spanien, Portugal und Belgien, wie Politico berichtet. Österreich ist nicht dabei.
Regierung lehnt bisher alle Preisdeckel ab
Europa zahlt derzeit deutlich mehr für seine Gasversorgung als die USA oder Asien. Um die Versorgungssicherheit in Europa zu gewährleisten, schlagen die Staaten laut Presse vor, den Preis, den Asien bezahlt, zum Maßstab zu nehmen (derzeit rund die Hälfte des europäischen Preises) – und mit einem kleinen Aufschlag zu versehen. So hätten die Lieferanten nach wie vor einen Anreiz, Europa mit Gas zu versorgen. Die Kommission hat einen Preisdeckel bisher mit dem Argument abgelehnt, dass das Flüssiggas dann anderswo verkauft würde.
Die SPÖ hat Anfang September vorgeschlagen, in ganz Europa Höchstpreise für Strom und Gas festzulegen. Konkret sollen die EU-Länder gemeinsam und koordiniert Gas einkaufen und dieses Gas zu einem gedeckelten Preis von maximal 50 Euro pro Megawattstunde an Kraftwerke und Verbraucher:innen weitergeben. Die Differenz zum Einkaufspreis würde den Händler:innen erstattet werden. So soll es zu sinkenden Preisen kommen, ohne die Gefahr von Lieferengpässen.
IV will gemeinsamen Gaseinkauf der EU
Ein ähnliches Modell schlägt die Industriellenvereinigung vor: „Die EU muss einen gemeinsamen Gaseinkauf anstreben, um mit mehr Marktmacht die Verhandlungsposition zu verbessern“, so Knill und meint weiter: „Ich appelliere an die heimischen Verantwortlichen, sich auf europäischer Ebene dringendst dafür einzusetzen, den Strom- und Gaspreis zu entkoppeln und somit die Kosten für die Industriebetriebe zu senken. Denn es steht nun vieles auf dem Spiel.“
Auch der Gewerkschaftsbund fordert staatliche Preisobergrenzen. „Wir haben als ÖGB gesagt, wir brauchen sowohl einen Strompreisdeckel als auch einen Gaspreisdeckel“, sagte ÖGB-Chef Wolfgang Katzian am Freitag im ORF-Radio. Die Bundesregierung lehnt sowohl die Vorschläge von SPÖ und Gewerkschaft, als auch den der Industriellenvereinigung ab. Kurz vor dem Energieminister-Gipfel am Freitag verweigert sie auch dem Vorschlag eines Preisdeckels der 15 EU-Staaten ihre Zustimmung. Dabei war ihr Argument bisher immer, dass ein Preisdeckel nicht im nationalen Alleingang erfolgen kann. „Österreich hat sich dem Brief für einen Gaspreisdeckel für Gasimporte auf europäischer Ebene nicht angeschlossen, weil die bisherigen Vorschläge nicht klar aufzeigen, wie die Versorgung unseres Landes auch in diesem Fall gesichert werden kann“, heißt es aus dem Energieministerium auf Anfrage der „Presse“.
Die wahre Ursache der Energiepreismisere ist doch die Merit-Order der EU! Warum wird das nicht thematisiert?
Liebe Frau Kapf!
Wir haben die Merit-Order im folgenden Artikel thematisiert: https://kontrast.at/merit-order-erklaert/.
Mit besten Grüßen
Claudia Binder
Sekretariat Redaktion Kontrast