Gesundheit & Leben

Corona reißt Milliardenloch ins Gesundheitssystem – SPÖ fordert Rettungspaket für Spitäler

Dem österreichischen Gesundheitssystem fehlen in den nächsten fünf Jahren 3,3 Mrd. Euro. Nicht nur die Mehrkosten durch die Pandemie reißen ein Loch ins Budget – durch die hohe Arbeitslosigkeit sinken auch die Sozialversicherungseinnahmen. Dazu kommt, dass durch die Fusion der Krankenkassen von Sebastian Kurz‘ schwarz-blauer Regierung den Krankenkassen ohnehin schon 1,7 Milliarden Euro fehlen. Die SPÖ fordert daher ein Rettungspaket für die Krankenkassen.

Die Corona-Krise trifft jetzt auch einen der wichtigsten Pfeiler in der Gesundheitskrise: Österreichs Gesundheitssystem. In den nächsten fünf Jahren fehlen den österreichischen Krankenkassen 3,3 Mrd. Euro. 2,7 Mrd. davon bei der Österreichischen Gesundheitskasse mit den meisten Versicherten. Das haben die Sozialversicherungsträger jetzt bekannt gegeben.“Besorgniserregend“ findet das Ingrid Reischl, Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger. Denn: In dem Minus sind die drohenden Insolvenzen samt dem Verlust für die Krankenkassen noch nicht eingerechnet. Den Unternehmen wurden SV-Beiträge von rund 2 Milliarden Euro gestundet. Mit der drohenden Pleitewelle wird die Sozialversicherung auch Teile der gestundeten Beiträge nicht eintreiben können.

Der größte Teil des Verlusts geht auf die fehlenden Einnahmen durch die steigende Arbeitslosigkeit zurück, das sind rund 512 Mio. Euro. Doch auch die Ausgaben für Medikamente (+5 Prozent) und die Verwaltungskosten (+7,2 Prozent) sind gestiegen. Dass die Ausgaben für die Verwaltung so nach oben ziehen, führt Reischl vor allem auf die schwarz-blaue Reform der Sozialversicherungen zurück. Durch die Fusion der Krankenkassen von Sebastian Kurz‘ schwarz-blauer Regierung fehlen den Krankenkassen ohnehin schon 1,7 Milliarden Euro. Dieses Budgetloch wird durch die Corona-Krise jetzt noch größer.

Nach schwarz-blauer Kassenfusion und Corona klafft im Budget der Krankenkassen ein Milliarden-Loch.

Dabei hat gerade Corona gezeigt, wie wichtig ein gut ausgebautes Gesundheitssystem ist. Dass Österreich Bilder wie in Italien erspart geblieben sind, hat auch damit zu tun, dass die Spitäler gut aufgestellt sind und genügend Intensivbetten zur Verfügung stehen. Während Italien nur 8,6 Intensivbetten pro hunderttausend Einwohner hat, sind es in Österreich 29. Doch genau dieses gut ausgebaute Gesundheitssystem steht jetzt auf dem Spiel. Schon öfter haben konservative Politiker das öffentliche Gesundheitssystem bewusst kaputtgespart, um für private Anbieter den Weg zu ebnen. Schon unter schwarz-blau wurde bei den Zielen der Sozialversicherungsreform die Verbesserung der Rahmenbedingungen für private Anbieter von Gesundheitsdiensten verankert.

Den Spitälern fehlt eine Milliarde Euro

Und nicht nur die Sozialversicherungsträger fehlen die Einnahmen. Aufgrund ihrer Finanzierungsstruktur werden die Krankenhäuser gleich mehrfach getroffen: Einerseits wirkt sich der Rückgang der Steuereinnahmen der Länder massiv auf die Finanzierung aus. Andererseits wirkt sich auch der Einbruch der Beitragseinnahmen der Sozialversicherung negativ auf die Finanzierung der Spitäler aus. Zu befürchten ist, dass dadurch den Krankenhäusern bis zu 1 Mrd. Euro fehlen könnte.

Selbstbehalte und Pensions-Kürzungen drohen

„Der Bund muss einspringen,“ fordert Reischl. Schließlich sind die Sozialversicherungen zu einer einnahmenorientierten Ausgabenpolitik verpflichtet. Das bedeutet bei weniger Geld, müsste es zu Leistungskürzungen kommen. Die SPÖ fordert einen vollen Ersatz der Corona-bedingten Schäden der Sozialversicherung durch die Bundesregierung.

„Man muss alarmiert sein bei diesen Zahlen. Selbst wenn keine Leistungskürzungen stattfinden, wird man nicht das Geld haben, um die Qualität der Leistungen auf dem neuesten Stand der Wissenschaft zu halten. Ein Rettungspaket des Bundes, etwa durch eine Ausfallhaftung, ist das Gebot der Stunde“, sagt SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher.

Die Finanzlöcher der Sozialversicherungen stellen aber auch ein Problem für das Pensionssystem dar. In der Pensionsversicherung liegt das Defizit bei 5,1 Mio. Euro. Wenn die Beitragseinnahmen sinken und deshalb der Zuschuss des Bundes für die Pensionen steigt, könnte eine Diskussion über eine Pensionsreform drohen. Als Arbeitnehmervertreterin befürchte sie, dass vor allem von der ÖVP Druck in diese Richtung kommen werde, sagte die leitende ÖGB-Sekretärin Reischl.

Blümel ignoriert Warnrufe der Länder seit Mai

Bereits im Mai haben die Gesundheitslandesräte aller Bundesländer die Regierung zu sofortigen Gespräche über ein Hilfspaket für das Gesundheitssystem aufgefordert. Seitdem ist nichts passiert. Weder der zuständige Gesundheitsminister Anschober noch Finanzminister Blümel, der die Gelder freigeben muss, haben auf die Forderung der Landesräte reagiert.

Am 19. August beginnen nun endlich die Gespräche mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), zunächst mit der ÖGK. Wichtig sei zunächst die Zusage der Regierung, dass man eine Lösung finden werde, noch nicht eine konkrete Zahl, meinte Reischl im Ö1-„Mittagsjournal“. Es werde keine Leistungskürzungen für die Versicherten geben, hatte Anschober schon zuvor angekündigt.

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